BIBER, Heinrich Ignaz Franz - Vom Pauernkirchfahrt bis zur Missa salisburgensis
Der am 12. August 1644in Wartenberg geborener Heinrich Biber (laut Taufschein Henricus Pieper), der sich selbst - in Verehrung der jesuitischen Bewegung - die zwei Beinamen Ignatius und Franciscus zuzog, wurde gewisserweise die Entdeckung der historich informierten Musikbewegung. Er (und vielleicht noch, aber in anderem Maße: Monteverdi) ist derjenige, dessen Werke sich Dank dieser musikhistorischen Denkweise auch im Konzertrepertoire, aber vor allem auf dem CD-Markt etablieren konnten, und vom Publikum begierig aufgenommen wurde. Heutzutage gibt es schon eine "biberphile" Fangemeinde, die jede neue Erscheinung mit der größten Interesse verfolgen.
Ich widme ihnen dieses Thema und natürlich auch denen, die sich vielleicht erst jetzt mit der Musik von Biber anfreunden, und denen, die zuerst nach Informationen und Meinungen suchen, bevor sie sich an einem Werk heranwagen,... aber auch denen widme ich es, die seine Kompositionen nicht ausstehen können, und hier diskutieren möchten, wieso das so sei, und wieso dann doch andere jedoch, so anders darüber denken.
Die Wikipedia-Artikel über Heinrich Biber ("'http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Ignaz_Franz_Biber') bietet ausreichende biographische Details zum Komponisten. (Leider ist heute noch keine Biber-Biographie erschienen.) Über sein beliebtestes Werk, die Rosenkranz-Sonaten, habe ich schon ein eigenes Thema erstellt.
Hier sollen eher seine persönlichen Merkmale, sowie seine weiteren Werke besprochen werden.
Um den Anfang zu machen: ich erwarb gerade gestern meine Sammlung der Biber-Aufnahmen des Purcell Quartets vervollständigt. Sie haben bisher vier wichtige Sammlungen Biberscher Kammermusik eingespielt:
("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200591') Sonatae tam aris quam aulis servientes (1676)
("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200748') Mensa sonora (1680) + Violinsonate in A-Dur
("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200605') Fidicinium sacro-profanum (1683) (+ zwei Psalmenvertonungen für Solostimme und einigen weiteren Kammerwerke)
("'http://www.chandos.net/details06MP3.asp?CNumber=CHAN%200575') Harmonia artificiosa-ariosa (1696)
Alle sind sehr-sehr gute Aufnahmen (das bedeutet aber nicht, es gäbe nicht bessere), die ich jedem empfehle. Sie spielen mit einem sehr vollen und sonoren Klang, man denkt da oft unwillkürlich an englische Gambenconsorten. Vor allem die Mensa sonora wird ganz in dieser Weise gespielt - das zweite woran man immer denkt ist, dass das klassische Streichquartett sich gerade aus dem Divertimento entwickelte, das sich aber auf der Tafelmusik zurückführen lässt. Wo bei der Musica Antiqua Köln und der La Folia Salzburg, die beide Einspielungen der Sammlung machten das Cembalo dominiert, hört man hier das Cello stärker hervortreten, damit werden die erwähnten Assoziationen geweckt. (Die Originalbesetzung wäre Violine-2 Bratschen-Violoncello - aber leider benutzen all mir bekannten Einspielungen die übliche Streichquartettbesetzung.)
Hervorrangend ist die Einspielung der Sonatae tam aris geworden: vielleicht die beste Interpretation, die ich kenne, weit besser als die von Manfred Kraemer und der Rare Fruits Council. Schillernd, phantasievoll, beeindruckend.
Das Fidicinium sacro-profanum ist seither in einer noch besseren Einspielung erhältlich, als diese erste war. Diese Aufnahme ist ein wenig fahl nach meinem Geschmack, aber die von David Plantier verdient alle Hochachtung ("'http://www.zigzag-territoires.com/article.php3?id_article=1859&lang=de'): ich tat diese Werke schon als nicht so gelungen ab, als mich seine Neuerscheinung vom Gegenteil überzeugte.
Zwar ist die Einspielung der Harmonia artificiosa keineswegs so misslungen, als die, des Vorigen, doch kann sie mit der von Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel nicht mithalten. Nicht weiter schlimm: da kann niemand mit. :troest: