Bruckner: Die Sinfonien - Gesamteinspielungen: Empfehlungen der Capricciosi

  • Im aktuellen Gramaphone Guide finde ich zu



    Zitat

    If you're used to Karajan's Bruckner, Jochum's approach can appear rather stop-start. But he was a great Brucknarian, and hism highly charged, romantically intense, seemingly spontaneous approach will appeal to many. This is a great set with few real weaknesses, except for his Eighth.


    Ich habe den Artikel im Schreiber noch einmal gelesen. Schreiber sieht in Bruckners Kompositionstechnik eine Vorwegnahme der Reihentechnik Sein Ideal ist die analytische Aufschlüsselung der kompositorischen Vorgänge und ihre Erkennbarkeit bei der Interpetation. Von daher ist vor allem Furtwängler ein Problem, das Schreiber durch eine Ausnahmeregel umgeht. Ich werde mir also den Block (oder gibt es außer dem Preis einen Grund, eher den Dresdner Zyklus zu erwerben?) zulegen und mein Vor-Urteil überprüfen.


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • [...] gibt es außer dem Preis einen Grund, eher den Dresdner Zyklus zu erwerben?

    Wie bereits angedeutet: Der DG-Zyklus soll besser sein. Es soll seinerzeit Unstimmigkeiten zwischen Jochum und den Dresdnern gegeben haben, was auch die künstlerische Qualität negativ beeinflußt haben könnte. Ich weiß, das ist sehr vage und bestreitbar.


    Daß Jochums DG-Bruckner besonders "weihevoll" sei (so in manchen Besprechungen), habe ich übrigens nie so empfunden.


    Vielleicht weiß da jemand mehr?


    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz


    Wissen Sie denn nicht, daß die Menschen manchmal nicht auf der Höhe ihrer Werke sind?
    Jean-Paul Sartre


    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.

    Helmut Lachenmann

  • Ich habe mal bei mir durchgeschaut ... einen Jochum habe ich



    Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 8 c-moll
    (Fassung Nowak)


    Die 1. Fassung habe ich unter Tintner.


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Das wäre doch mal schön, wenn anhand eines konkreten Jochum-Beispiels diese Behauptung untermauert bzw. nachvollzogen werden könnte, was glaube ich nicht wirklich möglich ist.


    "Weihevoll" ist in der Tat eine sehr ungenaue Charakterisierung, die man auch - oder besser - auf Furtwänglers, Giulinis oder Celibidaches Bruckner anwenden könnte. (Und die Frage, ob es denn völlig verkehrt ist, Bruckner "weihevoll" zu spielen, wäre auch noch zu beantworten.)


    Die einzige Bruckner-Jochum-Sinfonie, die ich vor vielleicht zwei Jahren mal wieder gehört habe, ist die DG-Aufnahme der Neunten: da fand ich den dritten Satz sehr beeindruckend, den ersten aber fast schon furchtbar. Gar nicht "weihevoll", sondern extrem unstet, so dass der Satz in meinen Ohren ganz auseinanderfiel. Ein konkretes Kriterium bezüglich Jochums Bruckner hat DocStänker ja schon genannt: die Accelerandi bei großangelegten Crescendi - dafür müssten sich leicht Beispiele finden lassen. Nichts gegen eine differenzierte Handhabung der Binnentempi, aber das ist schon ein sehr schematisches Gestaltungsmittel.



    Viele grüße


    Bernd

    .

  • Nehmen wir mal die 8. mit Jochum. Gute Aufnahmen, auf jeden Fall.

    Ich habe Berlin (live 1978) und Dresden.
    Immerhin gibt es mind. ca. 8 Minuten mehr in der Dresdener Aufnahme.
    Mir fällt auf, wie unendlich liebevoll (mir fällt kein anderes Wort ein) er das Adagio beginnt, er läßt die Noten "streicheln."
    Überhaupt: Die harten Konturen sind nicht seine Sache, wohl ein flottes Tempo im 1. Satz (Berlin:14:00, Dresden: 15:42), auch im Scherzo, aber wo bei Wand harte Gegensätze aufeinander prallen, ist es bei Jochum viel milder, eben liebevoller. Er redete ja auch des Öfteren die Orchester mit "Meine Kinderchen" an.


