Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 10 für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur KV 365 (316a)
Mozarts Klavierkonzert Nr. 10 Es-Dur KV 365 (316a) entstand 1779 nach einer enttäuschenden Parisreise für das Zusammenspiel mit der Schwester Nannerl. Es hat wie die anderen Klavierkonzerte Mozarts auch drei Sätze (Allegro, Andante B-Dur und Rondeaux: Allegro) und dauert ca. 25 Minuten.
Bemerkenswert ist neben der Komponente des Wechselspiels nun nicht nur zwischen Klavier und Orchester sondern auch der beiden Klaviere untereinander speziell im zweiten Satz die selbständige Stimmführung der beiden Oboen. (Persönliche Meinung: Dieser zweiter Satz – eines der für mich unbeschreiblich, nur staunenswert bleiben wollenden Mozart Wunder.) Mozart wird in den nächsten Klavierkonzerten die Holzbläser weiter emanzipieren. Wie immer lohnt es sich, auf Mozarts Ideenreichtum der Themenverarbeitung, Begeleitungsmuster und Umspielungsfiguren zu achten, hier eben mit zwei Klavieren.
Detailliertere Satzverlaufsanalysen:
"http://de.wikipedia.org/wiki/10._Konze…re_%28Mozart%29"
Zu KV 365 sind Originalkadenzen des Komponisten verfügbar, die auch meist bei Einspielungen gespielt werden. Mozart hat das Konzert dann nach Wien mitgenommen und zu den Oboen, Fagotten und Hörnern noch Klarinetten, Trompeten und Pauken hinzugefügt. Man hört aber wohl öfter die Fassung ohne diese Erweiterung.
Zwei persönliche Höreindrücke:
1983 war offenbar die Lust an Grenzüberschreitungen besonders groß. André Heller und Wolfgang Ambros sangen Bob Dylans „Forever Young“ auf Deutsch, und im Juni nahmen Friedrich Gulda, Chick Corea, Nikolaus Harnoncourt und das Concertgebouw Orkest Mozarts Konzert KV 365 in Amsterdams Concertgebouw auf (CD Teldec 2292-42988-2). Ja dürfen die das? Der kompromisslose Originalklangforscher, der Klavierplatzhirsch mit Jazzambitionen und der Jazzer am Klassikpfad? Für mich ist das einfach nur großartig swingende Weltmusik. Harnoncourt sorgt für ein durchhörbares Klangbild und schärft die Konturen zupackend. Gulda ist eindeutig der Führende, was die beiden Klaviere betrifft, gewohnt direkt, stringent, selbstsicher, er strebt geradeaus ans Ziel. Corea reagiert weicher, suchender. Es ist kein Boxkampf, man kann nicht sagen Corea ist schwächer, er kommt halt von einer ganz anderen Anschlags- und Intonationskultur her und bringt sich als Persönlichkeit auf seine Art genauso voll präsent ein. Das erzeugt alles in allem eine ungemein spannende, lebendige und vor allem mitreißend swingende Spielfreude. Da finden „echte Gespräche“ auf musikalisch inspiriertem allerhöchstem Niveau statt.
Provokante Überleitung: Amsterdam 1983 ist Jugendkonzert in Jeans und Sweatshirts (und locker sein), Wien 1973 ist gehobenes älteres Publikum im feinen Anzug (und sich benehmen).
Emil Gilels und seine Tochter Elena spielten bei den Salzburger Festspielen 1972 KV 365 mit Karl Böhm und den Wiener Philharmonikern, und im September und November 1973 waren sie in Wien, um in dieser Besetzung im Großen Musikvereinssaal das Konzert aufzunehmen (Emil Gilels auch das Konzert KV 595, CD DGG 463 652-2). Man hört sofort den Unterschied – in Amsterdam wird zehn Jahre später Weltmusik ohne Schranken geboten, in Wien 1973 behält eine noble, streng klassische Statik den Überblick, eingehüllt in schönstes philharmonisches Klanggewand. Die Klaviere sind „verdreht“ gegenüber Amsterdam, Gulda kommt deutlich hörbar von rechts, in der Wiener Aufnahme kommt das „Einserklavier“ von links. Vater und Tochter Gilels spielen gleichwertig selbstbewusst, ein grandioses, inspiriertes Zusammenspiel auch mit dem Orchester, ein Miteinander und Ineinander der Stimmen, immer ein Herz und eine (kraftvolle) Seele, aber eben ohne den „Swing“ der späteren Einspielung. Er fehlt nicht, es ist eben ein anderer Ansatz, eine andere Basis, und es hat eine andere (interpretatorisch einmalige) konservativere Größe.
Hier passt dieses Posting hinein, aus Eben gehört 2011/12 S.262:
Da ich Christian Zacharias als Mozart-Interpret sehr schätze, suchte ich schon seit längerem nach den Aufnahmen der Konzerte für zwei Klaviere (KV 242, 365, 448), die zusammen mit Marie-Luise Hinrichs (jene Pianistin, von der es diese tollen Klaviersonaten des Padre Antonio Soler auf cpo gibt – warum gibt es nicht noch viel mehr Aufnahmen von ihr?) entstanden sind. Sie sind endlich wieder – und das freut mich ungemein! – verfügbar:
...und dieses, ebenda:
Unbedingt! Die Klavierkonzerte sind vor allem wegen der wechselnden Orchester/ Dirigenten durchwachsen, aber das Duo Zacharias-Hinrichs vermittelt sehr viel Spielfreude, das Zuhören macht hier einfach ungeheuer Spaß. Ich denke, dass Christian Zacharias genau das richtige Maß an "Naivität" (ich meine das positiv im Sinne von: unmittelbarer Spielfreude) für diesen Komponisten mitbringt. Sein Mozart ist so unbeschwert, leicht, perlend... ganz wunderschön.
Weiteres zum Werk und zu Aufnahmen bitte in diesen Thread!