Walldorff's Gedenkblätter

  • VOILA - überarbeitete Version der Kalenderblatt-Drittfassung...verkürzt, vereinfacht, verdichtet, w h a t e v e r

    < < - - aha so so - also quasi eine Viert-Version jetzt :neenee1: UND?? wie viele Versionen gibt es von Verdis 'Don Carlos' ?? Eben :pop:

    Let's start mit dem Stichtag erster Juli . . . mal seh'n ab wann ich heutig bin - - -


    ein paar Ergänzungen u. Erläuterungen folgen noch in den nä. Tagen


    05.07.1940 - Todestag von Carl Einstein


    Vom Impressionismus aus beginnt der fröhliche Aufruhr gegen das Klassizistische. Natur war als Parole ausgegeben. Üblicher Bilderfabrikation werden Wirklichkeit und atmosphärische Lockerung entgegengehalten. Das Heroentum aus moralischer Pappe und die staatlich geschützten Zeichenformeln wurden auf den Theaterspeicher verstaut. Man gab dem Objekt nach durch Anwendung biegsamer, schmiegsamer Mittel. und begann, was man als gegenwärtige ('untheoretische') Natur erspürte, in die Fläche zu fangen. In der Literatur löst man die Pose des Helden in Bewegtheit und innere Entwicklung, statt gefrorener Synthese der Charakterzeichnung - ausgedrückt in diktiertem Pathos - gibt man begründete Analyse, eine Aufreihung gleichsam seelischer Farbflecke. Die Dichter schmiegten das Versmaß dem inneren und äußeren Vorgang an


    Auch die Physik suchte (statt die festen Körper selbst zu definieren) beziehungsreiche Vorgänge - so wie der Impressionist die Arbeit des Lichts, nicht die Lichtform Rembrandts, die in Hell und Dunkel ausgewogen war. Man wollte das Sehen selbst greifen - und fand Beweglichkeiten, Zwischenstufen statt unableitbarer Form. Sehen ist nicht fertig Gegebenes - ein Umriß, ein Körper, eine Tönung -, Sehen entsteht im Licht. Der platonisierenden Ästhetik von ewiger, unabhängiger Form werden Eindrucksmoment und Erregung entgegengestellt.


    In der Behandlung des Gegenständlichen waren die Impressionisten Artisten wie der Dichter Mallarme. Für diesen ist bezeichnend, daß er das gegenständlich Komplexe ausschaltet zugunsten des artistischen Zusammenklangs der Bilder. Flaubert nahm seinen Menschen den pathetischen Akzent und benutzte sie lediglich als kompositorische Mittel - um einen fast deklamierten Sprachverlauf zu bauen, der seinen Menschen (gleichsam indifferent, nihilistisch fast) gruppierte. Die Impressionisten behandeln Menschen wie Stilleben auf das Dekorative hin. Der lichthaltige Farbenprozess ist der einzig Bewegte.


    Corot und Courbet hatten die Farbe ungeheuer elastisch gemacht, sie gelockert. Durch diese Leistung wurde die subjektive Malerei ermöglicht - neues Empfinden war aussprechbar, jegliche Formfrage farbig zu erfüllen. Festere Gestalt gewann der Impressionismus durch Renoir und Cezanne.


    Cezanne geht von Farbteilen aus und deren Modulation. Er beginnt mit Farbatomen. Farbkörperchen werden um Zentralpunkte gelagert. Cezanne steht diametral zu den alten Meistern - er hat kein Gesamtschauen zur Verfügung, das zu individualisieren, zu bekörpern wäre. Cezanne geht vom Farbteil zur Gesamtheit, von der Sensation zur Struktur - während ehedem die farbige Empfindung als letztes dem Aufbau eingefügt wurde. Er ist groß im Notieren der Sensation - die Komposition der Figurenbilder erscheint selten hinreichend verdichtet.


    Ich betone, in der Sensationsspur und deren Aufbau liegt das Abstrakte Cezannes, nicht im äußeren Kompositionsschema, das leichter faßbar ist. Ziel ist äußerste Fülle - Cezanne nannte das Verfahren realiser. Farbe war zur Voraussetzung erhoben - eine Eroberung, wie sie ähnlich sich in der Philosophie bildete, da man (an Stelle bestimmter, transzendent fester Vernunft) zuerst den Willen, dann die Empfindung zu entscheidenden Element auszeichnete.


    Van Gogh will mehr aussagen als die Epidermis des Motivs - geistige Auflösung, Verwandlung. Die Impressionisten hatten begonnen, das Drama in artistische Dynamik umzubilden: nur die farbige Beziehung hatte man vom Dramatischen erübrigt. Van Gogh versuchte, die artistische Gelassenheit durch Darstellung, durch das Drama, zu durchbrechen. Die Impressionisten hatten das Literarische aus dem Bild entfernt, van Gogh aber empfand diese Literatur als Menschliches, gleichzeitig als Mittel zum großen Bild. Er blieb ein Einzelfall mit solchem Versuch. Seine Technik jedoch finden wir als jugendlichen Beginn bei den Späteren, die sich dann schnell dem komplexeren Cezanne zuwandten.


    In den Briefen van Goghs findet man die Theoreme der Fauves und die Haltung der deutschen Expressionisten nahezu vorbestimmt.

    - Die genaue Farbe ist nicht das Wesentliche, das man suchen muß -

    - Man muß das Gesamte einer Landschaft fühlen, dies unterscheidet Cezanne von allen andern -

    - Bilder aus dem Kopf haben ein künstlerischeres Aussehen als die Stücke, die nach der Natur gearbeitet sind -

    - Die Malerei verspricht subtiler zu werden: mehr Musik und weniger Skulptur -

    - Man muß die Ehe zweier Liebender durch die Ehe zweier Komplementärfarben ausdrücken -

    - Ich versuche auszudrücken, daß das Kaffeehaus ein Ort ist, wo man verrückt ist und Verbrechen begehen kann -


    Mit diesen Sätzen ist die Kunst des Matisse fast festgelegt - der sich rasch die Technik der Neoimpressionisten aneignete. Ungemein wirkte die Ausstellung des Lebenswerks des Georges Seurat (verst. 1891), die 1905 neben einer umfassenden Schau der Arbeiten van Goghs (verst. 1890) gezeigt wurde. Seurats große Kompositionen mußten beeinflußen. Man stand vor bis ins kleinste beherrschte Arbeiten - unerschütterliche Heiterkeit, bezaubernd reine Ornamentik, so geschmeidig, daß man weiterdringende Gestaltung vergaß. Hier war Fläche subtil aufgeteilt, ohne daß sie von räumlich kontrastierenden Planen durchbrochen war. Einheit und Harmonie überredeten. ''Die Lebensfreude'' entstand 1905 - klug geregelte große Farbflächen, schwingendes Zusammenwirken sollte die große Gestalt gewahren. Nicht vom Licht komme das Heil, sondern aus der Farbe, die in sich Gesetz und Form trage.


