Leider soeben verstorben - Der Nekrologthread

  • John Dankworth ist den meisten hier wahrscheinlich nur durch Film- und Fernsehmusik, z.B. zu "Mit Schirm, Charme und Melone" "unbekannt bekannt", aber er war eine Schlüsselfigur der Jazzentwicklung in England. Er spielte seit 1949 selbst nicht nur mit vielen Größen wie Charlie Parker, Louis Armstrong, Duke Ellington, sondern durch seine Sextette und vor allem seine Big Band gingen unzählige später bedeutende britische Jazzer, wie z.B. Tony Coe, Mike Gibbs, Peter King, John Taylor, Kenny Wheeler, Dave Holland, John Surman, John McLaughlin....Wenn auch seine Big Band zeitweilig auch eher Gefälliges spielte, um zu überleben, gibt es auch sehr viel ganz anderes, womit John Dankworth zu den großen Erneuerern des Big Band Jazz, vergleichbar mit Gil Evans in den USA, wurde und spätere Kollegen auf diesem Feld wie Mike Gibbs, Terry Collier, Bob Brookemeyer oder Mike Westbrook wesentlich anregte.


    Es sollte Zeit sein, seine herausragendsten Aufnahmen wiederzuveröffentlichen, allen vorran "The Zodiac Variations", mit sehr guten, komplexeren Kompositionen und Arrangements und mit einem fantastischen Clarke Terry an der Trompete, zugleich eine der besten Aufnahmen von Terry, und außerdem guten Soli z.B. von Phil Woods und Zoot Sims. Terry und Dankworth waren eng befreundet und der geniale Trompeter war immer mal wieder Gastsolist in Dankworths Band.


    Dankworth hat auch einige Versuche im "Third Stream", der Verbindung von Jazz und "klassischer" Komposition, unternommen. Was ich davon kenne, finde ich nicht nicht wirklich voll geglückt, aber es war ein Scheitern auf hohem Niveau. Mindestens seine Jazz-Oper Sweeney Agonistes sollte wiederveröffentlicht oder auch mal wiederaufgeführt werden, denn sie ist von der Dramatik gutes Musiktheater mit einigen sehr gelungenen, musikalisch raffinierten Passagen und interessanten Klangfarben.


    Eine schöne Aufnahme Dankworths, in der auch sein guter Humor musikalisch etwas hörbar wird, ist diese Duo-CD mit Sohn Alec, der ein Top-Jazzbassist ist. Auch die Tochter ist Jazzsängerin geworden wie ihre Mutter Cleo Laine.



    :wink: Matthias

  • Heute starb in Moskau[ der Bolschoi-Star Irina Archipowa, eine der bedeutendsten Mezzosopranistinnen des vergangenen Jahrhunderts. Im slawischen Repertoire galt sie als fast unerreicht. Sie sang aber auch z.B. an der Seite von Mario del Monaco die Carmen.

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Der Produzent und Agenturchef Michel Glotz ist vorgestern 79jährig gestorben.


    Als Produzent der späten Karajan-Aufnahmen ist er sicher mitverantwortlich für manche tontechnisch (z.B. EMI-Tristan) und stilistisch (...) verunglückte HvK-Aufnahme... oder konnte er sich gegen den Alten einfach nicht durchsetzen?

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Am 17.Februar starb in Los Angeles Kathryn Grayson, die besonders als Musicalsängerin internationale Bekanntheit erlangte. Unvergessen bleibt ihre Mitwirkung in "Kiss me Kate" an der Seite von Howard Keel.

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi,


    Du bist mir zuvor gekommen. Bleibt mir also nur zu erwähnen, dass Kathryn Grayson nur wenige Tage nach ihrem 88. Geburtstag verstarb, den sie am 9. Februar noch feiern konnte.


