Komponisten geb. 1950 - 1959

  • Komponisten geb. 1950 - 1959

    Das: *1960 - war zwar nicht so der Renner, aber da ich mich gerade mit der Musik von Georg Friedrich Haas und Bernhard Lang angefreundet habe, bin ich doch neugierig, was das Forum zu den Komponisten geboren 1950-59 sagt.
    Das Zentralgestirn ist für mich immer noch Wolfgang Rihm, dem man seine Landsleute Hans-Jürgen von Bose und Detlev Müller-Siemens zur Seite stellen könnte, wobei die aber schon fast wieder "vergessen" zu sein scheinen.
    Aus Frankreich mag ich Philippe Manoury, Pascal Dusapin und Gérard Pesson, wobei ich keine Präferenzen hinkriege.
    Der "Norden" hat Erkki-Sven Tüür, Kaija Saariaho und Magnus Lindberg zu bieten, der ferne Osten Tan Dun und Toshio Hosokawa.
    :thumbup:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Hi,

    ich höre gern die Musik von Yoshimatsu Takashi (jap. Schreibweise), *18.03.1954. Im Forum vertreten ist recht oft Erkki-Sven Tüür, * 16.10.1959. Auch der Name Beat Furrer (*6.12.1954) fällt ab und zu.

    Helli

  • Aus Frankreich mag ich Philippe Manoury, Pascal Dusapin und Gérard Pesson, wobei ich keine Präferenzen hinkriege.

    Dusapins Greatest Hits sind für mich sein 2. Streichquartett ("Time Zone"), sowie sein Streichtrio („Microgrammes“) und bei Manoury sein 3. Streichquartett....

    Zum Canasta seien mal folgenden Karten hinzugefügt:

    Juan-Manuel Chavez (geb. 1958, Argentinien): sein geiles Streichquartett Nr. 2 (”mórtuus, regnat vivus”) uraufgeführt am 12.02.11 in Stuttgart vom Minguett Quartett


    Chaya Czernowin (geb. 1957 in Haifa, Schülerin von Ferneyhough) schrieb z.B. ein tolles Streichquartett und diverse Orchesterstücke u.a.

    Emilio Pomàrico (geb. 1954 in Buenos Aires) und dessen geiles Streichquartett Nr. 2, dass am 27.04.02 in Witten uraufgeführt wurde.


    Johannes Kalitzke's (geb. 1959 ) Klavierkonzert ist ein echter Hammer
    http://www.youtube.com/watch?v=9PM18-7l08A“

    Philippe Schoeller
    (geb. 1957) schrieb u.a. zwei fetzige Streichquartette, nämlich („Tree to Soul“) und eins mit Live-Elelektronik und Sprechstimme („Oper-spective Hölderlin“)

    Auch der Name Beat Furrer (*6.12.1954) fällt ab und zu.

    z.B. sein fetziges Streichquartett Nr. 3

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Bezüglich Furrer war ich ziemlich hin- und hergerissen, vorübergehend fand ich ihn etwas zu sehr im Schatten Lachenmanns. Aber gestern habe ich mir nochmals a un moment de terre perdue (1990) für Ensemble angehört, das hat schon eine spezifische Furrer-Spannung.
    :thumbup:
    Und hier:

    hat mir neben dem Stück von Bernhard Lang das von Czernowin am besten gefallen, also nochmal Zustimmung!

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  • Ja ok, ok, ok, ok … Furrers 3. Streichquartett ist gar nicht so weit von Lachenmanns „Gran Torso“ (sein erstes SQ) und Czernowins Streichquartett (vor allem wenn’s von Jack-Quartett schön aggressiv gespielt wird) nicht so weit von Ferneyhoughs Quartett-Mucke entfernt.
    Beide Stücke kommen trotzdem oder vor allem deswegen geil rüber.

    Der Mitschnitt vom letzten Czernowin "At the Fringe of Our Gaze" (WEDO, Barenboim, Luzern, 2013) gefiel mir spontan. Aber ob sich der Eindruck möglicherweise relativiert, müsste noch mal gecheckt werden...

    Bei Bernhard Lang und Wolfgang Rihm bin ich quasi noch am „Arbeiten“, also da such ich noch nach dem zündenden Funken.... vielleicht sollte man sich endlich mal den neuen Rihm (Donaueschingen 2014), der frisch filetiert auf der Festplatte lagert oder wieder mal "Lenz“ oder „Die Eroberung von Mexiko“ genehmigen....

