Wo wir schon beim fiedelnden Elgar sind...
Elgar war ein ausgezeichneter Geiger und es war der Streicherapparat, dem stets seine besondere Liebe galt. Als sein Meisterwerk für Streicher gilt das 1905 entstandene "Introduction and Allegro for Strings", genauer: für Streichquartett und Streichorchester, op. 47. Elgar komponierte es auf Anregung seines Freundes und Lektors August Jaeger als virtuoses „Showstück“ für die Streicher des 1904 gegründeten London Symphony Orchestra. Elgar konnte Jaeger schnell berichten: „Ich bin dabei das Streicher-Ding für das Konzert des Symphonieorchesters rechtzeitig fertig zu machen. Intro & Allegro – ohne Durcharbeitung, dafür aber mit einer teuflischen Fuge. G-Dur & der zweite Teufel dann in g-Moll […] mit allerhand Jokus und Kontrapunkt.“ Am 8. März 1905 wurde das Stück im Rahmen eines reinen Elgar-Konzertes uraufgeführt. Doch entsprach es offenkundig nicht dem, was das Publikum erwartet hatte. Entsprechend kühl war die Aufnahme. Elgar war enttäuscht: „Das ist gute Musik. Es ist bislang nichts Besseres für Streicher komponiert worden – und es gefällt ihnen nicht.“ Heute sieht die Sache anders aus. Neben den beiden Symphonien und der symphonischen Studie „Falstaff“ gilt das "Introduction and Allegro" als Elgars vorzüglichstes Orchesterwerk.
In der Introduction kombiniert Elgar drei höchst unterschiedliche Themen: auf die stürzende Tutti-Fanfare folgt ein freundlicheres, sich angenehm auf und ab bewegendes Thema (das die Basis des späteren Allegro bildet) und über dem Elgar in der Partitur die Worte „Smiling with a sigh“ aus Shakespeares Drama „Cymbeline“ notierte. Daran schließt sich – vorgestellt von der der Solo-Viola – der sogenannte „Welsh tune“ (die walisische Melodie) an, der - da gehen die Positionen durchaus auseinander - wohl das einzige Zeugnis eines Volksliedes im gesamten Œuvre Elgars darstellt. Das Allegro beginnt dann mit einer Vorstellung des zweiten Themas der Introduction in doppeltem Tempo. Es fungiert hier als erstes Thema. Das zweite Thema des Allegro gestaltet sich als eine punktierte Sechzehntelfigur, die Elgar aus dem „Welsh tune“ gewonnen hat. Statt der Durchführung schließt sich nun eine Fuge an, die ihre Themen aus dem Material der Introduction gewinnt. Es ist eine „eigenwillige, aufregende Fuge, weit entfernt von jeglicher akademischen Konvention, eine romantische, emotionale Fuge, für die sich Bach nicht geschämt hätte. […]. Bis dieses Werk komponiert wurde, haben Streicher selten so satt geklungen und so in der Lage dazu, eine derartige Fülle von Ausdruck und Farbe hervorzubringen.“ Wer will diesem begeisterten Plädoyer des großen Elgar-Forschers Michael Kennedy für das Werk widersprechen?
Ich höre nun Barbirollis 1947er Aufnahme des Werkes:
Edward Elgar: Introduction and Allegro op. 47
Hallé Orchestra
Sir John Barbirolli
Agravain