Gesellschaftliche Tabus und Tabubrüche in Opern


  • Ich verstehe Wotan ja auch nicht wirklich - zuerst weigert er sich so standhaft dagegen, das "frevelnde Paar" zu bestrafen, er bringt sogar noch Argumente dagegen usw. Dann lässt er sch doch umstimmen, und als er sieht, dass Brünnhilde Sieglinde rettet, führt er sich noch auf, anstatt zu sagen "Ok, Siegmund ist tot, das reicht".

    Wotan tötet ja auch Hunding, leider weiß ich nicht warum.

    Wotan steht ja, in dem, was er will, mit sich selbst im Widerspruch. Brünnhilde wird angedeutet als ein abgespaltenes Moment seines Willens. Deshalb hat der Abschied im Gegensatz zu den Liebesgeschichten von Siegmund & Sieglinde und später Siegfried & Brünnhilde auch ein bisschen was von narzisstischer Selbstbespiegelung.
    Wotan kann halt nicht anders, als sowohl das "frevelnde Paar" als dann auch Brünnhilde zu bestrafen, weil seine Macht auf den moralischen Gesetzen und den Verträgen beruht, die er geschlossen hat. Er ist also konsequenterweise inkonsequent; genauer muss er sich gegen den ursprünglichen Plan entscheiden, der ihm lieber wäre: Siegmund organisiert als strahlender Held den Ring des Nibelungen für ihn.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)


  • Ich verstehe Wotan ja auch nicht wirklich - zuerst weigert er sich so standhaft dagegen, das "frevelnde Paar" zu bestrafen, er bringt sogar noch Argumente dagegen usw. Dann lässt er sch doch umstimmen, und als er sieht, dass Brünnhilde Sieglinde rettet, führt er sich noch auf, anstatt zu sagen "Ok, Siegmund ist tot, das reicht".

    Wotan tötet ja auch Hunding, leider weiß ich nicht warum.


    Wotan ist der Chef im Ring. Er kann sich von Bünnhilde nicht auf der Nase rumtanzen lassen, auch wenn er ihren Rettungsversuch ganz klammheimlich befürwortet.
    Wo soll denn das hinführen wenn sowas erstmal einreißt, da könnte ja jeder kommen...etc., etc., etc.
    Warum Wotan Hunding tötet?
    Ich habe den Ring bisher erst einmal gesehen, bin also ein ziemlicher Wagner-Neuling (und sollte vielleicht meine Klappe halten), aber in der Inszenierung die ich gesehen habe (MET, Robert Lepage) hatte ich den Eindruck, daß Wotan sich einfach abreagieren mußte: Brünnhilde ungehorsam, Siegmund tot und im Übrigen konnte er Hunding nie leiden, der ja nach Walhall "nicht taugt".
    By the way: was so entsetzlich an der Verbindung zweier Menschen sein soll die zwar Geschwister sind, aber nicht als solche aufgewachsen sind und sich (zunächst) unter anderen Vorzeichen begegnen, habe ich nie verstanden. Nicht in der Oper und nicht im wirklichen Leben.

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Mich würde interessieren, ob da wenigstens Ansatzweise etwas davon gesagt wird, dass die beiden Geschwister sind, oder ob man das völlig verschweigt und die beiden nur als normales Liebespaar hinstellt. Und falls man es doch nicht verschweigt, ob man dazu Kommentare abgibt, dass sowas gar nicht in Ordnung ist etc.


    Ja, das ist sicher interessant. Wobei den Kindern sehr wahrscheinlich nicht verschwiegen wird, dass es sich um Geschwister handelt. Der Aspekt, dass sie Sex haben wird wohl eher übergangen werden. Aber da sind Loriot und Wagner selbst auch nicht sonderlich explizit.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Der Aspekt, dass sie Sex haben wird wohl eher übergangen werden. Aber da sind Loriot und Wagner selbst auch nicht sonderlich explizit.

