Operntelegramm Saison 21/22

  • Das ist keineswegs überzeugend. Das eine ist die schlichte Beschreibung dessen, was auf der Bühne passiert (Flasche auf den Kopf), das andere ist die Meinung des Kritikers, der sich das Publikum in weiten Teilen nicht angeschlossen hat.

    Zitat:

    "Um es vorwegzunehmen, ganz am Ende des fast sechsstündigen Opernabends wird das Inszenierungsteam Jossi Wieler, Anna Viebrock und Sergio Morabito massiv ausgebuht."

    Definitiv mehr Leute als ein Kritiker.

    Im Übrigen erklärt er weiter, und zählt dabei auf, was seiner Meinung nach alles "dramaturgisch stimmig" ist (das mag ja sein), was allerdings keineswegs heißt, daß der Plot auch nur halbwegs entlang des Librettos erzählt wird. Das wird er dieser Beschreibung nach nämlich nicht.

  • ...., was allerdings keineswegs heißt, daß der Plot auch nur halbwegs entlang des Librettos erzählt wird. Das wird er dieser Beschreibung nach nämlich nicht.

    Du tätest Deiner Sache einen Gefallen, wenn Du nicht so übertreiben würdest: "auch nur halbwegs". Du meinst also wirklich, dass mehr als 50% des Librettos geändert wurden? Und das willst Du auch noch aus dieser mMn sprachlich Regenbogenpressemässigen Kritik erkennen? Und was ist ausserdem mit der Aussage dazu von diskursprodukt oben? Er kritisierte nur das Ende. Er ist aber dagewesen, im Gegensatz zu Dir. Nur so anbei.

    Und falls dein "halbwegs" nur ein rhetorisches Mittel war, dann hast du so gut wie nichts ausgesagt, ausser dass du aus einer Kritik entnimmst, dass die Inszenierung etwas macht, was dir nicht gefällt. Das wissen wir aber doch schon von Dir.

    Und das hier

    Um das mal festzuhalten: "werktreu" muß es für mich gar nicht sein, ich bin schon mit "werkgerecht" zufrieden

    ändert nichts. Alle Argumente, welche man für oder gegen die sinnvolle Verwendung des Wortes "werktreu" anbringen kann, sind ebenso gültig für "werkgerecht".

  • Alle Argumente, welche man für oder gegen die sinnvolle Verwendung des Wortes "werktreu" anbringen kann, sind ebenso gültig für "werkgerecht".

    Keineswegs. "Werktreu" ist die Umsetzung des Stücks exakt in Ort, Zeit und den historischen Personen (so es welche gibt) der Handlung. "Werkgerecht" sollte zumindest die Intentionen des Komponisten wiedergeben. Ich dachte eigentlich, daß Dir das bewußt ist.

    dass mehr als 50% des Librettos geändert wurden?

    Nein, der Text des Librettos wurde natürlich nicht geändert. Aber das "halbwegs" erklärt sich schon allein durch die Zeitversetzung, die - IMHO! - gerade bei den "Meistersingern" keinen Sinn macht. Das wurde ja auch durch unsere Diskussion ziemlich deutlich.

    Es ging mir darum, aufzuzeigen, daß man bei Kritikern unterscheiden muß zwischen der unvoreingenommen Beschreibung dessen, was auf der Bühne passiert und ihrer persönlichen Meinung über das, was passiert.

    Das erste nehme ich als gegeben zur Kenntnis, dem anderen muß ich mich nicht anschließen. Ich hoffe, ich habe mich jetzt klar ausgedrückt.

  • Nein, der Text des Librettos wurde natürlich nicht geändert.

    danke.

    Es ging mir darum, aufzuzeigen, daß man bei Kritikern unterscheiden muß zwischen der unvoreingenommen Beschreibung dessen, was auf der Bühne passiert und ihrer persönlichen Meinung über das, was passiert.

    Das könntest Du auch mal versuchen, finde ich. Dafür müsstest Du allerdings hingehen.

    Alle Argumente, welche man für oder gegen die sinnvolle Verwendung des Wortes "werktreu" anbringen kann, sind ebenso gültig für "werkgerecht".

    Keineswegs. "Werktreu" ist die Umsetzung des Stücks exakt in Ort, Zeit und den historischen Personen (so es welche gibt) der Handlung. "Werkgerecht" sollte zumindest die Intentionen des Komponisten wiedergeben. Ich dachte eigentlich, daß Dir das bewußt ist.

    Mir ist nur bewusst, dass Du das so definierst.

    Erstens stimme ich aber diesen einfach gestrickten Definitionen nicht zu, zweitens beachtest Du mMn dabei nicht, dass es auch nach deinen Definitionen eine Schnittmenge gibt, und drittens kannst Du uns ja weder das eine noch das andere am Werk aufzeigen. Will sagen, mit Argumenten, denen wir zustimmen müssten, weil sie unwiderlegbar sind. Hast du zwar probiert, ist aber nicht gelungen.