    Für alle, die sich an sie erinnern möchten, sei hier auf zwei Aufnahmen aus sehr verschiedenen Stadien ihrer Karriere verwiesen. Sie wollte nämlich ursprünglich Opernsängerin werden und hätte durchaus das Zeug dazu gehabt, wie diese Szene mit der Arie "Je suis Titania" aus Ambroise Thomas' MIGNON zeigt: "http://www.youtube.com/watch?v=r4ZxpyWYFSE". Der Film ist SEVEN SWEETHEARTS von 1942


    Am bekanntesten war sie aber natürlich für ihre MGM-Musicals der 50er Jahre, dem bereits erwähnten KISS ME KATE und der Hollywoodversion von SHOW BOAT, ebenfalls mit Howard Keel, aus der man hier das Duett "Why Do I Love You" sehen kann: "http://www.youtube.com/watch?v=VzazvLlgVWg"



    :wink: Rideamus

    Ein Problem ist eine Chance in Arbeitskleidung

  • Hallo miteinander,


    zu erwähnen wäre noch, daß Kathryn Grayson auch noch mindestens zwei Filme mit Mario Lanza gedreht hat, darunter folgende



    in dem wunderbaren "The Toast Of New Orleans", da gibt es eine Szene aus der "Madama Butterfly" mit den beiden, die originell ist.



    Liebe Grüße


    Kristin, die Grayson's "Magnolia" nie vergessen wird, "Only Make Believe" :juhu: :juhu: :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Ariel Ramirez (1921-2010)

    Der argentinische Komponist Ariel Ramírez, mit dem man wohl als erstes seine Misa Criolla verbindet, ist 88-jährig gestorben.
    Ich konnte zunächst mit dieser Form geistlicher Musik wenig anfangen. Bis ich die Misa dann selber mal im Chor mitgesungen habe und ziemlich begeistert war.

    "Give me all you've got, then crescendo!" Leonard Bernstein

  • Jake Hanna (1931-2010)

    Ich habe eben erst gelesen, dass der Jazz-Schlagzeuger Jake Hanna am 12. Februar verstorben ist.



    Hanna war ein vielbeschäftigter Mainstream-Drummer, der sowohl in großen Formationen (z.B. bei Woody Herman) als auch in kleinen Besetzungen seine Arbeit verrichtete. Musiker wie Herb Ellis, Marian McPartland, Red Norvo oder Oscar Peterson wussten seine Dienste zu schätzen.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • Josef Häusler

    Josef Häusler, langjähriger Leiter der Donaueschinger Musiktage, ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Der frühere SWR-Redakteur für Neue Musik starb am vergangenen Wochenende in Freiburg. Häusler war von 1976 bis 1991 Programmchef des Festivals für zeitgenössische Musik in Donaueschingen.


    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • David Soyer
    24.2.1923 -25.2. 2010


    Der Cellist David Soyer, Gründungsmitglied des berühmten 1964 gegründeten "Guarneri- Quartett" ,starb am Donnerstag einen Tag nach seinem 87.Geburtstag in New York.
    Er war bis zum Jahre 2001 Mitglied des Quartetts und wurde dann durch seinen Schüler Peter Wiley ersetzt- der einzige Personalwechsel dieses Quartettes.
    Das Guarneri- Quartett gab sein letztes Konzert Anfang dieser Saison und zum Abschied trat Soyer ein letztesmal beim Schubert-Quintett als Gast mit seinem ehemaligen Quartett auf.

  • Philip Langridge ist tot !

    Gestern verstarb der Tenor PHILIP LANGRIDGE im Alter von 70 Jahren.


    wikipedia schreibt zu dem bedeutenden Sänger:



    "Langridge war ein äußerst vielseitiger Tenor, der sowohl im Barockrepertoire als auch als Interpret von Benjamin Britten, Gerald Finzi und Michael Tippett glänzte und den wahrscheinlich virtuosesten und wohlklingendsten Aaron eingespielt hat (unter der Leitung von Georg Solti). Als Mozart-Interpret, doch auch allgemein, kann man ihn mit Nicolai Geddavergleichen: ein ähnlicher jugendlicher Charme im Timbre, auch im reifen Alter, und ebenso spielende Beherrschung der technischen Hürden, bei allen Grenzen in Bezug auf Stimmumfang und -Volumen.
    Philip Langridge, der auch das slawische Repertoire sang (Mussorgski, Janácek, Szymanowski.), gehörte neben Peter Pears und Robert Tier zu den bedeutendsten britischen Tenören des 20. Jahrhunderts."