    Das stimmt. Wobei ich mich immer gefragt habe, ob die beiden aus dem Haus von Hunding geflogen sind, und DANN erst herumgeferkelt haben, oder ob das noch im Haus war. In der Regieanweisung steht nämlich nichts davon, dass beide flüchten, nur dass er sie an sich zieht, und der Vorhang fällt.

    Und dann heißt es erst viel viel später, dass Sieglinde ein Kind bekommt.

    Ich kenne ja nur eine Buchreihe für Kinder, nämlich den "Holzwurm der Oper", oder wie das Ding heißt, wo Ilja Richter den Wurm spricht. Ich hab da einmal bei "Hänsel und Gretel" auf Amazon reingehört, ich finde das furchtbar. Aber es gibt ja garantiert noch viele andere Versionen, egal ob auf CD, oder vielleicht auf DVD oder CD-ROM etc.

    Und die Frage ist eben auch, wenn es nicht verschwiegen wird, ob dann ein kritischer Kommentar kommt, dass das nicht in Ordnung ist, "aber es sind ja nur Sagenfiguren" oder "früher war das halt anders als heute" etc.

  • In der Regieanweisung steht nämlich nichts davon, dass beide flüchten, nur dass er sie an sich zieht, und der Vorhang fällt.

    Tja, da bleibt in der Regel einiges der inszenierenden Phantasie des Zuschauers überlassen.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Ich verstehe Wotan ja auch nicht wirklich - zuerst weigert er sich so standhaft dagegen, das "frevelnde Paar" zu bestrafen, er bringt sogar noch Argumente dagegen usw. Dann lässt er sch doch umstimmen, und als er sieht, dass Brünnhilde Sieglinde rettet, führt er sich noch auf, anstatt zu sagen "Ok, Siegmund ist tot, das reicht".


    Der Wotan ist ein Vollpfosten - ohne Weitsicht, Verantwortungsgefühl und auch nur marginaler Einsicht in die Folgen seines Tuns, alles andere als ein Weisheitsgott, eher voll pubertierender Halbstarker. Anfangen tut's damit, daß er einen Ast von der Weltesche abreißt, die daraufhin verdorrt, dann sein toller Handel mit Fafner und Fasolt und so geht's weiter...
    Genau deswegen scheitert er ja schließlich.

    Natürlich weigert er sich anfangs: Er hat's doch selber langfristig eingefädelt, um auf diese Weise einen menschlichen Nachkommen zu bekommen, der ihm den Ring wiederbeschaffen soll. Daß die zwei Sex miteinander haben und Sieglinde davon schwanger wird war schon beabsichtigt und Teil des Plans (ob das nun in Hundings Hütte, im Wald oder anläßlich eines Mallorca-Urlaubes passiert, ist dabei allerdings nicht nur ihm völlig unwichtig). Und dann bekommt er Stress mit seiner Frau deswegen, die sich auf Moral und "höhere" Gesetze berufen kann. Damit ist er geknebelt - es sind ja schließlich seine eigenen Gesetze - und muß die Brünnhilde eben wegen ihrer Beteiligung an dieser Moralbeugung bestrafen...

    Vorschlag: Les' doch mal den gesamten Ring, inklusive Vor- und Zwischengeschichten, die Story von Sigmund, Sieglinde und Hunding fällt ja nicht vom Himmel, die hat doch ihre Motive...