    Ich mag dieses unendlich schöne Adagio mit Jochum (Dresden 29:47)! Keine Frage.
    Wenn man den Begriff "Weihevoll" dafür verwenden darf, dann in dem Sinne, dass Jochum die Schönheiten des Werkes herausstellt und gleichzeitig weitgehend die Brüche vermeidet. (1. Satz ganz deutlich, mehr noch in Dresden als in Berlin)
    Dazu kommen die langen Anläufe (Accelerandi) vor Höhepunkten und dann "auf dem Gipfel" fast ein Stehenbleiben. Die Sonne bricht durch.
    Man höre den Höhepunkt des Adagios mit dem Beckeneinsatz. (ca. 22 Minuten= 3/4 des Satzes, keine Partitur zur Hand)


    Klar es wird auch bei ihm mitunter heftig laut, aber der Lärm ist gut eingebunden.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Da ist der Karajan-Zyklus mit seinen Berlinern für meinen Geschmack am besten gelungen. Da steckt Power und Kraft drin. Viel besser als Jochum.

    Hallo Coolio, Deine Richtung wird langsam deutlich.
    Aber ich kann Dir in diesem Punkt gerne zustimmen. Karajan hat bei mir mit "Glanz und Gloria" die Jochum-DG-Aufnahmen abgelöst.
    :!: Erweitere deinen Bestand um die GA von Solti (Decca) und Wand (RCA) und Du liegst nach meinem Geschmack genau richtig.

    ______________


    Gruß aus Bonn


    Wolfgang

  • Als Box bei unserem Partner mit den drei Buchstaben ist diese Box erschienen:



    Es spielen das Gewandhausorchester Leipzig unter der Leitung Herbert Blomstedts.


    Ich muss gestehen, dass ich Herbert Blomstedt als Brucknerdirigent nur sehr oberflächlich kenne. Die einzige Aufnahme mit Bruckner ist eine Einspielung der A-Dur-Symphonie mit einem amerikanischen Orchester aus den 90er Jahren. Es war meine erste Aufnahme der Sechsten, und das dürfte ein Grund dafür sein, warum ich für diese Einspielung eine gewisse Schwäche habe . Ich spiele jetzt nicht mit dem Gedanken sofort in den Laden zu stürzen und diese Box zu kaufen, aber interessieren würde mich Eure Meinung zu Blomstedts Bruckner schon ;+) Denn irgendwo im Netz habe die Frage gelesen, wie man für solch einen schwachen Zyklus soviel Geld ausgeben könne - oder so ähnlich.


    :wink: :wink:


    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Die Box kenne ich nicht, allerdings habe ich eine recht ausführliche Rezension im Radio mit vielen Ausschnitten gehört. Kein weihevoller Brucker, aber wunderbar ausbalanciert und fließend lautete der Tenor. Der Rezensent war absolut begeistert. Mich sprachen die Beispiele ebenfalls sehr an und ich habe gleich Lust bekommen, die Box zu kaufen. Auf Meinungen bin ich daher ebenfalls gespannt.


    Nachtrag: Habe jetzt erst den Preis gesehen. Das können die doch nicht ernst meinen!

  • Das können die doch nicht ernst meinen!


    Das habe ich mir auch gedacht, schon happig :faint:


    :wink: :wink:


    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Die Box kenne ich nicht, allerdings habe ich eine recht ausführliche Rezension im Radio mit vielen Ausschnitten gehört. Kein weihevoller Brucker, aber wunderbar ausbalanciert und fließend lautete der Tenor. Der Rezensent war absolut begeistert. Mich sprachen die Beispiele ebenfalls sehr an und ich hatte gleich Lust bekommen, die Box zu kaufen. Auf Meinungen bin ich daher ebenfalls gespannt.

    So gehen die Meinungen auseinander! Uninspiriert, langweilig und plätschernd empfinde ich jenen Zyklus. Für 20 Mäuse bekommt man wesentlich bessere Gesamtaufnahmen.

  • So gehen die Meinungen auseinander! Uninspiriert, langweilig und plätschernd empfinde ich jenen Zyklus.