    Es bleibt Ornamentik. Das Auge gleitet allzu spielend, ohne zu dichterer Raumempfindung angeregt zu sein. Die Körper binden sich nicht mir den Flächen. Man hat weggelassen, doch nicht erfunden. Matisse schrieb einmal ''Mein Traum ist eine Kunst voll Gleichgewicht, Ordnung und Ruhe'', und er vergleicht sie mit ''einem guten Lehnstuhl''. Seine Ordnung und Synthese sind allzu rasch fertig, da die entscheidenden Seherlebnisse einer bescheidenen Konzeption geopfert werden. // zit. v. archive.org

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    Werner Schneyder

    Fleiß ist gefährlich Henning Venske 'Inventur'

  • 12.07.1868 - Geburtstag von Stefan George


    (34) Mehr sprach er, doch mich zog von seinen Worten * Der hohe Turm und bannte mit Gewalt

    Den Blick aufs Feuer auf dem Gipfel dorten.

    (37) Drei Höllenfurien sah ich dort alsbald, * Die blutbefleckt, grad' aufgerichtet stunden

    Und Weibern gleich an Haltung und Gestalt,

    (40) Mit grünen Hydern statt des Gurts umbunden, * Mit kleinern Schlangen aber, wie mit Haar,

    Und Ottern rings die grausen Schläf umwunden.

    (43) Und jener, dem bekannt ihr Anblick war, * Der Sclavinnen der Fürsten ew'ger Plagen,

    Sprach ''Die Erinnyen nimm', die wilden, wahr''

    (49) Die Brust zerriß sich jede mit den Klau'n, * Und sie zerschlugen sich mit solchem Brüllen,

    Daß ich mich an den Dichter drängt' aus Grau'n.

    (52) ''Medusa's Haupt! auf, laßt es uns enthüllen,'' * Sie riefen*s, niederbückend, allzugleich

    ''Was wir versäumt an Theseus zu erfüllen.''

    (55) ''Wende dich um, die Augen schließe gleich! * Wenn sie bei Gorgo's Anblick offen ständen,

    Du kehrtest nimmer in des Tages Reich!''


    (58) Er sprach's und eilte, selbst mich umzuwenden * Verließ sich auch auf meine Hände nicht,

    Und schloß die Augen mir mit seinen Händen.

    (61) Ihr, die erhellt gesunden Geistes Licht, * Bemerkt die Lehre, die, vom Schlei'r umzogen,

    In sich verbirgt dies seltsame Gesicht.

    (64) Schon kam's inmitten jener trüben Wogen * Mit Dröhnen eines Donners voll von Graus,

    Erschütternd beide Ufer, hergezogen!

    (73) Die Augen löst er mir. ''Jetzt schau empor, * Dorthin, wo du den schärfsten Rauch entquellen

    Dem Schaume siehst auf diesem alten Moor.''

    (76) Wie Frösche, sich zerstreuend, durch die Wellen * Vor ihrem Feind, der Wasserschlange, fliehn,

    Bis sie am Strand in Schaaren sich gesellen,

    (79) So sah ich schnell, als Einer dort erschien, * Das Thor von den zerstörten Seelen leeren,

    Und ihn mit trochnem Fuß den Styx durchziehn.

    (85) Ich sah's, er sei vom Himmel hergesandt. * Zum Meister kehrt' ich mich, doch auf ein Zeichen,

    Neigt' ich mich schweigend, Jenem zugewandt. >dt. v. Carl Streckfuß, c.1779/1844; zit. wikisource.org<


    (34) Er sprach noch mehr . doch blieb mirs nicht im sinne . * Denn gänzlich ward mein blick hinaufgetragen

    Zum hohen turm mit der erglühten zinne.

    (37) Ich sah an gleicher stelle plötzlich ragen * Drei höllen-furien blutübergossen .

    Sie hatten weibes glieder und betragen.

    (40) Von schlangen tiefgrün waren sie umschlossen . * Vipern und nattern trugen sie statt haaren

    Die ihnen um die wilden schläfe schossen.

    (43) Und er der wohl bekannt war mit den scharen * Der königin von ewigen weinens orten:

    Sieh -- sprach er -- die Erinnyen . die furchtbaren!

    (49) Sie rissen ihre brust sich mit den klauen * Die hände schlagend mit so lautem schrein

    Dass ich mich an dem dichter barg vor grauen.

    (52) Medusa komm . wir machen ihn zu stein! * Mit Theseus gingen schlimm wir ins gerichte ..

    Schrieen sie . niederblickend im verein.

    (55) 'Dreh dich herum und hülle den gesichte! * Wenn sich die Gorgo zeigt und es sie schaute

    Dann gäb es keine rückkehr mehr zum lichte.'


    (58) Dies sprechend wandte mich Vergil und traute * So wenig dem was meine hand beginne

    Dass er noch mit der eignen mich verbaute.

    (61) O ihr mit dem besitz gesunder sinne * Gebt acht auf die belehrung die sich decke

    Unter dem sonderbaren vers-gespinne!

    (64) Es kam mit einem tone voll von schrecke * Schon ein getöse durch die stürmischen fluten

    Dass das gestad erbebt an jeder ecke.

    (73) Er löste mir die augen: Nun erhoben * Den blick! sprach er -- zum sumpf der immer dauert

    Dorthin wo rauch am stärksten steigt nach oben ...

    (76) Wie bei der Schlange nahn die auf sie lauert * Die frösche auf das wasser hin zerstieben

    Bis jeder auf dem lande niederkauert:

    (79) Sah ich an tausend seelen aufgetrieben * Vor Einem fliehn der auf den stygischen pfaden

    Hinschritt dass ihm die sohlen trocken blieben.

    (85) Ich wusste wohl das ihn der himmel lenke -- * Ich sah den Meister an und mich beschied er

    Dass schweigend ich das haupt vor Jenem senke. >dt. v. Stefan George; zit. v. projekt-gutenberg.org<


    (147) Ein Fieber ist die Lieb', und stets begehrt * Sie das, was ihres Uebels Mas muß füllen,

    Sie lebt von dem, was ihre Krankheit nährt, * Um nur den kranken Apetit zu stillen.

    Vernunft, der kluge Arzt bei Liebeswunden, * Erzürnt daß seine Vorschrift überschritten,

    Verließ mich, der's verzweifelnd nun empfunden: * Das bringt mir Tod, was jener nicht gelitten.


    Er ist von Sorg', ich bin von Hoffnung frei, * Der Ruh' beraubt, reicht Wahnsinn mir die Hand,

    Gedank' und Red' ist Fieberphantasei * Die schwärmend flieht vor Wahrheit und Verstand.

    Dann daß du rein, ich schwor's, wie Lichtgefunkel * Die schwarz wie Nacht ist, wie die Hölle dunkel.