    "http://de.wikipedia.org/wiki/Philip_Langridge""




    Ich bin auf Philip Langridge erstmalig durch seine Verkörperung des Andres in Bergs Wozzeck in der Produktion der Wiener Staatsoper in den 80er Jahren aufmerksam geworden.




    Wie habt Ihr diesen Künstler erlebt ?

  • Lieber Prometeo,
    das ist sehr traurig.
    Ich habe Philip Langridge nur einmal live gesehen, in Michael Tippetts "The Midsummer Marriage", daran habe ich aber keine Erinnerung mehr.


    Sehr viel stärker ist er mir in Erinnerung als Oedipus in dieser Aufführung:


    :wink: Talestri

    One word is sufficient. But if one cannot find it?

    Virginia Woolf, Jacob's Room

  • Eine traurige Nachricht.


    Ich bin erst vor einigen Monaten im Britten-Repertoire auf Philip Langridge aufmerksam geworden, nachdem ich einige Auden Songs und die Serenade für Tenor, Horn und Streicher mit ihm gehört hatte.


    Was ich hörte, gefiel mir sehr gut und ich hatte mir vorgenommen, nach weiteren Aufnahmen Ausschau zu halten; sein Peter Grimes und sein Vere im Billy Budd fehlen mir z.B. noch.


    Viele Grüße,
    Federica

  • Diese Nachricht von Langridges Tod hat mich auch sehr betrübt, denn er gehörte zu den Sängern, die ich sofort abrufen kann. Ich durfte ihn als darstellerisch und sängerisch brillanten Loge und Titus (mit Kasarova) live auf der Bühne erleben. Besonders beimTitus erinnere ich mich noch ganz stark an die Liveaufnahmen, die als stehende Bilder an eine große Leinwand projiziert wurden und von allen Beteiligten großen Mut zur Hässlichkeit forderten, aber echt durch und durch gingen. Auch der Loge war für mich immer eine Einheit mit Langridge, dem die Hinterhältigkeit in Stimme und Gestik förmlich aus allen Poren kroch.


    Jetzt möchte ich mich auch da um Aufnahmen bemühen, selbst wenn ich ihn wohl sowieso nicht so schnell vergessen werde.


    LG Ingrid

  • Liebe Capricci !


    Ich möchte heute meinen Beitrag der jungen mexikanisch-amerikanischen Sängerin Lhasa De Sela widmen,die den Kampf gegen ihren Brustkrebs verlor und mit nur 37 Jahren am 1.Jänner 2010 verstarb.


    Kennengelernt habe ich diese Sängerin mit ihrer ausdrucksstarken,leidenschaftlichen,tiefgründigen,temperamentvollen aber auch sanften Stimme,als ich vor einigen Jahren ihre erste CD "La Llorona"geschenkt bekam,die ich am Ende noch vorstellen möchte.


    Lhasa,deren Vater Mexikaner und deren Mutter US-Amerikanerin waren,wuchs eigentlich in einem Bus auf,mit dem ihre Familie zwischen den USA und Mexiko unterwegs war.Ihren ersten Auftritt hatte sie im 13 Jahren,wurde musikalisch von Billie Holiday,Chavela Vargas,Tom Waits,Cucu Sanchez,Maria Callas,Victor Jara und Jaques Brel beeinflusst.


    Gerade durch diese vielen musikalischen Vorbilder entwickelte sie einen ganz persönlichen Musikstil,der sich in kein Genre so recht einordnen ließ.Daher liegt ihre Musik zwischen mexikanischer Folklore ( Balladen,Mariachi) und französischem Chanson.Aber auch Jazz und Tangoelemente sind herauszuhören.Viele ihrer Lieder sang sie in Spanisch,da sie dieser Sprache einen großen Ausdruck an Emotionalität zusprach.



