Orchester und ihre Profile

  • Die Frage nach dem klanglichen Profil finde ich spannend. Hier scheint der Trend aber eher dahin zu gehen, dass man "den" Orchesterklang eigentlich vermeidet, sondern jedem Werk seine Klangsphäre zu geben versucht. Klar ist die bei Haydn anders als bei Bruckner, vielleicht wird man aber auch zwischen Mahler 6 und Mahler 7 differenzieren wollen.

    Sicher, aber es wäre ja trotzdem denkbar, dass Mahler 6 bei den Philharmonikern aus Berlin nicht nur anders klingt als Mahler 7 (oder gar Haydn) daselbst, sondern auch anders als Mahler 6 in Amsterdam. Dass also trotz aller stilistisch motivierten Differenzierung eine Art klangliche "Persönlichkeit an sich" erkennbar bleibt. Bei Solisten gibt es das ja ohne Zweifel (wenn vielleicht auch die Entwicklung in jüngerer Zeit dort ebenso in Richtung Ununterscheidbarkeit geht), ohne dass die deshalb jede Musik mit demselben Klang spielen.


    Christian

  • Kurzes OT: Mir fallen zwei ein, "Der Onkel aus Boston" und "Die Hochzeit des Camacho". Sind beide auch eingespielt erhältlich:

    Da kannste mal sehen. Meine Mendelssohn Diskografie ist offenbar noch nicht vollständig. Und ein Opernfragment gibt es auch noch "Loreley" von 1847. Das nächste Mal schaue ich vorher nach .. :wink:
    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Sicher, aber es wäre ja trotzdem denkbar, dass Mahler 6 bei den Philharmonikern aus Berlin nicht nur anders klingt als Mahler 7 (oder gar Haydn) daselbst, sondern auch anders als Mahler 6 in Amsterdam.

    Wäre das auch so wenn die Sinfonie beide Male vom selben Dirigenten interpretiert würde?


    Noch ein aktuelles Beispiel für den Einfluss eines Dirigenten:


    Ivan Fischer hat mit dem (seinem) Budapest Festival Orchestra bemerkenswerte Einspielung von Mahlers Sinfonien vorgelegt. Ich weis nicht wie viele hier das Orchester vorher als Spitzenorchester wahrgenommen haben. Offenbar hat sich aber das Orchester unter diesem Dirigenten erst so richtig entfaltet. Und von Theodor Currentzis will ich gar nicht erst reden. Die Liste liesse sich noch beliebig verlängern: Herrweghe, Kuijken, Minkowski, Gardiner uvam.


    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Wäre das auch so wenn die Sinfonie beide Male vom selben Dirigenten interpretiert würde?

    Das wäre im Moment wahrscheinlich eben nicht so, aber ich fände es gut, wenn es so wäre. Das würde die Bandbreite dessen, was man hören kann, einfach vergrößern.


    Christian

  • Umgekehrt würde aber dann auch das Orchester unabhängig vom Dirigenten bei ein und der selben Sinfonie gleich oder ähnlich klingen, sollten sie ein Profil entwickelt haben. Ich denke das über die Vielfalt des Angebotes an Orchestern und Dirigenten Abwechslung entsteht. Und man sollte offen bleiben für andere Sichtweisen. Bei Sinfonien von Beethoven stelle ich mir das hingegen schwer vor. Da ist eigentlich alles bereits gesagt, aber jeder möchte sie dirigieren.


    Man sollte aber auch nicht vergessen, das die Hörgewohnheiten sich durch die stets verfügbaren Klangkonserven und deren Vermarktung eher nivellieren als differenzieren. Ein großer Teil der Zuhörer orientiert sich an einem bestimmten Stil. Sonst wäre wohl die unglaublich große Popularität eines Lang Lang oder David Garret kaum zu erklären. Und im Volksmund heisst es ja "Der Teufel scheisst immer auf den größten Haufen". Oder mit den Worten des Vertreters der Weinfirma Pallhuber und Söhne "Dies ist Bordeaux und das ist Burgunder. Einer wie der andere, das ist Qualität" Will sagen: durch großes Medientamtam wird die Aufmerksamkeit auf bestimmte Künstler bzw. Formationen fokussiert, und alle denken "so muß es sein". Aber andererseits wäre das auch eine Art Profil.