    (154) Entschlummert war der kleine Gott der Liebe, * Zur Seit' ihm lag sein herzdurchglühnder Brand.

    Doch Nymphen, die entsagt dem heißen Triebe, * Sie schlüpften her, und von der reinen Hand

    Der Schönsten, ward die Fackel ihm entführt, * Die manch getreues Herz mit Gluth durchdrungen,

    Der König, der der Sehnsucht Reich regiert, * Ward schlafend von der Jungfrau Hand bezwungen.


    Sie löscht die Gluth im kühlsten Brunnen aus, * Dem Liebesflammen ew'ge Hitz' ertheilen,

    Ein Bad und hülfreich Mittel ward daraus, * Für Krank'. Auch ich kam her um mich zu heilen.

    Doch die Erfahrung nur hab' ich gewonnen: * Wasser durchglüht die Lieb', Lieb' löscht kein Bronnen.

    >dt. v. Dorothea Tieck, 1799/1841; zit. v. projekt-gutenberg.org<


    (147) Ich lebe wie ein fiebernder der meist * Das wünscht was seine krankheit unterhält-

    Der was das übel weiterführt verspeist * Und seiner matten kranken lust gefällt.

    Vernunft- die ärztin meiner liebe- war * Dem bös der sich nicht an die vorschrift kehrt-

    Verliess mich und mir tollem wird nun klar: * Die gier ist tod die arzenein verwehrt.


    Mich heilt nichts mehr- Vernunft hilft ja nicht mehr- * Mir wütig-toll mit immer mehr unrast - -

    Mein wort und plan gleicht dem des narren sehr: * Aufs gradwohl- fern von wahrheit- hohl gefasst.

    Ich schwor dich schön und hab dich licht gedacht * Und du bist wüst wie hölle schwarz wie nacht.


    (154) Der kleine liebesgott schlief auf der flur * Und bei ihm lag sein liebentflammender brand.

    Ein nymphen-heer das ständige keuschheit schwur * Kam trippelnd her . . . und mit der mädchenhand

    Ergriff des bundes schönste diese glut * Wovon viel scharen treuer herzen warm . .

    So ward der kommandant der brünstigen wut * Im schlaf entwehrt durch einer jungfrau arm.


    Sie löscht ihn in dem kühlen quell anbei * Den durch das feuer ewige hitze traf.

    Er ward zum bad und heilsamer arznei * Für kranke . . . doch ich meiner herrin sklav

    Kam her zur kur damit erwiesen bliebe: * Liebe heizt wasser -- wasser kühlt nicht liebe.

    >dt. v. Stefan George; zit. v. archive.org<

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  • 26.07.1882 - im Bayreuther Festspielhaus wird das 'Bühnenweihfestspiel' Parsifal uraufgeführt


    Karl Joseph Simrock - jüngster Sohn des Verlegers Nikolaus S. - war persönlich bekannt u. a. mit den Gebrüdern Grimm, mit Heinrich Heine und Alexander von Humboldt, und ist auf vielfältige Art und Weise publizistisch tätig gewesen. Seine Übertragung von Wolfram von Eschenbachs Versroman 'Parzival' erschien erstmals 1842. Jedem der sechzehn Kapitel ist eine Zusammenfassung in Prosa vorangestellt, aus denen i. F. einige wenige Passagen zitiert sind...


    (ii)(...)Dieß Turnier hatte die Königin Herzeleide ausgeschrieben, und dem Sieger ihre Hand verheißen. Gachmuret hält einen glänzenden Einzug und erregt die Bewunderung der Königin, deren stralende Schönheit auch ihn durchzuckt. Als Theilnehmer am Turnier werden ferner erwähnt der alte Britenkönig Utepandragon - dessen Sohn Artus schon drei Jahre seiner von dem Zauberer Klinschor entführten Mutter nachzieht -, Morhold von Irland und Riwalin, König von Lohneis, der Vater Tristans. Der Sieg bleibt Gachmuret. Traurig empfängt er gleichwohl die Königin Herzeleide, denn während des Kampfes hatte ihm seine Jugendgeliebte, deren Gemahl gestorben ist, ihre Hand antragen laßen. Am andern Morgen finden Schiedsrichter das Urtheil - Gachmuret dürfe Herzeleidens Hand nicht ausschlagen. Er unterwirft sich dem Spruch.


    Von Herzeleiden hatte er sich monatlich ein Turnier ausbedungen. Dieß war achtzehnmal geschehen, als er wieder über Meer fährt, um dem Baruch beizustehen, der von babylonischen Brüdern abermals überfallen ist. Herzeleide, die schwanger zurückgeblieben, wird eines Tages von einem Traume geängstigt, der ihr den Tod des Gemahls und zugleich ihres Kindes Schicksale vorbedeutet. Als sie erwacht, bringt Gachmurets Meisterknappe die Trauerbotschaft. Vierzehn Tage später gebiert sie die Blüte aller Ritterschaft.


    (iii)Ihren Kronen entsagend, hat Herzeleide sich in die Wüste von Soltane zurückgezogen, wo sie ihren Knaben in bäurischer Einfalt erzieht und ihn sorgfältig vor aller Kunde des Rittertums zu bewahren sucht. Doch schnitzt er sich Bogen und Bolzen und schießt nach den Vögeln, deren Tod er gleichwohl beweint, weil ihr Gesang ihm die Brust schwellt. Einst begegnen ihm auf seiner Jagd vier Ritter in glänzenden Rüstungen. Er hält sie für Engel; sie bescheiden ihn aber, daß sie nur Ritter seien, und weisen ihn, da er auch Ritter zu werden verlangt, zu König Artus. Seinem Verlangen dahin kann die Mutter nicht widerstehen; sie giebt ihm aber Lehren auf den Weg, die er allzuwörtlich befolgt. Sein Abschied bringt ihr den Tod.


    (v)Mit schnellem, ziellosem Ritt gelangt Parzival an einen See, wo er Fischer nach Herberge fragt. Der Eine - reichbekleidet, doch traurig - bescheidet ihn zu einer nahen Burg. Er reitet dahin. Ein Knappe läßt - als er hört, daß ihn der Fischer gesandt - die Zugbrücke nieder. Im Burghofe wächst Gras, ein Zeichen, daß hier fröhliche Ritterspiele selten begangen werden. So kommt er zu Gurnemans, dem Hauptmann der feinen höfischen Sittte.


    Im Saale findet er hundert Kronleuchter. Auf drei marmornen Feuerheerden brennt Aloeholz. Ein Knappe trägt eine bluttriefende Lanze durch den Saal, bei deren Anblick Alles in Jammer ausbricht. Sechs Jungfrauen, in Gläsern brennenden Balsam tragend, begleiten die in arabischen Pfellel gekleidete jungfräuliche Königin, Repanse de Schoie, von welcher der Gral sich tragen zu laßen würdigte. Diesen setzt sie auf einem grünen Achmardizeuge vor den König. Hundert Tische werden hereingetragen und gedeckt; hundert Knappen nehmen vor dem Gral Brot in weiße Tücher und vertheilen es auf die Tische. Von dem Gral kommt auch sonst Trank und Speise, was und so viel nur ein Jeder begehrt.


