Alles anzeigenZitat von »ChKöhn«
Gerade und nur auf einem anschlagsdynamischen Instrument ist es möglich, verschiedene Stimmen dynamisch voneinander abzusetzen.
Das ist schon ein gewichtiges Argument, wie ich finde (und man liest es bei Capriccio nicht zum ersten Mal). Ich persönlich sympathisiere auch mit den modernen Flügeln, auf denen Bach-Fugen gespielt werden.
Trotzdem kann man ja als Gedankenexperiment mal überlegen, ob es wirklich das nonplusultra ist, wenn quasi als Aha-Effekt bei jedem Einsatz das Thema ohrenfällig hervorgehoben wird. So vorzugehen mag einleuchtend sein, aber ist es die einzig denkbare Möglichkeit?
Ich meine ja gar nicht diese penetrante Hervorhebung von Themeneinsätzen, die finde ich persönlich furchtbar. Die Anschlagsdynamik eröffnet einfach insgesamt Möglichkeiten, die einzelnen Stimmen individuell zu gestalten.
Um diese Frage ging es auch in der Interpretationen-Sendung. Einer der Interpreten (Barenboim?) hob bei dem Hörbeispiel in einer der Fugen jeden Themeneinsatz deutlich und laut hervor, was auf dem Cembalo nicht möglich wäre. Die Frage ist, ob eine solche Hervorhebung dem Werk angemessen ist. Schornsheim hat das verneint beziehungsweise die Möglichkeit der leichten Tempoveränderungen (Agogik) für ausreichend gehalten. Bach offenbar auch, sonst hätte er es nicht so komponiert. Mir gefiel diese deutliche Hervorhebung der Themen auch nicht, weil ich sie allzu didaktisch fand und die ebenfalls wichtigen Gegenstimmen nicht mehr genügend zu hören waren.
Erst einmal: Bach hat das nicht "so komponiert", denn er hat kein spezifisches Instrument für das WK vorgeschrieben. Im Übrigen: Siehe oben, es geht gar nicht um die Betonung von Themeneinsätzen sondern um die permanente individuelle Gestaltung aller Stimmen. Das ist auch mit agogischen Mitteln nicht möglich, weil Tempoveränderungen sich in der Regel natürlich auf alle Stimmen gleichzeitig auswirken. Ich bezweifle nicht, dass man auch auf einem Cembalo viele Fugen gut darstellen kann, aber die größere Transparenz im Sinne einer durchgehenden polyphonen Stimmführung ist eindeutig auf anschlagsdynamischen Instrumenten möglich. Rosens Theorie, dass man gar nicht alles hören soll, was der Komponist geschrieben hat, finde ich wenig überzeugend. Aber selbst wenn es so wäre: Ich möchte es trotzdem hören ;+) .
Viele Grüße,
Christian