Brahms: Die schöne Magelone, op. 33

  • Das klingt für mich nicht unbedingt so, als müsse man dem Werk jegliche Berechtigung absprechen. Was Brahms´ Urteil über Tieck angeht hat mich dies hier wieder unsicher gemacht:


    Na aber Brahms hat den Text doch sehr geschätzt!? Nur eben nicht die Handlung der Geschichte, zumindest habe ich seine Aussage (s. Posting 8) so verstanden...

  • Zitat

    ... von sublimer
    romantischer Ironie ...


    Diese gerade vermisse ich aber! Das ist aus meiner Sicht gerade der Unterschied zu einem Genie wie Heine. Ich befürchte eben - da ich keine Anzeichen für etwas anderes erkennen kann - dass Tieck das durchaus ernst meint. Der Vergleich mit Karl May war ja durchaus ernst gemeint. Mir fehlt einfach die Distanzierung, der Humor, die Ironie. (Wenn ich etwas überlese, dann reibt es mir bitte unter die Nase.) Insofern halte ich das Werk für "unerträglich", glaube aber auch, dass man es durch einen geschmackvoll(!) ironisierenden Anstrich retten kann. Walser scheint mir in dieser Hinsicht keine ganz falsche Adresse (wie gesagt, ohne das Ergebnis zu kennen).

  • Habe mir heute eine Magelone ausgeliehen (leider sind es nur ausgewählte Lieder), die ich bei keinem der einschlägigen Verkäufer finden kann, deswegen auch kein Bild einstelle.
    Es singt Albert Zetzsche, am Piano Wolfgang Wappler.
    Ich habe schon mal sporadisch reingehört und allein die Stimme Zetzsches gefällt mir ausnehmend gut, wunderbar rund und ruhig.
    Kennt die vielleicht jemand?

    "Allwissende! Urweltweise!
    Erda! Erda! Ewiges Weib!"

  • Hallo Zusammen,


    danke für die interessante Diskussion über die Magelone.
    Ich habe sie schon mehrfach aufgeführt und das größte "Problem" dabei schien mir immer die überladene Sprache im Märchen Tiecks.
    Im Gedicht, im gesungenen Lied verzeiht man das eher, als gelesener Text ist es schwierig.
    Deswegen habe ich großes Interesse an der angesprochenen Bearbeitung von M. Walser. Weiß jemand, ob die irgendwo veröffentlicht wurde?


    Vielen Dank!
    Tobias

  • Wenn die Sängerin/der Sänger sowohl die Romanzen singt als auch die Novelle vorliest, lieber Philbert, nimmt das Ganze tristansche Dimensionen an ! Auf Tonträgern ist das natürlich machbar ( Brigitte Fassbaender ), live habe ich das noch nie erlebt


    Christoph Prégardien hat das in den 1990ern so gemacht, mit Andreas Staier an einem Graf-Flügel. Für die CD wurde leider Senta Berger hinzugezogen, die wie eine Märchentante las. Prégardien hat das sehr viel schöner gemacht und wirkte überhaut nicht angestrengt.

  • Laut Jan Swaffords Johannes Brahms - A Biographie (1997) , siehe unten, lernte Johannes Brahms eine Version der Magelone schon als Jugendlicher kennen. Er habe eine Version der "mittelalterlichen" Romanze zusammen mit seiner Freundin und Schülerin Lieschen Giesemann im Sommer 1847 in Winsen gelesen. Ein Freund schmuggelte den beiden Bände aus der Bücherei seiner Mutter zu. Eines davon sei Die schöne Magelone und der Ritter Peter mit dem silbernen Schlüssel gewesen - Tieck wird hier nicht ausdrücklich genannt.


    Hier ist Tiecks Text zu lesen. Aber wie jemand oben schon berichtete, lernte Brahms ihn wohl erst später kennen - wann genau wird von Swafford nicht erwähnt. Seine Komposition begann Brahms laut Swafford in Hamm, in 1861.


    Die schoene Magelone


    Zur Magelone finde ich bei Swafford noch weitere Gedanken, zB im 2. Kapitel "Kreisleriana". Hier werden die Bedeutung und einige wichtige Inhalte von Brahms Notizbuch "des jungen Kreislers Schatzkästlein " beschrieben. Swafford nennt dieses Notizbuch dem Sinn nach eine Art Zeugnis von Brahms Bildung und Gedankenwelt, nach Swafford tief verwurzelt in der Epoche der Romantik (in der Literatur).


    Swafford J, 1997, Kapitel 2, Seite 36:

    „ …..When Johannes read The Beautiful Magelone he unknowingly steeped himself in a founding element. Romanticism is named for the medieval prose narrative called the romance, one example of which is Schöne Magelone – not the real medieval, but the romantic-medieval, a fairy-tale world of gallant knights and minstrels and fair maidens and sorcerers. …..As a product of fantasy, art could conjure up a world beyond this one, a place infinite and mysterious. And art was the only thing that could bring us to that territory...... “


    (Nachtrag vom 3.8.2022: Selbstverständlich reduziert Swafford Brahms prägende Einflüsse nicht auf diese Romanze und nicht auf diesen Aspekt von Romantik. Er bespricht uA ETA Hoffmann, Jean Paul und erwähnt Tiecks gestiefelten Kater und hebt dabei besonders den Aspekt der romantischen Ironie und des Doppelgängers und Alter Egos hervor, Ideen, für die Brahms besonders in jungen Jahren anfällig war.)