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Deutschland

    Vor ca. 10 Jahren habe ich etwas zu ausführlich deutsche Komponisten dieser Jahrgänge gesammelt, sodass neben den genannten Rihm, Bose und Müller-Siemens noch Portrait-CDs von deren Kollegen Wolfgang von Schweinitz, Nicolaus Richter de Vroe, Klaus K. Hübler, Jakob Ullmann und Johannes Kalitzke vorhanden sind und außerdem vereinzelte Werke von Robert HP Platz, Wolfgang Heisig, Lutz Gladien, Michael Obst, Michael Denhoff, Michael Reudenbach, Günter Steinke und Helmut Zapf. Der irgendwie spröd-intellektuelle Ton dieser Gesellschaft hat mir damals sehr zugesagt, und vieles habe ich gewissermaßen immer noch im Ohr, auch wenn ich es heute kritischer höre. Großen anhaltenden Erfolg oder Ruhm hat offenbar neben Rihm keiner der Genannten verbuchen können, was natürlich nicht heißt, dass sie alle nur Käse produziert haben. Es fehlen noch Heiner Goebbels und Adriana Hölszky (auch Reinhard Febel und Detlev Heusinger), aber eigentlich sind es ja schon viel zu viele. Darum habe ich dann auch aufgehört, die wergo-Deutsche-Musikrat-Reihe zu beobachten. Schließlich gefällt mir ja dann doch alles daraus.

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  • Österreich

    Komischerweise hatte ich mit den Österreichern weniger Freude, was wahrscheinlich nicht nur am Stil sondern auch daran lag, dass ich nicht einfach CDs gekauft habe, um sie dann öfters zu hören, sondern ab und zu im Konzert das eine oder andere gehört habe, und dann mit der Ablehnung zu schnell war. Inzwischen habe ich die beiden Stars Haas und Lang für mich entdecken können, mal sehen, wen es sonst noch gibt ...
    Erste-Bank-Preisträger wären Herbert Willi, Gerhard E. Winkler, Gerd Kühr, Georg Friedrich Haas, Wolfgang Mitterer und Bernhard Lang.
    Außerdem verbinde ich noch mit René Staar, Paul Hertel, Thomas Daniel Schlee, Gerhard Schedl und Peter Ablinger mehr oder weniger Erinnerungen an Konzerterlebnisse.

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  • Kaija Saariaho und Magnus Lindberg

    Zu dem damaligen Erneuerer-Kreis im konservativen Finnland gehörten noch Esa-Pekka Salonen und Jukka Tiensuu. Tiensuu, der älteste aus der damaligen Gruppe, ist jedoch 1948 geboren, habe ich gerade nachgegoogelt. Er ist auch Cembalist und komponiert sehr viel für alte Instrumente.

    Was China angeht, finde ich viel interessanter als Tan Dun, Ge Gan-ru (* 1954), den man oft als "Vater der chinesischen Avantgarde" bezeichnet findet - naja, das ist relativ, aber er setzt schon ganz interessante Musik, die oft an etwas ähnlichen Klang- und spieltechnischen Erweiterungen in der Konfrontation von Ost und West zu arbeiten scheint, wie das Isang Yun oft gemacht hat. Preisgünstig gibt es bei Naxos spannende Streichquartette. Ansonsten Einspielungen z.B. bei BIS.

    Ansonsten gefällt mir Amfortas Liste sehr gut. Besonders von Chaya Czernowin bin ich begeistert. - Und toll, das du hier wieder schreibst!!! :wink: Freut mich sehr!

    Für einen der stärksten dieser Alterskohorte halte ich aber inzwischen John Zorn (*1954), hört etwa das neue Streichquartett +Sopran Pandora's Box, frisch vom Arditti Quartet eingespielt, auch im expressionistischen 'Sound' (nicht in der Kompositionsmethode) stark an Schönbergs 2. anknüpfend.

