Da der Thread "Rückgrat der Musikgeschichte" heißt und nicht "meine 5 Lieblinge" gehe ich jetzt nicht auf das Lieblingsmusiker-Thema ein.
Ingos Auswahl von Bach und Beethoven ist ja auch nicht nur eine zufällige auf persönliche Vorlieben zurückzuführende sondern ein Symptom unserer Musikgeschichts-Geschichte. Bach überschattet alles vor ihm (600 Jahre mehrstimmige Musik) und Beethoven alles nach ihm (200 Jahre "klassische" Musik), was weniger mit konkurrenzloser Genialität als mit dem, was im 19. Jahrhundert passiert ist, zu tun hat, also mit der Verklärung der Vergangenheit und dem Geniekult. Dass Bach aus dem Bereich "Alte Musik" und "kontrapunktische Künste" zum Idol wurde, ist nicht so verwunderlich, da er für seine Generation sehr untypisch war mit der Komplexität und Dichte seiner Musik ("schwülstig"/"überladen"), die anderen großen Kontrapunktiker aber einer Phase entstammen ohne Akzentstufentakt und Funktionsharmonik (Renaissancemusik), die zu entlegen war, um für die klassisch-romantische Epoche als Vorbild zu taugen. Beethoven wieder war für die nächsten Generationen der "Gigant", man stellte sich quasi gleich selbst in seinen Schatten.
Diese missliche Lage mit den 2 "Überschattern" hat sich leider nicht so ganz wieder korrigieren lassen, da Rezeptionsgeschichte auch nicht rückgängig zu machen ist. Allerdings bilden Bach und Beethoven somit kein Rückgrat sondern ein Scheuklappenpaar, wegen dieser zwei Komponisten sieht man die Musikgeschichte nicht mehr. Ein "Rückgrat" jener müsste wesentlich mehr Wirbel aufweisen, auch mehr als meine kleine Auflistung oben. Komponisten wie Telemann und Liszt müssten auch dort sitzen. Mit persönlichen Vorlieben (amfortas-Liste) hat das nichts zu tun.