Abonnenten - Musikhörer 2. Klasse?

  • Abonnenten - Musikhörer 2. Klasse?

    Ich bin im "Konzertsolisten"-Thread über eine Aussage, die Eingangsaussage, von Rothose Knulp gestolpert.


    "Meistens gehe ich nicht grundlos einfach so ins Konzert (bin mit anderen Worten kein Abonnent)", lässt er dort wissen.


    Nun hat sich Charlotte von L. an gleicher Stelle nicht nur als Abonnentin geoutet, sondern sich auch über diese abschätzige Kategorisierung beklagt.
    Da stimme ich ein, denn na klar, ich bin ja selber ein Abonennt; ein Multi-Abonnent gar.
    Gehöre ich damit tatsächlich zu einer tumben Masse, die grundlos in den Konzertsaal marschiert und noch dazu stockkonservativ ist, also unter anderem dafür sorgt, dass die Spielpläne ewiggleich sind - weil ich ja gegen Form von Neuerung bin? (So liest sich das hier manchmal, auch fernab von Knulps Aussage.) Sind Abonnenten Musikhörer 2. Klasse, die ohne inneren Antrieb Konzerte abgreifen und über sich ergehen lassen - anders als die Connaisseure, die sich nicht auf diese Weise gängeln lassen, sondern dank ihres verfeinerten Geschmacks den Weg zum echten Musikerlebnis zielsicher selbst finden?


    So viele Klischees..


    Meines Erachtens gibt es gute Gründe für ein Abo:
    1. Man spart Geld (mal mehr [DSO], mal weniger [BPhil]); aber doch in einem nicht unwesentlichen Umfang.
    2. Man spart Nerven; namentlich bei den BPhil, weil man an den Vorverkaufssonntagen ohne superschenlles Internet echte Probleme hat, an (Wunsch-)Karten zu gelangen - und der Internetvorverkauf beginnt sonntags immer um 8 Uhr!
    3. Man erweitert seinen Klassikhorizont; ich erinnere mich beispielsweise noch gut an eine "Das Paradies und die Peri"-Aufführung der BPhil, die ich aufgrund meiner Schumann-Abneigung nicht gehört hätte, wenn ich nicht das Abo gehabt hätte - und dann war ich schon nach den ersten Takten gefangen.
    4. Man überwindet seinen inneren Schweinehund; ich muss mich grundsätzlich schon anstrengen und früher von der Arbeit loseisen, wenn ich es zeitig ins Konzert/die Oper schaffen will; da ist es auch nicht verkehrt, wenn man langfristig Termine gemacht hat, auf die man sich einstellen kann/muss..


    Bestimmt girbt es noch weitere Argumente für ein Abo.


    Es ist aber auch klar, dass Abos für echte Auskenner, die weder Zeit- noch Freizeitprobleme haben und über sauschnelles Internet verfügen, vermutlich unnütz sind. ;+)


    Mich würde interessieren: Warum habt ihr Abos, oder: Warum habt ihr keine Abos?

    Jein (Fettes Brot, 1996)

  • Eingangsaussage, von Rothose Knulp gestolpert.


    "Meistens gehe ich nicht grundlos einfach so ins Konzert (bin mit anderen Worten kein Abonnent)", lässt er dort wissen.


    Diese Aussage disqualifiziert sich eigentlich automatisch selbst. Entweder dient sie wider besseres Wissen der reichlich eindimensionalen Provokation oder sie offenbart ein beim Verfasser dieses Statements nur wenig ausgeprägtes Weltwissen.


    Beides ist eher bedauerlich für 'Rothose Knulp', aber kein Grund für ausführliche Rechtfertigungspostings von überzeugten Abonnementsnutzern. Einfach übergehen. Und dann vergessen.


    Viele Grüße,


    Tabor

  • Bestimmt gibt es noch weitere Argumente für ein Abo.


    Von der Anbieterseite her auf jeden Fall: Ohne die ökonomische Sicherheit, die ein fester Abonnentenstamm mit sich bringt, würden sich viele Institutionen und Konzertveranstalter auf schwankendem Boden bewegen bzw. könnten ihre Sachen gleich einpacken.