    Noch ein Avantgarde-Jazzer (und Blueser und....), der inzwischen auch als Komponist von m.E. herausragend guter Neuer Musik, Orchester- wie Kammermusik, etabliert ist, Elliott Sharp (* 1951). Ebenso übergreiffend von Art Rock, freier Improvisation, Free Jazz, Noise Music bis zu z.B. sehr guten durchkomponierten Streichquartetten, Saxophonquartetten, E-Gitarren-Quartetten reicht die Musik von Fred Frith( jedoch * 1949)

    Weitere interessante Jazzer, die inzwischen auch oder sogar überwiegend als Komponisten in der Neuen Musik etabliert sind, Anthony Davis (* 1951) etwa mit seinen Opern wie Malcolm X und Amistad, George Lewis (* 1952), Posaunist, Philosoph, bildender Künstler und als Komponist am IRCAM ebenso wie im Chicagoer AACM aktiv, also gewissermaßen das Bindeglied zwischen der Chicagoer "Great Black Music" und Boulez, James Newton ('1953), der der herausragendste Jazz-Flötist war, heute aber sein eigenes Neues Musik Ensemble leitet und überwiegend durchkomponierte Musik schreibt, Uri Caine (*1956), der neben seinen sonstigen Jazz- und Crossover-Produktionen auch z.B ein sehr gutes Konzert für Solo-Gambe und Orchester oder orchestrale Auseinandersetzungen mit dem Niedergang von Motor City/Detroit geschrieben hat.

    Älter und gewissermaßen den Genannten als role model vorrangehend, wäre zu nennen Roscoe Mitchell (*1940 in Chicago), als Free Jazzer Mitgründer des AACM, aber daneben immer auch eher im Neuen Musik-Bereich komponierend, heute auch Professor für Komposition und mit von Orchestern und Ensembles viel aufgeführten Werken und mit einer ganzen Reihe CDs seiner durchkomponierten Musik. Ähnlich, Anthony Braxton (*1945). Hannibal Lokumbe (*1948), der als Jazz-Trompeter unter dem Namen Hannibal Marvin Peterson bekannt war, ist inwischen nur noch als Komponist tätig. Seine durchkomponierten Hauptwerke der jüngeren Zeit, wie ein Oratorium für Rosa Parks, sind von Daniel Barenboim mit dem Chicago SO eingespielt und in den USA viel aufgeführt.

    Diese Tendenz, Improv wie komponierte Kunstmusik zu machen, ist aber nicht nur auf die USA beschränkt, war etwa vor allem auch in der DDR stark, etwa bei Georg Katzer, Friedrich Schenker, Hermann Keller, Manfred Schulze, Paul-Heinz Dittrich, Hannes Zerbe, Helmut Zapf, die aber, bis auf Zapf, schon zur vorrangehenden Alterskohorte gehören. Trifft aber etwa auch auf Michael Wertmüller, Dror Feiler, Wolfgang Mitterer, Olga Neuwirth, Scott Fields zu, die aber wieder, bis auf Wolfgang Mitterer und Dror Feiler (*1951) der nachfolgenden Alterskohorte angehören.

    Erst mal so weit. :wink: Matthias

  • Für einen der stärksten dieser Alterskohorte halte ich aber inzwischen John Zorn (*1954), hört etwa das neue Streichquartett +Sopran Pandora's Box, frisch vom Arditti Quartet eingespielt, auch im expressionistischen 'Sound' (nicht in der Kompositionsmethode) stark an Schönbergs 2. anknüpfend.

    Stimmt, das habe ich letztes Jahr mit ebendiesem Quartett live gehört - sehr wirkungsvoll fusionierte Musik.
    :D
    (Von Zorn habe ich das Album(?) Naked City, das doch einigermaßen hart ist mit etwas Noise. Von wegen Noise: Masami Akita ist 1956 geboren fällt mir dazu ein.)

    Die Kombination Avantgarde mit Improvisationsmusikern und Elektronik hat auch Denys Bouliane (*1955) mit seinem Ensemble Série B ausprobiert, das Ergebnis kann man hier nachhören:

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  • Für einen der stärksten dieser Alterskohorte halte ich aber inzwischen John Zorn (*1954), hört etwa das neue Streichquartett +Sopran Pandora's Box, frisch vom Arditti Quartet eingespielt, auch im expressionistischen 'Sound' (nicht in der Kompositionsmethode) stark an Schönbergs 2. anknüpfend

    Uuups, hatte ich Zorn doch glatt vergessen zu erwähnen !

    Vor allem was seinem „Pool“ contemporary classical music/avantgarde zuzurechnen ist, finde ich einfach hammergeil.

    Dieses Jahr wurden in Köln The Tempest für Flöte, Klarinette und Schlagzeug und Baudelaires für Ensemble mit dem International Contemporary Ensemble (ICE) und Ensemble Garage unter der Leitung von Duncan Ward aufgeführt.

