Und, kann man das mit der Konzentration beim Musikmachen vergleichen?
Ich meine, "hier und jetzt" ist ja bei Musik so ne Sache: die nahe Zukunft ist ja in Form der nächsten Töne immer bewußt, zumindest ge-wußt.
Gruss
Herr Maria
Und, kann man das mit der Konzentration beim Musikmachen vergleichen?
Ich meine, "hier und jetzt" ist ja bei Musik so ne Sache: die nahe Zukunft ist ja in Form der nächsten Töne immer bewußt, zumindest ge-wußt.
Gruss
Herr Maria
Ja, durchaus. Das Hier und Jetzt beinhaltet auch das Vor und Zurück. Es ist ein Punkt – das Alleine. Und dennoch bin ich nur jetzt. Das Zuvor ist ein „Flüstern aus Vergangenem“ und das Zukünftige ein Hauch“mag sein“. Es ist das wahrhaft „Bei sich sein“.
Hier unterscheidet es sich, es wird zur Natur Deiner selbst.
corda vuota
Ich denke da an bestimmte Werke von Bach, Berg und auch John Foulds.....
DAS hier ist solch ein Werk:
"http://www.youtube.com/watch?v=fLR21wbcSnU"
Daß es 150%ige Konzentration erfordert, glaube ich gern...
Der Titel ist irgendwie für mich nicht mit der Musik zusammenzubringen: "Mantra I"...
Klingt nach unserem Thema:
Beim Mantrasingen wird ja eine Art "flow" dadurch erzeugt, daß der Geist mit dem Mantra, also einem Text und einer Melodie, beschäftigt wird - man könnte auch sagen: abgelenkt. Dazu gehört auch die permanente Wiederholung...
All das finde ich in der Musik nicht wieder - auch wenn ich sie erstmal sympathisch finde... (ich mag quartenlastige Melodik...)...
???
Gruss
Herr Maria
[edit] corda vuota: Wenn das so ist, paßt es gut zum musizieren.
Neulich in einem Gespräch über Meditation mußte ich auch eingestehen, daß ich (im Gegensatz zu früher) kaum noch das Bedürfnis habe nach stiller Meditation, weil ich beim Improvisieren - speziell mit Loopstation - schon öfter mal ähnliche Erlebnisse habe. Aber auch, wenn ich mit meiner Frau spiele, oder Bass spiele mit der Band - irgendwie befriedigt das meine spirituellen Bedürfnisse hinreichend...[/edit]
Du bist ganz im Hier und Jetzt. Absolut auf das Ziel konzentriert. Absolute Präsenz über den Schuss hinaus. [...] Die Wahrnehmung ist auf dem Punkt dessen was ich tue und dennoch herrscht absolute Achtsamkeit für die Umwelt, das was um mich herum geschieht. Höchste Achtsamkeit! Stille im Geist, stille im Körper!
Das beschreibt recht genau, wie ich mir wünschen würde, Musik hören zu können ("Schuss" würde ich durch "Moment" ersetzen). Nicht immer, aber immer öfter. ;+)
Merkwürdigerweise gelingt mir das ansatzweise beim Autofahren, auf Strecken, die ich gut kenne, trotz der akustischen Einschränkungen, vor allem bei leisen Stellen. Bewußtes, achtsames Hören ist für mich Aktivität.
Hallo Freunde
So wie ich das verstanden habe, besteht ein Spannungsfeld zwischen aktivem Zutun und passivem Geschehenlassen. Ich glaube, beides hat seine Berechtigung-aber nicht zur gleichen Zeit.
Ich schlage daher vor, diese beiden Vorgehensweisen weitestgehend abzuspalten. Wir sind ja heutzutage damit gesegnet, über unzählige Aufnahmen zu verfügen und Musik praktisch überall hören zu können. Wir können auch die gleichen Stellen immer und immer wieder hören. Das ist ein immenser Vorteil, den es zu nutzen gilt!
In den ersten Teil verstaue ich all diejenigen Tätigkeiten, die etwa aktives Hinhören erfordern. Also beispielsweise wie sich mir die Struktur dieses Stückes offenbart, wie sich ein Motiv weiterentwickelt. Das ist Arbeit, vergleichbar wie wenn ich einen Berg besteige. Den zweiten Teil sehe ich als passives Hinhören an. Dort geniesse ich dann meine Früchte der Vorarbeit, die aber nötig war, um auf diesen Gipfel zu gelangen und von der Aussicht überwältigt zu werden.