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Mit der Ausnahme, dass er nur bedingt gegen die selbsterlassenen "höheren" Gesetze verstoßen kann, verhält sich Wotan ähnlich wie reale Politiker. :D Er plant in etwa für eine Legislaturperiode...
    Man kann ihm zugute halten, dass er mit einer unvorhergesehenen Bedrohung konfrontiert ist: Durch Alberichs Raub des Goldes, den Fluch und den Ring gibt es einen neuen Machtfaktor. Dagegen lässt er Walhall bauen, nur würde der ursprüngliche Preis erst recht einen Untergang der Götter herbeiführen. Mit Loge gemeinsam ist er immerhin schlauer als Alberich und am Ende des Rheingoldes ist dieser als Machtfaktor beinahe ausgeschaltet und die Riesen auf einen reduziert, der obendrein mit Hort und Ring nichts Bedrohliches anzufangen weiß.
    Schon im Wälsungendrama kann Wotan, weil er sich gelinde gesagt, am Rande seiner Gesetze bewegt, nur indirekt handeln. Er ist also nicht erst als Wanderer ein "Schatten seiner selbst" und in eine vergleichsweise passive Rolle gedrängt.
    Es ist ein wenig paradox, denn die Zeugung Siegfrieds ist einerseits ein Plan B (falls Siegmund scheitert), andererseits führt sie zur Bestrafung des Inzests und damit sogar zu einem vorzeitigen Scheitern, denn Siegmund erhält so gar keine Chance, den Ring zurückzugewinnen.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Mit der Ausnahme, dass er nur bedingt gegen die selbsterlassenen "höheren" Gesetze verstoßen kann, verhält sich Wotan ähnlich wie reale Politiker.


    Frauenhandel (Freia, Sieglinde) war dabei anscheinend nicht verboten... :D
    Für die Herbeiführung der inzestuösen Beziehung zwischen Sieglinde und Siegmund gilt dann wohl der Politikergrundsatz: Erlaubt ist alles, solange man nicht erwischt wird...

    Klar: Er läßt Walhall wegen der potentiellen Bedrohung durch Alberich bauen und zeugt mit verschiedenen Frauen neun Walküren zur Betreuung gefallener Helden, die er zur Verteidigung derselben benötigt (Ehebruch und Kuppelei waren anscheinend auch keine Kapitaldelikte...). Mit Fasolt und Fafner aber Freia als Lohn für Walhall zu vereinbaren - hat ihn dazu jemand oder wenigstens die Macht des Faktischen gezwungen? - zeugt schon irgendwie von mangelnder Vorausschau. Aber schließlich ist er dann doch im Besitz des Ringes - blöd nur, daß der von Alberich verflucht wird. Er hätte ihn jetzt vernichten können, einschmelzen, wie auch immer... Statt dessen gibt er ihn (wegen nachträglicher Vertragsänderung - wir wissen mittlerweile, daß sowas teuer wird: Berlin, Hamburg, Limburg lassen grüßen) an die vergleichsweise unterbelichteten Bauleiter weiter - und hat jetzt das selbe Problem wie vorher: Der Ring ist wieder in der Welt... das ist schon eine vergleichsweise wenig zielführende Lösung. Und wenn schon Freia zur Ablösung komplett mit Gold bedeckt werden mußte: Ein halbwegs intelligenter Gott hätte das mit Blattgold gemacht (wie hieß die legendäre Königin, die nur soviel behalten durfte, wie durch eine Rinderhaut bedeckt werden konnte und die dann diese Haut in dünnste Riemen schnitt und damit eine neue Herrschaft absteckte..?) statt zuletzt dann auch noch Ring und Tarnkappe darangegeben, um die Bedeckung vollständig zu machen!

    Tja: Politiker ist der einzige Job, für den man keinerlei Befähigungsnachweis beibringen muß. Und die Folgen tragen auch meistens die anderen. Der einzige Lichtblick dabei ist, daß Macht und Dummheit in der Regel keine dauerhafte Koalition bilden.

    Es bleibt nämlich die Frage offen, was sich denn grundsätzlich an der unbefriedigenden Situation geändert hat, als Siegfried den Ring schließlich hat? Daß er ihm und Brünnhilde kein Glück bringt, ist voraussehbar. Die Bedrohung bleibt aber doch, Brünnhilde hat ja auch genügend Motive. Sie zündet am Ende schließlich auch Walhall an: "der Götter Ende dämmert nun auf. So – werf’ ich den Brand in Walhalls prangende Burg"... (Und das um Walhall aufgeschichtete Holz der Weltesche - wer hat es denn dort gestapelt? - brennt natürlich hervorragend!)

