Wieland Wagner – „Inszenierung ist für mich Interpretation.“

  • Wieland Wagner – „Inszenierung ist für mich Interpretation.“

    Bisher gibt es keinen gesonderten Thread über Wieland Wagner (1917 - 1966).
    Gründe sind möglicherweise darin zu finden, dass viele seiner Arbeiten nur über entsprechende Literatur und Photos zugänglich sind, nur wenige Inszenierungen sind auf Datenträger dokumentiert; z.B. diese:

    Lulu:
    « http://www.youtube.com/watch?v=_AZzndkrP7I »

    Tristan + Isolde :
    « http://www.youtube.com/watch?v=TJEA16cpO_8 »

    Walküre :
    « http://www.youtube.com/watch?v=XkcoWXvEYYE »

    Salome:
    « http://www.youtube.com/watch?v=bBn8Tio3Y44 »

    Möglicherweise bunkern in irgendwelchen “Giftschränken” noch weitere komplette Filmmitschnitte, wie in Fafners Höhle der Hort (z.B. ein komplettes Siegfried-Video (Gielen/Berghaus) verrottet in irgend einem Berliner Archiv/Bibliothek und wird nur an „auserwählte“ Personen herausgegeben, das hat mir mal ein Vöglein gezwitschert).

    Erstaunlich, dass Andreas Baeslers jüngste Lohengrin-Regie in seiner statuarischen Anordnung des Chores als oberer Halbkreis im 1. Akt auf Wieland Wagner zurückgreift; also wenn man das mit den Abbildungen des Wieland-Wagner-Buchs von Walter Panofsky vergleicht. Es wurden durch diesen Kunstgriff die bedrohlichen Ordnungsprinzipien - vor allem für Elsa – einschneidend beleuchtet (Baeslers Arbeit bildet - neben der von Hans Neuenfels - für mich z. Zt. die spannendste szenische Umsetzung vom Lohengrin).

    Nur wenige Opernbesucher scheinen noch Erinnerungen an den Inszenierungen Wieland Wagners zu besitzen. Informationen, Meinungen Links, Feedback zu seiner Arbeiten könnten in diesem Thread Aufschlüsse über seine besonderen Perspektiven zum Musiktheater geben.

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Nur wenige Opernbesucher scheinen noch Erinnerungen an den Inszenierungen Wieland Wagners zu besitzen.


    Ich schon. Den Ring habe ich als Jugendlicher in Stuttgart kennengelernt. Dort wurden seinerzeit - so um 1970 - Bayreuther Inszenierungen Wieland Wagners übernommen. War ein toller Einstieg!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ach, es muß ja auch junge Wagnerianer geben!

    :prost:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ich konnte 1981 in der Wiener Staatsoper noch eine "Elektra" Inszenierung von Wieland Wagner sehen.
    Gerne lese ich immer wieder in Joachim Kaisers Kritikensammlung "Erlebte Musik" auch zu Regiearbeiten von Wieland Wagner.
    Danke für die Anregungen und Links.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Danke auch von mir!

    Wieland Wagner war ja seinerzeit durchaus umstritten und zog sich heftigen Widerstand des konservativen Publikums zu. Für mich zählt er zu den Großen seiner Zunft.

    1965, ein Jahr vor seinem Tod, zierte er das Titelbild des "Spiegel". Aus dem Leitartikel:

    Zitat

    So müssen sich die buchstabengläubigen Wagnerianer, denen das germanisch zelebrierte Werk Weihe und Weltanschauung bedeutet, damit abfinden, daß im Festspielhaus des Meisters "Siegfried" ohne Drachen, "Parsifal" ohne pompösen Karfreitagszauber und "Die Meistersinger von Nürnberg" ohne Nürnberg gegeben werden - eine Entrümpelung, die als "Show", "Musical", "Revue", "amerikanisch", "ostzonal", "bolschewistisch" oder gar als "Strawinski" deklassiert wird.

    Quelle: "http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46273447.html"

    :D

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Wieland Wagner war ja seinerzeit durchaus umstritten und zog sich heftigen Widerstand des konservativen Publikums zu. Für mich zählt er zu den Großen seiner Zunft.

    Ich finde bei Wieland Wagner vor allem bemerkenswert, dass er nach dem Krieg in progressiven Kreisen praktisch gar nicht mehr "umstritten" war. Über seine Tätigkeit als stellvertretender ziviler Leiter des KZ-Außenlagers Bayreuth 1944/45 sprach er nach dem Krieg kein Wort mehr und verschwieg diesen Teil seiner Biographie auch in dem Fragebogen zur Entnazifizierung. Er wurde daraufhin als "Mitläufer" entlastet, was sogar seine Mutter Winifred wunderte. Seine eigenen künstlerischen Bemühungen waren in der NS-Zeit brav systemkonform, seine Intrigen gegen den Regisseur Heinz Tietjen und den Bühnenbildner Emil Preetorius aggressiv (und brachten letzteren sogar für ein paar Tage in die Keller der Gestapo; eine Erfahrung, die ihn danach lebenslang verfolgte). Über seine ganz im Stil der "Deutschen Kunst" gehaltenen Bühnenbilder zu den "Meistersingern" 1943 schreibt Brigitte Hamann (in "Winifred Wagner, oder Hitlers Bayreuth"): "Wielands Meistersinger 1943 und 1944 waren damit mit Abstand die politischsten und regimefreundlichsten Bühnenbilder der Ära Winifred/Tietjen". Die radikale "Erneuerung" Bayreuths, die 1951 unter Wielands Leitung mit dem spektakulär kargen "Parsifal" begann, kann also auch als Fortsetzung der Verdrängung der eigenen Vergangenheit verstanden werden. Dass Wieland auf diesem Wege zu einem der ersten deutschen Vertreter des modernen "Regietheaters" wurde, ist schon von besonderer Ironie...


    Christian

  • Bleibt, dass er einer der Grossen in der Staatsoper Stuttgart war. Obwohl in der Nähe wohnend, habe ich seinen Ring in den 70'er Jahren leider verpasst, aber den Lohengrin und den Fidelio habe ich gesehen und nie wieder den Wunsch verspürt, diese Opern als Inszenierungen nochmal zu besuchen. Sein früher Tod war ein ziemlicher Schock für das Grosse Haus.

    Gruss, Holger

  • Wieland ist als Person ganz sicher angreifbar, und seine Position wahrscheinlich nur dadurch zu erklären, dass seine Mutter Winifred – ursprünglich heftig widerstrebend, aber sich letztlich dem „Wohle Bayreuths“ fügend – die Rolle als „böse Hexe“ und Blitzableiter so vollkommen umfassend einnahm.

    Nichtsdestotrotz: Die Prinzipien der Wielandschen Inszenierungen, die Reduktion zum Wesentlichen der Charaktere, halte ich, nach Jahren barocker Beliebigkeit, gerade heute wieder für potentiell wegweisend.

  • Hier noch eine Ergänzung zu den genannten erhaltenen Inszenierungen: die Schusterstube aus den Bayreuther Meistersingern von 1963:
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  • Der Fall Wieland Wagner zeigt wieder einmal, dass künstlerisches Genie nicht mit einer sympathischen oder besonders integren und moralisch einwandfreien Persönlichkeit zusammengehen muss. Das was bei seinem Großvater nicht anders.

    Man kann darüber streiten - aber ich neige zu der Ansicht, dass für echte Genies Sonderregeln gelten. Die Menschheit kann einfach nicht auf sie verzichten, ohne sich ins eigene Fleisch zu schneiden.

    Egal was für ein Opportunist oder sogar überzeugter Nazi Wieland im Dritten Reich war, egal ob er in der Nazizeit das Gegenteil von dem getan hat, wofür er später berühmt wurde: seine Nachkriegsinszenierungen bleiben geniale Großtaten - stilbildend und epochemachend. Da beißt die Maus keinen Faden ab...

  • Egal was für ein Opportunist oder sogar überzeugter Nazi Wieland im Dritten Reich war, egal ob er in der Nazizeit das Gegenteil von dem getan hat, wofür er später berühmt wurde: seine Nachkriegsinszenierungen bleiben geniale Großtaten - stilbildend und epochemachend. Da beißt die Maus keinen Faden ab...