    Wohl bemerkt Parzival dieß Wunder, des Königs Schmerz und die allgemeine Trauer bei solchem Reichtum, aber er fragt auch dann nicht, als ihm der König ein kostbares Schwert schenkt und dabei seiner schweren Verwundung erwähnt. Als das Mal zu Ende geht, wird das Geräth wieder in gleicher Ordnung hinausgeschafft und die Königin und ihre Jungfrauen entfernen sich, wie sie gekommen waren. Parzival blickt ihnen nach und sieht durch die offene Thüre einen schönen schneeweißen Greis, Titurel, auf einem Spannbette ruhen. Vom Wirth entlassen, bringen ihn Ritter in ein kerzenhelles Schlafgemach.


    Spät erwacht, sieht er seine Rüstung vor dem Bette liegen. Er wappnet sich; sein Ross ist vor der Stiege angebunden, Schwert und Schild lehnt anbei. Niemand zeigt sich; nur Spuren in Gras und Thau. Gleich zieht ein Knappe die Brücke auf, schilt ihn eine Gans, daß er den Wirth nicht gefragt habe und schlägt das Thor vor ihm zu. Einer klagenden Frauenstimme folgend, findet er Sigune auf einer Linde den gebalsamten Leichnam des Geliebten in den Armen haltend. Von ihr erfährt er, welche Bewandtniss es mit dem geschenkten Schwerte hat - und daß er zu Monialväsche gewesen ist, wohin man nur unfreiwillig gelangen kann. Sie preist ihn über Alles glücklich; als sie aber hört, daß die Frage unterblieben ist, schilt sie ihn aufs Heftigste und will nicht mehr von ihm hören. Traurig reitet Parzival weiter.


    (ix)Die Aventüre übergeht Manches, Anderes deutet sie nur an. Es folgt eine neue Begegnung mit Sigunen, die jetzt im härenen Hemde eine Klause über dem Grabe des Geliebten bewohnt. In Betracht, daß er hart genug gestraft sei, verzeiht sie ihm die unterlaßene Frage - und räth ihm, Kondrieen nachzureiten, welche ihr alle Samstag Nacht Speise brächte und sie erst vor Kurzem verlaßen hätte. Parzival folgt der frischen Spur, hat sie aber verloren, als ein Gralsritter ihm Kampf bietet, weil er es gewagt habe, Monsalväsch so nahe zu reiten. (Dieser) wird besiegt, (dessen) Ross mit der Turteltaube am Buge - dem Wappen des Grals - besteigt Parzival statt des ihm erschlagenen.


    Lange Zeit darnach begegnet ihm ein grauer Ritter, der seine jährliche Buß- und Bittfahrt zu einem Einsiedel unternommen hat und es herzlich beklagt, daß - indem heute Karfreitag sei - Parzival im Harnisch die heilige Zeit nicht begehe. Darauf wird er reuig, gedenkt zum Erstenmal seines Schöpfers, und überläßt dem Ross die Zügel. Da bringt es ihn gen Fontain-sauvasche, wo Trevrezent als Einsiedel ein strenges Bußleben führt.


    Hier erfährt er die Märe von dem Gral, von dessen himmlischen Ursprung, von der Taube mit der Oblate, von der erscheinenden und verschwindenden Schrift u. s. w. Als Parzival ihn mit dem Wunsch unterbricht, durch die Schrift zum Gral benannt zu werden, warnt ihn der Einsiedel vor Hochfahrt am Beispiele des Anfortas, des Königs des Grals. Er erzählt von des letzten Verirrung im Minnedienst, seine Verwundung mit dem vergifteten Sper des Heiden, die vergeblichen Heilungsversuche - und wie zuletzt die Schrift am Gral einen Ritter gemeldet, dessen Frage Erlösung brächte, der aber dann keine Frage gethan habe. Parzival gesteht, daß er jener Ritter gewesen sei. Sein Oheim beklagt ihn, hofft aber, ihm werde noch Heil blühen, wenn er an Gott nicht mehr verzweifle. Darauf schildert er ihm, wie der Gral aus seiner Schar den herrenlosen Ländern heimlich Fürsten schicke, die Jungfrauen aber, wie Parzivals Mutter, öffentlich vermähle, und wie alle Gralsritter, außer dem Könige, Frauenminne verschwören müsten, eine Vorschrift, die auch er in seiner Jugend unbeachtet gelaßen, wie seine Erzählung ergiebt.


    Nach solchen und ähnlichen Gesprächen gehen sie zur Ruhe. Vierzehn Tage bleibt Parzival bei dem Einsiedel; beim Abschied ermahnt ihn dieser, Frauen und Priester zu ehren und spricht ihn frei von Sünden.


    (xv)Parzival begegnet einem heidnischen Ritter. An der Elsternfarbe seiner Haut erkennt er den Bruder, will ihn aber nicht dutzen, weil jener reicher und älter ist. Feirefiss war nach dem **Abendlande gezogen, um seinen Vater aufzusuchen, dessen Tod er erst durch Parzival erfährt. Mit diesem reitet er zu Artus, der sich erst von Feirefiss, dann auch von Parzival die Namen der Grafen, Herzöge und Könige nennen läßt, die sie bezwungen haben. Um Feirefiss in den Bund aufzunehmen, beschließt Artus auf den nächsten Tag ein Fest an der Tafelrunde. Ueber dem Mal bringt Kondrie la Sorziere die Botschaft, daß Parzival zum König des Grals ernannt sei und sein Sohn Loherangrein ihm in dieser Würde folgen solle. // **hier dürfte sich Simrock vertan haben (u. dass die Leute von 'projekt-gutenberg' resp. 'zeno' Flüchtigkeitsfehler pflichtschuldigst abtippen, ist ja nu auch nichts neues!): es sollte doch wohl ''Morgenlande'' heißen!!


    zit. v. projekt-gutenberg.org aus der sechsten Auflage (Verl. d. J. G. Cotta'schen Buchhandlung: Stuttgart 1883)

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    4 Mal editiert, zuletzt von wes.walldorff ()

  • 31.07.1886 - Todestag von Franz od. Ferenc(z) Liszt


    Ich sehe die Veröffentlichung der Gedanken und Gefühle unseres inneren Lebens als eines der Übel unserer Zeit an. Unter uns Künstlern herrscht der große Mißgriff, daß einer den andern auch in seiner Persönlichkeit beurtheilt. Indem wir uns vor dem Publikum gegenseitig seciren, führen wir es oft ziemlich brutal, meist aber unrichtig, in einen Theil unserer Existenz ein, der von aller Fragelust verschont bleiben sollte, wenigstens zu unseren Lebzeiten. Aus der Eitelkeit des Einzelnen anatomisch-psychologische Vorträge zum Besten der öffentlichen Neugierde zu halten - diese Art ist bei uns zur Gewohnheit geworden. Niemand hat mehr das Recht, sich zu beklagen, denn niemand schont mehr. Überdies läßt sich nicht verhehlen, daß die Meisten unter uns einer Veröffentlichung - sei sie lobend oder bekrittelnd - nicht böse sind: sie sehen ihren Namen wenigstens für ein paar Tage in Umlauf gesetzt.