    Andererseits: Wär' der Wotan nicht so abgrundtief doof, gäb's auch keine 14 Stunden Oper :D

    viele Grüße

    Bustopher


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    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Er hat's doch selber langfristig eingefädelt, um auf diese Weise einen menschlichen Nachkommen zu bekommen, der ihm den Ring wiederbeschaffen soll. Daß die zwei Sex miteinander haben und Sieglinde davon schwanger wird war schon beabsichtigt und Teil des Plans


    Ich müsste jetzt den text genau nachlesen, aber der eigentliche Plan war, dass Siegmund mit Hilfe von Nothung den Fafner tötet und den Ring wieder gewinnt. Dass es dann (wegen Fricka) anders kam - ok. Siegfried war schon kein Plan mehr, hat sich eher so ergeben.

    Durch Alberichs Raub des Goldes, den Fluch und den Ring gibt es einen neuen Machtfaktor. Dagegen lässt er Walhall bauen


    Weiß nicht. Ich glaube, der Wunsch nach Walhall bestand vor dem Raub des Rheingoldes. Dass Walhall sich dann eignete, um mit Hilfe der Walküren ein Heer zu formieren, klar.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ja, Siegmund sollte den Drachen töten. Aber Wotan plaziert das Schwert in Hundings und Sieglindes Haus, sicher nicht ohne HIntergedanken.

    Walhall hatte er zuerst aus Ruhmsucht (und vermutlich auch um die Riesen zu beschäftigen) in Auftrag gegeben (Rheingold, 2). Aber dennoch ist der Raub des Goldes ja der entscheidende Faktor in der gesamten Entwicklung.

    Wotan sieht wohl insofern noch nicht klar, dass er hauptsächlich vermeiden will, dass Alberich den Ring wieder erhält (weil der sonst zu mächtig würde, trotz gesammelter Helden (Walküre II,2). Dass Gold/Ring zurückgegeben werden sollten, weiß er eigentlich aufgrund von Erdas Warnung.

    In besagtem Dialog mit Brünnhilde kann man schon ahnen, dass Siegmund den Ring nicht erringen hätte können. Durch sein Outlaw-Dasein und den Inzest hat er zwar die Freiheitsbedingung erfüllt, dass er der Gesetze nicht achtet, aber seine Freiheit und Stärke hängen an Wotans Schwert.
    .
    Bedingungen für den freien Helden (später von Siegfried erfüllt, der selbst sein Schwert schmiedet und Wotan als Wanderer besiegt):
    "Nur einer könnte, was ich nicht darf:
    ein Held, dem helfend nie ich mich neigte;
    der fremd dem Gotte, frei seiner Gunst,
    unbewusst, ohne Geheiss,
    aus eignet Not, mit der eignen Wehr
    schüfe die Tat, die ich scheuen muss,
    die nie mein Rat ihm riet,
    wünscht sie auch einzig mein Wunsch!
    Der, entgegen dem Gott, für mich föchte,
    den freundlichen Feind, wie fände ich ihn?
    Wie schüf, ich den Freien, den nie ich schirmte,
    der im eignen Trotze der Trauteste mir?
    Wie macht' ich den andren, der nicht mehr ich,
    und aus sich wirkte, was ich nur will?
    O göttliche Not! Grässliche Schmach!
    Zum Ekel find ich ewig nur mich
    in allem, was ich erwirke!
    Das andre, das ich ersehne,
    das andre erseh ich nie:
    denn selbst muss der Freie sich schaffen;
    Knechte erknet ich mir nur!"

