Claudio Monteverdi (1567-1643): Genie zwischen den Epochen
Es ist belegt, daß Monteverdi am 15. Mai 1567 in Cremona getauft wurde; geboren wurde er vermutlich wenige Tage zuvor. Er war der älteste Sohn vom Wundarzt und Barbier Baldassare Monteverdi, der in Cremona ein kleines Geschäft betrieb. Claudio war vermutlich Sänger im Chor der Cremoner Kathedrale; sein Vater ließ ihn unter Kapellmeister Marc'Antonio Ingegneri (1535/36-1592) musikalisch ausbilden. Bereits mit 15 Jahren erschien die erste Sammlung des jungen Claudio mit dreistimmigen Madrigalen (Sacrae cantiunculae tribus vocibus, 1582), dem schnell zwei weitere Sammlungen folgten: Madrigali spirituali a quattro voci (1583) und Canzonette a tre voci (1584). 1587 erschien sein erstes Buch mit weltlichen Madrigalen, 1590 das zweite. Zu dem Zeitpunkt hatte er Cremona endgültig verlassen.
In Mantua trat er in den Dienst von Vincenzo I. von Gonzaga (1562-1612), der 1587 Herzog von Mantua geworden war. Als Sänger und Violaspieler blieb er 22 Jahre dort. Er wurde 1594 als Cantore (Vorsänger des Chores) und 1601 zum Kapellmeister berufen, geriet aber zunehmend mit seinem Dienstherrn in Konflikte. Zahlungen verzögerten sich, zumal er mit dem niedrigen Gehalt nicht glücklich war. Der größte Schicksalschlag ereilte ihn im September 1607, als seine Ehefrau Claudia unerwartet starb; Monteverdi schien danach in eine ernsthafte Krise geraten zu sein.
In der Mantuaner Zeit komponierte er die Madrigale für Band III bis V (1592, 1603 und 1605) sowie die Opern L'Orfeo (1607) und L'Arianna (1608). 1610 erschien sein erstes Sakralwerk - die Marienvesper. In ihnen vollzieht Monteverdi den Wechsel von der Renaissance (der prima prattica) mit ihren polyphonen Strukturen im a-capella-Stil zum neuen monodischen Stil (seconda prattica), einer einzelnen Gesangsstimme mit instrumentaler Begleitung.
Offiziell wurde er 1612 durch Vincenzos Sohn und Nachfolger entlassen, da dieser für Musik nicht so viel übrig hatte. Monteverdi hatte aber schon ab 1610 ernsthafte Versuche unternommen, eine andere Stellung zu ergattern. Er hatte sein Druck der Marienvesper Papst Pius V. (1504-1572) gewidmet und war auch in Rom gewesen, um sich dort vorzustellen; es gelang ihm jedoch nicht, dort angestellt zu werden, und so kehrte Monteverdi mißmutig nach Mantua zurück.
Ein Jahr nach seiner Entlassung in Mantua bekam er die Gelegenheit, sich als Kapellmeister des Markusdoms in Venedig zu bewerben. Er erhielt die Stelle Ende 1613 und baute sogleich einen neuen regelmäßigen Betrieb auf. Bis zu seinem Tod im Jahre 1643 behielt er das Amt. Bereits 1614 erschien sein sechstes Madrigalbuch, dem 1619 das siebte folgte. Daneben komponierte er auch viel sakrale Musik, die später in den Sammlungen Selva morale et spirituale (1640) und Messa a quattro voci et Salmi (1650) veröffentlicht wurden.
Ende der 1620er Jahre bereiteten ihm seine beiden Söhne große Sorgen: Massimiliano praktizierte als Arzt und wurde 1627 von der Inquisition verhaftet, da er verbotene Bücher gelesen hatte; Monteverdi konnte ihn im Jahr darauf durch Zahlung eines Lösegeldes befreien. Francesco war Tenorsänger im Markusdom und starb 1630 oder 1631 an der Pest. Monteverdi wurde danach krank. Als er wieder genesen war, ließ er sich 1632 zum Priester weihen.
Im Jahre 1637 begann er mit der Komposition von Opern für die venezianischen Opernhäuser, die damals ganz neu begründet worden waren. Nur zwei sind erhalten geblieben: Il ritorno d'Ulisse in patria (1640) und L'incoronazione di Poppea (1642). 1638 erschien sein achtes Madrigalbuch im Druck. Nach seinem Tod folgte noch ein neuntes (1651).