    Wie ist das mit HIP für Dich? Ist eine Mozart Klaviersonate auf einem modernen Klavier mit moderner Stimmung, moderner Pedalanwendung, modernem Legato noch werktreu? werkgerecht? Wie stehst Du dazu?

  • Aber das "halbwegs" erklärt sich schon allein durch die Zeitversetzung, die - IMHO! - gerade bei den "Meistersingern" keinen Sinn macht. Das wurde ja auch durch unsere Diskussion ziemlich deutlich.

    Deutlich wurde vor allem, dass Du fälschlicherweise der Meinung bist, die Meistersinger würden im Mittelalter spielen :megalol:,

  • Deutlich wurde vor allem, dass Du fälschlicherweise der Meinung bist, die Meistersinger würden im Mittelalter spielen

    Schon wieder mal falsch. Ich schrieb im "ausgehenden Mittelalter". Und das ist keineswegs falsch. Sie spielen genau in der Reformationszeit. Vielleicht kannst Du ja einordnen, wann das war.

    Du scheinst der Meinung zu sein, daß die Renaissance, die aus Italien kam, sich schlagartig von einem Tag auf den anderen in Deutschland verbreitet hat.

    Und ich würde Dich jetzt wirklich sehr bitten, endlich mit Deinen falschen Aussagen und Unterstellungen aufzuhören!

  • Das könntest Du auch mal versuchen, finde ich.

    Was soll ich versuchen?

    Dafür müsstest Du allerdings hingehen.

    Zum Masochisten bin ich nicht geeignet.

    Mir ist nur bewusst, dass Du das so definierst.

    Dann bin ich gespannt auf DEINE Definition. Aber Du wirfst ja einfach so beides in einen Topf. Sehr schlicht.

    Wie ist das mit HIP für Dich?

    Das ist ein völlig anderes Thema, auf das ich mich hier nicht einlasse.

  • Schon wieder mal falsch. Ich schrieb im "ausgehenden Mittelalter". Und das ist keineswegs falsch. Sie spielen genau in der Reformationszeit. Vielleicht kannst Du ja einordnen, wann das war.

    Du scheinst der Meinung zu sein, daß die Renaissance, die aus Italien kam, sich schlagartig von einem Tag auf den anderen in Deutschland verbreitet hat.


    Und ich würde Dich jetzt wirklich sehr bitten, endlich mit Deinen falschen Aussagen und Unterstellungen aufzuhören!

    Abgesehen davon, dass auch das "ausgehende Mittelalter" zum Mittelalter gehört, bleibt die Tatsache, dass die Meistersinger sogar ziemlich spät in der Renaissance spielen. Die ist vor allem definiert durch ein neues Menschen-, Gottes- und Weltbild, ohne das weder die Reformation noch Renaissance-Malerei und -Musik denkbar wären, und natürlich auch nicht die Dichtungen z.B. von Hans Sachs. Du kannst es drehen und wenden, wie Du willst: Das alles gehört nicht ins "Mittelalter", auch nicht ins "ausgehende". Sieh einfach ein, dass Du Dich geirrt hast, alles andere macht die Sache nur noch schlimmer.

  • dass die Meistersinger sogar ziemlich spät in der Renaissance spielen.

    Was für ein Unsinn. Wir sprechen von Nürnberg und nicht von der ital. Frührenaissance.

    Für mich ist mal wieder Ende der Durchsage.

  • Wir sprechen von Nürnberg

    Nein, wir sprechen von einem von Wagner ersonnenen utopischen Ort gleichen Namens, der mit dem historischen Nürnberg nicht mehr zu tun hat als "Aida" mit dem alten Ägypten. Ich dachte, das sei allgemein bekannt. Die Utopie besteht z.B. darin, dass Standesunterschiede gerade keine Rolle spielen (wegen Deiner selbst erklärten Textkenntnis brauche ich Dir sicher nicht zu sagen, wo das ausdrücklich ausgesprochen wird).

  • Interessanter Artikel:

    Zitat:

    "Darüber, dass Missgunst, Schadenfreude, ja Quälsucht ihren Teil an der ernsten Handlung der Bewährung einer wider Regeln und Standesunterschiede antretenden Liebe (zwischen Walther und Eva) haben, wird sich niemand Illusionen machen:"

    Sind die «Meistersinger» suspekt? | NZZ
    Richard Wagners «Meistersinger von Nürnberg» sollten als einziges Werk ursprünglich eine «komische Oper» werden. Sie wurden durch den Nationalsozialismus…
    www.nzz.ch
  • Interessanter Artikel:

    Zitat:

    "Darüber, dass Missgunst, Schadenfreude, ja Quälsucht ihren Teil an der ernsten Handlung der Bewährung einer wider Regeln und Standesunterschiede antretenden Liebe (zwischen Walther und Eva) haben, wird sich niemand Illusionen machen:"

    Du kennst doch angeblich den Text so gut: An welcher Stelle wird gesagt, dass der Standesunterschied zwischen Walther und Eva ein Problem für ihre Liebe sei?

