César Franck: Symphonie in d-Moll, FWV 48
César Franck hatte seit Ce qu'on entend sur la montagne viele Jahre kein Orchesterwerk komponiert, als er sich mit Les Éolides 1876 wieder einer symphonischen Dichtung widmete. Es folgten an Orchesterwerken Le Chasseur Maudit (1882), Les Djinns (1884), Psyché (1887/8) und die Variations symphoniques für Klavier und Orchester (1885). In den Jahren 1886 bis 1888 komponierte er dann seine Symphonie in d-Moll.
Der Weg zur Uraufführung war steinig. Der vorgesehene Dirigent Charles Lamoureux lehnte das Werk oder zumindest das Dirigat wohl auch wegen des früheren Misserfolgs mit Les Éolides ab. Die auf Drängen des Dirigenten Jules Garcin agierenden Musiker des Orchesters der Société des Concerts du Conservatoire boykottierten die Proben. Das Publikum war gespalten, die Mehrheit reserviert. Erst nach dem Tod des 1890 verstorbenen Komponisten etablierte sich das Werk im Kanon.
Nicht zuletzt musikpolitische Gründe trugen zu dem ersten Misserfolg des Werkes bei. Die 1871 zur Förderung einer spezifisch französischen Musikproduktion in Abgrenzung zu deutschen Strömungen von Camille Saint-Saëns gegründete Société Nationale de Musique geriet 1886 über Streitigkeiten hinsichtlich der Akzeptanz ausländischer Musik in eine Krise. Einige Mitglieder traten aus, u. a. Saint-Saëns selbst, Franck übernahm die Leitung. Das Klima blieb vergiftet.
Neben den Ressentiments gegenüber einer Symphonie an sich, speziell aber einer so ernst und dunkel – deutsch – klingenden wie der d-Moll-Symphonie hatten Kollegen noch einiges auszusetzen. Man mokierte sich über die Modulationsfreudigkeit Francks oder auch am Einsatz eines Englischhorns im Binnensatz – aus heutiger Sicht mit z. B. dem langsamen Satz der Neunten von Dvořák im Ohr kaum mehr nachvollziehbar. Franck gelang es zu seinem Glück, sich auf die positive Kritik seiner Anhänger zu fokussieren.
Francks späte Symphonie hat drei Sätze. Der Kopfsatz (Lento – Allegro ma non troppo) ist ein weitgehend typischer Sonatensatz. Ungewöhnlich allerdings, dass vor Einführung des Seitenthemas nochmals Lento-Einleitung und Hauptthema in Transposition nach f-Moll wiederholt werden. Für mein Empfinden könnte zumindest das punktierte, energische Hauptthema auch gut von Brahms stammen. Das punktierte Kernmotiv zu Beginn des Lento erinnert – ob beabsichtigt oder nicht – an das „Muss es sein?“ aus Beethovens Op. 135. Jedenfalls gibt es dem Beginn für meine Empfindung einen fragend-zweifelnden Charakter. Ansonsten bringt der Verlauf des Satzes zumindest formal nichts Unerwartetes.
Der Binnensatz – Allegretto – ist ein Liedsatz-Scherzo-Hybrid. Im Verlauf gibt es motivische Verbindungen zum Kopfsatz. Im Finale – Allegro non troppo -, das mit einem überaus positivistischen Thema beginnt, werden ebenfalls vielfach Bezüge zu den vorangegangenen Sätzen hergestellt, zumal in der Coda, die das Kernmotiv des Kopfsatzes wieder aufnimmt. Das Werk schließt forte fortissimo in strahlendem D-Dur.
Auffällig sind sicher auch die geringen Tempokontraste zwischen den drei Sätzen. Es gibt da natürlich Unterschiede in den Interpretationen, aber letztlich nehmen Dirigenten, die eine zügige Gangart bevorzugen, auch meist den zweiten Satz schneller. Diese vergleichsweise Einheitlichkeit hat mir wohl länger den Zugang zum Werk erschwert.
Ich höre das Werk mittlerweile gern und als in sich sehr geschlossene Auslegung des Per aspera ad astra mit nicht unbedingt französischem, aber Franck’schen Tonfall. Auf Eure Eindrücke und Aufnahmeempfehlungen bin ich gespannt.
Partitur: http://hz.imslp.info/files/img…r,_Mvt.I_(Full_Score).pdf
Quellen waren insbesondere die englische Wikipedia-Seite und die Classical Notes zum Werk