    Von seinem neuen Streichquartett mit den Ardittis hab ich eben erst jetzt von dir gelesen und der Mund ist sofort wässrig...

    geil ist auch Zorns "Goetia" (2002) for solo violin. ....

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Was China angeht, finde ich viel interessanter als Tan Dun, Ge Gan-ru (* 1954), den man oft als "Vater der chinesischen Avantgarde" bezeichnet findet - naja, das ist relativ, aber er setzt schon ganz interessante Musik, die oft an etwas ähnlichen Klang- und spieltechnischen Erweiterungen in der Konfrontation von Ost und West zu arbeiten scheint, wie das Isang Yun oft gemacht hat.

    Dass Tan Dun so dermaßen berühmt geworden ist, hat ja wohl damit zu tun, dass bei ihm das Crossover sich nicht in Verwendung traditioneller Spieltechniken und Fernostphilosophie innerhalb eines modernen Komponierens westlicher Art erschöpft, sondern dass er seine Kultur so gut kennt, dass er quasi traditionelle chinesische Musik nachfälscht und im Resultat tatsächlich eher auf der halben Strecke zwischen den Polen ankommt, während andere interkulturelle Komponisten sehr starke Schlagseite in Richtung "europäische Moderne" haben, egal aus welcher Weltgegend sie kommen. Ich kenne ihn bislang aber nur flüchtig, mehr theoretisch als praktisch sozusagen.

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  • Stimmt, das habe ich letztes Jahr mit ebendiesem Quartett live gehört - sehr wirkungsvoll fusionierte Musik.
    :D
    (Von Zorn habe ich das Album(?) Naked City, das doch einigermaßen hart ist mit etwas Noise.

    Das ist mit basalen Konzepten eine dirigierte Mischung aus Free Jazz, Noise und Hardcore. In dieser Richtung ist das Meisterwerk das programmatische "Kristallnacht".

    Die Aufführung von Pandora's Box bei Wien Modern:

    Unter den jüngsten Einspielungen von durchkomponierter Musik von John Zorn u.a.:

    Das grandiose Streichquartett The Alchemist ist hier sehr toll vom Jack-Quartet eingespielt.

    Besonders die Orchester Variationen sind fantastisch.

    Sehr schöne Vokalkompositionen a capella.

    Drei etwas ältere, aber besonders schöne Werke, darunter ein Violinkonzert.

    :wink: Matthias

  • Neulich im Radio hörte ich kurz in ein Konzert mit Werken des chinesischen Komponisten Xiaogang Ye (*1955) herein. Auf dem Programm stand sein Lied von der Erde, eine Vertonung der chinesischen Original-Gedichte, deren deutsche Versionen als Textvorlage für das berühmte Mahler-Werk fungierten.

    Was soll ich sagen? Ich habe diese Ansammlung nichtssagender neoromantischer Platitüden nach einigen Minuten ausgeschaltet. Solltet Ihr den Komponisten und/oder das Stück nicht kennen, so habt Ihr m. E. nicht sonderlich viel verpaßt, außer vielleicht der Fragestellung, warum so ein Gegurke mit großem Aufwand aufgeführt wird.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Dass Tan Dun so dermaßen berühmt geworden ist, hat ja wohl damit zu tun, dass bei ihm das Crossover sich nicht in Verwendung traditioneller Spieltechniken und Fernostphilosophie innerhalb eines modernen Komponierens westlicher Art erschöpft, sondern dass er seine Kultur so gut kennt, dass er quasi traditionelle chinesische Musik nachfälscht und im Resultat tatsächlich eher auf der halben Strecke zwischen den Polen ankommt, während andere interkulturelle Komponisten sehr starke Schlagseite in Richtung "europäische Moderne" haben,

    Gilt das nicht ganz besonders für Tan Duns Neo-Romantik mit ein paar chinesischen Klangfarben, ein paar zusätzlichen chinesischen Instrumenten und pentatonischen chinesischen Skalen? Okay, unter Vermeidung der Moderne. Aber vielleicht kenne ich nur die falschen Werke. Und vieles andere, was ich von anderen chinesischen Komponisten gehört habe, ist noch viel schlimmer - aus meiner Avantgarde-freundlichen Sicht.

    Da finde ich Ge Gan-ru viel eher zwischen den Polen. Ahnlich, wie es etwa besonders in der Kammermusik auch Isang Yun war, bei dem ja auch die chinesisch geprägte klassische koreanische Hofmusik oft eine große Rolle spielte.

