Heinrich Schütz (1585-1672): Meister des Frühbarock
Geboren in Köstriz (Thüringen) am 18. Oktober 1585 als erstgeborener Sohn eines Gastwirts, verbrachte er seine Kindheit dort, bis sein Vater in Weißenfels einen anderen Gasthof übernahm. Er schien als Kind ein beachtlicher Sänger gewesen zu sein, denn als der Landgraf Moritz von Hessen-Kassel (1572-1632) im Jahre 1598 im väterlichen Gasthaus abstieg, war er von Heinrichs Stimme so beeindruckt, daß er die Eltern umgehend dazu bewog, den Jungen als Sänger ausbilden zu lassen. Nach einiger Zeit gaben die Eltern nach: ab August 1599 befand sich Schütz in Kassel, dem Stammsitz des Landgrafen. Dort erhielt er eine umfassende Ausbildung als Organist und Komponist und durchlief die Hofschule und studierte zum Schluß Jura in Marburg.
Im Jahre 1609 erhielt Schütz ein Stipendium, welches ihm ermöglichte, bei Giovanni Gabrieli (1557-1612) in Venedig zu studieren. Bereits zwei Jahre danach erschien seine erste Veröffentlichung im Druck: die Madrigalsammlung Il Primo libro di Madrigali. Gabrieli war offensichtlich von Schütz' Talent tief beeindruckt; als er starb, vermachte er diesem einen seiner Ringe, und Schütz dankte es ihm, daß er Gabrieli zeitlebens als seinen einzigen Lehrer bezeichnete.
1612 kehrte er nach Kassel zurück, wo ihn der Landgraf als zweiten Organist berief; aber bereits 1614 begann ein Tauziehen um Schütz, welches ihm nur Vorteile brachte: Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen (1585-1656) wünschte sich den Köstritzer an seinen Hof in Dresden. Da noch der bisherige Kapellmeister Rogier Michael (1552/54-1619) sowie Michael Praetorius (1571-1621) diese Ämter ausfüllten, war Schütz zunächst als Hofkomponist tituliert. Der Landgraf von Hessen-Kassel war davon nicht sonderlich begeistert: bis 1619 sollten sich die Auseinandersetzungen hinziehen, bis sich der sächsische Kurfürst endgültig durchsetzte.
Im selben Jahr heiratete Schütz die 18jährige Magdalena Wildeck; gleichzeitig erschienen die Psalmen Davids. Hier wendete Schütz das Gelernte aus Italien konsequent auf die deutsche Sprache an und legte damit die Grundlage für die norddeutsche Entwicklung der Geistlichen Musik im 17. und 18. Jahrhundert. Nach Praetorius' Tod wurde er dann Kapellmeister in Dresden und blieb es bis zu seinem Tod. Er beaufsichtigte sämtliche weltliche wie geistliche Musik am Hof und leitete ein Ensemble aus Sängern und Instrumentalisten. Er komponierte damals viele Singspiele und Ballette, die jedoch nur noch als gedruckte Libretti erhalten blieben; die Musik ist verlorengegangen. 1628 komponierte er auch die erste deutschsprachige Oper - Dafne - , die ebenso keine erhaltene Musik mehr aufweist.
1618 begann der Dreißigjährige Krieg, den Schütz unmittelbar miterlebte. Seine Frau starb bereits 1625, seine älteste Tochter folgte 1638. Schütz mußte Einschnitte in seinem Budget für die Hofkapelle hinnehmen, die zum Teil recht drastisch waren; er war immer wieder gezwungen, sich Aufträge außerhalb Dresdens zu sichern. So war er zweimal - 1633-1635 und 1642-1644 - in Kopenhagen an Hofe des dänischen Königs Christian IV. (1577-1648) als Kapellmeister tätig. Er arbeitete auch für andere Fürstenhöfe als "Ratgeber". Zwar merkte man es seinen Kompositionen nicht an, aber von ihm selbst ist überliefert, daß er sein Leben nachträglich als "nahezu qualvolle Existenz" betrachtete, seit der Krieg begonnen hatte.