    Das sehe ich genauso, allerdings glaube ich, dass Wielands Nachkriegsinszenierungen in dem radikalen Verzicht auf alles, was an die Vergangenheit erinnern könnte, gerade dadurch doch wieder von ihr geprägt sind. Es geht mir also nicht darum, sein Verhalten in der Nazi-Zeit moralisch von seinen künstlerischen Nachkriegsleistungen abzuziehen, sondern um den Einfluss des einen auf das andere.

    Christian

  • Zum Glück konnte ich noch eine Inszenierung von Wieland Wagner relativ häufig in Hamburg erleben. Sein 'Holländer', der ein wohl eine ziemlich genaue Kopie der Bayreuther Inszenierung war (zunächst mit Rysanek, dann mit Silja) lief hier bis in die späten 80iger oder bis in den Anfang der 90iger.

    Auf YouTube gibt es übrigens ein Video aus Rom von 1997, in der man diese Inszenierung (relativ ähnlich der Hamburger Variante) noch sehen kann:

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    Wenn ich mich richtig erinnere, war der Hamburger 'Holländer' meine 3. Opernaufführung etwa 1981. Zunächst war ich ziemlich geschockt, ob der logischerweise veralteten Farben und Kostüme. Aber dann spürte ich ganz schnell die Faszination, die selbst 20 Jahre nach der Premiere noch von seiner Arbeit ausging. (Fraglich, ob er sie noch wiedererkannt hätte. :D ) Sie besaß für mich weiterhin eine ungeheuerliche Kraft und Wucht. Ganz reduziert, was ich damals nicht wusste, auf wenige aussagekräftige Details waren es gerade das Licht, die Personenführung (so weit noch erkennbar) und die Personenanordnung im Raum (Spinnstube), die so scheinbar einfach und trotzdem erhellend waren. Ok, das Licht weniger, jedenfalls nicht im 1. Akt. :D

    Was muss das für ein Eindruck gewesen sein in der Premiere, als alles noch von ihm überwacht werden konnte.

    Klar war aber auch sehr schnell, dass diese Reduktion (Musterbeispiel ist für mich dafür das berühmte Schlussbild aus dem III. Akt Siegfried) nur funktionieren konnte, wenn auf der Bühne die entsprechenden Sängerpersönlichkeiten standen, die (Duett Senta-Holländer) minutenlang bewegungslos dastanden und sich irgendwann gegenseitig ansangen. Wenn man diesen Freiraum als Sänger nicht füllen kann, breitet sich beim Publikum eher Langeweile aus und die Idee dahinter verpufft. Von daher darf man wohl die Wirkung der Wieland'schen Inszenierungen nicht ohne seine Sängerriege betrachten. Er hatte ein Händchen bei der Auswahl und gleichzeitig auch Glück, dass solche Leute zur Verfügung standen.

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Was seine Rolle im Dritten Reich angeht.

    Natürlich darf man das Werk nicht mit dem Charakter vermischen. Ein Mensch mit seinen unsympathischen Abgründen kann trotzdem gute Arbeit leisten. Wie einfach wäre es für uns alle, wenn dieser Satz nicht stimmen würde. Aber dann gäbe es wohl relativ wenige Künstler, über die wir uns hier unterhalten könnten.

    Er hatte es natürlich auch schwer sich zu entziehen, bedenkt man das Umfeld, die Bevorzugung durch Hitler etc. Und ich bin durchaus bereit, ihm vieles aus dieser Zeit zu verzeihen. (Stellvertreter Leiter des Bayreuther KZ-Außenlagers ist da allerdings eine andere Nummer.) Vor allem, weil ich nicht weiß, wie ich selber gehandelt hätte.