    :wink: Matthias

  • Was soll ich sagen? Ich habe diese Ansammlung nichtssagender neoromantischer Platitüden nach einigen Minuten ausgeschaltet. Solltet Ihr den Komponisten und/oder das Stück nicht kennen, so habt Ihr m. E. nicht sonderlich viel verpaßt, außer vielleicht der Fragestellung, warum so ein Gegurke mit großem Aufwand aufgeführt wird.

    Naja, weil Klassik enorm populär ist und das auch dort eher etabliert leichter zu hörende Werke. Da wird jetzt vom Mainstream die sinisierte Nationalmusik in der Nachfolge der romantisch/spätromantischen Nationalmusiken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nachgeholt. Was da dann vergleichsweise schon etwas aufgerauter klingt, klingt dann oft näher an Filmmusik, auch der japanischen orchestralen Filmmusik. Aber daneben beginnt sich auch anderes zu entwickeln.

    :wink: Matthias

  • Gilt das nicht ganz besonders für Tan Duns Neo-Romantik mit ein paar chinesischen Klangfarben, ein paar zusätzlichen chinesischen Instrumenten und pentatonischen chinesischen Skalen? Okay, unter Vermeidung der Moderne. Aber vielleicht kenne ich nur die falschen Werke.

    In Neue-Musik-Theorie-Kreisen wurde Tan Dun so um 1990 wegen seiner interkulturellen Konzepte berühmt - wobei ich manchmal den Eindruck habe, dass die Konzepte mehr überzeugt haben als die Musik, aber solchem Verdacht war ja auch Cage immer mal wieder ausgesetzt. Die Stücke müssten also etwa von On Taoism (1985) bis Ghost Opera (1994) zumindest von Interesse sein. Dass er auch Pop-Musik und Neoromantik gemacht hat, weiß ich schon. Aber ich muss auch erst anfangen, mich richtig einzuhören.

    Dieser andere "Begründer" der modernen chinesischen Musik kommt mir etwas suspekt vor ... was ist mit Chou When-Chung? Der schrieb schon in den 60er-Jahren Avantgardemusik, der ich allerdings das Chinesische nicht anhöre, das versteckt sich dann in der Konstruktion (er war Schüler bei Varèse und kritisierte Cage wegen missverstandener Verwendung des I-Qing). Insofern verstehe ich schon, dass Tan Dun der erste wirklich berühmte Chinese in der Neuen Musik wurde. Dabei haben Chinesen/Taiwanesen schon in den 20er-Jahren in Europa Wettbewerbe gewonnen und Erfolge gehabt.

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  • Da wird jetzt vom Mainstream die sinisierte Nationalmusik in der Nachfolge der romantisch/spätromantischen Nationalmusiken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts nachgeholt.

    Nachgeholt? Damit beschäftigen sie sich doch, seit China die letzte Dynastie gestürzt hat, also bald 100 Jahre.

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  • Von Zorn habe ich das Album(?) Naked City

    Naked City war eine von Zorn gegründete (Freejazz/Metal/RIO/etc...) Crossover-Band, die dann noch 5 weitere Alben produziert hat. Auf dem 2. ("Grand Guignol") befinden sich auch einige Bearbeitungen klassischer Kompositionen (konsequent keine Populärklassik!) von Di Lasso bis Messiaen. Am besten gefielen mir dabei die Bearbeitungen von Skrjabins Preludes Op. 74: 1.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Eine äußerst schwache Jahrgangsdekade, diese 50er. Es fehlen nicht nur die großen stilbildenden Zentralfiguren, wie es bei den in den 40er Geborenen Ferneyhough und Grisey waren bzw. sind, es fehlen mindestens genau so sehr die eigensinnigen Einzelnen, die zwar nicht Schule machen, aber doch die Musik um einen ganz eigenen Sound bereichern, wie in den Jahrgängen 1940-49 Sciarrino, Nunes, Dufourt, Goldmann. An diesen Namen lässt sich vergleichsweise ermessen, wie schwach die Komponisten des 50er-Jahrgangs tatsächlich sind: wer von ihnen sollte da mithalten können? Wolfgang Rihm hätte, sowohl was sein Talent als auch seine Produktivität angeht, zur Zentralfigur werden können, aber seine Musik bleibt (anderswo haben wir die Rihm-Problematik schon angeschnitten) bei aller handwerklichen Genialität seltsam zentrumslos, ihr fehlt die innere Notwendigkeit, der Standpunkt, die Konzentration, auch der Wille zur strukturellen Durchdringung (daher häufig die überbordenden Längen). Keine seiner inhaltlichen Attitüden, die junge wilde der frühen Jahre so wenig wie die spirituell-religiöse der späten, mag man ihm so recht abnehmen.

