Klassik am Computer (2. Versuch mit etwas anderen Vorzeichen)
Liebe Capricciosi
Wie wohl allen Beteiligten schmerzlich in frischer einnerung, gab es einen Thread zu einem sehr ähnlichen Thema, der offenbar wiederholt ausdrückliches Diskussionsinteresse hervorrief, aber aus verschiedenen Gründen offenbar so angelegt war, dass sich sehr leicht sehr hinderliche Missverständnisse einstellten.
Ich versuche daher die an sich offenbar interessante Fragestellung in ihren Vorzeichen so zu korrigieren, dass man damit hoffentlich die gröbsten Scyllen und Charibden einigermaßen unangerempelt passieren kann.
Was haltet ihr z.B. davon, sich auf folgende Voraussetzungen zu einigen, um ablenkenden Nebenkriegsschauplätze gleich von Anfang an auszuschließen:
1) Die Idee, klassische Musik am Rechner zu interpretieren ist ein Versuch der gemessen an der über Jahrhunderte gewachsenen Tradition des Instrumentalspiels in seiner Entwicklung noch irgendwo zwischen Frühchenstation und Entbindungsaal steckt. Was einmal daraus werden mag, bleibt so oder so einfach abzuwarten. Es geht also weder darum dieses jüngste Kind unserer Musikwelt noch während der ersten Lebenszeichen zum Chefarzt der Entbindungsabteilung zu machen, noch es gleich mit dem Bade auszuschütten, eben weil es noch nicht Chefarzt ist.
2) So wenig wie Youtube den Fernseher, der Fernseher das Kino, das Kino das Theater und das Theater das Buch (oder anderesherum) jemals ersetzt hat, so wenig geht es auch in diesem Thema darum, dass die eine wohl entwickelte und hoch verdienstvolle Form der musikalischen Praxis irgend eine "Alternative" zu der anderen sich überhaupt gerade erst in ihren Möglichkeiten andeutende Form darstellen würde, über die auch nur irgend eine Entscheidung getroffen werden müsste. Interessanter finde ich viel eher die Möglichkeiten gegenseitiger Anregung zwischen etablierteren und dieser noch ganz jungen Form musikalischer Betätigung zu diskutieren.
3) Der Versuch klassische Musik am Computer zu realisieren, ist zwar im Vergleich zur Interpretationstradition des klassischen Instrumentalspiels sehr jung. Allerdings gibt es, spätestens seit wir uns im Internetzeitalter befinden durchaus schon seit Jahren zahlreiche Beiträge ganz unterschiedlichen Anspruchs und ganz unterschiedlicher Sinnhaftigkeit von durchaus mehr Seiten als das zuletzt zu isoliert thematisierte Projekt "klassik-resampled.de". Vielleicht sollte man in so einer Diskussion überhaupt einmal zusammentragen, wovon da eigentlich überhaupt so alles die Rede ist und sein kann.
Ich zumindest erinnere mich nicht nur an große teils kommerzielle Klassik-Portale wie kunstderfuge.com, World-Sheetmusic-Center, IMSLP, die ehemalige Werner-Icking-Sammlung die z.B. seit langem in großem Umfang z.B. midi-Dateien des Standardrepertoires präsentieren und von denen einige heute auch auf Aufnahmen von klassik-resampled verweisen. (Die Anzahl dagegen derer die in der VSL-Community oder bei Soundcloud ernsthaft systematisch klassische Werke umsetzen ist tatsächlich eher an fünf Fingern abnzuzählen und deren Produktion abgesehen von klassik-resampled mengenmäßig leider eher überschaubar.) Dies würde die Debatte dahingehend versachlichen, als der latente Personenbezug der in einem ausschließlich auf "klassik-resampled.de" gerichteten Diskurs unvermeidbar ist dadurch schon zugunsten einer eher sachorientierten Debatte entkräftet werden könnte.
(Sollte dagegen das im letzten etwas gegendie Wand diskutierten Thread erkennbare Interesse sich weniger auf das Thema an und für sich und eher
allein auf mein Proojekt bezogen haben, so bitte ich etwaige Fragen dazu an mich direkt zu wenden.)
4) Eine "Pars pro toto"-Argumentation in der Einzelbefunde nicht bloß für den jeweilig angesprochenen Sachverhalt gelten, sondern zum Vorwand kategorischer Pauschalisierungen genommen werden, ist so sinnfrei, wie ein Kritiker, der am Beispiel eines einzigen musikalischen Momentes glaubt z.B. die gesamte Orchestermusik als solche beurteilten zu können.
Also? wo waren wir stehen geblieben ....?