    Ich hatte als Jugendlicher ein Abo für das Orchester meiner Heimatstadt, das mir meine Eltern bezahlt haben. Seitdem keines mehr, nur einmal in den 90er Jahren habe ich mich um ein Premierenabo für die Frankfurter Oper bemüht - in den mir zugänglichen Preisklassen gab es aber keins mehr.


    Ich bin relativ viel unterwegs, mit Sicherheit würde der ein oder andere Abo-Termin ungenutzt verfallen. Deshalb habe ich auch in meiner Bamberger Zeit kein Abo für die Symphoniker gehabt, obwohl es dort für die häufig ausverkauften Konzerte manchmal notwendig gewesen wäre (es wurden aber ohnehin kaum neue Abos vergeben). In Saarbrücken ist das kein Problem, da kriege ich immer Einzelkarten für die Konzerte, die mich interessieren.



    Viele Grüße


    Bernd

    .

  • Ihr habt sie doch nicht mehr alle, fällt mir dazu nur ein.


    Wenn man meinen zugegebenermaßen nicht deutsch-feuilletionistisch korrekten, sondern leichthin geschriebenen Satz wie ihr aus dem Kontext reißt und auf die Goldwaage legt, kann man sich gern daran aufgeilen, mich anzupissen. Bei der gebotenen Anstrengung möglicherweise vorhandener Lesekompetenz sollte aber erkennbar sein, dass ich Abonnenten nicht abqualifiziere, sondern mit dem Wort grundlos nur zum Ausdruck bringe, dass ich die Konzerte, die ich besuche, gezielt aussuche (was Abonnenten typischerweise nicht tun).


    Mehr sage ich zu dem Thema nicht. Soll sich jeder den Schuh anziehen, der ihm passt.

  • Na, Knulp, haben wir's vielleicht ne Nummer kleiner?


    Mir ging es letztlich um Pro und Contra zu Abonnements. Deine Aussage, lieber Knulp, war für mich, wie geschrieben, lediglich der Aufhänger. Im weiteren habe ich mich explizit auf eine generelle Stimmung bezogen, die mir auch schon in anderen Threads begegnete. Wollte ich mich daran aufgeilen, dich anzupissen, würde mein Beitrag bestimmt anders ausgefallen sein. Ich war eigentlich überzeugt, dass in meinem Beitrag eine gewisse Selbstirone zum Ausdruck kam und ich hatte hinter die einzige wirklich etwas zugespitzte Wertung am Ende aus Sicherheitsgründen noch ein Ironie-Smiley gesetzt. Reicht offenbar alles nicht aus.
    Insofern bedaure ich, dass du dich angegriffen fühlst. Warum du aber unbedingt mit einer Aussage wie "bei gebotener Anstrengung möglicherweise vorhandener Lesekompetenz sollte erkennbar sein..." dazwischengrätschst, ist mir ehrlich gesagt unerfindlich.

    Jein (Fettes Brot, 1996)

  • Na, Ekkehard, klar geht's ne Nummer kleiner. Nur dürftest du an der Tabor-Äußerung erkennen, dass du den zitierten Satz von mir zwar als Aufhänger benutzt, aber in einer Weise, die Äußerungen wie die von dem eben genannten User provoziert.

  • Also lieber Knulp, abgesehen von Tabors überzogener Reaktion, musst du dir schon den Schuh anziehen, mit deiner oben zitierten Aussage ein weiteres Tröpfchen in einem kleinen Faß von Spitzen gegen Abonnenten in den letzten Tagen gewesen zu sein.


    Man kommt sich vor wie der letzte Depp, der aufgrund seiner Ignoranz gar nicht in der Lage ist, wie der gepflegte Connaisseur seine gezielte Auswahl zu treffen. Abgesehen davon sind wir alle Damen mittleren Alters, die lästernd an der Sektbar stehen, mit ihren Ketten klackern und ihre Kleider ausführen. :wut2:


    Glaube mir, lieber Knulp, das alles macht mir keine schlaflosen Nächte, raubt mir nicht die Lebenslust und treibt mich auch nicht in Depressionen, aber so langsam hat´s mich schon geärgert. Deshalb habe ich auch in deinem thread darauf reagiert.


