Carl Philipp Emanuel Bach- der große, kleine Bruder

  • Ich habe jetzt mal auf IMSLP die Sonaten Wq 48 aufgemacht - ich habe schon eine recht enge Beziehung dazu, ich habe auch sehr gerne Stücke von CPE auf dem Klavier gespielt und die Duos für Violine und Flöte. Das ist schon ein sehr persönlicher Stil, der dann doch deutlich anders ist als früher Haydn. Jedenfalls ist Wq 48 wohl doch noch besser als die ganz frühen Haydn-Sonaten?

    Wq 48 und 49 sind m. E. total cembalistisch gedacht, die machen mir am Klavier weder zu spielen noch anzuhören Spaß. Ich übe gerade ein bisschen den dritten Satz aus der a-Moll Sonate Wq. 49 am Cembalo und es macht richtig süchtig, jede Phrase ist in ihrer Gestaltung so ideal auf das Instrument zugeschnitten. Die Texturen klingen auch überhaupt nicht "dünn" (wie es mir manchmal am Klavier vorkommt), was zu einem "noch nicht"-Gedanken führen könnte, sondern sehr klangvoll und genau richtig bemessen. Ich wollte weder einen Ton missen noch hinzufügen.

    Was allenthalben beim Verständnis hilft: weg vom melodiebetonten Hören!
    Speziell vom Gedanken, dass Melodien am schönsten seien, so sie endlos fließen.

    Ich finde die Musik sehr melodisch, nur eben keine endlosen Melodien, das stimmt. Aber niemals irgendwelche faden melodischen Wendungen, bei denen ich auf den Gedanken komme, da sei jemandem in dem Moment wohl nicht viel eingefallen.

    Am liebsten würde ich eine Sparte eröffnen "zwischen den Zeiten", in der sich Komponisten und deren Musik findet, die eben oft nicht "schon das eine", auch "nicht mehr das andere" sind.

    Ich glaube wir unterliegen einer fatalen Manipulation durch unser Geschichtsbild – schon allein der Begriff "Vorklassik" trägt dazu wesentlich bei. Warum "schon das eine" (was überhaupt?) und "nicht mehr das andere" (ebenso: was?)? Warum ist Mozart nicht genauso "schon das eine" (manchmal fast wie Schubert) und "nicht mehr das andere" (nicht mehr wie Carl Philipp)? Oder Beethoven (manchmal fast wie Chopin, nicht mehr wie Mozart)? Usw.

  • Wq 48 und 49 sind m. E. total cembalistisch gedacht, die machen mir am Klavier weder zu spielen noch anzuhören Spaß. Ich übe gerade ein bisschen den dritten Satz aus der a-Moll Sonate Wq. 49 am Cembalo und es macht richtig süchtig, jede Phrase ist in ihrer Gestaltung so ideal auf das Instrument zugeschnitten. Die Texturen klingen auch überhaupt nicht "dünn" (wie es mir manchmal am Klavier vorkommt), was zu einem "noch nicht"-Gedanken führen könnte, sondern sehr klangvoll und genau richtig bemessen. Ich wollte weder einen Ton missen noch hinzufügen.

    Ich habe leider keinen Platz für ein Cembalo.
    :(
    Ich weiß gar nicht, aus welcher Sammlung die Sonate war, die ich geübt habe - ist auch schon lange her ...

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Wq 48 und 49 sind m. E. total cembalistisch gedacht, die machen mir am Klavier weder zu spielen noch anzuhören Spaß.

    Das geht mir genauso - ich meine, ich hab zwar noch nie versucht, sie zu spielen (weder auf einem modernen Klavier noch auf einem Cembalo), aber sie auf dem Klavier zu hören, macht überhaupt gar keinen Spaß - umso mehr Spaß in den Ohren, im Herzen und im Hirn machen sie, wenn sie auf einem vernünftigen Cembalo gespielt werden. :yes:

    Der Schlusssatz von Wq 49.1 ist IMO ein Feuerwerk ohnegleichen!