    Zu diesen gehöre ich nicht. Wendet sich die Kritik an mich, den Künstler, so stimme ich ihr bei oder verwerfe sie - keinesfalls wird sie mich verwunden; will sie jedoch mich, den Menschen, beurtheilen, so bemächtigt sich meiner eine höchst gereizte Empfindlichkeit. Die Schläge meines Herzens sind noch zu heftig, als daß ich geduldig die Hand ertragen könnte, die sich darauf legt, um sie zu zählen. Was ich bewundere, hasse, hoffe - das hat so tief in meiner Seele seine Wurzeln, daß es schwer sein dürfte, es bloßzulegen. Oft versuchte man es in freundlicher Absicht - ich antwortete mit Stillschweigen.


    Das Jahrhundert ist krank, wir Alle sind krank mit ihm. Der arme Musiker hat noch die wenigst schwere Verantwortung; denn wer keinen Säbel und keine Feder führt, kann sich ohne zu große Gewissenbisse seiner geistigen Neugierde überlassen und sich nach allen Seiten hinwenden, wo das Licht ist. Wissen Sie, wer in diesem Moment meine ''Lieblings-Dadas'' sind? Es sind jene antiken Rosse von Bronze, jene traurigen Reisende, die so viele Gegenden und Gegenstände gesehen und dem Falle von vier Kaiserreichen beigewohnt haben. Sie sind auf ihre alten Plätze zurückgekehrt und die Sankt-Markusthore öffnen sich wie ehemals unter ihren Füßen. Welch seltsame Veränderungen haben während ihrer Abwesenheit stattgefunden! Wo ist der Doge, wo sind die ihm zum Gefolge dienenden Patrizier? Was ist das für ein Volk, das gleichgültig still unter den marmornen Vorhöfen, unter den Mosaikkuppeln dahinwandelt? Der Palast ist verlassen; der Platz ist öde; keine Freuden, keine Siegesrufe mehr; Größe, Ungerechtigkeit, Schrecken und Ruhm, alles ist in den Abgrund der Vergangenheit gerollt.


    Sind Sie jemals in Venedig gewesen? Haben Sie blasse Mondstrahlen fahle Lichter auf die Kuppel von Sankt-Markus werfen sehen? Haben Sie die schwere, dichte Luft geathmet, die Sie in ein unbegreifliches Dahinschmachten versenkt? Haben Sie das Gewicht der Jahrhunderte bis zum Erdrücken auf Ihrer Einbildungskraft liegen gefühlt? Und hat ihr Ohr, aufgeregt von der Todesstille, nach einem Geräusch gesucht - so wie das Auge nach Licht in der Finsterniß eines Kerkers? Ja - ohne Zweifel: dann werden Sie die höchste Poesie der Verlassenheit der Welt begreifen. Aber ich fürchte in die Ausdrucksweise eines sentimentalen Touristen zu fallen, was weder Ihre noch meine Sache ist.


    < < < F. L. an Heinrich Heine am 15.04.1838; zit. v. hhp.uni-trier.de

    Heinrich Heine am 20.04.1841; zit. v. zeno.org > > >


    Die Zahl der Konzertgeber während der diesjährigen Saison war Legion, und an mittelmäßigen Pianisten fehlte es nicht, die in öffentlichen Blättern als Mirakel gepriesen wurden. Die meisten sind junge Leute, die in bescheiden eigner Person jene Lobeserhebungen in die Presse fördern. Die Selbstvergötterungen dieser Art, die sogenannten Reklamen, bilden eine sehr ergötzliche Lektüre. Daß man hier in lauter Musik fast ersäuft, daß es in Paris fast kein einziges Haus gibt, wohin man sich wie in eine Arche retten kann vor dieser klingenden Sündflut, ist für mich ein bedenkliches Zeichen. Manchmal ergreift mich darob ein Mißmut, der bis zur murrsinnigsten Ungerechtigkeit gegen unsre großen Maestri ausartet.


    Liszt begegnet hier trotz seiner Genialität einer Opposition, die seinem Nebenbuhler, dem kaiserlichen Thalberg, den Lorbeer reicht - und meistens aus ernstlichen Musikern besteht. Alle Klavierspieler, die wir dieses Jahr in unzähligen Konzerten hörten, sind nur Klavierspieler, sie glänzen - mit Ausnahme dieses Chopin, des Raffaels des Fortepiano - durch die Fertigkeit, womit sie das besaitete Holz handhaben. Bei Liszt verschwindet das Klavier, und es offenbart sich die Musik. Mit diesem Vorzug verbindet er eine Ruhe, die wir früher an ihm vermißten. Spielte er damals z. B. ein Gewitter, sahen wir Blitze über sein eigenes Gesicht dahinzucken, und seine Haarzöpfe träuften gleichsam vom dargestellten Platzregen. Jetzt ragt er doch selber darüber empor, spielt er auch das stärkste Donnerwetter - wie der Reisende, der auf der Spitze einer Alpe steht, während es im Tal gewittert: die Blitze ringeln wie Schlangen zu seinen Füßen, das Haupt erhebt er lächelnd in den reinen Äther.


    Liszt hat bereits zwei Konzerte gegeben, worin er - gegen allen Gebrauch - ganz allein spielte. Jetzt bereitet er ein drittes Konzert zum Besten des Monuments von Beethoven. In der Tat muß dieser dem Geschmack eines Liszt am meisten zusagen. Namentlich Beethoven treibt die spiritualistische Kunst bis zu jener tönenden Agonie der Erscheinungswelt, die mich mit einem Grauen erfüllt, die ich nicht verhehlen mag - obgleich meine Freunde darüber den Kopf schütteln. Daß Beethoven am Ende seiner Tage taub ward, ist für mich ein sehr bedeutungsvoller Umstand. Sogar die unsichtbare Tonwelt hatte für ihn keine klingende Realität mehr - seine Töne waren nur noch Erinnerungen eines Tones, Gespenster verschollener Klänge.

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    2 Mal editiert, zuletzt von wes.walldorff ()

  • 08.08.1897 - Todestag von Jacob Burckhardt


    i. F. einige wenige Sätze aus seiner c. 450seitigen Studie Die Cultur der Renaissance in Italien - hier zitiert nach der Erstausgabe (Verl. Schweighauser: Basel 1860). // ...als kleine Orientierung die Sterbejahre von Wolfram von Eschenbach (um 1220), Franz von Assisi (1226), Dante Alighieri (1321), Francesco Petrarca (1374) und Giovanni Boccaccio (1375)!


