Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 10 für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur KV 365 (316a)

  • Wolfgang Amadeus Mozart: Klavierkonzert Nr. 10 für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur KV 365 (316a)

    Mozarts Klavierkonzert Nr. 10 Es-Dur KV 365 (316a) entstand 1779 nach einer enttäuschenden Parisreise für das Zusammenspiel mit der Schwester Nannerl. Es hat wie die anderen Klavierkonzerte Mozarts auch drei Sätze (Allegro, Andante B-Dur und Rondeaux: Allegro) und dauert ca. 25 Minuten.
    Bemerkenswert ist neben der Komponente des Wechselspiels nun nicht nur zwischen Klavier und Orchester sondern auch der beiden Klaviere untereinander speziell im zweiten Satz die selbständige Stimmführung der beiden Oboen. (Persönliche Meinung: Dieser zweiter Satz – eines der für mich unbeschreiblich, nur staunenswert bleiben wollenden Mozart Wunder.) Mozart wird in den nächsten Klavierkonzerten die Holzbläser weiter emanzipieren. Wie immer lohnt es sich, auf Mozarts Ideenreichtum der Themenverarbeitung, Begeleitungsmuster und Umspielungsfiguren zu achten, hier eben mit zwei Klavieren.

    Detailliertere Satzverlaufsanalysen:
    "http://de.wikipedia.org/wiki/10._Konze…re_%28Mozart%29"

    Zu KV 365 sind Originalkadenzen des Komponisten verfügbar, die auch meist bei Einspielungen gespielt werden. Mozart hat das Konzert dann nach Wien mitgenommen und zu den Oboen, Fagotten und Hörnern noch Klarinetten, Trompeten und Pauken hinzugefügt. Man hört aber wohl öfter die Fassung ohne diese Erweiterung.

    Zwei persönliche Höreindrücke:

    1983 war offenbar die Lust an Grenzüberschreitungen besonders groß. André Heller und Wolfgang Ambros sangen Bob Dylans „Forever Young“ auf Deutsch, und im Juni nahmen Friedrich Gulda, Chick Corea, Nikolaus Harnoncourt und das Concertgebouw Orkest Mozarts Konzert KV 365 in Amsterdams Concertgebouw auf (CD Teldec 2292-42988-2). Ja dürfen die das? Der kompromisslose Originalklangforscher, der Klavierplatzhirsch mit Jazzambitionen und der Jazzer am Klassikpfad? Für mich ist das einfach nur großartig swingende Weltmusik. Harnoncourt sorgt für ein durchhörbares Klangbild und schärft die Konturen zupackend. Gulda ist eindeutig der Führende, was die beiden Klaviere betrifft, gewohnt direkt, stringent, selbstsicher, er strebt geradeaus ans Ziel. Corea reagiert weicher, suchender. Es ist kein Boxkampf, man kann nicht sagen Corea ist schwächer, er kommt halt von einer ganz anderen Anschlags- und Intonationskultur her und bringt sich als Persönlichkeit auf seine Art genauso voll präsent ein. Das erzeugt alles in allem eine ungemein spannende, lebendige und vor allem mitreißend swingende Spielfreude. Da finden „echte Gespräche“ auf musikalisch inspiriertem allerhöchstem Niveau statt.

    Provokante Überleitung: Amsterdam 1983 ist Jugendkonzert in Jeans und Sweatshirts (und locker sein), Wien 1973 ist gehobenes älteres Publikum im feinen Anzug (und sich benehmen).

    Emil Gilels und seine Tochter Elena spielten bei den Salzburger Festspielen 1972 KV 365 mit Karl Böhm und den Wiener Philharmonikern, und im September und November 1973 waren sie in Wien, um in dieser Besetzung im Großen Musikvereinssaal das Konzert aufzunehmen (Emil Gilels auch das Konzert KV 595, CD DGG 463 652-2). Man hört sofort den Unterschied – in Amsterdam wird zehn Jahre später Weltmusik ohne Schranken geboten, in Wien 1973 behält eine noble, streng klassische Statik den Überblick, eingehüllt in schönstes philharmonisches Klanggewand. Die Klaviere sind „verdreht“ gegenüber Amsterdam, Gulda kommt deutlich hörbar von rechts, in der Wiener Aufnahme kommt das „Einserklavier“ von links. Vater und Tochter Gilels spielen gleichwertig selbstbewusst, ein grandioses, inspiriertes Zusammenspiel auch mit dem Orchester, ein Miteinander und Ineinander der Stimmen, immer ein Herz und eine (kraftvolle) Seele, aber eben ohne den „Swing“ der späteren Einspielung. Er fehlt nicht, es ist eben ein anderer Ansatz, eine andere Basis, und es hat eine andere (interpretatorisch einmalige) konservativere Größe.

