Man kann auf jeden Fall noch 'besser' werden! Braucht mehr Übung als in jungen Jahren, ist aber möglich. Und vor allem sollte man es vielleicht einfach für möglich halten ...
Die Frage ist, was man für möglich hält: Ich erinnere mich an eine Diskussion, bei der vor etlichen Jahren (im Usenet) jemand fragte, ob es möglich wäre, im mittleren Erwachsenenalter ohne jede Vorbildung mit dem Klavierspielen zu beginnen und es soweit zu bringen, dass man die g-Moll-Ballade von Chopin auf angemessenem Niveau spielen könne. Ich war (und bin) davon überzeugt, dass das praktisch unmöglich ist, und wurde daraufhin übel beschimpft. Allerdings nur von Leuten, die selbst weder professionell Klavier spielten noch ein einziges Beispiel nennen konnten, wo so etwas schon einmal gelungen wäre. Wenn man eine solche Frage wahrheitsgemäß beantwortet, heißt das natürlich nicht (wie mir damals unterstellt wurde) "Vergiss es, wird eh nichts", sondern es beugt falschen Erwartungen und in der Folge höchstwahrscheinlichen Enttäuschungen vor. Das ist ja auf anderen Gebieten genauso: Wer z.B. mit 50 zum ersten Mal auf die Idee kommt, Sport zu treiben und anfängt zu Joggen, dann ein kluges Trainingsprogramm konsequent absolviert, kann vielleicht ein paar Jahre später beim Berlin-Marathon mitlaufen. Er wird aber keine Olympia-Norm mehr schaffen, nicht wahrscheinlich, nicht höchstwahrscheinlich sondern mit absoluter Sicherheit nicht. Beim Sport sieht das jeder ein, beim Musizieren glauben viele immer noch an den Satz "Man kann alles schaffen, was man nur will." Nein, das kann man nicht. Dieser Satz ist nicht nur falsch sondern auch menschenverachtend, denn er schiebt bei unrealistisch hohen Zielen die Schuld für das dann unvermeidlich folgende Scheitern dem Einzelnen zu und erklärt ihn indirekt zum Versager. Dabei kann man (wie Schopenhauer so schön gesagt hat) nicht einmal wollen, was man will. Ich habe schon vielen erwachsenen Laien Klavierunterricht gegeben, die mit großer Begeisterung und immensem Einsatz zur Sache gingen und dabei natürlich schöne Fortschritte erzielten, aber vor allem sich selbst bereichert fühlten. Das ist wunderbar, aber sie sollten nicht auf die Idee kommen, die Wanderer-Fantasie spielen zu wollen....
sicherlich wird man auch mit viel Üben und Talent im Alter kein Horowitz oder Oistrach. Aber dennoch kann man es (prinzipiell) mit Ehrgeiz und Fleiß noch zu einem respektablen Hobbymusiker bringen.
Genauso ist es, und wenn man sich damit begnügt, ist das auch sehr schön. Ich habe sogar ein paarmal bei einem Kammermusikkurs für Laienmusiker mitgemacht, die dann mit uns Profis gemeinsam Klaviertrios oder Cello-Sonaten gespielt haben. Das war sehr beeindruckend, sogar bewegend - und sehr unsauber .