Darum möchte ich hier folgende Schritte vorschlagen (die mögen für jeden anders sein, bei mir funktioniert es etwa so):
1. Teil Aktives Hinhören
1. Schritt: Ich bestimmte also Abschnitte innerhalb der Struktur, auf die ich mich erstmal konzentriere.
Da es so wichtig ist, dabei offen zu sein, stellt auch das für mich einen Schritt dar.
2. Schritt: Ich versuche ruhig und neugierig zu sein. Ich versuche, Stimmungen zu erkennen. Was löst ein bestimmter Abschnitt des Stücks in mir aus? Welche Emotionen nehme ich wahr? Ich kann mich beispielsweise fragen: Wo befinde ich mich? Wird mir kalt, ist es dunkel, hell was für Bilder tauchen auf? usw… Welche Resonanz stellt sich bei mir ein?
3. Schritt: Ich versuche, Tendenzen und Wendepunkte und unterschiedlich Klangfarben bewusst wahrzunehmen. Hat sich etwas zum Anfang verändert? Was bedeutet ein Abschnitt, welche Veränderung löst er aus?
4. Vielleicht stellen sich mir auch Fragen. Wie geht es weiter? Was möchte mir die Musik „zeigen“?
5. Um die Musik wirklich im ganzen Körper spüren zu können, muss ich mich dazu bewegen (das mag für andere anders sein…) Ich dirigiere also mit, nicht, um die Musik zu verändern, aber um meine Wahrnehmung der Musik gegenüber zu verändern und zu intensivieren. Ich atme Musik. Ich reagiere spontan mit irgendwelchen Bewegungen auf die Musik.
2. Teil Passives Hinhören
Hier sollten mir die einzelnen Komponenten aus dem ersten Teil soweit in „Fleisch und Blut“ übergegangen sein, dass alles wie von alleine abläuft. Ich muss mich hier nicht mehr gewollt konzentrieren, sondern kann mich in der Musik verlieren. Und dann kann sich spätestens hier der „Flow“ oder das intensive meditative Hören einstellen, so wie ich es kenne. Das kann man nicht erzwingen, sondern nur zulassen. Eigentlich ist es ja egal, ob wir das jetzt Flow nennen oder wie auch immer. Es geht darum, wie MICH die Musik berühren kann. Wie sie mich VERÄNDERT, wie ein Werk etwas ganz PERSÖNLICHES wird, das so nur für mich allein gilt.
Das klingt jetzt hier sehr theoretisch. Wenn jemand Interesse hat, starte ich einen neuen Thread, wo ich das auch praktisch ausleuchten kann. Ich beschäftige mich derzeit intensiv und genau in dieser Weise mit Bruckners 4. Sinfonie. Ich könnte beschreiben, wie ich die Abschnitte einteile und versuche, zu erleben… Vielleicht können wir gemeinsam einen ganz neuen Zugang erschaffen…
Mauritius
ich empfehle: musikhören im halbschlaf
erzeugt auch bei völlig unbekannten stücken merkwürdig intensive erlebnisse
Was möchte mir die Musik „zeigen“?
In der klassischen indischen Musik etwa gehörte es explizit zu den Zielen, beim Hörer etwas zu verändern.
Ein typisches Lob für einen außergewöhnlichen Musiker war etwa: "Er war so gut, daß man sofort seine Familie verlassen mußte und in die Wälder gehen".
Also eine spirituelle Kraft, die (je nach Standpunkt) auch destruktiv verstanden werden kann - jedenfalls schlagartig die lebensbestimmenden Wertungen umwirft...
Scheinbar sind wir mit unserer dynamischen klassisch-romantischen Musik da Meilen von entfernt... Oder kann Beethovens "Musik soll dem Manne Feuer aus dem Geiste schlagen" etwas ähnliches bedeuten???
Gruss
Herr Maria
Merkwürdigerweise gelingt mir das ansatzweise beim Autofahren, auf Strecken, die ich gut kenne, trotz der akustischen Einschränkungen, vor allem bei leisen Stellen.
Könnte das ähnliche Ursachen haben wie beim Mantra: der Geist ist etwas beschäftigt, und deshalb zum Teil offen? Der steuernde, kontrollierende Geist fährt Auto (oder autopilot...), der Rest hört - vom steuernden, kontrollierenden Teil unabgelenkt - Musik.