    Hier passt dieses Posting hinein, aus Eben gehört 2011/12 S.262:

    Da ich Christian Zacharias als Mozart-Interpret sehr schätze, suchte ich schon seit längerem nach den Aufnahmen der Konzerte für zwei Klaviere (KV 242, 365, 448), die zusammen mit Marie-Luise Hinrichs (jene Pianistin, von der es diese tollen Klaviersonaten des Padre Antonio Soler auf cpo gibt – warum gibt es nicht noch viel mehr Aufnahmen von ihr?) entstanden sind. Sie sind endlich wieder – und das freut mich ungemein! – verfügbar:


    ...und dieses, ebenda:

    Unbedingt! Die Klavierkonzerte sind vor allem wegen der wechselnden Orchester/ Dirigenten durchwachsen, aber das Duo Zacharias-Hinrichs vermittelt sehr viel Spielfreude, das Zuhören macht hier einfach ungeheuer Spaß. Ich denke, dass Christian Zacharias genau das richtige Maß an "Naivität" (ich meine das positiv im Sinne von: unmittelbarer Spielfreude) für diesen Komponisten mitbringt. Sein Mozart ist so unbeschwert, leicht, perlend... ganz wunderschön.


    Weiteres zum Werk und zu Aufnahmen bitte in diesen Thread!

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Wie so oft bei Mozarts Werken für Klavier und Orchester ist m.E. auch bei KV 365 Clara Haskil erste Wahl. Sie hat zusammen mit Geza Anda sowie dem Philharmonia Orchestra London unter der Leitung von Alceo Galliera eine berauschende Studioaufnahme vorgelegt

    Ein Live-Mitschnitt von KV 365 mit Clara Haskil und Geza Anda bei den Salzburger Festspielen liegt ebenfalls vor

    Von Emil Gilels gibt es neben der bereits erwähnten Studioaufnahme mit Elena Gilels/Karl Böhm (welche ich zwar im Regal habe, aber als Magerkost im Vergleich zu Haskil/Anda/Galliera empfinde) eine weitere Einspielung vom 17. Januar 1949 aus Moskau mit Yakov Zak am zweiten Klavier und dem von Kyrill Kondrashin geleiteten Staatlichen Sinfonieorchester der UdSSR

    Die Hörschnipsel hauen mich aber ehrlich gesagt ebenfalls nicht um.

    Voll überzeugen demgegenüber die Hörschnipsel bei dieser Dmitri Mitropoulos-Einspielung mit Robert und Gaby Casadesus und den New Yorker Philharmonikern

    Ich zähle die Tage, bis diese CD endlich in meinem Briefkasten liegt :D

    Eine diskographisch spannende Geschichte ist der KV 365-Mitschnitt Wilhelm Furtwänglers mit Paul Badura-Skoda (1. Klavier), dessen Tochter Dagmar Bella (2. Klavier) und den Wiener Philharmonikern vom 8. Februar 1949 aus Wien. Furtwängler hat dieses Werk niemals sonst dirigiert. Im Archiv des Senders, der die Rundfunkübertragung vorgenommen hatte, gab es allerdings zwei (!) Tonbänder, welche beide in der Weise beschriftet waren, dass dies die Badura-Skoda/Bella/Furtwängler-Aufführung vom 8. Februar 1949 sei. Das Problem: es handelte sich um völlig verschiedene Aufnahmen mit gänzlich unterschiedlicher Interpretation des Werks. Fest stand, dass Furtwängler dieses Werk nur einmal und niemals sonst dirigiert hatte; fest stand hingegen nicht, welcher Mitschnitt denn nun der "echte" war. Beide Mitschnitte waren aber künstlerisch hervorragend! Als man dann daran ging, eine dieser beiden Versionen auf LP (bzw. später auf CD) zu veröffentlichen, hatte man sich bei der Auswahl, welches nun der "richtige" Mitschnitt ist, zielsicher für den falschen entschieden. Es steht mittlerweile fest, dass der Mitschnitt, den man im Archiv belassen hat, der "echte" ist. Derjenige, den man veröffentlicht und jahrzehntelang verkauft hat, ist zwar auch mit Paul Badura-Skoda am ersten Klavier, aber mit einem anderen zweiten Pianisten und einem anderen Dirigenten.