    Was ich aber wirklich problematisch finde, ist sein völliges Vergessen all dieser Dinge ab 1951 und dann auch noch quasi alle Mitschuld seiner Mutter alleine aufzubürden. Da kommt doch sehr die Verlogenheit der Adenauer-Ära durch. Wie bei so vielen würde ein Hinweis auf die eigene Verstrickung und das Anerkennen, dass man durchaus auch schuldig geworden ist, manches in ein anderes Licht rücken. Die Zeit damals erleichterte natürlich vieles. Was aber für solche Intellektuellen eigentlich kein Argument hätte sein dürfen. Mir geht es so, dass ich fast sogar manchmal Winifred mit ihrer unbelehrbaren Haltung sympathischer finde. Sie war wenigstens ehrlich und man konnte dazu Stellung beziehen. Aber dieses Vorgeben, man wäre quasi erst 1945 aus dem Ei gekrochen und 'Nun gilt's der Kunst.' ist schon ziemlich widerlich.

    Aber wir werden wohl damit leben müssen, dass noch jemand aus dem Wagner-Clan menschlich problematisch aber künstlerisch ein Genie war.

    :wink: Wolfram

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  • Aber wir werden wohl damit leben müssen, dass noch jemand aus dem Wagner-Clan menschlich problematisch aber künstlerisch ein Genie war.

    Da muß ich immer an einen Spruch von Knappertsbusch denken: "Seit ich die jungen Wagners kenne, kann ich mir vorstellen, was für ein Arschloch der alte gewesen sein muß"

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  • Da muß ich immer an einen Spruch von Knappertsbusch denken: "Seit ich die jungen Wagners kenne, kann ich mir vorstellen, was für ein Arschloch der alte gewesen sein muß"

    Treffende Einschätzung, denke ich :P Aber es ist ja nun mal kein seltenes Phänomen, dass große Künstler menschlich alles andere als verträglich war. Da ist die Familie Wagner keine Ausnahme. Dieser Umgang mit der Vergangenheit des 1000 jährigen Reiches ist leider in den 50 Jahren keine Seltenheit gewesen.

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Das faszinierende an der Hamburger Holländer-Inszenierung, die wahrscheinlich die Wieland-Wagner-Inszenierung gewesen sein dürfte, die am längsten lief, war, dass man seinerzeit in HH in den späten 80ern in ihr die ganz großen Wagnersänger noch einmal erleben durfte.

    In einerSpirlzeit (dürfte 87/88 gewesen sein sangen die Tielrolle Theo Adam (Premierenbesetzung), Donald McIntyre, José van Dam, Simon Estes, Sigmund Nimsgern und Hartmut Welker.

    Als Senta u.a. Hildegard Behrens, Eva Maria Bundschuh und Elizabeth Conell. Und da die Inszenierung als veraltetes Museumsstück galt, bekam man problemlos Karten.

    Grüße von Dieter

  • Das faszinierende an der Hamburger Holländer-Inszenierung, die wahrscheinlich die Wieland-Wagner-Inszenierung gewesen sein dürfte, die am längsten lief,

    GMD Gerd Albrecht verkündete dann in einem Publikumsgespräch stolz, dass die HH Produktion die letzte 'überlebende' Wieland-Wagner-Inszenierung in Mitteleuropa sei (faktisch wohl falsch, da ja Rom - s.o.) um sie dann im nächsten Jahr abzusetzen. Und Marelli war in dem Fall leider kein Ersatz.

    :wink: Wolfram

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  • Liebe Capricciosi!