?
Gruss
Herr Maria
Der steuernde, kontrollierende Geist fährt Auto (oder autopilot...),
Eher "autopilot": Es geht, wenn das Autofahren routiniert abläuft (z. B. Abbremsen vor einer bekannten Kurve usw..), also wenn sich nichts Besonderes auf der Straße ereignet.
Mit "aktivem Hören" meine ich allerdings nicht die von Freund Adagietto beschriebenen Schritte, sondern ein waches Aufnehmen der musikalischen Abfolge, ohne sie zu befragen. Daß das Hören "wie von alleine abläuft", setzt m. E. nicht die Fragen voraus, z. B.: "Was will mir die Musik sagen, welche Stimmungen vermitteln...?"
"Im Halbschlaf" hören kenne ich auch: In der Regel folgt dann der Ganzschlaf und dann kriege ich nichts mehr mit...
Flow ist das völlig „aufgehen“ in einer Tätigkeit und löst unmittelbare Folgen im Körper aus. (...)
Der Flow lässt mich völlig hingerissen dahstehen und alles um mich herum vergessen.
Solche Tätigkeiten kenne ich auch. Aber dass die jetzt Flow heißen, ist mir neu :hide: .
Christian
In der klassischen indischen Musik etwa gehörte es explizit zu den Zielen, beim Hörer etwas zu verändern.
Ein typisches Lob für einen außergewöhnlichen Musiker war etwa: "Er war so gut, daß man sofort seine Familie verlassen mußte und in die Wälder gehen".
Also eine spirituelle Kraft, die (je nach Standpunkt) auch destruktiv verstanden werden kann - jedenfalls schlagartig die lebensbestimmenden Wertungen umwirft...
Was wäre Musik, wenn sie das nicht könnte ... ?
Die Arbeitskraft eines arbeitenden Menschen auf angenehme Weise wieder herzustellen, damit diese Kraft am nächsten Tag dem Produktionsprozess in regenerierter Form zur Verfügung steht, wäre ja wohl etwas zu wenig ...
Gruß
MB
Zitat
Was ist Flow? Flow ist das völlig „aufgehen“ in einer Tätigkeit und löst
unmittelbare Folgen im Körper aus. Beispielsweise sind Herzschlag,
Atmung und Blutdruck völlig synchronisiert.
Na ja, wenn ich mich völlig Musikhörend in ein Werk hineinsteigere-was schon mal vorkommt, früher häufiger als heute- dann ist bei mir gar nichts mehr synchronisiert.Es sei denn, es ist gemeint, daß Herzschlag, Atmung und Blutdruck hoch gehen,und das dann synchron............Nö, das ist irgendwie wohl nicht der Sinn.
Lieber Adagietto, könntest du bitte nochmal genauer definieren, was für dich der Flow ist? Hier geht nâmlich Einiges ziemlich durcheinander. Das was Du oben in den physiologischen Reaktionen beschreibst, scheint mir viel eher die sogenannte Herzkoherenz zu sein. Ist die für dich gleichbedeutend mit dem "Flow"? Herzkoherenz
und Tiefenentspannung oder gar Trance(all das wurde hier inzwischen genannt) sind drei verschiedene Dinge und ich frage mich ob der Flow nicht noch ein Viertes verschiedenes Ding ist
Die Herzkoherenz könnte zwar eines der Charakteristika für den Flow sein, aber sie ist nciht dasselbe. Es gibt Messgeräte, die diese Herzkoherenz aufzeichnen und ich habe vor einigen Monaten wâhrend einer Fortbildung an einer Messung teilgenommen und hatte optimale Werte war aber definitiv in diesem Moment nicht im Flow. Mir wurde gesagt, dass meine guten Werte mit der optimalen Tiefenatmung zusammenhängen, die ich beim Singen gelernt habe und die auch in der Meditation und besonders beim Mantra-Singen geübt wird.