    Leider existieren, wenn man sich eine Furtwängler-CD von KV 365 kaufen möchte, bis heute weiterhin Editionen auf dem Markt, in denen der von mir eben beschriebene Fehler fortbesteht. Authentisch ist allein die CD von Music&Arts CD-1097

    (bitte keine andere Edition kaufen!). Hier und nur hier hat man Furtwängler mit KV 365. Das Booklet ist sehr instruktiv und legt das editorische "Abenteuer" anschaulich dar, welches dieser Veröffentlichung vorausging (Paul Badura-Skoda hat man übrigens bei der editorischen Arbeit hinzugezogen). Tonqualität ist nicht toll, aber dafür gibt es Furtwängler pur!

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Zu KV 365 sind Originalkadenzen des Komponisten verfügbar, die auch meist bei Einspielungen gespielt werden. Mozart hat das Konzert dann nach Wien mitgenommen und zu den Oboen, Fagotten und Hörnern noch Klarinetten, Trompeten und Pauken hinzugefügt. Man hört aber wohl öfter die Fassung ohne diese Erweiterung.


    Es gibt eine Einspielungen, in der beide Fassungen erklingen. Ronald Brautigam und Alexei Lubimov (Hammerklavier) haben sie mit der Haydn Sinfonietta Wien unter Leitung von Manfred Huss aufgenommen. Enthalten ist auch das Konzert für 3 Klaviere:

    In der "Klarinetten-, Trompeten- und Paukenfassung" haben es die Hammerklaviere nicht so ganz einfach, sich gegen den pompösen Orchesterklang zu behaupten. Dennoch ist dies eine spielfreudige und klangschöne Einspielung, die Spaß macht.

    Ich hatte bisher nur die Eschenbach/Frantz-Aufnahme:

    Pssst, nicht verraten. Ich habe sie natürlich nur gekauft, weil Helmut Schmidt in dem Konzert für drei Klaviere mitspielt. Hier ist in KV 365 auch die erweiterte Fassung zu hören.


    Beste Grüße, Ansgar

  • Hier ein weiterer persönlicher Höreindruck:

    Am 17.2.1970 entstand in der Philharmonic Hall (nun Avery Fisher Hall) im Lincoln Center von New York City Leonard Bernsteins Einspielung des Konzerts KV 365 mit den New Yorker Philharmonikern und den Pianisten Arthur Gold und Robert Fizdale (CD Sony SMK 60598). Der Orchesterklang ist noch dickflüssiger als der aus Wien. Bernstein vermeidet Subjektivität und lässt die Musik fließen, setzt aber keine interpretatorisch herausragenden Akzente. Die Pianisten spielen eine Spur zurückhaltender als Vater und Tochter Gilels in Wien, musikantisch feinfühlig, aber eigentlich „nur“ gut routiniert. Dieses Niveau sollte auf jeder Hochschule selbstverständlich sein. Ordentlich werden Soloeinsätze oder solche wo beide Klaviere exponiert sind „mit einem Schuss Rubato“ abgesetzt, es ist beherzter Mozart, es gibt aber sicher aufnahmehistorisch viel bedeutendere Einspielungen.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Mein persönlicher Höreindruck dazu:

    Wolfgang Amadeus Mozarts Konzert Es-Dur KV 365 konnte man am 20.8.2012 in BR-Klassik mit dem 1987 gegründeten Ensemble Anima Eterna hören. Klavier und Leitung hatte deren Gründer, der belgische Pianist, Cembalist und Dirigent Jos van Immerseel inne, am anderen Klavier spielte Yoko Kaneko. Die CD mit dieser Aufnahme sowie den Konzerten KV 299 für Flöte und Harfe und KV 447 für Horn erschien im Februar 2006 bei Zig-Zag Territorries. Im ähnlich wie bei Harnoncourt aufgerauten, aber vollblütig farbigen Orchesterklang überstrahlen die Hörner das restliche Orchester teilweise auffallend. Sympathische und mitreißende Spiellust auf den beiden Hammerklavieren im Zusammenwirken mit dem Orchester prägt dann das Geschehen, es swingt wieder ganz anders spannend als in Amsterdam 1983. Da steckt auch ziemliche „Power“ drin – und im zweiten Satz so viel Seele, dass nur wieder bleibt, mit Hilfe des Genies Mozart einfach nur zu staunen. Ich bevorzuge den Klang der modernen Konzertklaviere, aber es ist sehr reizvoll auch Aufnahmen mit Hammerklavieren kennenzulernen, zumal wenn sie so herzhaft lebendig und farbig daherkommen.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Dortmund, 22.01., 11.ooUhr!