  • dass die Meistersinger sogar ziemlich spät in der Renaissance spielen.

    Was für ein Unsinn. Wir sprechen von Nürnberg und nicht von der ital. Frührenaissance.

    Übrigens ist im Stück (wie Du sicherlich weißt) ja ausdrücklich von Albrecht Dürer die Rede, der gemeinhin als einer der herausragenden Maler der Renaissance gilt. Er war über zwanzig Jahre älter als Hans Sachs und starb 1528, während jener bis 1576 lebte. Als Kern der Renaissance gelten das 15. und 16. Jahrhundert, womit Sachs also wie gesagt schon ziemlich spät dran ist. Wenn Du ihn (und Dürer) statt dessen noch zur Gotik rechnest, widersprichst Du nicht nur einer ganzen Armada von Kunsthistorikern sondern lässt die Renaissance auch noch auf eine Epoche von gut 20 Jahren schrumpfen.

    Was für ein Unsinn.

    Einmal editiert, zuletzt von ChKöhn (3. Juli 2022 um 20:25)

  • An anderer Stelle habe ich bereits gesagt, daß man zwische Kunst und Lebensstil unterscheiden muß. Dafür sind die Kunsthistoriker nicht zuständig.

    Die gängige Lesart ist, daß das Mittelalter mindestens bis zur Entdeckung Amerikas reicht.

    Und dann war es ein langsamer Prozeß.

  • An welcher Stelle wird gesagt, dass der Standesunterschied zwischen Walther und Eva ein Problem für ihre Liebe sei?

    Das braucht nicht explizit gesagt zu werden. Standesunterschiede waren zu der Zeit definitiv vorhanden. Das ist so.

  • Die Tatsache, das sich so kurz vor Saisonende die Anzahl der Einträge in diesem Thread binnen 24 Stunden verdoppelt hat - ohne dass es weitere persönliche Rezeptionsperspektiven auf die Berliner Meistersinger gegeben hätte -, zeigt leider, dass die Rauflust in diesem Forum deutlich ausgeprägter ist als die Lust sich über kulturelle Erfahrungen auszutauschen. Vielleicht klappt das ja in der kommenden Saison besser…

    ...auf Pfaden, die kein Sünder findet...

  • Die gängige Lesart ist, daß das Mittelalter mindestens bis zur Entdeckung Amerikas reicht.

    Mal angenommen, dass das so wäre: Dann wäre Hans Sachs zwei Jahre nach dem Ende des Mittelalters geboren. Du hast Dir ein weiteres Mal gekonnt ins Knie geschossen...

    Standesunterschiede waren zu der Zeit definitiv vorhanden. Das ist so.

    Hast Du immer noch nicht die Stellen gefunden, an denen in den Meistersingern exakt das Gegenteil gesagt wird?

  • Die Tatsache, das sich so kurz vor Saisonende die Anzahl der Einträge in diesem Thread binnen 24 Stunden verdoppelt hat - ohne dass es weitere persönliche Rezeptionsperspektiven auf die Berliner Meistersinger gegeben hätte -, zeigt leider, dass die Rauflust in diesem Forum deutlich ausgeprägter ist als die Lust sich über kulturelle Erfahrungen auszutauschen. Vielleicht klappt das ja in der kommenden Saison besser…

    Ja, das wäre schön. Allerdings bin ich da nicht allzu zuversichtlich. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Allerdings bin ich da nicht allzu zuversichtlich. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

    Mein Brägen ist arglos und glaubt weiterhin an das Gute im Menschen. => lasst uns diese unterhaltsame MS-Debatte nicht als "Rauflust" sondern vielmehr als Gestalt lebendiger Auseinandersetzung reinziehn :jaja1: :jaja1: und eigene Ergänzungen hinzufügen.

    ohne dass es weitere persönliche Rezeptionsperspektiven auf die Berliner Meistersinger gegeben hätte

    Hm. Falls momentane Diskutanten nicht - wie du - die DOB-MS-Produktion sich reingezogen haben, dann stünden derlei Einträge durchaus in RT-Talk-Tradition; die auch in einem anderem Forum gepflegt wird Grins1 . Folglich käme Verschiebung derselben in RT-Talk-Thread konsequent rüber....

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Mal angenommen, dass das so wäre: Dann wäre Hans Sachs zwei Jahre nach dem Ende des Mittelalters geboren. Du hast Dir ein weiteres Mal gekonnt ins Knie geschossen...

    Nein. Du scheinst zu glauben, daß solche Entwicklungen von heute auf morgen geschehen. Darum ja ausgehendes Mittelalter. Das sind lange Prozesse.

    Hast Du immer noch nicht die Stellen gefunden, an denen in den Meistersingern exakt das Gegenteil gesagt wird?

    Nein. Ich habe auch nicht gesucht. In Erinnerung ist mir das "exakte Gegenteil" nicht.

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