    Wotan über Siegmund:
    "Wild durchschweift' ich mit ihm die Wälder;
    gegen der Götter Rat reizte kühn ich ihn auf:
    gegen der Götter Rache
    schützt ihn nun einzig das Schwert,
    das eines Gottes Gunst ihm beschied.
    Wie wollt' ich listig selbst mich belügen?
    So leicht ja entfrug mir Fricka den Trug:
    zu tiefster Scham durchschaute sie mich!
    Ihrem Willen muss ich gewähren."

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich müsste jetzt den text genau nachlesen, aber der eigentliche Plan war, dass Siegmund mit Hilfe von Nothung den Fafner tötet und den Ring wieder gewinnt. Dass es dann (wegen Fricka) anders kam - ok. Siegfried war schon kein Plan mehr, hat sich eher so ergeben.


    Weiß nicht. Wie schon Kater Murr schrieb: Plan B.
    Wotan mußte ja trotz Notung damit rechnen (a priori, auch bereits ohne die tatsächlichen zusätzlichen Verwicklungen), daß Siegmund Hunding unterliegt (oder dieser jenen anderweitig umbringt), da ja Hunding unabhängig von dem Verhältnis Siegmund/Sieglinde eine offene Rechnung mit Siegmund hatte. In diesem Falle wäre seine immerhin auf Jahrzehnte angelegte Vorausplanung für die Katz' gewesen. Es sei denn, es gäbe einen Nachfolger für Siegmund...
    Man kann natürlich argumentieren, daß das, was die beiden Geschwister treiben, sie aus eigenem Antrieb tun. Passt aber trotzdem in den Plan. Und wieso deponiert Wotan Notung ausgerechnet in Hundings Hütte, bei Siegmunds Todfeind (aus früheren Gründen), der auch noch der ungeliebte Mann von dessen Schwester ist? Wenn es nur darum ginge, Fafner zu töten und den Ring zu bekommen: Damit riskiert er doch, daß sein Versuch scheitert. Wieso deponiert er das Schwert also nicht an einem weniger konfliktträchtigen Ort?
    Was hätte sich ausserdem prinzipiell geändert, wenn Siegmund am Leben geblieben, Fafner getötet und den Ring erworben hätte? Wenn der ganze Hunding/Sieglinde/Inzest-Einschub nicht stattgefunden hätte? Dann wäre der Ring immer noch in der Welt und wegen des Fluches Siegmund statt Siegfried das künftige Opfer.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Wotan mußte ja trotz Notung damit rechnen (a priori, auch bereits ohne die tatsächlichen zusätzlichen Verwicklungen), daß Siegmund Hunding unterliegt


    Eher nicht. Zum einen hat er Siegmund das Schwert in die Hände gespielt, zum anderen sollte Brünhilde ja noch darüber wachen, wer gewinnt.

    Man kann natürlich argumentieren, daß das, was die beiden Geschwister treiben, sie aus eigenem Antrieb tun.


    Würde ich schon sagen.

    Wenn es nur darum ginge, Fafner zu töten und den Ring zu bekommen: Damit riskiert er doch, daß sein Versuch scheitert. Wieso deponiert er das Schwert also nicht an einem weniger konfliktträchtigen Ort?


    Das Ganze durfte nicht allzu durchsichtig sein. Siegmund wurde in eine kalkulierbare Gefahr gesendet.

    Was hätte sich ausserdem prinzipiell geändert, wenn Siegmund am Leben geblieben, Fafner getötet und den Ring erworben hätte? Wenn der ganze Hunding/Sieglinde/Inzest-Einschub nicht stattgefunden hätte? Dann wäre der Ring immer noch in der Welt und wegen des Fluches Siegmund statt Siegfried das künftige Opfer.