    Italien und das ganze Abendland haben keinen zweiten Dante hervorgebracht, und so blieb er derjenige, welcher zuerst das Alterthum nachdrücklich in den Vordergrund des Culturlebens schob. In der Divina Commedia behandelt er die antike und die christliche Welt zwar nicht als gleichberechtigt, doch in beständiger Parallele; wie das frühere Mittelalter Typen und Antitypen aus Geschichten und Gestalten des alten und neuen Testamentes zusammengestellt hatte, so vereinigt er in der Regel ein christliches und ein heidnisches Beispiel derselben Thatsache. Man vergesse nicht, daß die christliche Phantasiewelt und Geschichte eine bekannte, die antike dagegen eine relativ unbekannte und aufregende war und daß sie in der allgemeinen Theilnahme nothwendig das Uebergewicht bekommen mußte, als kein Dante mehr das Gleichgewicht erzwang.


    Petrarca lebt jetzt als großer italienischer Dichter; bei seinen Zeitgenossen dagegen kam sein Ruhm in weit höherm Grade davon her, daß er das Altertum gleichsam in seiner Person repräsentirte, alle Gattungen der lateinischen Poesie nachahmte und Briefe schrieb, welche als Abhandlungen über einzelne Gegenstände des Alterthums einen für jene Zeit ohne Handbücher sehr erklärlichen Werth hatten. Boccaccio war 200 Jahre lag in ganz Europa berühmt - ehe man diesseits der Alpen viel von seinem Decamerone wußte - bloß um seiner mytho-, geo- und biographischen Sammelwerke in lateinscher Sprache willen. Eines derselben enthält einen Anhang, worin er die Stellung des jugendlichen Humanismus zu seinem Jahrhundert erörtert. Daß er immerfort nur von 'Poesie' spricht, darf nicht täuschen, denn bei näherm Zusehen wird man bemerken, daß er die ganze geistige Thätigkeit des Poeten-Philologen meint. Deren Feinde bekämpft er auf das Schärffste: die sophistischen Theologen, welchen Helicon und der Hain des Phöbus als bloße Thorheiten erscheinen, die goldgierigen Juristen, welche die Poesie für überflüssig halten insofern sie kein Geld verdient, endlich die Bettelmönche, die gern über Heidenthum und Immoralität Klage fuehren. Darauf folgt das Lob der Poesie, namentlich des tiefern, zumal allegorischen Sinnes.


    Auf der Höhe des Mittelalters um 1200 existirt ein völlig naiver Genuß der äußern Welt und giebt sich lebendig zu erkennen bei den Minnedichtern der verschiedenen Nationen. Dieselben verrathen das stärkste Mitleben in den einfachsten Erscheinungen, als da sind der Frühling und seine Blumen, die grüne Heide und der Wald. Aber es ist lauter Vordergrund ohne Ferne, selbst noch in dem Sinne, daß die weitgereisten Kreuzfahrer sich in ihren Liedern kaum als solche verrathen. Auch die epische Poesie, welche z. B. Trachten und Waffen so genau bezeichnet, bleibt in der Schilderung der Oertlichkeit skizzenhaft und der große Wolfram von Eschenbach erweckt kaum irgend ein genügendes Bild von der Scene, auf welcher seine handelnden Personen sich bewegen. Vollends würde aus den Gesängen Niemand errathen, daß dieser dichtende Adel aller Länder tausend hochgelegene, weitschauende Schlösser kannte, bewohnte oder besuchte.


    Für Italiener ist die Natur längst entsündigt und von jeder dämonischen Einwirkung befreit. San Francesco von Assisi preist in seinem Sonnenhymnus den Herrn ganz harmlos um der Schöpfung der Himmelslichter und der vier Elemente willen. Die festen Beweise für eine tiefere Wirkung großer landschaftlicher Anblicke beginnen mit Dante. Er schildert nicht nur in wenigen Zeilen überzeugend den Sturm im Walde und die Morgenlüfte mit dem fernzitternden Licht des sanft bewegten Meeres, sondern er besteigt hohe Berge in der einzig möglichen Absicht, den Fernblick zu genießen; vielleicht seit dem Alterthum einer der ersten, der dieß gethan hat. Boccaccio läßt mehr errathen, als daß er es schilderte, wie ihn die Landschaft ergreift, doch wird man in seinen Hirtenromanen die wenigstens in seiner Phantasie vorhandene mächtige Naturscenerie nicht verkennen.


    Petrarca - Vertonungen gibt es wohl erheblich mehr als man so gemeinhin ahnt. Allein von dessem Sonett ''Solo e pensoso'' zählt Hartmut Schick (auf phil-hum-ren.uni-muenchen.de) Vertonungen von ''19 Komponisten zwischen 1540 und 1618''. Ein vermutl. bis heute kaum bekanntes Kuriosum ist Joseph Haydns (!) Vertonung dieses Textes als 'Konzertarie' aus dem Jahre 1798. Franz Schubert hat (als D 628 - 30) ebenso drei Petrarca - Sonette vertont wie Franz Liszt; Klavier solo - Versionen der letzteren sind Bestandteile des 'Italienjahres' der Klaviersammlung 'Pilgerjahre (= Annees de Pelerinage'). Eine Petrarca - Vertonung ist auch der mittlere Satz von Arnold Schönbergs siebensätziger 'Serenade op.24'.

    Lorenzo da Ponte legt Cherubino im zweiten Akt des 'Figaro' ein Dante - Zitat in den Mund ('Voi che sapete, che cosa e amor'), Liszt schreibt sowohl eine Dante - Sinfonie als auch (wiederum als Teil des Italien-Jahres der 'Annees') das gut viertelstündige Klavierstück 'Apres une Lecture du Dante'. Auch Tschaikowskys 'sinfonische Fantasie' ''Francesca da Rimini'' geht auf Dante zurück. An Dante - Reminiszenzen aus dem letzten Jh. seien genannt Luciano Berios c. 35min. 'Laborintus II' (1965) sowie Salvatore Sciarrinos c. 140(!)min. 'Sui poemi concentrici' (1988)


    Petrarca war nicht bloß ein bedeutender Geo- und Chartograph - die frühste Karte von Italien soll er haben entwerfen lassen -, sondern der Anblick der Natur traf ihn unmittelbar. Der Naturgenuß ist für ihn der erwünschteste Begleiter jeder geistigen Beschäftigung. Man würde ihm Unrecht thun, wollte man aus seinem noch wenig entwickelten Vermögen des landschaftlichen Schilderns auf einen Mangel an Empfindung schließen. Seine Beschreibung des wunderbaren Golfes von Spezzia ist eine bloße Aufzählung. Aber derselbe Petrarca kennt doch bereits die Schönheit von Felsbildungen und weiß überhaupt die malerische Bedeutung einer Landschaft von der Nutzbarkeit zu trennen. Bei seinem Aufenthalt in den Wäldern von Reggio wirkt der plötzliche Anblick einer großartigen Landschaft so auf ihn, daß er ein längstunterbrochenes Gedicht wieder fortsetzt.


