Keine Ahnung zu "Doc Martens"
Ein klassischer Fall wäre Currentzis: linker Künstler mit Doc Martens.
Keine Ahnung zu "Doc Martens"
Ein klassischer Fall wäre Currentzis: linker Künstler mit Doc Martens.
Ich habe jetzt in den wikipedia-Eintrag geschaut und habe so schnell nicht herausgefunden, was Du meinen könntest. Dass Currentzis sich bei Skinheads anbiedern will, wird's ja nicht sein.
Dass bedeutet aber, dass Mehrheitskulturen frei von vielen Fremdeinflüssen bleiben müssen, nämlich von all jenen, die von Minderheiten eingebracht werden. Die weiße Mehrheitskultur als unantastbarer Monolith - der feuchte Traum der AfDler wird Realität. Nur dass dieses Konstrukt in diesem Fall gar nicht von der AfD stammt, sondern aus einer vermeintlich progressiv eingestellten linken Ecke.
Genau das ist mein Problem mit dem gesamten "Kulturelle Aneignung"-Diskurs. Der ist einfach seinem Wesen nach identitär und rechts, egal, wer ihn führt.
Liebe Grüße,
Areios
Ich habe jetzt in den wikipedia-Eintrag geschaut und habe so schnell nicht herausgefunden, was Du meinen könntest. Dass Currentzis sich bei Skinheads anbiedern will, wird's ja nicht sein.
Nein Doc Martens sind ursprünglich Arbeitsschuhe, u.a. für Fabrikarbeiter. Später wurden sie außerhalb dieses Benutzerkreises beliebt, u.a. bei Linken, um ihre Affinität zur "Arbeiterkalsse" zu demonstrieren.
Dass bedeutet aber, dass Mehrheitskulturen frei von vielen Fremdeinflüssen bleiben müssen, nämlich von all jenen, die von Minderheiten eingebracht werden. Die weiße Mehrheitskultur als unantastbarer Monolith - der feuchte Traum der AfDler wird Realität. Nur dass dieses Konstrukt in diesem Fall gar nicht von der AfD stammt, sondern aus einer vermeintlich progressiv eingestellten linken Ecke.
Genau das ist mein Problem mit dem gesamten "Kulturelle Aneignung"-Diskurs. Der ist einfach seinem Wesen nach identitär und rechts, egal, wer ihn führt.
Das würde ich so nicht unbedingt sagen, aber unabhängig vom Wesen des Diskurses wäre sein unweigerliches Ergebnis (wenn man den Befürwortern dieses Konzepts konsequent folgen würde) ein Zustand, der von der gesellschaftlichen Idealvorstellung einer rechtsidentitären Bewegung letztlich kaum noch zu unterscheiden wäre. Was nützen mir denn die besten Absichten, wenn sie dazu führen, dass ich damit die Wunschgesellschaft des Herrn Höcke schaffe?
LG
Genau das ist mein Problem mit dem gesamten "Kulturelle Aneignung"-Diskurs. Der ist einfach seinem Wesen nach identitär und rechts, egal, wer ihn führt.
Seufz.
Ich glaube, dass jedes Konzept, konsequent zu Ende gedacht, in die Scheiße führt.
Das würde ich so nicht unbedingt sagen, aber unabhängig vom Wesen des Diskurses wäre sein unweigerliches Ergebnis (wenn man den Befürwortern dieses Konzepts konsequent folgen würde) ein Zustand, der von der gesellschaftlichen Idealvorstellung einer rechtsidentitären Bewegung letztlich kaum noch zu unterscheiden wäre. Was nützen mir denn die besten Absichten, wenn sie dazu führen, dass ich damit die Wunschgesellschaft des Herrn Höcke schaffe?