    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Bei Sinfonien von Beethoven stelle ich mir das hingegen schwer vor. Da ist eigentlich alles bereits gesagt,

    Das dachten wir anno 1985 auch, nicht wahr? Furtwängler, Toscanini, Leibowitz, Scherchen, Klemperer, Karajan, Bernstein, Solti, was sollte da noch Großes kommen?


    Gruß
    MB


    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Umgekehrt würde aber dann auch das Orchester unabhängig vom Dirigenten bei ein und der selben Sinfonie gleich oder ähnlich klingen, sollten sie ein Profil entwickelt haben.

    Nein, das ist nicht das, was ich meine. Nehmen wir einen Vergleich: Die Stradivari-Geige die Arthur Grumiaux gespielt hat, hat einen so unverwechselbaren Charakter, dass Frank-Peter Zimmermann sie nach eigener Aussage auf der Stelle erkannt hat, als er sie (nicht wissend, welches Instrument ihm da gereicht wurde) anspielte. Zimmermann spielt seither auf dieser Geige und ist natürlich trotzdem nicht mit Grumiaux zu verwechseln. Aufbauend auf dem ganz individuellen Grundklang des Instrumentes haben beide ein jeweils ganz individuelles Spiel entwickelt, auch einen individuellen Klang. So ähnlich würde ich es mir bei Orchestern wünschen: Die großen Orchester sollten ihren spezifischen Grundklang behalten und pflegen, aber dennoch je nach Dirigent (und natürlich erst recht je nach Stück) unterschiedlich klingen. Aber dabei als Basis einen Eigenklang haben, den es woanders so nicht gibt. Ein bisschen ist das so bei den Wiener Philharmonikern, aber auch die tendieren mehr und mehr zum international angepassten Klang. Man könnte den Vergleich mit Solisten auch auf einer anderen Ebene anstellen: Ein Solist wie z.B. Grigory Sokolov ist in seiner persönlichen Klanggebung unverwechselbar, klingt aber natürlich bei Schubert ganz anders als bei Chopin oder bei Mozart. Und er klingt bei allen ganz anders als Maurizio Pollini, der seinerseits über eine große Klangpalette verfügt. Auch hier also spezifischer Grundklang, aber extreme Differenzierung. Warum soll so etwas bei Orchestern nicht erstrebenswert oder gar unmöglich sein?


    Christian

  • Warum soll so etwas bei Orchestern nicht erstrebenswert oder gar unmöglich sein?

    Zumindest dürfte es bei Orchestern ungleich schwerer sein als bei Solisten, diesem Ideal zu entsprechen. Denn hier haben wir es mit einem Kollektiv unterschiedlicher Individuen und Instrumente zu tun. Das die zusammen so einen Gleichklang hinbekommen wäre ja so etwas wie der 6er im Lotto. Und erreichen könnten das eh nur unabhängige Orchester, die sich den Dirigenten frei aussuchen können der zu ihnen passt. Denn auch das müsste ja gewährleistet sein.
    Aber eine schöne Vorstellung wäre das schon. Träumen darf man ja ..


    LG Peter


    (die Lammkottletts warten)

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Zumindest dürfte es bei Orchestern ungleich schwerer sein als bei Solisten, diesem Ideal zu entsprechen. Denn hier haben wir es mit einem Kollektiv unterschiedlicher Individuen und Instrumente zu tun. Das die zusammen so einen Gleichklang hinbekommen wäre ja so etwas wie der 6er im Lotto. Und erreichen könnten das eh nur unabhängige Orchester, die sich den Dirigenten frei aussuchen können der zu ihnen passt. Denn auch das müsste ja gewährleistet sein.
    Aber eine schöne Vorstellung wäre das schon. Träumen darf man ja ..

    Immerhin hat man die Chance, bei Neubesetzungen dafür zu sorgen, dass die einzelnen Register in sich homogen klingen, dass die Bläser jeder Gruppe ungefähr gleiche Klangideale haben usw.


    Bei den Wienern soll es ja soweit gehen, dass die Streicher teilweise Professuren an Musikhochschulen innehaben und ihre Klangvorstellungen gleich an die nächste Generation weitergeben, die sich dann bewerben mag ...


    Gruß
    MB


    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich nehme alles zurück, was ich über die Berliner Philharmoniker gesagt habe. Ich habe die letzten Stunden damit verbracht, in der Digital Concert Hall die live-Übertragung des konzertanten Tristan anzusehen: Was dieses Orchester leistet, ist einfach unübertrefflich gut. Das reicht mir als "Profil". Bei Rattle ebenso.