Seine Publikationen blieben jedoch regelmäßig: 1623 erschien die Historia der Auferstehung Jesu Christi, 1625 die Cantiones Sacrae, 1628 der Becker Psalter, die Vertonung von deutschsprachigen Psalmen. Im selben Jahr ging er nochmals nach Venedig, um nicht den Anschluß an die neuesten musikalischen Strömungen zu verlieren. Als Ergebnis kam 1629 der I. Band der Symphoniae Sacrae in Venedig heraus, stark beeinflußt vom venezianischen Stil und in lateinischer Sprache. Opus 7 waren die Musicalischen Exequien (1636), die zum Begräbnis Heinrichs von Reuß-Gera (1572-1635) komponiert worden waren. Seine Kleinen Geistlichen Concerten (1636 und 1639) schlossen das Jahrzehnt ab. Erst 1647 folgte das nächste Opus im Druck: der II. Band der Symphoniae Sacrae, dem drei Jahre danach der III. Band folgen sollte. Die Geistliche Chormusik erschien 1648.
Schütz war nun über 60 Jahre alt. Bereits seit 1645 hatte er Kurfürst Johann Georg I. um Versetzung in den Ruhestand gebeten, was dieser jedoch ablehnt hatte; erst mit dessen Tod 1656 wurde Schütz der Rückzug gewährt. Er lebte wieder in Weißenfels, komponierte aber weiterhin. 1657 erschienen seine Zwölf geistliche Gesänge im Druck, und 1664-1666 entstanden die drei Passionen nach Lukas, Matthäus und Johannes sowie die Weihnachtshistorie. Den Abschluß seiner Kompositionstätigkeit stellt das Opus Ultimum dar, besser bekannt als Der Schwanengesang (1671). Es sind Vertonungen der Psalmen 119 und 100 sowie ein Deutsches Magnificat, angelegt in Doppelchören.
Heinrich Schütz starb am 16. November 1672 im Alter von 87 Jahren. Er wurde in der alten Dresdner Frauenkirche beigesetzt; seit diese jedoch im Jahre 1727 abgerissen wurde, ist sein Grab nicht mehr vorhanden.
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Schütz' größte Bedeutung liegt zweifellos darin, den konzertanten italienischen Stil nach Deutschland gebracht zu haben. Seine Textausdeutung gilt auch heute noch als nichts anderes als meisterlich. Die Verschmelzung von Motette, Concerto und Madrigale zu einem eigenen Stil breitete sich vor allem in Norddeutschland aus und brachten wichtige Impulse für die späteren Generationen von Komponisten.
Doch auch Schütz' Name geriet schnell nach seinem Tod in Vergessenheit. Erst Ende des 19. Jahrhundert entdeckte man ihn wieder neu und begann seine Werke erneut aufzuführen. In den 1920er Jahren begann der Vorgänger der heutigen Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft (ISG) mit der systematischen Erforschung des Gesamtwerkes. Ab 1955 begann die ISG mit der Veröffentlichung einer Notenedition sämtlicher Werke; bis momentan sind 35 Bände erschienen, es werden insgesamt rund 43 Bände sein.
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Auswahl seiner Werke
Il Primo libro di Madrigali
Diese 19 fünfstimmigen Madrigale zeigten bereits Schütz' grandiose Beherrschung aller musikalischen Mittel.
Psalmen Davids
Eine Auswahl von 20 Psalmvertonungen und 6 weiteren Concerti und Motetten.
Symphoniae sacrae I-III
Die drei Sammlungen (erschienen 1629, 1647 und 1650) enthalten Vokalstücke mit Instrumentalbegleitung, im I. Band in Latein, im II. und III. Band in deutscher Sprache.
Musicalische Exequien
Bestehend aus einem Concert und zwei kurzen Anhängseln, stellt dieses Werk eine Trauermusik von größter Innigkeit dar.
Weihnachtshistorie
Diese bemerkenswerte Vertonung der Weihnachtsgeschichte gehört zu den besten Werken Schütz'.
Passionen nach Lukas, Matthäus und Johannes
Ähnlich aufgebaut wie die Weihnachtshistorie, führen sie die Entwicklungen der Passionslesung fort, bis sie in Bachs Passionen als eigenständige Werke münden.
Opus Ultimum "Der Schwanengesang"
Den Abschluß seiner Komponistenkarriere bildet diese Vertonungen zweier Psalmen und des Magnificats.
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Links:
"http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Sch%C3%BCtz"
"http://en.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Sch%C3%BCtz"
"http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_compositions_by_Heinrich_Sch%C3%BCtz" Werkverzeichnis
"http://www.klassika.info/Komponisten/Schuetz/wv_opus.html" Opus-Verzeichnis
"http://en.wikipedia.org/wiki/Dafne_%28Opitz-Sch%C3%BCtz%29" Dafne
"http://www.schuetzgesellschaft.de/" ISG
"http://heinrich-schuetz-haus.de/" Bad Köstritz
"http://schuetzhaus-weissenfels.de/" Weißenfels
jd