    = = = > > > KV.365 gibt's LIVE (S.o.!), gespielt von Matth.Kirschnereit u. Magd.Müllerperth . . . Gabr.Adorjan leitet das "Deutsche Kammerorchester Berlin" . . .

    >> 8) d a v o r spielt Kirschnereit das Konzert KV.414 ... d a n a c h gibt's das sechs-händigliche Konzert KV.242 (noch mit Annika Treutler) 8) <<

    Längstens sind sämtliche Parkettplätze im Dortmunder Konzerthaus f u t s c h . . .

    Ich habe ein Kärtchen in Reihe 23 für 32 EUR - u. möchte dieses für 25 EUR gerne verkaufen :jaja1: :jaja1:

    .... .... i c h W a r t e .... .... ;)

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Das holländische (neulich live erlebt) dynamisch auftretende Pianisten-Brüderpaar Lucas und Arthur Jussen veröffentlichte 2015 ein Mozartalbum, auf dem unter anderem das Konzert für zwei Klaviere und Orchester Es-Dur KV 365 enthalten ist. Sir Neville Marriner dirigiert die Academy of St. Martin in the Fields. Aufgenommen wurde dieses Konzert zusammen mit dem Konzert KV 242 im Juli 2015 im Watford Colosseum in England. Im Booklet kommt Mozart selbst zu Wort (!) und es wird betont, er wäre begeistert gewesen.

    Mein Höreindruck: Hat man bei diesem Werk etwa Corea/Gulda/Harnoncourt im Ohr, diesen funkensprühenden Aufeinanderprall unterschiedlichster Persönlichkeiten und Temperamente, eine (für mich) atemberaubend spannende, singuläre Aufnahme, wird man hier auf gehobene Routine zurückgeworfen. Mit dem das Orchester konsequent fließend steuernden Marriner und im Zusammenspiel stimmt jedenfalls der Drive. Das Dialogische (bei Gulda und Corea extrem spannend) wird aber nicht betont, die beiden jungen Pianisten spielen symbiotisch, perfekt aufeinander eingespielt, aber in der Persönlichkeit kaum unterscheidbar. Im Wesen, im Ausdruck, in der Gestaltung läuft Mozarts Musik da für mich etwas glatt dahin.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Gulda/Corea/Harnoncourt ist auch meine Referenzaufnahme bei diesem Konzert.

    Fast gleichauf rangiert in meiner Diskothek die (50-jährige) Einspielung von Vater und Tochter Gilels, realisiert mit den Wiener Phili's unter dem gestrengen böhmischen Karel (DGG).

    ***

    Ich habe nichts anderes erwartet als Reaktion auf die Aufnahme mit den beiden perfekten, stets super gestylten "Pianowerkern" aus den Niederlanden.

    Die "Jungs" sind sicherlich technisch eine Wucht, aber sonst ...?

    Nun, sie haben noch viel Zeit zur Entfaltung.

    Sie erinnern mich ein wenig an die frühen Labeque-Slsters, die mich musikalisch auch immer relativ gefühlsindifferent zurückliessen (wobei mich die exaltierte Katia stets irgendwie erregt hat ... aber das ist ein anderes Thema ...)

    Danke, lieber Alexander, für den genialen Essay zu Deinem Konzertbesuch bei den "fliegenden Holländern" und für die Anregung, mich wieder einmal mit dem famosen Doppelkonzert von Mozart zu beschäftigen: das ist doch einfach "göttliche" Musik!

    Gruss aus Bern vom Walter

  • Mein Höreindruck: Hat man bei diesem Werk etwa Corea/Gulda/Harnoncourt im Ohr, diesen funkensprühenden Aufeinanderprall unterschiedlichster Persönlichkeiten und Temperamente, eine (für mich) atemberaubend spannende, singuläre Aufnahme, wird man hier auf gehobene Routine zurückgeworfen. Mit dem das Orchester konsequent fließend steuernden Marriner und im Zusammenspiel stimmt jedenfalls der Drive. Das Dialogische (bei Gulda und Corea extrem spannend) wird aber nicht betont, die beiden jungen Pianisten spielen symbiotisch, perfekt aufeinander eingespielt, aber in der Persönlichkeit kaum unterscheidbar. Im Wesen, im Ausdruck, in der Gestaltung läuft Mozarts Musik da für mich etwas glatt dahin.