    Christian

  • Ich denke, dass ein Orchester auch über die Entwicklung eines bestimmten Image Profil zeigen kann. Ein gutes Beispiel hierfür sind die eingangs genannten Hamburger Symphoniker, die seit jeher ein Schattendasein neben den beiden besser finanzierten Hamburger Orchestern, den Philharmonikern und dem NDR Sinfonieochester, führen. Da sie nicht mit der 'Starpower' dieser beiden Konkurrenten mithalten können (obwohl sie diese Saison mit Daniel Barenboim und nächste Saison mit Martha Argerich erstmals auch große Namen im Programm führen), waren sie sozusagen gezwungen, auf andere Weise ein Publikum zu gewinnen, um nicht unterzugehen. Das haben sie zum einen durch eine besondere Programmgestaltung erreicht, auf der sich regelmäßig außergewöhnliche Komponisten bzw. selten gespielte Werke bekannter Komponisten finden. Außerdem machen sie seit ca. einem Jahr mit den sogenannten Musik-Impuls-Konzerten auf sich aufmerksam, bei denen einzelne Musiker des Orchesters an ungewöhnlichen Orten in Hamburg kostenlose Konzerte geben (z.B. im alten Elbtunnel) oder Konzerte live auf Gebäudefassaden projiziert werden. Dadurch besitzen die Hamburger Symphoniker ein eigenständiges Profil, dass sich deutlich von den anderen Orchestern unterscheidet, ohne dass sie jetzt einen besonderen, eigenständigen Klang besitzen würden (dieser ist im Gegenteil sehr stark von den jeweiligen Dirigenten abhängig). Sie haben aus ihrem Außenseiter-Status also sozusagen eine Tugend gemacht.

  • Das haben sie zum einen durch eine besondere Programmgestaltung erreicht, auf der sich regelmäßig außergewöhnliche Komponisten bzw. selten gespielte Werke bekannter Komponisten finden

    Das ist wohl wahr. Insofern hat sich dieses Orchester in der Tat gegenüber den beiden Konkurrenzorchestern profiliert. Und ich halte auch Jeffrey Tate für einen aussergewöhnlich guten Dirigenten.


    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ja, Jeffrey Tate ist wirklich eine Bereicherung für das Hamburger Musikleben. Ich bin nur immer wieder erstaunt, dass sein Name nicht mehr Anziehungskraft besitzt und der Saal, wie z.B. letztens beim 6. Symphoniekonzert, nur ca. zur Hälfte gefüllt ist.


    Lars

  • a, Jeffrey Tate ist wirklich eine Bereicherung für das Hamburger Musikleben. Ich bin nur immer wieder erstaunt, dass sein Name nicht mehr Anziehungskraft besitzt und der Saal, wie z.B. letztens beim 6. Symphoniekonzert, nur ca. zur Hälfte gefüllt ist.

    Vielleicht ist Hamburg einfach übersättigt. Es ist ja auch nicht so, dass die Eintrittskarten für wenig Geld verscherbelt werden. Ich möchte dabei keinesfalls das Orchester oder den Dirigenten angreifen. Ich vermute aber mal, dass die nächsten Jahre in Städten mit mehreren Klangkörpern diese reduziert werden müssen. Zuschüsse werden immer weniger, die Kosten aber steigen.


    Die "Weltstars" werden das weniger spüren, aber die Musiker, die ihr Geld sich irgendwie verdienen müssen, müssen immer mehr kämpfen.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Vielleicht ist Hamburg einfach übersättigt

    Das wohl eher nicht

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Profile von Symphonieorchestern sind meiner Meinung nach sehr wichtig, Ein Orchester soll sich angesichts geringerer Einnahmen fragen. was wollen wir, welche Komponisten stehen im Vordergrund, um eine bestimmte Zahl an Zuschauern und somit auch an Geldquellen zu erreichen? Wenn ein Orchester X sagen würde wir spielen fast ausschliesslich sagen wir moderne Musik, des 20. Jahrhunderts aller Regionen der Welt, dann würde ich beispielswese einen Herrn Metzmacher verpflicheten, der ja als modernistischer Dirigent sehr erfolgreich und bekannt ist, wenn ich als Orchester sagen würde, wir wollen sagen wir mal Strauss und Wagner, Pfitzner kurz die Deutsche Spät und Nachromantik als Schwerpunkt auswählen würde, dann wären die Herren Pinchas Steinberg oder Daniel barenboim die Dirigenten, die ich unter Vertrag zu nehmen gedenke. Oder nehmen deutsche Frühromantik. Dirigenten wie Thomas Hengelbrock wärebn doch sicherlich eine gute Wahl. Was ich damit sagen will, die Orchester müssen sich ein Profil suchen, damit sie ein klares Image haben, und somit erkennbar werden.

