Carl Philipp Emanuel Bach- der große, kleine Bruder

  • Carl Philipp Emanuel Bach- der große, kleine Bruder

    Während hier der ältere Bruder seinen Platz zu Recht innehat, der jüngste ebenso, fehlt der Zweitgeborene des "Alten Bach" und taucht zwar immer wieder auf unter "eben gehört", aber das wird seinem Stellenwert nicht gerecht.


    Seine Lebensdaten sind schnell umrissen:
    1714 in Weimar geboren, 1788 in Hamburg verschieden.
    Dazwischen ein Leben voller Wandlungen: vom komponierenden Schüler seines Vaters, auch in Gemeinschaftsarbeit, über ein Studium der Jurisprudenz in Frankfurt/Oder, bei dem auch Kompositorisches nicht vernachlässigt wurde, über die Anstellung beim "Alten Fritz" in Berlin. Dortige Tätigkeit vor allem als Cembalist, letztlich Begleiter- aber doch in bürgerlicheren Kreisen dem Probieren und "Versuchen", seine Musiksprache zu entwickeln und zu manifestieren.


    Bis hin zu seinen letzten Lebensjahrzehnten in Hamburg, seinem Patenonkel Telemann folgend.
    Im Grunde Hamburg die "Bühne", sein musikalisches Können- und beim Vater erlerntes Wissen!- der musicalischen Welt darzureichen.


    Die Vielfalt seines Werkes ist weniger schnell umrissen.
    Da kömmt alles zu Aussage und Form, das derzeit en vogue war- und mehr.


    Vom Charakterstück "vors Clavier" ebenso wie das Oratorium. Die Triosonate noch, das Quartett noch suchend, doch recht selbstbewusst die Sinfonie.
    Kaum einer der nächsten Generationen kommt an seiner Musik vorbei.


    Die heute schwierig wirken kann, ist sie doch oft kleingliedrig, lädt nie zum Verweilen ein, sondern fordert einen höchst wachen Hörer.
    Und das stets!
    Weil diese Musik heute so seltsam unstet wirkt; nie ruhend, nie sich festlegend, immer suchend und offen bleibend.
    Dabei tradierte Formen spielerisch nutzend, weil in perfekter Kenntnis wurzelnd.


    Sicher muss ich hier weder Haydn, Mozart oder Beethoven zitieren, um zu verdeutlichen, wie wichtig seine Musiksprache war für die Zeit um 1800.
    Kaum zu unterschätzen und selbst für Schumann, Mendelssohn und Brahms noch wichtig.


    An dieser Stelle werde ich tunlichst vermeiden, auf einzelne Werkgruppen einzugehen und Einspielungen.
    Möchte aber einen Plan ankündigen, mich hier näher mit diesem allzu sehr vernachlässigten Compositeur im Detail in vorhandenen Threads zu beschäftigen.
    Sofern diese nicht gesprengt werden, was der ungemeine Reichtum des Schaffens des CPE hie und da fordern könnte.


    Zunächst also eine allgemeine Würdigung, die darauf zielt, eine Lücke zu schließen und ihn, seine Musik und seine Wirkung in den Focus zu rücken.
    Im Kanon der Wichtigen sollte sein Name stehen.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Während hier der ältere Bruder seinen Platz zu Recht innehat, der jüngste ebenso, fehlt der Zweitgeborene des "Alten Bach" und taucht zwar immer wieder auf unter "eben gehört", aber das wird seinem Stellenwert nicht gerecht.


    Wie meinst du das? Daß er vernachlässigt wird, oder daß er deutlich vor seinen Brüdern genannt wird? Denn C.P.E. Bach ist der Bach, der nach seinem Vater am Ehesten bekannt ist. Seine Qualität hat sich unter den Klassikhörern definitiv herumgesprochen - was allerdings nicht bedeuten soll, daß ein Thread zu ihm zwingend existieren muß... :S




    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse."

    Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation."

    Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..."

    jd

  • Hallo JD,


    darf ich mit der Gegenfrage antworten?
    Ist ein Thread also überflüssig?
    Also aus dem Grunde, da er allgemein bekannt ist und vor seinen Brüdern öfter gehört?
    Spitz: Leopold Mozart ist ja der Vater, der Sohn unwichtig...grins.


    Ernsthaft: ich bin überzeugt, dass CPE unterschätzt ist. In Werk und Wirkung, selbst in einer Aufzählung der Prägenden.
    Mozart, Beethoven und vor allem Haydn hätten ohne sein Wirken zumindest andere Bezugspunkte finden müssen für ihr eigenes Schreiben.


    Frage also: wieso kein Thread zu einem Komponisten, der die folgenden Generationen derart tief geprägt hat?
    Oder deute ich Dein "süßsaures" Smiley falsch?


    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Es gibt einen recht ausführlichen Thread über CPEs Klaviermusik, in dem auch - bereits im Einführungsbeitrag - allgemein über den Komponisten diskutiert wird:


    C. P. E. Bach - Die Klaviersonaten. Für Kenner und Liebhaber



    Und einen kürzeren über die Ostermusik „Gott hat den Herrn auferwecket“ Wq 244:


    Bach, C. Ph. E.: „Gott hat den Herrn auferwecket“ Wq 244



    Für Threads zum Komponisten allgemein und zu seinen Werkgruppen und Werken im speziellen ist natürlich trotzdem noch viel Platz.



    Viele Grüße


    Bernd

    .

  • Lieber Kosegarten,
    danke!