Monteverdi verstarb am 29. November 1643 im Alter von 76 Jahren. Er wurde in der venezianischen Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari zur letzten Ruhe gebettet.
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Monteverdis größte Bedeutung liegt zweifellos in der Meisterschaft, wie er die damals neue seconda prattica um 1600 mit Leben erfüllte. Er nahm die neuesten Entwicklungen in sich auf und ließ sie in der lebendigsten und vollendetsten Form auferstehen. Mit L'Orfeo hatte er nicht die allererste Oper der Musikgeschichte geschrieben, aber mit ihr ließ er die akademischen Experimente der Florentiner Camerata weit hinter sich zurück und erschuf den ersten Evergreen in dieser Gattung (bezogen auf die heutige Operntradition). Mit der Vespro della Beata Vergine komponierte er die erste konsequente Umsetzung des modernen Stils aus der Tradition der Vergangenheit heraus. Die späteren Madrigalbücher gehören zu den großartigsten Beispielen frühbarocker Kompositionskunst, und seine Sammlungen an geistlichen Werken präsentiert eine breite Palette an Ausdrucksformen und -farben. Seine drei Messen im alten Stil - Missa In illo tempore (1610), Messa a 4 da cappella (1640) und Messa a 4 voci (1650) - gehören zu den besten Kompositionen in diesem Bereich.
Monteverdi beförderte die Singstimme in eine melodische Freiheit, die Zeitgenossen damals nicht so realisierten. Er verwarf die starren Regeln des Kontrapunkts und unterlegte sie nur dem Kontext der Libretti, mit ihrer Ausrichtung auf Affekte wie Verzweiflung, Wut, Trauer oder Freude. In den sakralen Werken war er zurückhaltender als in den Opern, Ballos oder Balletti; dort wurde die Solostimme zwar auch mit Verzierungen u.ä. versehen, aber der Ausdruck geriet nicht so extrem.
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Monteverdi wurde erst wieder zu Beginn des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt, nachdem er und seine Werke im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts praktisch vergessen waren. Gian Francesco Malipiero (1882-1973) brachte von 1926-1942 die erste Edition seines Gesamtwerkes heraus, dem in den 1930er Jahren die ersten Aufnahmen folgten. Heute gehört er definitiv zu den beliebtesten Komponisten der Alten Musik, die durch HIP neu etabliert wurden, und die Anzahl der Aufnahmen sowie der Aufführungen ist sehr umfangreich geworden. Seit 1985 gibt es auch ein Werkverzeichnis.
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Seine wichtigsten Werke
Drei Opern sind erhalten geblieben:
L'Orfeo
Il ritorno d'Ulisse in patria
L'incoronazione di Poppea
Vor allem L'Orfeo gehört zu den beliebtesten Barockopern und gehört für mich ganz oben aufs Treppchen. Hier gelingt ihm eine unverwechselbare Vertonung, die einer instrumentalen Dramaturgie unterliegt, die dennoch Platz für viel Melodie und Ausdruck bietet.
Vespro della Beata Vergine
Mehr noch als die Opern ist es die Marienvesper, die sich als sein beliebtestes Werk herausstellt. Mit weit über achtzig Einspielungen momentan ist es das meistaufgenommene Werk des Frühbarock . Für mich stellt es den Gipfelpunkt seiner sakralen Arbeiten dar: nie wieder war er so befreit von jeder Fessel des Reglementierten, nie war er so sehr in Stimmung für die Empfänglichkeit geistlichen Trostes.
Libro de Madrigali I-VIII
Seine lebenslange Auseinandersetzung mit der Madrigalkunst bildet sicherlich einen Gipfelpunkt dieser Gattung, zumal niemand den Wechsel vom Alten zum Neuen so konsequent verfolgt hat wie Monteverdi.
Selva morale et spirituale
Diese Sammlung geistlicher Werke zeigt seine Beschäftigung mit den Möglichkeiten sakraler Klangkunst, nachdem er in Venedig angestellt worden war. Insgesamt vierzig Werke sind hier zusammen gefaßt, von einer polyphonen Messe über geistliche Lieder bis hin zu mehreren Vertonungen einzelner liturgischer Teile.
Links:
"http://de.wikipedia.org/wiki/Claudio_Monteverdi"
"http://en.wikipedia.org/wiki/Claudio_Monteverdi"
"http://web.archive.org/web/20071109183656/http://www.geocities.com/vienna/1790/m_works.htm" Werke
"http://www.dieter-ewerth.de/Stattkus-Musik/Basic-1.pdf" Stattkus-Werkverzeichnis
jd