    Richtig. Aber dann besteht die Chance, den Ring nach Siegmunds Tod den Rheintöchtern zurück zu geben.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich finde, dass es an mehreren Sachen erkenntlich ist, dass das blühende Wälsungenblut nicht geplant war:
    Zum einen ist dieser Ehebruch das einzige, was Wotans Plan zunichte macht. Hätte Siegmund einfach Hunding im Kampf
    besiegt, dann wäre Fricka gar nicht darauf aufmerksam geworden (jedenfalls hätte sie nichts gegen Wotan in der Hand
    gehabt). Andererseits merkt man an seiner Reaktion, wenn er von Siegfried erfährt, dass er nicht unbedingt glücklich darüber
    ist.

    "Nicht immer sind an einem Misserfolg die Künstler schuld.
    Manchmal ist es auch das Publikum, das indisponiert ist."
    Leonie Rysanek (1926-1998)

  • Hätte Siegmund einfach Hunding im Kampf
    besiegt, dann wäre Fricka gar nicht darauf aufmerksam geworden (jedenfalls hätte sie nichts gegen Wotan in der Hand
    gehabt)

    Du meinst, nach dem Motto "Bis dass der Tod euch scheidet"?

    Ich bin mir da nicht so ganz sicher; klar hat Hunding Siegmund zum Kampf herausgefordert, es wäre also kein heimtückischer Mord gewesen. Aber hätte Fricka dann nicht sagen können "Siegmund nimmt sich einfach die Frau seines Feindes, nachdem er ihn umgebracht hat"?

    Aber eigentlich stimmt das ... Wotan hätte als Argument gegen Fricka eigentlich anführen können, dass Siegmund mit seinem Schwert NICHT zum Duell angetreten ist, sondern sich aus dem Staub gemacht hat und Hunding am Leben gelassen hat.

    Andererseits merkt man an seiner Reaktion, wenn er von Siegfried erfährt, dass er nicht unbedingt glücklich darüber
    ist.

    Wie meinst du das?

    Ich muss gestehen, dass ich vieles vom Text nicht verstehe, ich bin vielleicht zu dumm dafür, oder kann zu wenig Deutsch (obwohl es meine Muttersprache ist!), aber ich verstehe da wirklich nichts, speziell in den langen Monologen (die schon Tschaikovsky kritisierte, wobei der noch nicht mal die Sprache verstand).


    P.S.: wenn mir noch eine allgemein in die Runde geworfene Frage erlaubt ist: mir gefällt der 1. Akt Walküre auch deswegen gut, weil hier nur drei Personen zusammen spielen, und die Handlung überschaubar bleibt. Bis jetzt habe ich nur den ersten komplett und den zweiten etwa zur Hälfte gehört. Vor dem dritten Akt graut es mich ein wenig, weil ich mit den ganzen Walkürennamen heillos überfordert bin. Ist es wichtig, jede einzelne auseinanderhalten zu können? Hat jede einzelne eine eigene Persönlichkeit, die ich verstehen muss, ist es für mich als Hörer wichtig, das zu wissen, um die Handlung zu verstehen, oder ist nur Brünnhilde jemand, den man "kennen" und verstehen sollte, während die übrigen Walküren eher "nur" mehrere Frauen sind, die im Prinzip eh alle das gleiche denken, so ähnlich wie Tick, Trick und Track bei Disney?

  • Vor dem dritten Akt graut es mich ein wenig, weil ich mit den ganzen Walkürennamen heillos überfordert bin. Ist es wichtig, jede einzelne auseinanderhalten zu können? Hat jede einzelne eine eigene Persönlichkeit, die ich verstehen muss, ist es für mich als Hörer wichtig, das zu wissen, um die Handlung zu verstehen, oder ist nur Brünnhilde jemand, den man "kennen" und verstehen sollte, während die übrigen Walküren eher "nur" mehrere Frauen sind, die im Prinzip eh alle das gleiche denken, so ähnlich wie Tick, Trick und Track bei Disney?

    Die einzige Walküre, die neben Brünni als Figur gesondert hervortritt ist Waltraute, allerdings noch nicht in der "Walküre", sondern erst in der "Götterdämmerung". Also lass die Namen erst mal links liegen ... oder schau Dir die erste Folge vom "Monaco Franze" an, dann weißt Du, dass Du nicht alleine bist! ;+)

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    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • Das kannte ich gar nicht ...