  • wenn ich als Orchester sagen würde, wir wollen sagen wir mal Strauss und Wagner, Pfitzner kurz die Deutsche Spät und Nachromantik als Schwerpunkt auswählen würde, dann wären die Herren Pinchas Steinberg oder Daniel barenboim die Dirigenten, die ich unter Vertrag zu nehmen gedenke.

    Ob die beiden Dirigenten jetzt unbedingt auf lange Sicht die "Richtigen" sind, wage ich wegen ihres Alters mal zu bezweifeln. Allerdings sehe ich es durchaus auch so, dass man sich innerhalb des Orchesters einigen sollte, in welche Richtung es gehen soll. Ein Orchester, dass wirklich alle Stile gleich gut bewältigt, kenne ich spontan nicht.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ein Orchester soll sich angesichts geringerer Einnahmen fragen. was wollen wir, welche Komponisten stehen im Vordergrund, um eine bestimmte Zahl an Zuschauern und somit auch an Geldquellen zu erreichen?

    Na, ja, ein normales Orchester wird gar nicht gefragt.
    Diese Entscheidungen treffen die Intendanz und der GMD.
    Sicher, man kann Vorschläge machen, aber das war es dann auch.
    Ein heutiger Orchestermusiker muß vor allem flexibel sein.
    Ein städt. Orchester muß alles von Chorkonzerten über Oper, Musical, Operette bis hin zu Sinfoniekonzerten bestreiten.
    In unserem Orchester gibt es darüberhinaus noch ein Ensemble für zeitgenössische Musik, ein Barockensemble und ein Salonorchester.
    Und natürlich einige Kammermusik- Gruppen.
    Darüberhinaus gehen wir in die Schulen und Kindergärten und spielen zahlreiche Kinderkonzerte.
    Für Hörernachwuchs muß man nämlich ganz aktiv sorgen.


    Mit Spezialisierung kann ich nichts anfangen, meiner Meinung nach sollte ein Orchester breit aufgestellt sein und in allen möglichen Belangen und Bereichen des städt. Lebens präsent sein.
    In diesem Rahmen kann man auch mal Experimente wagen, man kann auch mal Pfitzner spielen, man sollte alles spielen können.
    In dieser Woche habe ich bisher "Mahagonny" von Weill gespielt(unbekannt und schwer! ), "The Gold Rush" von Chaplin im Kinokonzert(auch schweres Zeug, da ziemlich virtuos! ), den "Sacre" von Strawinsky beim Ballett(auch schwer, aber bekannt.......kann man absitzen), morgen spiele ich "Also sprach Zarathustra" von Strauss(Das erfordert eine immense Konzentration), außerdem steht noch Beethovens 6.Sinfonie für das Kinderkonzert sowie "Frau Luna" von Lincke als Operettendienst auf dem Programm.
    Langweilig wird es einem in diesem Job sicherlich nicht.


    Und man muß verflucht schnell sein.
    Ich mag das!


    Aber wo soll eurer Meinung nach da ein Profil entstehen?
    Ich halte das für Quatsch außer bei folgenden Gesichtspunkten:


    Man spielt in einem Spezialensemble wie z.B. dem "Ensemble Modern" .
    Man spielt in einem Spitzenorchester, welches sich auch noch selber trägt und seinen Chefdirigenten SELBER wählt.
    Den Berliner Philharmoniker z.B.
    Oder:


    Man arbeitet in einem KONZERTORCHESTER, welches eine Riesentradition hat wie Concertgebouw, Boston S.O., Cleveland S.O. etc.
    Aber schon bei den Londoner Spitzenorchestern hört es leider auf, da dort eine große Fluktuation herrscht.


    Aus diesem Grunde wurden die Wiener Philharmoniker von den Musikern selber gegründet, da das Orchester der Wiener Staatsoper zuviel Fluktuation aufweißt.
    Aber diese Wiener Philharmoniker sind kein städt. Orchester, sondern ein eigener Verein.
    Und damit haben sie die Möglichkeit, ganz autark Ihre ganz eigene Tradition, Ihren Klang etc. zu bestimmen.
    Genau so wie die Berliner Philharmoniker.