    Ich habe nichts anderes erwartet als Reaktion auf die Aufnahme mit den beiden perfekten, stets super gestylten "Pianowerkern" aus den Niederlanden.


    Die "Jungs" sind sicherlich technisch eine Wucht, aber sonst ...?

    Ich finde Euch da etwas zu streng. Zugegeben: Die Jussens könnten bei KV 365 prägnanter artikulieren, der ein oder andere Übergang könnte etwas freier gestaltet und das Spiel insgesamt persönlicher, plastischer sein. Aber innerhalb des vielleicht etwas kleinen Rahmens spielen sie meines Erachtens durchaus fein differenziert. Sie waren damals erst 22 bzw. 18 Jahre alt und wurden meines Wissens noch regelmäßig von Maria João Pires unterrichtet, deren Mozart-Stil man hier durchaus durchschimmern hört. Und zur vielgerühmten Aufnahme mit Gulda und Corea muss man auch ehrlicherweise sagen, dass das "Dialogische", die "Unterscheidbarkeit der Persönlichkeiten" bei ihr nicht zuletzt daran liegt, dass die beiden - bei denselben Themen - von Anfang an extrem unterschiedlich artikulieren und phrasieren, und dass Gulda deutlich hörbar einfach der bessere Pianist ist. Ich nehme das nicht als gestalterisches Konzept wahr sondern eher als teilweise ärgerliche Schwäche einer Aufnahme, die dennoch ihre Stärken hat.

  • Kann mit beiden Postings gut leben, danke fürs Feedback!

    Die Labeques habe ich mit dem Konzert Anfang der 90er mal gehört.

    Gewünscht habe ich mir damals als musikbegeisterter, narrisch träumender Wiener völlig illusorisch Gulda und Brendel, Dirigent Carlos Kleiber.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • ... noch lieber der olle Friedrich und sein Gspusi, ähm, seine Schülerin Martha, zusammen mit dem genialen Carlos. Was für ein Fest nur schon die Vorstellung!

    Und ja, ich bin wohl zu streng mit den trefflichen Jussens. Ich freue mich auf deren Reifung und Vertiefung - und Maria Joao Pires ist ja nun wahrlich DIE Kapazität für Mozart.

    Ich muss gestehen, dass ich mir besagte Aufnahme noch gar nicht angehört, sondern ausschliesslich mein Vorurteil kolportiert habe.


    Das sollte man nicht tun. Asche auf mein Haupt.

  • Ich habe ja neulich die Jussen Brüder live erlebt. Live spielen sie mitreißend, und das hat auch viel junges Publikum begeistert, was mich im Konzert sehr gefreut hat. Ich behalte im Blick, ob sie Mozarts Konzert KV 365 vielleicht wieder mal live aufführen, darauf wäre ich gespannt.

    Die Stichworte Pires und Argerich haben mich aber gerade zu dieser Aufnahme geführt, und da gilt für mich halt einmal mehr - was für weise Musik und hier auch was für eine weise Interpretation...

    Martha Argerich et Maria João Pires - Concerto pour deux pianos de Mozart, dirigé par Daniel Harding
    Rencontre titanesque entre Martha Argerich et Maria João Pires le 16 décembre 2021 au Victoria Hall, Genève pour ce concert de l'Orchestre de la Suisse Roman...
    www.youtube.com

    Dorthin muss man mal kommen, wo die beiden da sind, in vielfacher Hinsicht...

    Die Jussen Brüder auf dem Weg dorthin - gerne, umso erfreulicher, und wenn die Jugend von heute diesen Weg mitgeht, umso besser!

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Oh, diese Version kannte ich nicht.

    Da sind durchaus auch sehr verschiedene Temperamente am gemeinsamen Wirken zu Ehren von Wolfgang Amadeus.

    Sehr reizvoll! Vielen Dank, Alexander.

    Ja, natürlich, Du hast ja in Deinem Bericht davon geschrieben, dass die anwesende Jugend total begeistert war von der mitreissenden Performence der Jussen-Brüder. Das ist wunderschön.

    Magst Du den Link zu deinem prächtigen Konzertbericht hier einfügen? (Ich schaffe es technisch nicht, würde mich aber darüber freuen.)

  • Hier bitte lieber Walter!