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • würde ich eher "prä-aufklärerisch" verorten...

    Aha! Dies liegt sicherlich darin begründet, dass CPE Bach mit z.B. Gellert, Herder, Lessing und anderen Prä-Aufklärern verkehrte und zudem auch Texte von einigen dieser Leute vertont hat.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Aha! Dies liegt sicherlich darin begründet, dass CPE Bach mit z.B. Gellert, Herder, Lessing und anderen Prä-Aufklärern verkehrte und zudem auch Texte von einigen dieser Leute vertont hat.

    Adieu,
    Algabal


    Aber es stimmt nun einmal auch, dass CPE Bach schon in den 1740er Jahren fleissig komponierte, unter anderem Wq. 48 und 49.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Aber es stimmt nun einmal auch, dass CPE Bach schon in den 1740er Jahren fleissig komponierte, unter anderem Wq. 48 und 49.

    Ja, und? Auch Wq 48 und 49 haben hinsichtlich Faktur, Ausdruck und "Gehalt" ziemlich wenig mit der "vor-aufklärerischen"/"barocken" Cembalosuite oder mit den 555 Scarlattischen Sonaten gemein.

    Gottsched hat eine Reihe seiner wichtigsten Werke (theoretische Schriften wie Dramen [etwa "Sterbender Cato"]) vor 1740 geschrieben - und die sind allesamt nicht prä-aufklärerisch. Jahresdaten sind in der Geschichte eben nicht alles - und in der Ideen-, Diskurs- und Wissensgeschichte erst recht nicht.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Mag sein, aber der direkte Link zwischen Musik und Aufklärung ist für mich alles andere als offensichtlich. So wie ich Aufklärung verstehe, wäre eher der Fugenfex J.S. mit seinen pädagogischen Monumentalwerken ein Vertreter der Aufklärung als der empfindsamkeitliche Sohn.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • So wie ich Aufklärung verstehe, wäre eher der Fugenfex J.S. mit seinen pädagogischen Monumentalwerken ein Vertreter der Aufklärung als der empfindsamkeitliche Sohn.

    Der empfindsamkeitliche Stil ist aber eine Kreatur der Aufklärung und der Entdeckung/Erfindung des Individuums (ebenso wie der sogen. "Sturm und Drang" und das "Original=Genie"). Was an J.S. Bach "aufklärerisch" oder "aufgeklärt" sein soll, ist mir einigermaßen unklar. Aber das ist eine andere Diskussion.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Der empfindsamkeitliche Stil ist aber eine Kreatur der Aufklärung und der Entdeckung/Erfindung des Individuums (ebenso wie der sogen. "Sturm und Drang" und das "Original=Genie"). Was an J.S. Bach "aufklärerisch" oder "aufgeklärt" sein soll, ist mir einigermaßen unklar. Aber das ist eine andere Diskussion.

    Adieu,
    Algabal


    Bei J.S. Bach soll eben die meiste Musik "nützlich" sein. Steht immer in den Vorworten seiner Zyklen. Nützlichkeit ist für mich eine der Hauptprämissen der Aufklärung. Aber es gibt noch ein weitere Beispiele, etwa die h-Moll Messe, die interkonfessionell angelegt ist.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Wichtige Differenz CPE Bachs zur "Voraufklärung" resp. zum Barock resp. zur Musik "Alteuropas": Seine affektgeladene Musik folgt nicht mehr der Grammatik der Affektenlehre, insofern als er konventionalisierte Figuren verwenden würde, um Affekte zu signieren, sondern seine Musik folgt - und dies bereits in den 1740ern - im Ausdruck den Regeln des Authentizitätsdispositivs der Moderne.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.


  • Bei J.S. Bach soll eben die meiste Musik "nützlich" sein. Steht immer in den Vorworten seiner Zyklen. Nützlichkeit ist für mich eine der Hauptprämissen der Aufklärung. Aber es gibt noch ein weitere Beispiele, etwa die h-Moll Messe, die interkonfessionell angelegt ist.


    Na ja, Grimmelshausen, der wohl noch nicht zur Aufklärung gehört (gestorben 1676), nahm für seine Satire durchaus auch in Anspruch, dass sie "nützlich" sei. Der Humor ist nur die zuckrige Umhüllung der bitteren Pille.
    Ist halt die Frage, nützlich wofür? Bei Grimmelshausen ist es in einem moralisch-theologischen Sinn gemeint. Die Nützlichkeit der Aufklärung bezieht sich wohl eher säkular auf den Fortschritt der Gesellschaft.
    Bach meinte es vielleicht doch eher in dem älteren Sinn.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Bei J.S. Bach soll eben die meiste Musik "nützlich" sein. Steht immer in den Vorworten seiner Zyklen. Nützlichkeit ist für mich eine der Hauptprämissen der Aufklärung.

    Nein, gemeint ist, durch das Spielen der Stücke ein besserer Musiker zu werden.

    Das scheint mir eher die Nützlichlkeit fürs Handwerk zu sein, und diese Art pädagogischer Nützlichkeit ist kein Alleinstellungsmerkmal der Aufklärung.

    Der empfindsamkeitliche Stil ist aber eine Kreatur der Aufklärung und der Entdeckung/Erfindung des Individuums (ebenso wie der sogen. "Sturm und Drang" und das "Original=Genie").

    So ist es wohl, auch wenn sich mancher empfindsame oder Stürmer und Dränger in Opposition zur Aufklärung empfunden haben mag...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Das scheint mir eher die Nützlichlkeit fürs Handwerk zu sein, und diese Art pädagogischer Nützlichkeit ist kein Alleinstellungsmerkmal der Aufklärung.


    Bach empfiehlt im Vorwort des WTK sein systematisches Opus der "lernbegierigen Jugend zum Nutzen und Gebrauch". Lernbegierig sein, sich durch Mühe und Arbeit zu verbessern und sich aus seiner vermeintlich vorbestimmten Umgebung zu lösen ist für mich geradezu die Quintessenz der Aufklärung, während Algabals Geniegedanke für mich eher protoromantisch klingt. Davon abgesehen empfinde ich auch den systematisch-quasiwissenschaftlichen Ansatz vieler Werke J.S. Bachs dem Gedankengut der Aufklärung nahe. Man denke nur an seinen Zeitgenossen Carl Linné.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Bach empfiehlt im Vorwort des WTK sein systematisches Opus der "lernbegierigen Jugend zum Nutzen und Gebrauch". Lernbegierig sein, sich durch Mühe und Arbeit zu verbessern und sich aus seiner vermeintlich vorbestimmten Umgebung zu lösen ist für mich geradezu die Quintessenz der Aufklärung

    nun ja, dann müßte man jede Handwerks-Ethik Aufklärung nennen. Das finde ich doch etwas schwierig, wenn es darum geht, epochen- und zeitgeisttypisches zu bestimmen.
    Es gab in der marxistisch geprägten Konzertführer-Literatur auch die Tendenz, Bach und Händel ob ihres "humanistischen Gehaltes" der Klassik zuzuschlagen.
    Ob man auf diese Weise dem Generationsbruch zwischen JSB unds seinem Sohn CPEB auf die Spur kommt?

    Davon abgesehen empfinde ich auch den systematisch-quasiwissenschaftlichen Ansatz vieler Werke J.S. Bachs dem Gedankengut der Aufklärung nahe.

    unbestritten - z.B. die Suche nach der idealen Stimmung und die wohltemperierte Lösung ...

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • nun ja, dann müßte man jede Handwerks-Ethik Aufklärung nennen. Das finde ich doch etwas schwierig, wenn es darum geht, epochen- und zeitgeisttypisches zu bestimmen.