    Allerdings macht Swafford später auch darauf aufmerksam, dass Magelone und Sulima stereotypische Frauenbilder verkörperten – und dass seiner Meinung nach genau diese verhängnisvolle Spaltung Brahms sein Leben lang beschäftigt und verfolgt habe. (Kapitel 14, Seite 347).

    Ausserdem sei die Magelone selbstverständlich ein Testament seiner Bewunderung für den Bariton Julius Stockhausen.


    Ich kenne Brahms Magelone erst seit wenigen Tagen, aber habe mich relativ schnell in diese Welt hineingefunden. Ich bevorzuge Aufnahmen mit Lesungen zwischen den Liedern. So habe ich beides - überspringen kann ich die Lesungen, wenn ich möchte.


    Am besten gefällt mir im Moment diese:

    Peter Schreier, Andras Schiff, Gert Westphal, live 1997.


    Mit Peter Schreier und Peter Rösel gibt es auch eine Studio Aufnahme von 1981, mit Wolfgang Heinz als Sprecher. Mir gefällt sie auch sehr gut, nur ziehe ich die Live Situation vor. Auf spotify kann man sie anhören.


    Michael Volle hat die Magelone hier mit Adrian Baianu 2007 im Studio eingespielt, Hartmut Volle liest vor.


    Chrisitian Gerhaher und Gerold Huber, 2017, wurden oben schon erwähnt. Hier nun das Cover dazu. Es gibt hier 2 Versionen, eine ohne Lesung und eine mit Martin Walser als Sprecher.


    Es gibt natürlich noch weitere Aufnahmen, zB Fischer Dieskau mehrmals, Daniel Behle und oben schon erwähnte.


    Hier Jan Swaffords Biographie:


    3 Mal editiert, zuletzt von Rosamunde ()

  • Hier eine ganz wunderbare Aufnahme der Magelone, erschienen in 2017. Sänger und Pianist finden gemeinsam eine für mich bezaubernde und ganz angemessene Märchenstimmung und erscheinen mir völlig natürlich in ihrem Element. An anderer Stellei st zu lesen, dass diese Lieder von machen Hörern als nicht besonders beliebt oder künstlerisch anspruchsvoll angesehen werden. Ich habe aber an ihnen einen Narren gefressen. Allerdings bemerke ich erstaunlich grosse Unterschiede in der Wirkung und dem Eindruck, den sie hinterlassen - je nach Interpreten. Hier also nun eine meiner Favoriten (ich kenne soweit 7 oder 8 Aufnahmen):


    Roderick Williams - Bariton & Lesungen (Vignoles englische Übersetzung von Tiecks Magelone)

    Roger Vignoles - Klavier


  • Magelone ist ein starkes Stück, keine Frage.

    Leider etwas zu kurz für ein klassisches Abendprogramm.

    Der Klassiker ist DFD /Richter (DFD ist für mich eher zu Brahms als zu Schubert affin).

    Sonst gibt es auch Andreas Schmidt/Jörg Demus, Bernard Kruysen/Noël Lee und meinen Favoriten, der leider nicht offiziell auf CD übertragen wurde: Udo Reinemann/Noel Lee.

    Der Klavierpart ist besonders anspruchsvoll.

    Die Lesungen können mir geschenkt werden.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Von Fischer-Dieskau habe ich soweit 6 Aufnahmen gefunden, aber vielleicht gibt es ja noch weitere - bitte ergänzen !


    mit Hermann Reutter, Köln live 1952;

    mit Hertha Klust, 1953

    mit Jörg Demus, 1957

    mit Gerald Moore, Salzburg live 1964

    mit Richter, Salzburg live 1970

    mit Barenboim, 1981.

  • Eine weitere Aufnahme mit Fischer-Dieskau und S Richter, live, Aldeburgh Festival 1965. Benjamin Britten blätterte um.



    Man kann hier probehören YT:

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  • Andreas Schmidt/Jörg Demus

    Vielen Dank, habe ich mir angehört, eine Aufnahme von 1988.



    Von Andreas Schmidt gibt es ausserdem eine weitere, später (zwischen 1997-2003?) entstandene Einspielung mit Helmut Deutsch am Klavier:


  • Zitat von Amethyst

    Von Andreas Schmidt gibt es ausserdem eine weitere, später (zwischen 1997-2003?) entstandene Einspielung mit Helmut Deutsch am Klavier:

    Recording: June 2 –5, 1998


    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Eine weitere Aufnahme, die ich schon eine Weile vorgemerkt hatte, nun endlich angehört:


    Jorma Hynninen, Bariton und Ralf Gothoni, Klavier. 1990.



    Ganz wunderbar !

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