Deswegen ergänzte Gurnemanz ja folgendes:
Alles anzeigenLieber Bustopher, lieber brunello,
mir scheint allerdings, daß Eure Beispiele das Thema verfehlen: Nach meinem Verständnis wird "kulturelle Aneignung" nicht generell kritisiert (und ist dann möglicherweise der kritische Punkt beim Konzertabbruch in Bern), sondern nur dann, wenn es um Machtverhältnisse geht, so wie es Wolfram zusammengefaßt hat:
Ich glaube, bei der 'kulturellen Aneignung' geht es doch v.a. darum, dass Ausdrucksmittel einstmals oder immer noch unterdrückter Minderheiten ihnen von ihren damaligen/heutigen Beherrschern 'entwendet' und nun einem anderen, oftmals rein modischem Zweck oder einem, der hauptsächlich der Unterhaltung dient, verändert werden. Dabei geht dann der ursprüngliche Gehalt, der oftmals Auflehnung, Widerstand etc. beinhaltete, vollständig verloren. Wichtig ist aber, dass immer ein soziales Gefälle zwischen 'Aneignern' und Unterdrückten besteht.
Fettung des letzten Satzes von mir. Mit der Ergänzung, daß ein solches "soziales Gefälle" nicht unbedingt real existieren muß, sondern auch nur angenommen werden kann. Was die Sache nicht einfacher macht...
Das hilft aber nichts, da wir ja (leider?) nicht unterdrückt sind/waren.
Das hilft aber nichts, da wir ja (leider?) nicht unterdrückt sind/waren.
Das heißt aber, dass die kulturelle Aneignung ein Machtgefälle aufweist, was nicht der Fall ist, wenn ein hierzulande lebender Jamaikaner einen Scheitel trägt.
Na und? Das Problem ist ja, dass wir dazu verdammt sind, unsere DEUTSCHE Kunst zu machen.
Na und? Das Problem ist ja, dass wir dazu verdammt sind, unsere DEUTSCHE Kunst zu machen.
Eine Runde Mitleid für die arme weiße Mehrheitsgesellschaft. Nichts darf man mehr...
Das hilft aber nichts, da wir ja (leider?) nicht unterdrückt sind/waren.
Das heißt aber, dass die kulturelle Aneignung ein Machtgefälle aufweist, was nicht der Fall ist, wenn ein hierzulande lebender Jamaikaner einen Scheitel trägt.
Das habe ich schon kapiert, das ändert aber überhaupt nichts an dem Problem, das ich formuliert habe. Ich bin mal so frei, mein eigenes Geschriebsel zu wiederholen (nachträgliche Hervorhebungen von mir):
Was bei der Aneignungs-Diskussion m. E. übersehen wird, ist die letztliche Konsequenz, wenn man die Sache zuende denkt.
Akzeptieren wir erstmal die Prämisse der Diskussion, also dass es unschicklich ist, sich bei Vorhandensein eines Machtgefälles als Mehrheit eine Minderheiten-Kultur ungefragt "anzueignen".
Wen könnte man denn um Erlaubnis fragen, ob das in Ordnung ist? Angenommen, ich möchte eine Funk-Band gründen: welche Vertretung der afroamerikanischen Gemeinschaft müsste ich kontaktieren und um Zustimmung bitten?
Derartige Mandatsträger, die die Aneignung gleichsam "absegnen", gibt es nicht. Also ist die logische Konsequenz, dass die Aneignung unterbleiben muss.
Dass bedeutet aber, dass Mehrheitskulturen frei von vielen Fremdeinflüssen bleiben müssen, nämlich von all jenen, die von Minderheiten eingebracht werden. Die weiße Mehrheitskultur als unantastbarer Monolith - der feuchte Traum der AfDler wird Realität. Nur dass dieses Konstrukt in diesem Fall gar nicht von der AfD stammt, sondern aus einer vermeintlich progressiv eingestellten linken Ecke.
LG
So wie ich das verstehe, darf man - zumindest bei der gemäßigteren Variante - sehr wohl andere Kunst machen. Im konkreten Beispiel ging es ja nicht um Reggae sondern um Haartracht. Weißer Reggae mit Rastalocken ist halt so wie wenn ein japanischer Chor, der hauptsächlich aus Buddhisten besteht, eine Motette im Mönchshabit singt. Allerdings gibt es da nicht die Komponente des Machtgefälles, weshalb das Beispiel nicht völlig passt.