    "Weia waga woge die welle walle zu wege wagalaweia wallalaweia, des is a Wahnsinn"
    "Naja Franzi, des derfst doch do net so wörtlich nehmen, weil da gibts jo a Musik aa no dazua, ned?"

    "A Schlager is in 3 Minuten vorbei, und Rheingold, des ginge jo aa no, des san bloß guate zweieinhalb Stunden, aber Walküre, des san mindestens 4, wenn nicht 5 - je nachdem wer dirigiert."

    "Ja woher weiß ich des, obs überhaupt eine Jahrhundertaufführung war, oder ein rechter Scheißdreck?"

    "Wie ich irgendwas sagen kann, ohne dass mir das gleich als eine eigene Meinung ausgelegt wird. Was irgendwie interessant klingt, aber so, dass es keiner versteht. Dann sind nämlich die anderen die Deppen, und DAS ist das Wichtigste"

    "Der Smoking geht heute in die Oper"

    :mlol: :mlol:

  • Bei all dem Gewoge und Geweia um Geschwisterliebe bleibt doch festzuhalten: Das Ergebnis ist ein geistig behinderter Kraftprotz. Zumindest nicht der Hellste. Wie es dazu kommen konnte, daß nach dem geplante militärische Großtaten benannt wurden, daß er tatsächlich als der deutsche Held stehen konnte, bleibt rätselhaft. Zumal er ja auch für Eugeniker und Rassepolitiker eine Warnung enthält: Wenn nur noch die Abkömmlinge Wotans, die sozusagen reinblütigen "Wälsungen" sich kreuzen, degenerieren sie: Geschwisterliebe als Extrempol der genetischen "Reinheit": Da berühren sich Inzucht und rassistische Eugenik, daß man sich schon wundert, wieso das nicht aufgefallen ist ...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Bei all dem Gewoge und Geweia um Geschwisterliebe bleibt doch festzuhalten: Das Ergebnis ist ein geistig behinderter Kraftprotz. Zumindest nicht der Hellste.

    Das mag schon stimmen, aber wenn man sich die letzte PISA-Studie, oder manche Nachmittags-Talkshows anschaut, dann zeigt das doch, dass es nicht unbedingt zwei Geschwister als Eltern braucht, um einen "an der Klatsche zu haben".

    Und mal ehrlich: wieviele Kinder sind behindert, weil die Eltern rauchen, trinken, Drogen nehmen, Erbkrank oder selbst behindert sind? Sind diese Kinder was "besseres", nur weil die Eltern gesellschaftlich nicht so stark geächtet sind wie miteinander verwandte Eltern?

  • Das mag schon stimmen, aber wenn man sich die letzte PISA-Studie, oder manche Nachmittags-Talkshows anschaut, dann zeigt das doch, dass es nicht unbedingt zwei Geschwister als Eltern braucht, um einen "an der Klatsche zu haben".


    ;+) ;+) ;+)

  • Siegfried mag an der Karikatur entlangschrammen, aber er ist ganz gewiss nicht als "geistig behinderter Kraftprotz" dargestellt. Eher als energisches Naturtalent mit Bildungs- und Erfahrungdefiziten (Parsifal ist noch schlechter dran).
    Natürlich muss man das nicht akzeptieren, aber bei Wagner ist Siegfried eben genau der Held, der "sich selbst erschaffen" hat und "freier als der Gott" ist. Eine Kritik, die grundsätzlich unwillens ist, sich auf die Vorgaben des Dramas einzulassen, sondern bei der herauskommt, dass Wotan ein Dummkopf und Siegfried geistig behindert ist, mag ja mal zum Rumalbern oder Wagnerianer Ärgern ganz lustig sein, aber näher kommt man dem Stück damit wohl kaum.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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