Die Sommerhitze ist gewichen, Zeit für ein Ranking: Mozart und Haydn!

  • Davon unabhängig ist es sicherlich Unfug, das Requiem als erste Äußerung einer dramatrischen, hochemotionalen Kompositionsweise bei Mozart anzusehen. Was ist denn dann mit dem langsamen Satz aus der Sinfonia concertante oder aus KV 488? Der Komturszene aus Don Giovanni? Der a-moll-Klaviersonate? KV 466?


    ...oder den Schlussatz (aber auch den ersten) aus der großen G-moll-Sinfonie.

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Was ist an den besagten langsamen Sätzen "frühromantisch"? Das Adagio aus dem Klarinettenkonzert ist in dem vulgären Sinne romantisch, dass es in "Jenseits von Afrika" verwendet werden kann (und dito das Andante von KV 467), aber in einem musikhistorischen Sinne romantisch?

    naja, vielleicht ein gewisser (in beiden Sätzen aber nicht durchgängiger) Stufenreichtum in der Harmonik, etwas, was Barock und Romantik eher auszeichnet als Klassik, aber beim "reifen" Mozart s.chon zum Stil gehört - vielleicht als Niederschlag seiner Beschäftigung mit barocken Techniken.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Das Thema ist (fast) dasselbe wie "And with his stripes" aus dem Messias, das allerdings (wurde oben erwähnt) wieder auf einen anderenthema des Händel-Chor zurückgeht

    Also für mich klingt das Thema des Kyrie sehr stark nach der Schlussfuge des f-Moll Streichquartetts aus Haydns op. 20. Und dass Haydn Anfang der 70er etwas von Händels Vokalmusik wusste, bezweifle ich.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Es ist "Standardthema" des trad. Kirchenstils, das im Kern weder von Händel noch von Haydn stammen dürfte. Keine Ahnung, aber Historiker können vermutlich noch weiter zurückführen. Ein bißchen so ähnlich wie das Viertonmotiv, mit dem das Jupiterfinale beginnt, das ebenfalls mindestens noch dreimal bei Mozart und auch bei Joseph und evtl. Michael Haydn und sonstwo auftaucht. Der Punkt ist nicht, dass Mozart bei Händel abgeschrieben hätte (wobei der Einfluss der Trauerode und eben noch mehr der entsprechenden Chöre in der c-moll-Messe sehr deutlich ist), sondern dass auch im Requiem (wenn auch weniger deutlich als in der c-moll-Messe) eine Aneignung des trad. Kirchenstils, inkl. einiger recht enger "Stilkopien" stattfindet. Nur mit extrem viel Fantasie (bzw. m.E. eher biographischer Verklärung und unhistorischer Sichtweise) findet so etwas wie eine Vorwegnahme der Romantik statt.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich persönlich habe eigentlich bei KV 626 nie an Romantik gedacht, da kommt mir ein Link zum englischen Barock (Händel griff da ja auch nur auf einen bestehenden Stil zurück) wesentlich plausibler vor, nicht zuletzt wegen der Händelmanie in Mozarts Umgebung.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Was ist an den besagten langsamen Sätzen "frühromantisch"? Das Adagio aus dem Klarinettenkonzert ist in dem vulgären Sinne romantisch, dass es in "Jenseits von Afrika" verwendet werden kann (und dito das Andante von KV 467), aber in einem musikhistorischen Sinne romantisch?


    Eine Übersteigerung des Ausdrucks (z. B. bei KV 488), entrückte, fast schon unwirklich-sphärische Stimmung (KV 467), Kontemplation (Klarinettenkonzert). Natürlich ist das keine ausgereifte romantische Kompositionsweise, aber es sind m. E. erste Andeutungen eines Ansatzes, der stärker auf Ausdruck ausgerichtet ist als "übliche" Stücke des galanten Stils.

    Ich glaube, dass diese Einschätzung vor einigen Jahrzehneten keinesfalls ungewöhnlich gewesen wäre. Dann kamen die HIPisten und haben kategorisch ausgeschlossen, dass ein Musikstück irgendwie auf nachfolgende Epochen hinweisen darf (Achtung! Polemik! :D ).

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Ich persönlich habe eigentlich bei KV 626 nie an Romantik gedacht

    da würde ich in der Tat zustimmen, da findet sich in einigen langsamen Sätzen in Konzerten und Symphonin mehr romantisches.

    (wenn man nicht im doch recht deutlichen Barockisieren Rückgriffe sehen will, wie sie in der Romantik noch wesentlich üblicher wurden :P )

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

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