Nehmen wir "The Sound of Music". Die USA sind schließlich der Gipfel der Macht, und sie machen ein Musical, in dem österreichische Kultur bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird, und verdienen viel Geld damit. Kratzt mich das? Nö, ich mag das Ding inzwischen.
Was bei der Aneignungs-Diskussion m. E. übersehen wird, ist die letztliche Konsequenz, wenn man die Sache zuende denkt.
Es ist gewissermaßen eine deutsche Unsitte, "Sachen zu Ende zu denken" und die Realität beiseite zu schieben
Das ganze kommt ja aus dem angelsächsischen Raum und da ist die reale Tauglichkeit immer von größerer Bedeutung. De facto werden diese Themen völlig an Bedeutung verlieren, wenn die jeweiligen Minderheiten entweder nicht mehr als solche angesehen werden oder absolut denselben Status besitzen wie die Mehrheitsbevölkerung. Und da hapert es gerade mit Schwarzen/African Americans noch gewaltig, auch wenn es jetzt viel besser ist als früher. Vor 60 Jahren waren diese Leute noch damit beschäftigt, sich im Bus dorthin setzen zu dürfen, wohin sie wollten. "Cultural appropriation" war da nicht einmal am Horizont zu sehen.
Nehmen wir "The Sound of Music". Die USA sind schließlich der Gipfel der Macht, und sie machen ein Musical, in dem österreichische Kultur bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird, und verdienen viel Geld damit. Kratzt mich das? Nö, ich mag das Ding inzwischen.
Ah, wir mussten also auf amerikanischen Baumwollplantagen Sklavenarbeit verrichten? Übrigens wurde "The Sound of Music" in Österreich bis vor Kurzem gar nicht rezipiert. Aus gutem Grund.
Du schriebst:
>>Allerdings gibt es da nicht die Komponente des Machtgefälles, weshalb das Beispiel nicht völlig passt.<<
Wenn es kein Machtgefälle zwischen den USA und Österreich gibt, hm ...
Und dass man das Musical in Österreich lange nicht mochte, weil es nicht so echt österreichisch darin zugeht wie im autochthonen Heimatfilm, finde ich eher kleinkariert.
Es geht doch nicht um die Größe der Länder! Da wäre ja auch gegenüber Japan ein Machtgefälle gegeben. Es geht um den geschichtlichen Kontext. Würden Japaner eine chinesische Oper aufführen, auf Japanisch aber in (pseudo-)chinesischen Gewändern, wären die Chinesen alles andere als erfreut. Oder eine wenn Japaner eine Serie machen würden, die im alten Korea spielt. Na, frage nicht!
Was bei der Aneignungs-Diskussion m. E. übersehen wird, ist die letztliche Konsequenz, wenn man die Sache zuende denkt.
Es ist gewissermaßen eine deutsche Unsitte, "Sachen zu Ende zu denken" und die Realität beiseite zu schieben
Merkwürdig. Ich dachte ja bisher, dass Nachdenken eine recht gute Methode sei, sich nicht nur mit der Realität auseinanderzusetzen, sondern auch möglichen negativen Entwicklungen der Zukunft zu begegnen (sagte nicht schon Adorno sinngemäß, dass Denken Aktion sei?).
Diese Haltung spiegelt sich übrigens auch im aktuell gerne verwendeten Begriff der "Nachhaltigkeit" wider. Man denkt über die aktuellen Bedürfnisse hinaus und versucht, zukünftige Konsequenzen des aktuellen Handelns zu reflektieren.
Ich kann Deine Belehrung aber natürlich gerne annehmen und berücksichtigen. Ich werde mich dann z. B. beim Kauf meines nächsten Autos vor allem mit der Realität befassen, dass ich es gerne bequem habe, und werde mir die besagte deutsche Unsitte verkneifen, die Sache zuende zu denken - also darf es gerne ein spritfressender SUV werden.
LG
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