Eben gewälzt paßt nicht ganz, denn ich bin noch mittendrin.
Angesichts der unfaßbaren Vorgänge, die ich in Europa so nicht erwartet hätte, drängte es mich den Ursprüngen der Entwicklung russischer Politik seit Jelzin / unter Putin genauer nachzuspüren. Daher dieses Buch.
Es ist eine belastende Lektüre. Einmal wegen der Machart selbst - die Fülle der handelnden Figuren, die Komplexität mancher Transaktionen, eine gewisse (durch die Thematik bedingte) Gedrängtheit macht das Lesen zur Arbeit. Vermutlich hätte die Autorin statt der vorliegenden 700 auch 1400 Seiten schreiben können, vielleicht wäre das dem Buch sogar zugute gekommen.
Zum andren belastend wegen der Abgründe, die hier offengelegt werden - und dies betrifft nicht nur die Vorgänge in Rußland selbst, sondern mindest ebenso die Bereitschaft und Kaltschnäuzigkeit, mit der die westliche Polit- und Finanzwelt ob der sich ergebenden Verdienstmöglichkeiten die Machenschaften von Putin und seinem internen Kreis laufen lassen haben, weil es viel zu verdienen gab. Das gilt für rechts bis links.
Das System Putin ist eben nicht nur er selbst und nicht einmal seine interne Clique, es ist in gewisser Weise ein Symptom das die Verfaßtheit der Zivilisation der entwickelten Staaten der Welt und ihrer Wirtschaftswelt offenlegt. Dies in dieser Differnziertheit zu sehen kann einen schon hoffnungslos machen, denn wenn Putin als Akteur mal abgesägt oder gestorben oder in Rente sein wird: wird sich vermutlich wenig ändern. Daß daraus eine Art moderner Barbarei mit entsetzlichen Folgen entsteht und daß all diese strukturellen Faktoren an seiner persönlichen Verantwortung nichts ändern ist klar.
Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der hier verhandelten Thematik möchte ich dies Buch allerdings jedem/r sehr empfehlen, dem/der dies ein Anliegen ist.