'A fool, a fool, I met a fool i' th' forest.'
Oh ja, im Ardenner Wald, im 'forest of Arden' treiben sich eine Menge 'fools' herum. All die Verbannten, die mir nichts, dir nichts vom Hofe gejagt werden, damit sie dort, im Wald eben, landen und auch all die, die bereits dort leben und vielleicht sogar, in Gedanken natürlich, auch die Zuschauer, die Lust bekommen, in diesem Spiel um Liebe und Tollheit, frei aller städtischen Konventionen, schlichtweg mitzumachen.
Mitmachen in dieser Idylle, die dort vorgeführt wird. Da ist zunächst einmal der ehemalige Herzog, der von seinem Bruder vertrieben, mit einigen Genossen nun im Walde haust. Man jagt, man singt, man preist das einfache Leben und ab und an philosophiert man auch ein wenig. Dann die andere Gruppe um Rosalind, die Tochter eben dieses verbannten Herzogs, die nun auch von ihrem Onkel verjagt, zusammen mit Celia, ihrer Kusine und besten Freundin, als Mann verkleidet, es auch dorthin verschlägt. Aber auch Orlando hat einen bösen Verwandten, seinen Bruder, vor dem er mit einem alten Knecht fliehen muss und, oh Wunder, auch im Wald landet. Natürlich ist dieser nicht unbewohnt. Zwar hausen dort keine Räuber, aber halt 'Eingeborene', Menschen, die ihren Arbeiten nachgehen und durchaus auch ihren 'Trieben'. Was übrigens für die meisten der gesellschaftlich höher angesiedelten Flüchtlinge auch gilt.
Immerhin kann die Statistik vier Eheschließungen am Ende vermerken, dazu noch einen bekehrten bösen Bruder und einen Usurpator, der im Wald religiös geworden ist. Man frage nicht nach Psychologie oder Wahrscheinlichkeit der Handlung. Die gibt es eigentlich nicht und überhaupt bei der Frage nach einer Handlung fällt die Antwort auch recht schlicht aus. Im ersten Teil bringt Shakespeare einige Aktion auf die Bühne, die aber nur dazu dient, alle wichtigen Personen in den Wald zu kriegen. Dort findet dann nichts mehr statt an bühnentechnischen Knallern oder dramatischen Wendungen, einzig ein langes Verwirrspiel um Liebe und Identitäten, was schließlich in einem Happy End mündet, das teilweise schon recht über's Knie gebrochen ist. Es ist halt eine Pastorale, ein ländliches Schäferspiel.
Aber es wäre natürlich nicht Shakespeare, wenn es sich darin genügen würde. Da wo die Pastorale endet, in der Idylle, fängt es hier erst so richtig an.
All the world's a stage,
And all the men and women nearly players;
They have their exits and their entrances,
And one man in his time plays many parts,
His acts being seven ages
So beginnt der berühmte Monolog des Melancholikers Jacques, der zur Gruppe der zunächst Verbannten gehört. Die ganze Welt ist eine Bühne und natürlich auch der Ardenner Wald. Und sie spielen alle ihre Rollen und sie wechseln sie und sie huldigen dem Schein und sie glauben an ihn und wir mit ihnen. Es ist großes Theater auf dem Theater. Die Welt will belogen werden und sie wird es auch, weil alle die Lüge glauben, wir inklusive. Das edle, freie, unbeschwerte Leben im Walde - fiddlesticks. Am Ende können sie alle (bis auf Jacques) nicht schnell genug heraus- und erneut an den Hof kommen. Vier Heiraten, klar. Aber Touchstone hat schon vorher klar gemacht, warum er seine Audrey eigentlich nur haben will. Phebe nimmt ihren Silvius nur, weil sie Rosalind nicht kriegen kann. Celia und Oliver - ein Paar, das sich kaum kennt. Einzig Rosalind und Orlando repräsentieren die große romantische Liebe, aber wie sie selber sagt:
Men are April when they woo,
December when they wed.
Maids are May when they are maids,
But the sky changes when they are wives.
Es wird halt vorgeführt wie stets im Leben. Schein und Wahrheit, Betrug und Selbstbetrug, das Leben ist eine Bühne und die Bühne das ganze Leben. Alles vermischt sich, alles ist uneindeutig, alles falsch - und alles auch so wahr. Wer weiß das schon? Die Schwebe ist es, die dieses Stück so faszinierend macht. Und der Moment der wirklichen Wahrheit:
All the world's a stage....
Entstanden ist das Stück zwischen 1598 und 1600, allgemein wird 1599 angenommen. Die Erstveröffentlichung fand im Forst Folio von 1623 statt, wobei der Text wohl sehr genau ist und wenige Fehler aufweist.
Wolfram