Antonín Dvořák: Symphonie Nr. 5 F-Dur op. 76
Die Symphonie Nr. 5 F-Dur op. 76 komponierte Antonín Dvořák im Sommer 1875. Eigentlich sollte das 1879 in Prag uraufgeführte Werk die Opuszahl 24 erhalten, die höhere Zahl geht auf den Verleger Simrock zurück. Dvořák hat es dem Pianisten und Dirigenten Hans von Bülow gewidmet.
Das Werk hat die konventionellen vier Sätze, erster Sonatenform, zweiter langsamer und dreiteilig, dritter ein Scherzo und vierter Mischung aus Sonatensatz und Rondo. Die Spieldauer der mir zur Verfügung stehenden Aufnahme lautet 36:57 Minuten. Die Besonderheiten des Werks liegen in der Grundanlage und im Detail.
Die ganze Symphonie ist geprägt von einer pastoral-böhmisch-symphonisch-farbigen abwechslungsreichen Stimmung. Es lohnt sich genau aufzupassen, wie Dvořák Themen und Motive im Lauf der Sätze verändert – im Charakter und in den Klangfarben. Allein dieser Farbenreichtum mag für das Werk schon ungemein einnehmen. (Mir geht es jedenfalls so.) Dazu kommen allerlei Steigerungen und Beruhigungen.
Im eröffnenden Allegro man non troppo haben wir ein Hauptthema aus Dreiklangsbrechungen und ein zweites Thema mit chromatischem Ansatz, und schon die erfahren allerlei Schattierungen im Lauf von Exposition, Durchführung und Reprise.
Das nun folgende Andante con moto wartet im ersten und dritten Teil mit böhmisch-elegischem a-Moll auf, zu Beginn vom Cello vorgetragen, und am Anfang des helleren Mittelteils begleiten Streicherpizzicati die Holzbläser.
Aufhorchen lässt der Beginn des dritten Satzes (Andante con moto, quasi l´istesso tempo / Allegro scherzando). Er erscheint wie ein Nachklang des zweiten Satzes, aus dem schließlich das eigentliche Scherzo, ausgelassen und unbeschwert böhmisch, schlüpft. Das tänzerische Trio nimmt sich dagegen zunächst etwas zurück.
Dvořáks Finallösung (Allegro molto) zeigt die „Symphonikerpranke“: ein grundsätzlich „molliger“ Satz mit einem nervösen Hauptthema, ein leidenschaftlicher Strom mit dramatischen Höhepunkten und völligen Stillständen, bis das positive Ende in Dur ganz genau weiß, wie und wo der Applaus zu holen ist.
Charakterlich und stilistisch ist diese Symphonie schon auf dem besten Weg zu den großen späteren Werken, verglichen etwa mit der (vom Schreiber zuletzt gehörten) Dritten Symphonie, die noch deutlich von Wagner und Liszt beeinflusst ist.
Die mir zur Verfügung stehende Aufnahme ist der von Franz Welser-Möst dirigierte Ö1 Mitschnitt des 5. Abonnementkonzerts der Wiener Philharmoniker, aufgenommen am 18.12.2011 im Großen Musikvereinssaal in Wien. Vor allem Streicher und Holzbläser sorgen für einen den pastoralen Grundton warmherzig in bester Wiener Philharmonischer Tradition zur Geltung bringenden Interpretationsansatz. Welser-Möst und das Orchester demonstrieren im Mittelteil des zweiten Satzes, dass dieser wohl sehr gut in Wien spielen kann, wo man gerne allzu schön alles verklärt. Und dem Trio im dritten Satz gewinnen sie ihren ganz eigenen Wiener Charme ab. Ansonsten sagt man ja salopp, Musiker, die aus Wien stammen, haben mindestens eine böhmische Großmutter. Ganz fremd ist dem Orchester das Wesen dieser Musik gewiss nicht, oder anders gesagt: ich glaube einmal mehr zu spüren „die haben´s im Blut“.
Recherchegrundlagen: Reclams Konzertführer (Ausgabe 2001) und die wikipedia Seite zum Werk.
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