Bestimmt dieser, wenn man ihn denn dem Genre zurechnen möchte. Ein großartiger, zeitloser Film, in dem das Abenteuer von den Akteuren gelebt wird - völlig egal, ob am Ende ein Schatz dabei herausspringt. Ich jedenfalls kann ihn mir immer und immer wieder ansehen und werde jedesmal vollständig von dem Geschehen vereinnahmt.

Western - nicht nur von Gestern
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Schade eigentlich, dass dieser Faden so lange brach lag. Nach einigen Ford- und Hawks-Western, die ich aber in den jeweiligen Threads behandelt habe, hier einmal einer von Raoul Walsh, der vielleicht der Wiederbelebung hier hilft.
1930 suchte Walsh einen Hauptdarsteller für seinen großen, epischen Western, den er drehen wollte. Auf dem Studiogelände fiel ihm der Gang eines großgewachsenen, gutaussehenden jungen Mannes auf, den er daraufhin, nach Überzeugungsarbeit bei den Studiobossen, eine erste Hauptrolle und zudem einen neuen Namen gab. Aus Marion Mitchell Morrison wurde durch Raoul Walsh dann endgültig John Wayne.
So weit Walsh selber. Se non è vero, è ben trovato. Jedenfalls war es die erste Hauptrolle für John Wayne, die aber zunächst wenig Spuren in seiner Karriere hinterließ, weil der Film an der Kinokasse kein Erfolg war.
Alleine 185 Planwagen mit entsprechend vielen Pferden und Rindern und Menschen und allem Drum und Dran wurden für diesen frühen Tonfilm aufgefahren, um die Geschichte rund um einen Siedlertreck möglichst vollständig und anschaulich verfilmen zu können. Walsh drehte in 70mm, erstellte aber auch eine (erheblich gekürzte) 35mm-Fassung, dazu gleichzeitig eine (mit anderen Schauspielern) in deutsch, italienisch, französisch und spanisch. Ein wirkliches Mammutunternehmen.
Und ein durchaus beeindruckendes! Gerade die 70mm-Fassung, die damals in den dafür selten ausgerüsteten Kinos kaum gezeigt werden konnte, bietet noch heute überwältigende Bilder. Keine Computeranimation logischerweise, sondern das, was man sieht, ist echt. Und selbst, wenn Matte Shots verwendet wurden (vor der Kamera befindet sich ein bemaltes Bild, um Einstellungen zu ergänzen), fallen sie absolut nicht auf. So entstand ein überzeugendes, grandioses Bild dieses Trecks.
Die Geschichte, die sich darum entspinnt, ist relativ 'normal'. Der 'Gute' im Kampf mit den 'Fiesen' im Treck, einer davon auch noch Rivale um die Gunst der 'Hübschen'. Dazu Wind und Wetter, viel Komik, Indianer und alles, was das Leben sonst noch so erschwert.
Die Komik ist sehr altbacken, der Bösewicht (Tyrone Power, allerdings der Vater) sieht aus wie Räuber Hotzenplotz (und spricht auch so), John Wayne ist noch sehr hölzern und trotz 70mm werden die gerade Handelnden gerne in der Mitte des Bildes positioniert. Und trotzdem schafft Raoul Walsh es, mit seiner betont sachlichen Art, die gesamte Atmosphäre, das unendliche harte Leben, die Widrigkeiten und Entbehrungen einer solchen Reise unglaublich spannend rüberzubringen.
Zwei Stunden beste Unterhaltung! Mit Abstrichen natürlich, wie es bei einem fast hundert Jahre alten Western nicht anders sein kann. Gleichzeitig aber ist dieser Film an den historischen Ereignissen noch ungleich näher dran als heutige, was übrigens auch für den Regisseur galt.
Die DVD/BluRay-Ausgabe bietet auf drei Discs die 70mm- ebenso wie die 35mm- wie auch die deutsche Fassung. Lohnenswert!
Wolfram
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Als der Film Anfang der 70iger in meinem bevorzugten Kino lief, war ich gerade in der 6. Klasse und so konnte ich ihn nicht sehen, aber auch später ist er mir nie untergekommen. Daher war das nun die Erstbegegnung und ich muss gestehen, dass ich für mein Empfinden nicht viel verpasst habe.
Aus heutiger Sicht ein ziemlich hölzern und bekanntermaßen äußerst brutal inszenierter Film, der aber dem strukturellen Völkermord an den amerikanischen Ureinwohnern überhaupt nicht gerecht wird.
Zunächst erlebt man einen sehr brutalen Überfall der Cheyenne auf einen Trupp der US-Kavallerie. Die selben Cheyenne tauchen später in Gestalt einer sympathischen Dorfgemeinschaft auf, bevor sie dann wiederum von den US-Soldaten bestialisch umgebracht werden. Dazwischen schildert der Film noch den Fluchtweg der beiden einzigen Überlebenden des ersten Überfalls.
Ob die unglaubliche Brutalität mit der die Indianer letztlich niedergemetzelt werden eher abstumpfend wirkt oder ob sie zielführend hinsichtlich einer kritischen Sicht auf die Indianerpolitik der US-Kavallerie ist, darüber kann man sicherlich streiten. Eindeutig ist aber, dass das Massaker hier v.a. als Einzelfall dargestellt wird, zudem befehligt von einem Colonel, der unzweifelhaft einen leicht derangierten Charakter aufweist. Darüber hinaus wird im Abspann noch einmal darauf hingewiesen, dass ein hoher Militär diese 'Aktion' zutiefst verurteilt hat. Dass das Massaker aber eigentlich nur ein, wenn auch extremes Beispiel für einen langanhaltenden Vernichtungskampf darstellt, davon ist nie die Rede. So bleibt: bestialisch, unmenschlich, widerlich - aber der Befehl eines Einzelnen und letztlich ein Einzelfall.
So stellt es sich heute dar. 1970 sahen Amerikaner den Film nach dem Massaker im vietnamesischen My Lai sicherlich ganz anders, denn die Parallelen sind offensichtlich. Aber trotzdem findet der Film nicht zu einer grundsätzlichen Kritik, sondern bleibt, gewollt oder ungewollt, vordergründig, so dass die gezeigte Brutalität schon fast wieder wie eine Marketingüberlegung wirkt.
Wolfram
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Aus dem selben Jahr wie 'Das Wiegenlied vom Totschlag, also auch unter dem Eindruck des My-Lai-Massakers entstanden, aber welch ein Unterschied!!!
Arthur Penn nimmt sich die Mythen vor (auch die über die Indianer) und räumt einfach auf, bzw. räumt sie weg. Und das alles mit diesem Blick, der zwischen Ernsthaftigkeit und Erschütterung und purer Ironie hin- und hergleitet, was zunächst einmal einen viel distanzierteren Blick bedeutet, der aber trotzdem eindrucksvoller und emotionaler ist, als das ganze Gemetzel im 'Wiegenlied'. 'Little Big Man' ist gut eine halbe Stunde länger und gefühlt um Stunden kürzer, was daran liegt, dass er diesem nicht nur in der Herangehensweise überlegen ist, sondern auch in den Dialogen, der Kameraführung, der Musik (!), im Schnitt und v.a. im Spiel. Dustin Hoffman, Faye Dunaway, Martin Balsam und Chief Dan George vor allem sind schlichtweg großartig!
Dieser Film macht Spaß und gleichzeitig erschüttert er (Das muss man erstmal schaffen!), ohne dass er dabei irgendwie plakativ daherkommen würde. Und er ist bestes 'New Hollywood', dreiundfünfzig Jahre alt und kein Stück angestaubt.
Wolfram
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