    Es geht also.
    Nur, und das ist ein sehr großes NUR:


    Bitte nicht die Möglichkeiten dieser Eliteorchester 1:1 auf alle anderen 90% der verbleibenden Orchester anwenden.
    Das sind Hirngespinste!


    Ich muß das leider so deutlich sagen.
    Es GIBT eine Elite, die sich solche Gedanken eines eigenen Profils und eines eigenen Klanges leisten kann und dies durchzieht mit Recht.
    Und diese ist ziemlich klein.
    Alles andere- und nicht MINDER wichtig- sind Klangkörper, welche flexibel agieren MÜSSEN, einen durchaus wesentlich breiteren Bereich bedienen müssen
    und eher Arbeitswerkzeuge sind.
    Hochprofessionell, aber eben durchaus austauschbar und vor allem sehr flexibel.


    Auch hier geht es um Kunst, aber im Gegensatz zu den Elite-Klangkörpern ist es eben oft nur Kunsthandwerk.
    Und das möchte ich nicht gering geschätzt haben!
    DAS muß man auch erst mal können und das können viele nicht.


    "Wenn ein Orchester X sagen würde wir spielen fast ausschliesslich sagen wir moderne Musik, des 20. Jahrhunderts aller Regionen der Welt, dann würde ich beispielswese einen Herrn Metzmacher verpflicheten,"


    Ich kenne Metzmacher seit 1980, und er setzt auch schon mal Pfitzner aufs Programm.
    Das ist also leider Quatsch.
    Die Musiker und Dirigenten heute sind sehr flexibel, und das finde ich auch gut so.

  • Mit Spezialisierung kann ich nichts anfangen, meiner Meinung nach sollte ein Orchester breit aufgestellt sein und in allen möglichen Belangen und Bereichen des städt. Lebens präsent sein.

    Michael, ich kann das nachvollziehen, doch "kann" man wirklich all die verschiedenen Bereiche gleich gut abdecken? Warum ich das frage, ist einfach. Wenn ich von MIR ausgehe (zugegeben kein Profi-Musiker mit Studium, aber auch nicht völlig unterbelichtet), habe ich mit der Moderne meine Probleme, aber auch mit Barock und davor.


    Im Jazz ist es ähnlich. Auch wenn ich Bop mag, und vielleicht auch technisch in einigen Titeln spielen könnte, liegt er mir nicht wirklich. Das Gleiche sage ich bei Rock-Jazz oder Latin Music. Da muss man schon eine Menge Zeit (sprich Übungszeit) investieren, was auch noch keine Gewähr ist, dass man es letztendlich "kann".


    Verstehe das nicht falsch, es soll auch nicht irgend einen Musiker abqualifizieren, aber kann das ein Sinfoniker wirklich? Ich hege Zweifel daran. Musical und Operette würde ich nicht als das ganz große Problem ansehen jetzt (Ohne es zu unterschätzen), doch die Stile von Monteverdi bis zu, sagen wir mal Cage sind so verschieden. Kannst Du meinen Gedankengang nachvollziehen?

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Verstehe das nicht falsch, es soll auch nicht irgend einen Musiker abqualifizieren, aber kann das ein Sinfoniker wirklich? Ich hege Zweifel daran. Musical und Operette würde ich nicht als das ganz große Problem ansehen jetzt (Ohne es zu unterschätzen), doch die Stile von Monteverdi bis zu, sagen wir mal Cage sind so verschieden. Kannst Du meinen Gedankengang nachvollziehen?

    Ja.
    Und meine Antwort ist Ja.


    Möchtest Du mal den Schlagzeuger unseres Orchesters sehen?
    Den kannst Du hier sehen, und das ist der Herr, der normalerweise mal das Becken schlägt.
    Aber er ist auch ein toller Jazz und Rock-Schlagzeuger.
    Das hier ist mit Tim Garland, Geoff Keezer und Joe Locke 2011:


    "https://www.youtube.com/watch?v=KXwo7W-5Wus"


    Und wir können auch Monteverdi bis Cage mit Barockbögen und anderem Firlefanz abdecken.
    Wir machen das jede Saison.
    Das ist mittlerweile Tagesgeschäft und keiner Rede mehr wert.
    Jeder sog. Sinfoniker heutzutage hat einen ganz anderen Horizont als noch ein sog. Sinfoniker vor 30 oder 40 Jahren.
    Man ist flexibler geworden.

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