    Welche Symphonien kennst Du aus dem Zyklus? Das Verdikt ist schon ziemlich harsch, lieber Yorick - um so mehr würde mich die Grundlage Deines Urteils interessieren.


    :wink: :wink:


    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • In FonoForum 1/2013 hat die Box unter der Überschrift "Beglückender Bruckner" eine sehr positive Rezension von Andreas Friesenhagen erhalten. Darin heißt es:


    Zitat

    [ ... ] weil Blomstedt dem Weihrauch abhold ist, klingen Bruckners Sinfonien hier jenseits allen Gefühlsbombastes oft erstaunlich modern und intellektuell.


    Blomstedts Bruckner hat immer auch eine unwiderstehliche Energie. [ ... ]


    In Summe ist dies sicher einer der bedeutendsten Bruckner-Zyklen der jüngeren Vergangenheit.


    Kritik wird an der Auswahl der Fassungen geübt: bei Nr. 2 und 3 die jeweils frühesten, bei Nr. 4 die von 1878/80 mit dem Jagd-Scherzo, bei Nr. 8 die "problematische" Mischfassung von Haas.


    Ich kenne von Bruckner mit Blomstedt nur die 6. Sinfonie in der bereits von Caesar genannten Aufnahme und finde diese ganz ausgezeichnet. Zusammen mit Klemperer und Celi mein Favorit für dieses Werk.


    Nachtrag: Habe jetzt erst den Preis gesehen. Das können die doch nicht ernst meinen!


    Na ja - 9 SACDs für € 140,-, was gibt's da zu meckern? Was glaubt Ihr, was die Erstausgabe von Bruckner 3-9 + Te Deum mit Celi gekostet hat? Oder zu DM-Zeiten die Beethoven-Sonaten mit Brendel ... ? Wir sind verwöhnt von Niedrig- und Niedrigstpreisen.


    Gruß
    MB


    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Celi ist der einzige Brucknerdirigent!


    Nun, lieber Yorick: Wenn überhaupt, dann war Celi Brucknerdirigent. (Da war was mit Grammatik ... ) Aber was ist eigentlich ein Brucknerdirigent?


    Gruß
    MB


    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Nun, lieber Yorick: Wenn überhaupt, dann war Celi Brucknerdirigent. (Da war was mit Grammatik ... )

    Die du aber augenscheinlich nicht beherrschst! :D Von der Semantik ganz zu schweigen ... 8+)

    Zitat

    Aber was ist eigentlich ein Brucknerdirigent?

    Ein Dirigent, der die Werke Bruckners dirigiert? Oder Bruckner selbst? Oder wie oder was?

  • Also Wand und Tintner und ...


    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Die du aber augenscheinlich nicht beherrschst!


    Na, na, wo hätte ich gegen die Regeln verstoßen?


    Ein Dirigent, der die Werke Bruckners dirigiert? Oder Bruckner selbst? Oder wie oder was?


    Oh - ich hatte nicht mit Gegenfragen gerechnet. Du hattest das Wort in die Diskussion eingeführt, da wollte ich fragen, was Du damit meinst.


    Viele Grüße
    MB


    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Grammatik, ja das wäre ein Thema .....



    Also: Thema sind aber Bruckners Sinfonien. Das bitte ich zu beachten.


    Für die Moderation;


    Caesar73



    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Interessantes und intelligentes Interview mit dem augenscheinlich sehr sympathischen Herbert Blomstedt. Man verfolge bei dieser Gelegenheit die YT Mitschnitte in Ton und Bild. Offenbar empfindet dieser Mann die Musik Anton Bruckners als außerordentlich beglückend (und nicht nur). Jetzt kann man natürlich darüber diskutieren inwieweit sich dies auch in seinen Interpretationen wiederspiegelt - aus meiner Sicht sicherlich interessant. Bisweilen habe ich den Eindruck, hier spiegele sich hinsichtlich Bruckner eine Art Altersweisheit analog Günter Wand wieder.


    "http://www.ndr.de/kultur/klassik/blomstedt105.html"




    Zitat

    Dirigent Herbert Blomstedt über Bruckner sprechen zu hören, ist fast so spannend wie ihn Bruckner dirigieren zu erleben. Hören (und sehen) Sie selbst!


    Kann ich bestätigen. :yes:

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