    Handwerk gehört in die Sphäre des Bürgerlichen, und die Aufklärung ist ja eigentlich nichts anderes als eine bürgerliche Emanzipationsbewegung mit wissenschaftlich-rationaler Fundierung. Der Marxismus ist natürlich eine Weiterführung.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Zitat

    von Felix Meritis
    Das ist eben das Problem bei CPE Bach: wo ist das überragende Meisterwerk?

    Es wurde mittlerweile ja deutlich, daß angesichts einer so hohen Qualität des Oevres wenig "herausragen" kann. Relevant sind die schon mehrfach angesprochenen "Preußischen" und "Württembergischen Sonaten" aber zweifellos - das entscheidende musikhistorische Moment blieb bislang noch unerwähnt. Durch die Drucklegung dieser beiden Zyklen wurde die Sonatensatzform in Deutschland verbreitet!


    Zitat

    von Felix Meritis
    Ein ikonischeres Werk als op. 33 ist kaum denkbar, gilt es doch als Initiationswerk des "klassischen Stils".

    Dann kann auch am ikonischen Rang von Wq 48/49 nicht gezweifelt werden, sind doch Haydns op. 33 ebenso wie viele andere Werke der Wiener Klassik ohne CPE Bach schwer vorstellbar.

    Sofern die musikhistorische Bedeutung auch nur eine gewisse Relevanz hat, dürften zudem jene frühen Klaviersonaten aus den 30ern als Kanditaten gelten, in denen Emanuel den Sonatenhauptsatz entwickelt - fast zwanzig Jahre vor Papas Ableben. Haydn bestätigt ja explizit, daß es Bachs Kreationen (und nicht etwa Sammartinis) waren, die ihm den Weg wiesen.

    Spannend sind auch die Charakterstücke für Klavier, die mitunter ins 20. Jahrhundert zu weisen scheinen. Unter den Klavierkonzerten scheinen die Doppelkonzerte mittlerweile eine gewisse (und berechtigte) Popularität erreicht haben - die typische gebrochenen Satztechnik fällt hier zunächst kaum auf. Stärker kommt sie in Wq 183 zum Tragen, etwa im Kopfsatz der ersten D-Dur-Sinfonie, wo gleich einmal das Themenprinzip ad absurdum geführt wird.
    Die Beziehung von "Auferstehung" und Israeliten" zu den wesentlich später entstandenen Haydn-Oratorien wurde ebenfalls bereits angedeutet, doch darf man es ruhig etwas pointierter formulieren: der entsprechende musikalische Einfluss ist relevanter als jener Händels.

  • Zitat

    von Eusebius
    Zu seiner Zeit genoss hingegen CPE Bach enorme Beliebtheit. Nicht so sehr während seines Dienstes für den Feudalherren Friedrich II, der ein Despot war,
    sondern insbesondere hier in Hamburg. Er hatte eine herausgehobene Stellung inne, war praktisch für die gesamte massgebliche Kirchenmusik verantwortlich, und verkehrte mit bedeutenden Geistesgrößen.

    CPE Bach passt im Zweifelsfall durchaus in die Schublade "Aufklärung" - ohne prä und post. Nicht erst in Hamburg, schon in den ersten Berliner Jahren knüpfte Bach mit verschiedenen Schritsteller und Philosophen Kontakte - genau zu einer Zeit, als die Stadt erstmalig zu einem der deutschen Geisteszentren avancierte. Wo sonst hätte er auf Lessing (dessen Gedichte der vertonte), Nicolai, Kleist, Sulzer oder Mendelssohn treffen können?

    (Übrigens kommt Friedrich in Bezug auf Bach oftmals etwas zu schlecht weg. Er engagierte ihn als Cembalisten, obgleich von Anfang an deutlich war, daß die musikalischen Geschmäcker kaum kompatibel waren. Bach hatte spätestens seit den 50ern ein hohes Einkommen, da er in Berlin und Potsdam sowohl den Hofdienst verrichten, als auch eine Vielzahl von bürgerlichen Klavierschülern unterrichten konnte. Er wechselte erst, als sich der höchstangesehendste nicht-höfische Job anbot, der im Land nur irgend zu finden war).