    Und Haas? Er schafft faszinierende glitzernde Oberflächen, aber letztlich hat er doch bloß in den Mülleimern von Sciarrino und Ligeti gewühlt und ein paar bereits benutzte Teebeutel entdeckt, die er jetzt wieder und wieder neu aufgießt und mit viel Zucker, zusätzlichen künstlichen Aromen und reichlich Farbstoff aufpeppt.

    Pascal Dusapin sind einige hübsche Kammermusikwerke gelungen (Amfortas nannte zu Recht das Streichquartett "Time Zones"), aber er hat auch fürchterlich Konventionelles zu Papier gebracht wie das im letzten Jahr uraufgeführte Violinkonzert "Aufschwung", das wie ein Dutilleux-Abklatsch klingt. Auch hier: ein eklatanter Mangel an innerer Haltung, an Notwendigkeit. Im Vergleich zur Dekade der 40er bleibt für ihn nur die dritte Reihe: mit gescheiten Handwerkern wie Eötvös, Höller oder Murail mag man ihn einem Atemzug nennen können.

    Philippe Manoury war in seinen Anfängen ein Boulez-Klon (man höre sich "Jupiter" oder "La Partition du ciel et de l'enfer" an) und hat sich erst in den letzten Jahren freigeschwommen. Seine interessanteren Werke wie das 3. Streichquartett "Meléncolia" oder das Klavierkonzert "Echo - Daimonon" entstanden erst in den letzten Jahren - viel zu spät, um noch als stilbildender Komponist seiner Generation gelten zu können. Übrigens zeigen auch Manourys Werke häufig eklatante Schwächen im strukturellen Aufbau (wie das in diesem Jahr in Witten uraufgeführte "Le temps, mode d’emploi" für zwei Klaviere) - eine Eigenart, die, gemeinsam mit einem gewissen Hang zur Epigonalität, symptomatisch für die 1950 bis 59 Geborenen zu sein scheint.

    Bezeichnend finde ich es übrigens auch, dass die wirklich revolutionäre Erneuerung der Instrumentalmusik durch Helmut Lachenmann bei den Komponisten dieser Generation praktisch keine Spuren hinterlassen hat - einzig Chaya Czernowin und Beat Furrer scheinen Lachenmanns Musik ernsthaft rezipiert und reflektiert zu haben. Die wichtigen Gestalten der Dekade danach wie Mark Andre, Rebecca Saunders oder Liza Lim sind ohne Lachenmann ja gar nicht zu denken, von den noch späteren (etwa Clara Iannotta, *1983, oder Evan Johnson, *1980, die mit absoluter Selbstverständlichkeit mit Lachenmannschen Klangentdeckungen umgehen) ganz zu schweigen.

    Und wen finden wir sonst noch in der Generation der nach 1950 Geborenen? Ein paar uninteressante Quotenfrauen wie Hölszky und Bauckholt. Ein paar nachgeordnete Wohlfühl-Spektralisten wie Michael Jarrell oder Philippe Hurel. Und die zwei schlechtesten erfolgreichen Neue-Musik-Komponisten der Welt, Tan Dun und Kaija Saariaho. Was für eine Generation. Da kann auch Matthias' Blick in Richtung Jazz nichts mehr helfen: John Zorn ist ein genialer Instrumentalist, ein fabelhafter Arrangeur und ein großartiger Bandleader, aber seine Werke für klassische Besetzungen sind bestenfalls epigonal und stellenweise einfach peinlich, tut mir Leid.

    Einen Komponisten möchte ich aber noch nennen, der zumindest mit Einzelwerken sich von der Masse abheben: den Schotten James Dillon, *1950, dessen Sechstes Streichquartett ich für ein Meisterwerk halte (aber warum sind die vorangegangenen fünf so uninteressant?!) und dessen großangelegter Zyklus "Nine Rivers" für verschiedene Besetzungen zumindest hoch interessant ist.

    Grüße
    vom Don

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