Sven Limbecks Text ist an besagter Stelle weniger eine Interpretation, sondern eine Analyse. Im Fall von Don Alonso nimmt er nicht nur das Libretto, sondern auch die Partitur unter die Lupe, um lediglich die Rechtfertigung der Frage zu untermauern, ob dieser den beiden Männern ebenso zugeneigt ist wie ihre Geliebten.
Was jetzt? Ist Don Alfonso schwul oder nicht? Und woraus ergibt sich das? Aus der Partitur? Ist das dein Ernst?
ZitatAn anderer Stelle zitiert Limbeck Despinas Bezeichnung der beiden Jünglinge als „Ganimedi“ - eine historisch gebräuchliche, aber heutzutage weitgehend vergessene Anspielung auf Männer, die sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen. In jedem Fall ist es ein Hinweis darauf, dass das Thema Homosexualität in 'Cosi fan tutte' unterschwellig vorhanden ist.
Schon wieder so eine Behauptung ohne Beleg. Nur weil die Beziehung zwischen Zeus und Ganymed homerotisch war, heißt das noch lange nicht, dass man mit "Ganimedi" grundsätzlich schwule Männer meinte. Im Fall von Despina ist das sogar komplett auszuschließen.
Apropos: "In der Ikonografie gilt Ganymed bisweilen auch als Präfiguration des Johannes." (Wikipedia)
Hoppla? Ist die Welt viellicht doch nicht so eindimensional?
Obwohl, Johannes war, aus Sicht von Salome, sicher schwul. Und die muss es ja wissen. Wer eine Salome links liegen lässt, kann nur schwul sein.
Du argumentierst genau so unwissenschaftlich wie die Eiferer, die in allen möglichen Wagner-Figuren irgendwelche "Juden" finden wollen. Z.B. im Holländer. Nur weil es Parallelen zum "Ewigen Juden" gibt. Daraus folgt aber noch lange nicht, dass er Jude ist. Analoges gilt für Kundry.
ZitatAlles anzeigenIn beiden Fällen ist Limbeck jedenfalls weit davon entfernt, plumpe Vorurteile oder schwules Wunschdenken zu äußern.
Wir neigen dazu zu vergessen, dass Homosexualität über lange Zeit ein absolutes, beinahe unaussprechliches Tabu war. Deswegen war sie allerdings nicht verschwunden, denn alles, was tabuisiert wird, eröffnet unbewusste Räume im Verdrängten.
Das betrifft nicht nur das homosexuelle Begehren an sich, sondern auch das Nichtwissen und das Mutmaßen von heterosexuell Liebenden um das Begehren anderer. Und damit auch die Angst, getäuscht zu werden. Noch problematischer wird es, wenn die Grenzen zwischen Liebe und Freundschaft fließend sind. Innerhalb dieses tabuisierten Rahmens, wenn es um Liebes- und Freundschaftsbeziehungen geht, betrifft es also jeden.
Mozart war sich dieses Tabus schon aufgrund seiner Biografie bewusst.
Zahlreiche Bezeichnungen für Homosexualität sind heute nicht mehr geläufig. Vielen dürfte „griechische Liebe“ noch ein Begriff sein. Den wenigsten ist jedoch etwa bekannt, dass „florenzen“ im Altdeutschen eine Bezeichnung für homosexuellen Analverkehr war und „Florenzer“ jemand, der sie ausübte - und zwar, weil Florenz in der Renaissance als eine Hochburg gleichgeschlechtlicher Liebe galt. Interessant ist das etwa für das Verständnis von Zemlinskys Oper „Eine florentinische Tragödie“, für die ein Text von Oscar Wilde als Grundlage genommen wurde.
Allein der Aufarbeitung des Verdrängten wegen war die Entscheidung der Herausgeber korrekt, das Repertoire vom Barock bis zum 19. Jahrhundert mit in den Opernführer aufzunehmen. Ganz unabhängig davon, dass Werke wie ‚La Traviata‘ und ‚Tosca‘ von schwulen Männern im Nachhinein als Bestandteil ihrer Subkultur angeeignet wurden.
Eine andere Entscheidung wäre geschichtsvergessen gewesen.
Mag ja alles sein. Aber was hat das mit Così fan tutte zu tun? Nix.
Zusammenfassung: Das mit Così fan tutte war ein veritabler Reinfall.
Jetzt musst du aber wirklich liefern. Lohengrin, Parsifal, Tannhäuser, Meistersinger.
Jaja, ich weiß: Ich bin mal wieder zu unfreundlich, und deshalb wirst du dich aus der Diskussion zurückziehen.
Ist ok. War eh klar.
Thomas