    Habe selten mit einem Nazi, sei er auch nur Mitläufer, Mitleid - aber was den Wieland betrifft, so gehen mir doch immer die Worte Wolframs durchs Hirn „Mich fasst ein tiefes Mitleid für Dich an!“
    Mit Winifred als Mutter und Onkel Wolf durchs Haus schleichend, brr! Das muss für eine hochtalentierten, daher höchstwahrscheinlich sensiblen Jugendlichen nicht leicht gewesen sein.
    Und glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede! Ich hatte selbst eine Großmutter, die Winifred an unbeirrbarer Treue und Glauben an den unsäglichen nicht viel nachgestanden hat. Und was meine Großmutter an menschlichem Unheil in ihrer eigenen Familie angerichtet hat, würde den Rahmen dieses Forums weit sprengen. Bezeichnenderweise war meine Oma selbst Pianistin, hatte als Absolventin der Musikhochschule Zagreb teilweise die selben Lehrer sei ein gewisser Alfred Brendel. Den Wagner hat sie übrigens als Komponist nicht mögen - die reine deutsche Musik war für sie Bach, Beethoven und Brahms. Als homo politicus war ihr der Wagner natürlich recht, denn er hat ja das Judentum in der Musik geschrieben.
    Wie dann der Wieland zum KZ Zweigstellenleiter wurde, wird uns wahrscheinlich nie jemand schlüssig sagen können. Ich wage nur mal zu behaupten, dass bei den meisten Deutschen seiner Generation der Lack, an den man kratzen könnte, sehr dünn war. Von Wieland haben wir ja keine politischen Äußerungen, aber einer seiner Lieblingssänger, der Josef Greindl hat ja einmal dem August Everding ein Interview gegeben. Und was er über seine Zeit bis 45 an der Berliner Staatsoper erzählt, verschweige ich jetzt mal lieber, weil’s für einen sonst so intelligenten Menschen einfach nur peinlich ist. Bei Interesse kann sich’s ja jeder gerne auf YouTube anhören......
    Und nun komme ich zum positiven: Für mich war der Tannhäuser 62 (die Philips LP mit Sawallisch und uA Greindl als Landgraf) ein musikalisches Uererlebnis. Und warum war sie das? Weil man Wieland-Inszenierungen mE hört. Ja richtig - hört! Man hört seine geniale Personenführung. Was natürlich auch mit den einmaligen Sängerpersönlichkeiten zu tun hat, die er am Grünen Hügel versammelt hat. Trotzdem: man höre die selben Sänger auf anderen Aufnahmen (selbst live!) und es ist 1000 zu 1.
    Die paar Viedeoschnipsel, die es von Wieland-Produktionen gibt, habe ich erst viele Jahre nach dem Hören der Platten gesehen. Und sie haben den Eindruck bestätigt, den ich akustisch davor immer schon hatte!

    Ich hoffe, ich habe mich halbwegs klar ausgedrückt - vielleicht geht es ja manchen anderen Forumsmitgliedern genauso wie mir, was dem Wieland seine Inszenierungen betrifft!

  • Ich schon. Den Ring habe ich als Jugendlicher in Stuttgart kennengelernt. Dort wurden seinerzeit - so um 1970 - Bayreuther Inszenierungen Wieland Wagners übernommen. War ein toller Einstieg!

    :wink:

    Aus Bayreuth "übernommen" ist meines Erachtens falsch. Meines Wissens hat Wieland umgekehrt seine Bayreuther Inszenierungen in Stuttgart mehr oder weniger vorkonzipiert (man nannte es ja auch "Winter-Bayreuth"). Ich habe die Walküre schon 1967 gesehen, das war meine 9. Opernauführung insgesamt (nach dem Start mit Lortzings Wildschütz ein steiler "Aufstieg" :thumbup: ). Allerdings sang da der unsägliche Carlos Alexander den Wotan, so dass man getrost den 2. Aufzug zur Hälfte verschlafen konnte... Die Inszenierung war da aber trotzdem noch "haptischer" als die von Bayreuth (die ich nur von Fotos kenne), will sagen, da standen noch Utensilien auf der Bühne. Sie muss also deutlich älter gewesen sein als die 1966-Inszenierung von Bayreuth.
    Den ersten Komplett-Zyklus habe ich mir dann 1968 gegeben, damals unerfindlicherweise mit 4 verschiedenen Dirigenten. Leitner wollte wohl nicht mehr... Es waren sicher nicht mehr die stärksten Jahre von Windgassen, aber ich war damals immer begeistert von ihm. Es war ja auch eine unheimliche Leistung, an allen 4 Abenden auf der Bühne zu stehen (als Loge / Siegmund / Siegfried). 1975 gab es eine Sonderaufführung der Walküre, wo Birgit Nilsson mitsang (für mich das einzige Mal, dass ich sie erlebt habe).
    Der Wieland-Ring wurde zum letzten Mal Anfang Januar 1976 gespielt (damals verzichtete ich sogar auf den traditionellen Ski-Urlaub um den noch einmal mitzuerleben ...). Danach kam dann Ponelle....

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

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