    Warum bin ich Abonnentin?:


    1) Weil ich berufsbedingt oft am Wochenende 24-h-Dienst habe und nicht einfach so mal spontan Konzerttermine ausmachen kann. Abo´s sind langfristig planbar.


    2) Für mich der wichtigste Grund: Weil ich sonst immer in die gleichen Stücke gehen würde und so immer wieder neue Impulse mit dabei habe. Gerade das Tanztheater hat mich in diesem Zusammenhang sehr positiv überrascht. (Ich habe ein gemischtes Abo: Oper, Operette, Schauspiel, Tanzttheater. Konzerte sind leider nicht mit drin, die muss ich extra buchen). Deshalb denke ich sogar, dass der Abonnent durch seine feste Buchung überhaupt orginellen, innovativen Inszenierungen ins Leben verhilft! Denn wir sind immer da, ob der Einzelkäufer allerdings bei einer etwas experimentelleren Aufführung auch eine Karte kauft, wer weiß? Ich jedenfalls habe schon einige sehr orginelle Inszenierungen erlebt.


    3) Weil wir mehrere Leute sind, die dem Kunstgenuß frönen und mir die anschliessenden Gespräche über das Dargebotene sehr viel Spaß machen. Und wie will man so viele Leute unter einen Hut bringen ausser an festen Terminen?


    Und falls man mal nicht kann an einem Termin, so gibt es immer Ersatzspieler, die dankend die Karte übernehmen. 8o


    LG Lotte


  • Ich bin ebenfalls Abonnentin: Tonhalle Düsseldorf, Piano-Solo-Reihe, erstes Parkett, Reihe 4 - Abo seit ca. 10 Jahren.


    Ausschlaggebend für das Abo war, dass ich früher oftmals keinen oder nur einen schlechten Platz bei Konzerten herausragender Pianisten bekommen habe, wenn ich die Karten im Vorverkauf erstehen wollte. Das Abo bietet den Vorteil, dass ich mir sicher sein kann, einen guten Platz bei Konzerten von Evgeny Kissin, Grigory Sokolov und weiteren hier regelmäßig auftretenden Ausnahme-Pianisten zu haben.


    Gelegentlich gehe ich gar nicht zu den Konzerten dieser Reihe, beispielweise wenn das Programm (oder der Künstler) mich nicht interessiert.


    Also: Ich konsumiere nicht gedankenlos ;+) , sichere mir aber für die Sternstunden der Klaviermusik in der Tonhalle Düsseldorf einen guten Platz mit meinem Abo.

    Einmal editiert, zuletzt von Axinja ()

  • Ich meine wie Lotte, dass ein Abo den Vorteil hat, eine Auswahl anzubieten, die einem vielleicht neue Anregungen bietet, Lücken schließt oder Vorurteile gegenüber bestimmten Werken widerlegt. Momentan habe ich keins, aber wenn ich es recht bedenke, sollte ich das vielleicht ändern.


    Und wenn hier jemand in vollem Ernst Abonnenten abwerten würde, täte mir derjenige nur leid. Leben und leben lassen. Sehr viele Menschen empfinden viel bei klassischer Musik, auch wenn sie darüber nicht viel wissen und es nicht differenziert und gelehrt reflektieren können. Na und? Selbst, wenn Leute nur deshalb Abos hätten, um ihre Kleider auszuführen oder Freunde zu treffen, wäre das nicht auch ein berechtigtes Motiv?


    Viele Grüße,
    Vendee

  • Gibt es bei klassischen Konzerten keine Restkarten, wie in der Oper, die man so 20 Minuten vor Beginn der Vorstellung günstig erstehen kann?

  • Ich selbst habe kein Abo (vielleicht werde ich mir ab der nächsten Spielzeit ein Abo der Philharmonie Luxembourg holen).


    Ihr dürft mich jetzt gerne als konservativ abstempeln - ich stehe zu meinerÜberzeugung. Ich mag die Konzerte / Opernbesuche in denen ein Großteil der Zuhörer ein Abo haben.


