Nachdem ich am Freitag im hiesigen Nationaltheater einen überraschenderweise ganz ordentlichen Maskenball genießen durfte, habe ich zuhause mal geschaut, was das Regal denn so an Maskenbällen hergibt. Noch gar nicht gehört hatte ich diese Aufnahme:
Das habe ich dann schnell nachgeholt. Das Ensemble ist ja geradezu verschwenderisch - zwar stand Ruggero Raimondi Ende der 70er Jahre noch eher am Beginn einer großen Karriere, eine luxuriöse Besetzung für den Samuel war er aber schon damals.
Der Star ist natürlich Domingo - für mein Empfinden war das damals seine beste Zeit. Hervorragende Phrasierung, Spitzentöne, die natürlich und nicht ertrotzt wirken wie später oft, und ein großes Melos, was insbesondere im Duett mit Amelia Wunder wirkt.
Der Renato des Renato Bruson ist gewohnt elegant, aber er hat mir in dieser Partie ein bißchen zu wenig Dämonie, gerade in der Verschwörungsszene - da hätte ich auch lieber etwas kernigere Tiefe gehabt, aber das ist ein lediglich geschmackliches Detail, das der sehr guten Gesamtleistung des Sängers keinen Abbruch tut.
Katia Ricciarelli war eigentlich eine ideale Amelia - sie wirkt immer ein klein wenig abwesend, wie in einer anderen (Vorstellungs)welt: anders kann der ganze Schlamassel, in den sie alle Beteiligten bringt, ja auch gar nicht entstehen. Wo sie dann leidend seuzend singen kann, klingt sie am besten.
Nicht zufrieden bin ich mit der Leistung von Elena Obraztsova. Sie findet für jeden Ton eine andere, meist häßliche, Farbe, und legt so viel glucksende Wucht in ihren Vortrag, daß es bestenfalls unkultiviert wirkt. Stimmliche Gewalt und Durchschlagskraft hat sie zweifelsohne, und auf der Bühne mag das mit einer soliden schauspielerischen Leistung gepaart auch angehen, aber die Aufnahme wird durch ihre Eigenheiten nicht verbessert.
Was bleibt, ist der Oscar von Edita Gruberova - was soll man sagen? Makellos wie immer, aber das Spitzbübische, was auch zu dieser Figur gehört, finde ich bei ihrer gesanglichen Darstellung eher nicht.
Abbado und Chor und Orchester der Scala muszieren so engagiert und kundig, wie es dieses an großer musikalischer Schönheit so reiche Stück verdient.
Fazit: eine wertvolle Ergänzung der Maskenball-Sammlung.
Morgen werde ich mir die DVD aus Covent Garden anschauen, mit einer etwas anderen Besetzung.
Grüße!
Honoria.