    Bin auch zu alt, mich beirren zu lassen in dem, was ich nicht sagen kann, aber andere es taten.
    Darum mein Vorstoß zu CPE.
    CPE ist mir Herzenssache.


    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Lieber Bernd,


    Dank auch Dir.
    Wiewohl ja die Claviermusik CPEs nur einen Teil ausmacht seines Schaffens. Die Vocalmusik ist ja noch ein ganz anderer Fall....
    Gern würde ich nachspüren, wo CPE "Originalgenie" ist und wo doch "nur" Rezipient.
    Anhand beider Gattungen ließe sich das vorzüglich erörtern. Allerdings verstehe ich den Thread-Titel anders und würde bevorzugen, ins Detail zu gehen.
    Die Claviermusik ist ja reich genug- diesen Thread dazu las ich hier und es war einer derer, die mich bewogen, hier mitzumachen.


    Die Vocalmusik ist ja oft..äh...routiniert und bedient sich beim Herrn Vater ungeniert, oft bleibt ihr die Originalität des Telemann fremd.


    Aber was wäre die das Klavierkonzert ohne ihn? Und was die Sinfonie?


    Polemisch-herzlich,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Ist ein Thread also überflüssig?

    Nein, natürlich nicht. Ich meinte ja gerade, daß es bisher keinen allgemeinen Thread über ihn in Capriccio gibt.


    Es klang nur so, als sei nie über CPE Bach geschrieben worden hier in Forum, und so stimmt das nicht. Deshalb meine Verwunderung darüber.


    Es sollte auch keine Entmutigung sein, nur eine Nachfrage... :)



    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse."

    Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation."

    Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..."

    jd

  • CPE Bach ist eindeutig der bekannteste Komponist seiner Generation, wenn nicht überhaupt der bekannteste Komponist zwischen J.S. Bach und Haydn. Bei jpc bekomme ich mit "Carl Philipp Emanuel Bach" immerhin 343 Hits. Selten eingespielt wird er also nicht - viel häufiger jedenfalls als jeder andere Komponist, der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geboren wurde, mit der Ausnahme Haydns natürlich.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Von Pergolesi und Gluck dürften allerdings einzelne Werke bekannter sein als selbst die bekanntesten CPE Bachs.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • CPE ist mir Herzenssache.


    Ich finde, das ist ein absolut hinreichender Grund, einen Komponisten hier vorzustellen - dessen Musik mir im übrigen noch zu wenig bekannt ist. Umsomehr freue ich mich über Deine informative Einführung, lieber Hempel!


    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz
    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Wq 240


    Das einzige Einzelwerk, dem man tatsächlich häufiger begegnet, ist das Magnificat. Hauptsächlich ist CPE Bach aber als Instrumentalkomponist bekannt und bedeutend, wobei aber keines der Instrumantalwerke "ikonisch" ist (im Gegensatz zur Situation bei Pergolesi oder Gluck). Das ist schon eine ungewöhnliche Diskrepanz. Ich persönlich kann mit CPE Bach leider überhaupt nichts anfangen, was aber mehr am frühklassischen Stil als spezifisch an ihm liegt, denn die anderen Komponisten seiner Generation (Stamitz oder Benda) höre ich noch seltener.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Zitat


    Sehe ich auch so. Allerdings fehlt auch mir so EIN Werk, mit was man sofort an C.Ph.E.Bach denkt. Vermutlich ist auch DAS das Hauptproblem, und nicht die Qualität seiner Werke. Ich muss selbst erst mal schauen, was ich von ihm habe. Viel wird es nicht sein. Ein paar Sinfonien, das weiß ich, und ein Chorwerk, wenn ich es recht in Erinnerung habe.


    Ich freue mich, dass Du ihm auf diese Weise mehr Geltung hier verschaffen möchtest. :)

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • wir rühren hier am grundsätzlichen. wie wird tradiert? ist nur bedeutend was sich in der rezeption durchsetzt? ist weniger gut was niemand kennt? ich habe keine antwort weiß nur dass im umkreis bachs oder mozarts längst kleinmeister als großmeister erkannt sind.

  • wir rühren hier am grundsätzlichen. wie wird tradiert? ist nur bedeutend was sich in der rezeption durchsetzt? ist weniger gut was niemand kennt? ich habe keine antwort weiß nur dass im umkreis bachs oder mozarts längst kleinmeister als großmeister erkannt sind.


    Ja, da kann man lange diskutieren (allerdings besser nicht hier... ;+) ). Ich höre viel Musik aus der "2. Reihe" und finde, dass, von Ausnahmen abgesehen, sich tatsächlich das Bedeutendste durchgesetzt hat.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.


  • Ja, da kann man lange diskutieren (allerdings besser nicht hier... ;+) ). Ich höre viel Musik aus der "2. Reihe" und finde, dass, von Ausnahmen abgesehen, sich tatsächlich das Bedeutendste durchgesetzt hat.


    Wohingegen ich den Eindruck habe, dass Bedeutung und Aufnahme-/Aufführungsanzahl nicht sehr korellieren (vor allem in der Alten und Neuen Musik - suche mal nach Heinrich Isaac oder vergleiche Rodrigo mit Varèse).

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • wobei aber keines der Instrumantalwerke "ikonisch" ist (im Gegensatz zur Situation bei Pergolesi oder Gluck).


    Welche wären das denn? Mir sind die beiden bislang in erster Linie als Komponisten von Vokalmusik begegnet.


    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • :thumbup:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!