    Abonnenten sind die erfahrenen Konzertgänger, d.h. hier läuft man nicht gefahr, dass an den "falschen Stellen" geklatscht wird. Wie gesagt, nennt mich gerne konservativ, aber ich hasse es, wenn mitten in den Stücken geklatsch wird. Da ist die Musik noch nicht "verklungen" und schon wird geklatscht :cursing:


    Frohe Weihnachten :prost:

  • Ich habe ebenfalls ein Abo und ich bin froh darüber. Es spart tatsächlich Zeit, Geld und Nerven, es bringt mich tatsächlich dazu, meinen manchmal arg bequemen Hintern vom Sofa zu bewegen und ins Theater zu gehen wo es sonst eine DVD oder CD auch getan hätte. Und es bringt mich dazu, Werke anzusehen und zu hören, für die ich mir freiwillig keine Karte gekauft hätte, also erweitere ich, wenn auch manchmal unfreiwillig 8+) meinen Horizont.
    Und ganz wichtig: mein Abo ist meine Solidaritätserklärung an unser Orchester, das man in dieser Stadt in der ich lebe einsparen und abschaffen will.
    Die Bermerkung daß man ohne Abo "nicht grundlos" ins Konzert geht fand ich trotzdem witzig, denn manchmal gehe ich tatsächlich nur aus einem Grund: weil ich ja das Abo habe. :D Was ist so schlimm daran?

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Ich selbst habe nie ein Konzertabo gekauft, oder auch nur gewollt. Dazu gibt es mehrere Gründe:
    [list][*] Der Wert eines Abos ist sehr vom Wohnort und dem musikalischen Angebot abhängig. Es ist klar, dass da eine Großstadt ein quantitativ und qualitativ anderes Angebot bieten kann als die Provinz. (Aber selbst zu meinen Hamburger Zeiten habe ich nie ein Abo gewollt.)
    [*] Ich bin viel unterwegs, weswegen ein Abo dann oft eine Last sein kann bzw. manche Termine nicht wahrgenommen werden können.
    [*] Ich sehe Konzerte nicht als gesellschaftliche Ereignisse.
    [*] Ich bin beim Musikhören sehr selektiv. Ich gehe grundsätzlich nur in Konzerte, bei denen ich vorher weiss, dass ich die Musikstücke dort sehr mag. Zum reinen Kennenlernen gehe ich nicht ins Konzert. Oft "ärgert" mich sogar, dass mich nur eins von mehreren Musikstücken eines Konzerts interessiert. (Letztes Beispiel: neulich war ich in der Semper-Oper, um Schostakowitschs 5. Sinfonie zu hören. Zuvor wurde eine Haydn-Sinfonie gegeben, die mich nicht interessiert hat. Zudem gab es dann nach den vielleicht 20 Min. gleich wieder eine Pause. Das fand ich eher unnötig. Auch wenn im Programmheft ein Zusammenhang zwischen den Werken bzw. Komponisten konstruiert wurde ("hintergründig" etc.), habe ich oft den Verdacht, dass solche "Zusammenstellungen" nur deswegen gemacht werden, dass ein Großteil der Klientel nicht enttäuscht wird. Ich kann aber verstehen, wenn das Orchester Möglichkeit hat, sich "warm" zu spielen.)


    Eine Analogie, auch wenn sie nur teilweise passt: ich gehe sehr selten ins Kino, vielleicht so 0-2 mal pro Jahr. Es würde mir nie in den Sinn kommen, "per se" etwa einmal pro Monat ins Kino zu gehen (was ja durchaus viele machen).


    maticus

    Social media is the toilet of the internet.

    --- Lady Gaga


    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.

    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,

    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.

    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.

    --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Ich sehe Konzerte nicht als gesellschaftliche Ereignisse.

    Danke!
    Ich genausowenig. Ich gehe zwar nicht in Konzerte, sondern Opern, aber im Grunde ist das Publikum ja das Gleiche.


    Auch wenn im Programmheft ein Zusammenhang zwischen der Werken bzw. Komponisten konstruiert wurde ("hintergründig" etc.)

    Haha, Qualtinger lässt grüßen :D


    Mit viel pseudowissenschaftlichem Geschwurbel lässt sich immer irgendein Zusammenhang konstruieren. Wenn dann noch ein paar komplizierte Wörter eingebaut werden, denkt der Leser "Ich versteh nix, aber das klingt so kompliziert, das MUSS ja was hochintellektuelles sein".

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