    Die tieffste Aufregung aber kömmt über ihn bei der Besteigung des Mont Ventoux unweit Avignon. Planloses Bergsteigen war in seiner Umgebung etwas Unerhörtes und an die Begleitung von Freunden oder Bekannten war nicht zu denken. Petrarca nahm nur seinen jüngern Bruder und vom letzten Rastort aus zwei Landleute mit. Am Gebirge beschwor sie ein alter Hirte umzukehren; er habe vor fünfzig Jahren dasselbe versucht und nichts zerschlagene Glieder und zerfetzte Kleider heimgebracht; vorher und seitdem habe sich Niemand mehr des Weges unterstanden. Allein sie dringen weiter empor und erreichen mit unsäglicher Mühe den Gipfel. Eine Beschreibung der Aussicht erwartet man nun allerdings vergebens, nicht weil der Dichter dagegen unempfindlich wäre, sondern im Gegentheil, weil der Eindruck allzugewaltig auf ihn wirkt. Er schlägt ein Büchlein auf, das damals sein Begleiter war, die Bekenntnisse des heil. Augustin - sein Auge fällt auf die Stelle im zehnten Abschnitt: ''und da gehen die Menschen hin und bewundern den Lauf der Gestirne, hohe Berge, weite Meeresfluthen und mächtig daherrauschende Ströme - und verlassen sich selbst darob''. Sein Bruder, dem er diese Worte vorliest, kann nicht begreifen, warum er hierauf das Buch schließt und schweigt.


    zit. v. deutschestextarchiv.de


    Die oben vorgestellte Studie 'prägt' lt. Jacob Burckhardt-Stiftung (Basel) 'bis heute unser Bild der Renaissance'. Lt. Bernd Roeck* ist ''Burckhardts These von der italienischen Renaissance als der Geburtsstunde des modernen Europäers weiterhin diskussionswürdig''. Lt. Volker Reinhardt** ''verzichtete J. B. weitgehend auf alle Kriterien der Quellenkritik und missachtete die wissenschaftl. Maßstäbe des 19. Jhs.'' Gleichwohl beeindruckt ihn die Schrift als ''geschickt komponierte(r) Roman durch die Renaissance''. (*Historiker an der Uni Zürich 1999 - 2019 / **Historiker an der Uni Freiburg seit 1992 u. lt. Tante Wiki 'Experte f. d. italien. Renaissance')


    In seinen Briefen offenbart der Weltweise sich als()Rassist. Dies()einfach mit dem 'Zeitgeist' abzutun, wie Burckhardt-Bewunderer es praktizieren, geht natürlich nicht an. (Urs Hafner am 05.02.2020 auf nzz.ch)

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  • 11.08.1884 - Todestag von Moritz Thausing


    Der langjährige Leiter der graphischen Sammlung der 'Albertina' hatte sich bereits seit den späten 60er Jahren mit Albrecht Dürers Briefen und Handschriften befasst. Seine c. 500seitige Schrift 'Dürer. Geschichte seines Lebens und seiner Kunst' erschien dann 1876 im Verl. Seemann in Leipzig. I. F. einige Sätze vom Beginn des elften (v. insg. siebzehn) Kapitel(s) >'Der zweite Aufenthalt in Venedig'<


    Wir würden uns täuschen, wollten wir von dem Venetianischen Aufenthalte im Jahre 1506 oder der Niederländischen Reise 1520 irgend einen wesentlichen Umschwung in Dürers Kunstthätigkeit herleiten. Beidemal war der Abschluss einer entscheidenden Entwickelungsperiode Dürers der Reise bereits vorangegangen. Ohne an irgend welche äussere Lebensverhältnisse anzuknüpfen, fällt der Klärungsprocess, der Dürer plötzlich zur klaren Erkenntnis seiner künstlerischen Sendung erhebt, in das Jahr 1503. Allerdings mochte der Tod des Vaters am Ende des Vorjahres, der Dürer so sehr erschütterte, seine Einkehr in sich selbst mit veranlasst haben.


    Diese psychische Evolution war, wie dies wohl auch sonst vorkommt, von einer körperlichen Erkrankung begleitet. Im Britischen Museum befindet sich eine Kohlezeichnung: der Kopf des todten Heilandes mit der Dornenkrone, mit geöffnetem Munde und geschlossenen Augen, stark verkürzt von unten gesehen, und von entsetzlichem Schmerzensausdrucke. Wohlerhalten ist das Monogramm mit der Jahreszahl 1503, darunter sehr verwischt die Inschrift D(...)angesicht hab ich(...)gemacht in meiner kranckheit. Aus der eigenen Schmerzensempfindung heraus sucht Dürer hier nach dem Ausdrucke des leidenden Christus; es ist ein offenes Bekenntniss zu jenem Realismus, der das Göttliche doch nur in der ganzen, wahren Menschlichkeit begreift. Nach allen Richtungen holt nun Dürer weit aus, und es folgt das Jahrzehent einer Thätigkeit, deren Mannigfaltigkeit stets mehr überrascht, je mehr man sie verfolgt und zu ergründen sucht.


    Bisher hatte sich Dürer dabei genügt, das menschliche Antlitz mit derselben Objektivität wiederzugeben, mit der er Pflanze und Thier, Landschaften und andere Gegenstände abzuspiegeln vermochte. Die Porträte aus seiner früheren Zeit zeigen noch die starre Ruhe des Momentes, das ängstliche Verhalten jeglichen Affectes und jene nach aussen gerichtete Spannung der Gesichtszüge, wie sie sich dem Sitzenden nothwendig aufprägt. Diese Zufälligkeit klebt mehr oder minder allen deutschen Bildnissen des XV. Jahrhunderts an.


    um 1500 - Hieronymus Bosch malt das Triptychon 'Der Garten der Lüste' // 1501 - Michelangelo beginnt seine 'Davidsstatue' // 1505 - Leonardo da Vinci vollendet die 'Mona Lisa' // 18.07.1506 - Papst Julius II. legt den Grundstein für die neue 'Peterskirche' in Rom // 24.07.1506 - Halle a. d. Saale: nach fast 90jähriger Bauzeit wird der 'Rote Turm' fertiggestellt.


    03.05.1504 Josquin Desprez kehrt nach Conde-sur-l'Escaut' (direkt an der belg. Grenze, unweit von Valencienne) zurück, wo in besonders aufwändigen Gottesdiensten bis zu 6stimmige Motetten regelmäßig aufgeführt werden können. Er wirkt dort bis zu seinem Tod 1521. // 1507 - Heinrich Isaac komponiert die 6stimmige Motette 'Virgo prudentissima' // 1507 - Paul Hofhaimer übersiedelt nach Augsburg, wo er dank Kaiser Maximilian I. freischaffend tätig sein kann. // 1507/14 - Pedro de Escobar ist 'Magister Puerorum' an der Kathedrale in Sevilla.


