Hey, ist doch alles perfekt gemacht, "gut geschriebener Pop-Song".
nee nee, Deine Idee von "gut geschriebenen" Popsongs scheint mir sehr eingeschränkt. Heute entspräche das einem "gut produziert". Gibt ja auch Leute, die das (unter Verweis auf den Erfolg) von Modern Talking behaupten. Es gibt aber auch in Popmusik qualitative Unterschiede, und die liegen gewissermaßen jenseits des Kriteriums "Verwertbarkeit", soll heißen, es gibt sehr populäre und weniger populäre Perlen darunter. Warum sollte das in der populären Musik des vorletzten Jahrhunderts anders gewesen sein?
Dein Insistieren darauf, dass die Kriterien, nach denen wir das bewerten, was wir "klassische Musik" nennen, nur begrenzt anwendbar sind, finde ich sinnvoll - andererseits scheint es schon so zu sein, dass die "Sphären" noch nicht so getrennt waren: Ein Brahms konnte noch einen Strauss bewundern und einen Schwung Ungarischer Tänze raushauen (das geht ja zurück bis auf die Serien "Deutscher Tänze", die Mozart, Schubert, Haydn und Beethoven vermutlich nicht aus gesteigertem musikalischen Ehrgeiz fabriziert haben), überhaupt die Rolle der Tanzmusik bei der Entstehung dessen, was wir "autonome instrumentalmusik" nennen. Dann gab es in der Romantik die emphatische Wiederbelebung der Hausmusik, mit künstlerisch ambitionierter Gestaltung kleiner Klavierstücke - das läuft alles parallel und macht die Unterscheidung der Sphären schwerer als heute. Dennoch sind natürlich gewisse Kriterien für "interessante" Musik schwer zu beseitigen: Abwechslung, unerwartete Wendungen, womöglich sogar motivische Verwandtschaften in Kontrastteilen, rhythmische Späßchen... Ich behaupte mal, daß dem Gebet heute eher ein SCHLECHTER Popsong entspräche, der es durch irgendeine Gunst des Schicksals (und natürlich formatradiotaugliche Produktion, was ungefähr den von Dir angeführten "funktionierenden" Eigenschaften entspricht) in die Herzen der Hörer geschafft hat.