Dur vs. Moll: Klassisch/seriös vs. romantisch/spannend?
Fast hätte ich geschrieben: Langeweile vs. Kitsch.
Wie üblich bringt mich mein Freund Haydn zum Thema. Wenngleich Mozarts c-Moll-Messe (soeben gehört) der Anlass zu diesem Thread ist. Zunächst zu Haydn:
Seine Streichquartette sind zumeist in 6er-Gruppen zusammengefasst. 5 mal Dur, 1 mal Moll. Die Moll-Sachen sind oft so interessant, dass man sich fragt: Warum nicht 3 mal Dur und 3 mal Moll? Oder wenigstens 2 zu 4? Mozart ist bei seinen "Haydn-Quartetten" ähnlich verfahren. Beethoven immerhin noch bei seinen ersten 6.
Allerdings wird man statistisch betrachtet nicht feststellen, dass die wenigen Moll-Quartette "besser" sind als die in Dur. Anders bei den Haydn-Opern. Auch da sind Moll-Arien ganz klar in der Minderheit. Und genauso klar erscheinen sie - jedenfalls in meinen Ohren - als die spannendsten der ganzen Oper.
Aus heutiger Sicht könnte man sagen: Haydn hätte mehr Moll-Werke komponieren sollen. Er hatte aber sicher seine Gründe, warum er das nicht tat. Das wäre die erste Frage: Warum dieses Verhältnis Moll:Dur = 1:5? Weil Dur=Klassik, Moll=Romantik?
Bin ich dann ein Romantiker? Oder nur ein Kind des 21. Jahrhunderts, das etwas "Action" braucht? Jedenfalls stellte ich heute Abend bei Mozarts c-Moll-Messe fest, dass mich jetzt endlich mal auch ein "Gloria" fesselt. Man fühlte sich wie in einem Requiem. Also irgendwie zu dramatisch. Es ist doch nur ne Messe. Der Christ erlebt tausende Messen im Leben, aber nur ein Requiem. Also zu viel Moll in der Messe?
Später (nach Beethoven) gab's dann mehr Moll. Rachmaninoff triebs auf die Spitze: 4 Klavierkonzerte, 4 mal Moll.
Man kann das Thema also auf 2 Arten diskutieren:
(1) Warum wurde in der Klassik so wenig in Moll komponiert?
(2) Finden wir heute Moll tatsächlich "spannender" als Dur? Hören wir heute Moll mit anderen Ohren als vor 200 Jahren?
Thomas
PS: "Satellite" ist in h-Moll.