    Zitat

    von Felix Meritis
    Mag sein, aber der direkte Link zwischen Musik und Aufklärung ist für mich alles andere als offensichtlich. So wie ich Aufklärung verstehe, wäre eher der Fugenfex J.S. mit seinen pädagogischen Monumentalwerken ein Vertreter der Aufklärung als der empfindsamkeitliche Sohn.

    Selbst unter "pädagogischer Prämisse" ist das nicht ganz nachvollziehbar. JSB war als "unmittelbarer" Lehrer zwar bedeutender, doch bestand seine Schülerschar noch weitgehend aus angehenden Berufsmusikern, während CPE vorzugsweise bürgerliche Laien unterrichtete.
    Emanuels bedeutendste Werkgattung sind die Klaviersonaten, die nun einmal für eben dieses bürgerliche Publikum verfasst wurden. Insofern stehen z.B. die in Nürnberg verlegten "Preussischen" und "Württembergischen", oder die späteren Sammlungen "für Kenner und Liebhaber" den Werkzyklen Sebastians doch kaum nach?
    Auf anderer Ebene durchbricht CPE jenes zunftähnliche Musikhandwerk, dem letztlich auch sein Vater verpflichtet war, noch entschiedener. Durch den "Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen" (Vol. I bereits 1753 veröffentlicht !) sind die Liebhaber nicht einmal mehr zwingend auf Privatunterricht angewiesen. Nebenbei wirkt CPE sogar "aufklärerisch" bis in die Gegenwart, sind diese Bände doch die Bibel für Tasten-HIPster.
    Aus dem berliner Kreis um Bach gehen zudem noch weitere Frühwerke der deutschen Musikliteratur hervor, darunter Sulzers "Allgemeine Theorie der schönen Künste", Krauses "Von der musikalischen Poesie", Kirnbergers "Kunst des reinen Satzes" etc.

    Einmal editiert, zuletzt von Accidental (27. November 2015 um 04:18)

  • Lieber Accidental,

    zumindest mir hast Du nun ja beinahe jede Antwort bereits abgenommen- danke!

    Dabei erinnerte ich mich in der vergangenen Nacht noch an Teile meines DDR-Schulunterrichts in Bezug zu Handwerk und Aufklärung.
    Du sprichst es an: Handwerk als Zunft, in dessen Rahmen sich Papa Bach bewegte und sich wohl auch als Handwerker selbst verstand.
    Erst mit Aufkeimen der Aufklärung, so lehrte man uns damals, entstand das Selbstverständnis des Künstlers, der Kunst allgemein, eben nicht mehr zwingend als Handwerk.

    Damit möchte ich nun keineswegs einem CPE Bach die Beherrschung des Handwerks absprechen!
    Wie perfekt er das beherrschte, höre ich heute wieder, hab gerade unter meinem Sofa die Clavierkonzerte mit Miklos Spanyi vorgeholt und kann mich gar nicht satthören.
    Besonders an dem einen nicht, dem F-Dur Konzert H415. /Wq12. (CD 2 der GA)
    Beginnt gar nicht so kleingliedrig wie CPEs Musik oft nachgesagt, sondern recht großflächig und mit passabler kontrapunktischer Arbeit.
    Ein Nebenaspekt, nämlich der der Sequenzierungen, irritiert etwas- denn die benutzt CPE ja eher selten.
    Und dann hat dieser erste Satz etwas, das richtig neu ist: eine echte Durchführung.
    Hierhin arbeiten die Sequenzen also: in die völlige Auflösung der Tonalität!
    Was er hier schreibt, ist tatsächlich atonal.

    Erst ein echter Kraftakt über Forte-Einsätze des Orchesters führt zurück in den Verlauf, in die Reprise.
    Aber hier (noch) kein Exkurs in bestimmte Werkgruppen.
    Nur die Feststellung: ich glaubte, "meinen" CPE gut zu kennen und werde doch immer wieder überrascht.

    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

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