    Das Cover ,wie auch der Titel "La Llorona" ( ist der spanische Ausdruck für "Heulsuse"),erzählen von einer Figur aus Lateinamerika,deren Ursprung bereits in der aztekischen Mythologie zu finden ist.


    Der Legende nach,handelt es sich um den Geist einer Frau,die,als sie von ihrem Mann verlassen wird,ihre Kinder im Fluss ertränkt und seither um diese weinen muß.


    Eure Mozartinaa

    " Das Österreichisch klingt wie ein einzig großer Topfenknödel "......Zitat aus der Krimiserie "Bella Block"

  • Ich habe auch schon gestern morgen bei Wikipedia von Philip Langridges Tod gelesen und war sehr betroffen. Ich habe Langridge nie auf der Bühne erlebt, ich kenne ihn von der CD als Mozart-Sänger und er hat mir immer sher imponiert. Die Stimme wear nicht wirklich schön und kein Bisschen "sexy", aber was Langridge mit seiner musikalischen Intelligenz und seinem Stilempfinden mit dieser Stimme gemacht hat, war wirklich bewundernswert.
    Ich habe gestern gelesen, was Fischer in seinem Buch über "Große Stimmen" über den Engländer schreibt. Er hebt vor allem seine Britten- und Janacek-Interpretationen hervor, die ich leider nicht kenne, und lobt Langridge als "glänzende Begabung", "hervorragenden Künstler" und bedauert, dass die Schallplattenproduzenten das Potential dieses Sängers, den er "auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn" sah (das Buch stammt vom Anfang der 1990er), noch nicht genügend ausgenutzt hätten. Verheiratet war Langridge übrigens mit der zehn Jahre jüngeren Mezzosopranistin Ann Murray.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • :wink:


    "When I am dead, just go on playing my records" (Jimi Hendrix). In diesem Sinne meine besondere Empfehlung aus Philip Langridges Schaffen, die Madwoman in Brittens "Curlew River", das aus seiner Beschäftigung mit dem japanischen No Theater entstanden ist. Eine wunderbare, sehr eindringliche Aufnahme:



    Gruß, Frank

  • RE: Lhasa De Sela

    Hallo Mozartinaa,


    Lhasa De Sela kannte ich nicht, klingt aber wirklich interessant, - tolle Stimme und musikalisch etwas quer, das ist was für mich.Trauriges Schicksal, aber dann muß ich mich wohl auch danach richten:


    "When I am dead, just go on playing my records" (Jimi Hendrix).


    Drei CDs von Lhasa De Sela habe ich gerade günstig geordert.


    :wink: Matthias

  • Lhasa De Sela kannte ich nicht, klingt aber wirklich interessant, - tolle Stimme und musikalisch etwas quer, das ist was für mich.




    Lieber Matthias,


    bei deiner Antwort muss ich jetzt freudig schmunzeln[Blockierte Grafik: http://www.smileygarden.de/smilie/Schleifchen-Girls/smilie_girl_120.gif].


    Freudig,weil ich mich gefreut habe,dass mein Nachwort für Lhasa ein Echo gefunden hat und schmunzeln,weil ich mir gedacht habe, dass, sollte irgendjemanden diese Musik ansprechen, es der liebe Matthias sein könnte.


    Schön,dass dir Lhasa gefällt und ihre Musik posthum in deiner Sammlung einen Platz bekommen wird.


    Mit lieben Grüßen Mozartinaa

    " Das Österreichisch klingt wie ein einzig großer Topfenknödel "......Zitat aus der Krimiserie "Bella Block"

  • Liebe Mozartinaa,


    das war aber auch ein schöner Nachruf, der ihre Stimme und ihre Musik, soweit ich es von den Schnipseln bislang beurteilen kann, sehr gut charakterisiert. Nun bin ich jedenfalls gespannt.


    :wink: Matthias

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