"Schützen" bedeutete auf kulturellem Gebiet bis gestern hauptsächlich, "nicht kaputt machen" (wie die Buddha-Statuen), "nicht verbieten" (wie häufig Sprachen von regionalen Minderheiten), nicht aber das Verbot des Nachmachens.
Irgendwie scheint mir da eine fragwürdige Übertragung vorzuliegen, von dem "geistigen Eigentum", das vor Plagiat zu schützen ist, auf etwas, das eigentlich immer als Gemeingut verstanden wurde, bei dem jedenfalls überhaupt nicht klar ist, inwiefern das Original oder sein "Besitzer" (wenn denn jemand ein höheres Recht auf einen Musik- oder Kleidungsstil haben kann) leidet, wenn man es kopiert.
Wenn jemand ein Buch kopiert, kann der Autor weniger davon verkaufen.
Aber wenn A die gleiche Frisur oder Kleidung trägt wie B, aber keiner damit irgendwie Geld verdient (wie ein Modeschöpfer) und A dem B nicht die Kleidung geklaut, sondern eben selber nachgeschneidert hat, ist schwer zu sehen, inwiefern B geschädigt worden sein sollte. Sollte B nicht froh über seinen Trendsetter-Einfluss sein?
Wenn die gesellschaftliche Situation so ist, dass A dem B seine Kleidung/Frisur/Musik dann verbieten kann, nachdem A sie nachgeahmt hat, dann könnte man von ungerechter Aneignung sprechen. Die Ungerechtigkeit besteht dann aber nicht in dem Kopieren, sondern in einem mutmaßlich ungerechtfertigten Machtgefälle zwischen A und B und einem ziemlich sicher ungerechten Verbot gegen B. Ich will nicht ausschließen, dass es historisch solche Situationen gegeben haben mag. Dann war aber das, was als "kulturelle Aneigung" bezeichnet wird, wohl das geringste Problem des B oder seiner Gruppe...