    AlexanderK
    22. Mai 2022 um 20:38

    Aber bitte dann gleich zurück zu KV 365 und dessen Zugabe aus Genf, ich fühle mich auch beim Andante aus der Sonate KV 521 im Mozart-Himmel. Und heute Nacht (habe erst dann Zeit dafür) freue ich mich noch auf die Argerich/Rabinovitch Aufnahme des Konzerts (gibt´s auch auf youtube, höre ich aber lieber von CD).

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Da sind durchaus auch sehr verschiedene Temperamente am gemeinsamen Wirken zu Ehren von Wolfgang Amadeus.

    Sehr reizvoll!

    Zu den Schwierigkeiten bei diesem Konzert gehört die Frage, wie man mit den nacheinander gespielten, meist nur leicht variierten Themen umgeht: Wenn der jeweils zweite Pianist dieselbe Geschichte einfach bis in alle Details noch einmal erzählt, kann es schnell langweilig werden, wenn er eine völlig andere Version dagegensetzt, wirkt es beliebig und ohne inneren Zusammenhang. Die Lösung muss meines Erachtens deshalb in die Richtung gehen, dass die zweite "Version" eine Art bestätigende Antwort auf die erste ist, sich dabei durchaus von ihr unterscheidet, aber gleichzeitig auf sie bezieht und von ihr abhängt. Im Ergebnis hat man dann ein weitgehend einvernehmliches gemeinsames Ganzes im Dialog zweier unterschiedlicher Partner. Konkret hilft es auch schon, wenn man "als Zweiter" dem Thema in aller Aufmerksamkeit zuhört, und dann versucht, es ähnlich, aber einfach noch schöner zu spielen ;). Zwar wäre es theoretisch auch denkbar, stärker auf Widerspruch und Kontrast zu setzen, aber das müsste dann im Laufe des Satzes ausgefochten werden, was die Partitur einfach nicht hergibt.

  • Danke.

    Dein Bericht ist mE völlig angemessen in diesem Zusammenhang, und er erweitert die Schau auf die grossartigen Talente, welche ich keinesfalls kleinreden wollte, wenn sie mich alten (Schallplatten-) Knacker auch nicht mehr vom Sofa reissen können, da ich durch Virtuosität kaum mehr begeistert werde und ausschließlich nur noch nach der ausgleichenden Ruhe in der Musik suche, die ich von den voranstürmenden Jungspunden (unter dem altersweisen Dompteur Neville Marriner, der ja auch schon seit einiger Zeit leider nicht mehr auf Erden weilt) selbstredend nicht erwarten kann, obschon ich ihnen die Suche nach der Tiefe keineswegs absprechen möchte.

    Ach, ich habe mich wohl etwas verheddert in diesem Faden. Das ist gut so. Das zwingt mich, dranzubleiben; und so habe ich die vorgestellte Einspielung soeben beim CD-Händler meines Vertrauens bestellt, und ich werde vorurteilslos darüber berichten, sobald die Scheibe mit dem jussisch interpretierten, mozärtlichen Meisterwerk KV 365 bei mir eingetroffen ist.

    In diesem Sinne: Jawohl, zurück zum Meisterwerk KV 365!

  • Lieber Walter, Du wirst garantiert auch mit der Jussen/Marriner-Aufnahme auf CD viel Freude haben!

    Hier ein weiterer persönlicher Höreindruck: Die Einspielung mit Martha Argerich und Alexandre Rabinovitch sowie dem von Jörg Faerber geleiteten Württembergischen Kammerorchester Heilbronn, aufgenommen im Jänner 1995 in der Stuttgarter Liederhalle, enthalten in der CD-Box "Martha Argerich - The Warner Classics Recordings", höre ich (gestern kennengelernt) als eine Aufnahme mit beschwingt-pointiertem Zugriff, zwischen forschem Zupacken, verschmitzter musikantischer Leichtigkeit und wehmütiger Innenschau.


    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Eine sehr schöne Einspielung von KV 365 stammt von Alfred Brendel und Walter Klien zusammen mit dem Orchester der Wiener Volksoper unter Paul Angerer. Die beiden nahmen damals (die Aufnahme entstand 1960) als festes Duo zusammen einige LPs auf, neben Mozart auch Dvorak und Brahms. Bei ihnen gibt es genau den oben beschriebenen harmonischen und sehr lebendigen Dialog zweier Persönlichkeiten. Gefällt mir insgesamt noch etwas besser als die Aufnahme mit Brendel und Imogen Cooper unter Marriner.

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