Das Musikmachen alles Andere als Herzkoherenz hervorrufen kann, wenn man unter An-Spannung steht (und nciht selten stehen muss) beschreibt Michael ja oben. Anderseits ist nachgewiesen, dass Chorsingen und Ensemblemusik in den besten Momenten besonders flowförderlich ist. Ein Merkmal des intensiven Flow ist eben auch , dass man vollkommen im Ganzen(nicht nur dem was man tut sondern darüber hinaus) aufgeht und Zeit und Raum keine Rolle mehr spielen. Was wiederum die Gemeinsamkeit mit der Meditation ist. Die Grenzen des Ego lösen sich in der Gruppe auf und wenn man gemeinsam Musik macht, kommt noch die "Harmonie-Komponente" dazu. Harmonie im musikalischen wie übertragenen Sinne. Ich finde es deshalb besonders schön, einen Flow in einer Gruppe zu erleben. Und das ist keinesfalls mit Trance zu verwechseln! Und kann nciht bewusst herbeigeführt werden. Man kann nur die besten Bedingungen dafür schaffen und das, was sich ereignet dann auch zulassen (wie oben gesagt wurde) Dazu gehört wiederum die Fähigkeit loslassen zu kônnen, die lange nicht jeder von Natur aus im Wachzustand hat womit sich der Zirkel schliesst...... :stern:
All diesen im Thread evozierten Zuständen gemeinsam ist aber das Wohlbefinden bis hin zur Glûckseligkeit. Und wenn sich das so manifestiert, ist auch mir egal, on das nun Flow oder sonst wie heisst
"Illumination" wäre auch ein schônes Wort für solche Zustände, finde ich.
Was wäre Musik, wenn sie das nicht könnte ... ?
Ja, was wäre Kunst im allgemeinen wenn sie das nicht könnte?
"Illumination" wäre auch ein schônes Wort für solche Zustände, finde ich.
Ist schon von Rimbaud besetzt, kommt aber nach einem Aufenthalt in der Hölle ...
Lieber Adagietto, könntest du bitte nochmal genauer definieren, was für dich der Flow ist? Hier geht nâmlich Einiges ziemlich durcheinander. Das was Du oben in den physiologischen Reaktionen beschreibst, scheint mir viel eher die sogenannte Herzkoherenz zu sein. Ist die für dich gleichbedeutend mit dem "Flow"? Herzkoherenz
und Tiefenentspannung oder gar Trance(all das wurde hier inzwischen genannt) sind drei verschiedene Dinge und ich frage mich ob der Flow nicht noch ein Viertes verschiedenes Ding ist
Hallo Fairyqueen
Ich bin momentan etwas verwirrt von all den verschiedenen Ausdrücken. Bei mir konnte ich beobachten, dass sich mein Rhytmus von Herz und Atem während des Musikhörens und Musikerlebens tatsächlich verändert. Ob das mit dem "Flow" zusammenhängt, weiss ich nicht. Ich kann auch nicht genau sagen, ob wir unter Flow alles dasselbe verstehen.
Mir geht es vielmehr um die Möglichkeit, Musik in seiner Ganzheit erfahren und erleben zu können. Und ich habe bemerkt, dass es eben oft sehr ähnliche Dinge sind, die dafür den optimalen Nährboden bilden. Diese Vorgehensweise versuche ich zu erarbeiten.
Wie ist das bei Dir? Wie erfährst Du Musik?
Ist schon von Rimbaud besetzt, kommt aber nach einem Aufenthalt in der Hölle .
Was die Hölle angeht, vertraue ich niemandem ausser Dante. Und der wurde nur im Paradiso illuminiert...... :angel:
Wie ist das bei Dir? Wie erfährst Du Musik?
Oweia, wenn ich diese Frage ernsthaft beantworten wollte, würde das mindestens ein Roman von epischer Länge. Kurz und knapp: das kommt ganz auf die Musik an und darauf, in welchem Zustand und an welchem Ort ich mich beim Beginn des Hörens befinde. Dass da immer auch körperliche Funktionen beteiligt sind, versteht sich für mich aber von selbst. Ich habe ein ganzheitliches Menschenbild und bin berzeugt, dass Körper, Gefühle und Intellëkt eng miteinanander verbunden sind und in Wechselwirkung stehen.. Auch beim Musikhören. Je nach Musik verändert sich also entsprechend auch bei mir höchstwahrscheinlich Atemrythmus und Herzfrequenz. (Beim Singen tut es das sowieso). Positiv oder negativ. Wenn mich z.B. einer zwingen würde, in Bayreuth einen Parsifal in ganzer Länge anzuhören oder gar die Kundry zu geben, garantiere ich für nichts, wenn kein Notarzt und Psychiater greifbar ist...... ;+)
Den Mega-Flow gibt's dann eher, wenn die Callas "O rendetemi la speme" singt oder Barbara Bonney Dowland oder Sokolov D959 spielt.
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