    Porträtstudien Dürers aus dem Jahre 1503 tragen eine ganz neue Art der Auffassung zur Schau. Die Haare zittern, die Augen blinken und zwinken, die Lippen schwellen und zucken in einer ganz unbeschreiblichen Bewegung. Das Britische Museum besitzt noch den Kopf eines Mannes im Turban mit gähnendem Munde, mit Kohle gezeichnet. Merkwürdig ist der Kopf eines schönen Weibes in der Kunsthalle zu Bremen, mit entblösstem Halse, die Haare rückwärts zusammengebunden, beinahe lebensgross, in Silberstift entworfen. Sie lacht auf, dass beide Zahnreihen sichtbar werden, und doch hat der Mund nichts Fratzenhaftes - man möchte mitlachen mit dieser ausgelassenen, in kräftiges Deutsch übertragenen Mona Lisa Gioconda. Auch der junge Mann, der mit verschmitzter Heiterkeit unter seinem Kraushaar hervorblickt, gehört hierher - eine Federzeichnung in der Sammlung des Mr. Locker in London. Alle diese Köpfe tragen die Jahreszahl 1503. Daran schliesst sich dann die lange Reihe ähnlicher Kopfstudien, deren Höhepunkt später sie mannigfachen Aposteltypen bilden. Erwähnt seien nur zwei Silberstiftzeichnungen aus der Sammlung Hausmanns in Braunschweig, das leider schadhafte Bildniss von Dürers Frau und die Profilskizze des Freundes Pirkheimer. Mit wenigen Strichen ist uns hier der lustige Weltweise von Nürnberg am Leben erhalten.


    Die tiefere Erfassung des Portätstudiums aber ist die Grundlage moderner Historienmalerei. In der Bewältigung des physiognomischen Ausdruckes liegt der Schlüssel zu jenem unerschöpflichen Reichthume in der Composition, der den lombardischen Maler Lomazzo zu dem Ausspruche bewog Dürer habe ''allein mehr erfunden als alle anderen Meister zusammengenommen''.


    05.03.1508 - In Ferrara wird 'La Cassaria' von Ludovico Ariosto uraufgeführt, gemeinhin heute als die erste bedeutende italien. Komödie geltend // 1511 - Erasmus von Rotterdams ironische Lehrrede 'Lob der Thorheit' wird in Paris und Straßburg gedruckt // 1511 - Im Apostolischen Palast in Rom vollendet Raffael seine 'Stanza della Segnatura' // 1514 - Die Stadt Venedig verbietet das Vergolden von Marzipan // 1518 - In Venedig erscheint die erste Druckausgabe der sieben erhaltenen Tragöden des Aischylos // 1518 - Tizian vollendet sein Ölgemälde 'Mariä Himmelfahrt'


    1510 - Heinrich Finck wird am Stuttgarter Hof als 'capellmaister' resp. 'singemeister' angestellt // Jan. 1513 - Tod des Hans Folz in Nürnberg. Er gilt als Wegbereiter des späteren 'Meistersängers' Hans Sachs! // 1515 - Clement Jannequin schreibt sein ('lautmalerisch angereichertes') Chanson 'La guerre' // ab 1523 - bis zu seinem Tod 1543 wirkt Ludwig Senfl als 'Musicus intonator' resp. 'Musicus primarius' in München.


    Dürers Kupferstiche und Holzschnitte fanden frühzeitig ihren Weg nach Italien. Von seinen ältesten Stichen waren es insbesondere die landschaftlichen Hintergründe, welche die italienischen Meister so ansprachen, dass sie dieselben zur Zierde der eigenen Compositionen entlehnten. Von den Holzschnitten dagegen begegnen ihrem Verständnisse nicht die strengeren älteren Blätter, sondern erst die der mittleren Zeit, deren freiere Formenbeherrschung und harmonische Compositionsweise Dürer bereits als auf der Höhe seiner künstlerischen Vollendung angelangt zeigen. Viel früher, als man gemeiniglich annimmt, fällt der Beginn dieser reichsten mittleren Stilepoche, nämlich vor seinem zweiten Aufenthalt in Venedig.


    zit. v. digi.ub.uni-heidelberg.de

    !! 28.09.22 - 22.01.23 ''Vor Dürer. Kupferstich wird Kunst'' im Staedel Museum Frankfurt/Main !! (Der Kupferstich()bot im 15. Jh.()neue gestalterische Möglichkeiten. Das Städelmuseum zeigt c. 130 bedeutende dt. u. niederl. Blätter. / v. staedelmuseum.de)

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  • 15.08.1771 - Geburtstag von Walter Scott


    Nach Vorlagen von W. S. geschriebene Opern sind (u. a.!!) La donna des lago (Gioachino Rossini, UA Neapel 1819), La dame blanche (Francois-Adrien Boieldieu, Paris 1825), La muette de Portici (Daniel-Francois-Esprit Auber, Paris 1828), Lucia di Lammermoor** (Gaetano Donizetti, Neapel 1835), Il templario (Otto Nicolai. Turin 1840) und La jolie fille de Perth (Georges Bizet, Paris 1867) // **die 1819 erschienene historical novel ''The Bride of Lammermoor'' - Anfg. des 18. Jahrhunderts in Schottland angesiedelt - hat insgesamt 35 Kapitel; hier einige Passagen vom Ende des Kapitels 9.....


    Das gejagte Tier mit seinem stattlichen, zur Erde gebeugten Kopf, seinen von weißem Schaum bedeckten Seiten, seinen vor Wuth und Schrecken hervortretenden Augen, flößte nun seinerseits seinen Verfolgern Furcht ein. Der Boden, eine Vertiefung der Gemeinweide oder des Moors, war nicht günstig, um sich dem Hirsch unvermerkt zu nähern, und allgemein war das Siegesgejubel, als Bucklaw mit der Behendigkeit eines vollkommenen Reiters vom Rosse sprang, wie ein Blitz nach dem Hirsch hinsauste, und ihn mit einem Hieb seines kurzen Weidmessers in's Hinterbein zu Boden brachte.


    Der Jägerbursche verscheuchte die Hunde von dem röchelnden Hirsch, und bot knieend sein Messer einem schönen Frauenbilde dar, die sich auf ihrem weißen Zelter bis jetzt aus Furcht oder aus Mitleid in einiger Entfernung gehalten hatte. Sie trug eine schwarzseidene Reitmaske, wie man sie damals zu tragen pflegte, theils um das Gesicht vor Sonne und Regen zu schützen, theils weil der Anstand nicht erlaubte, daß eine Lady bei einem rauschenden Vergnügen und in gemischter Gesellschaft mit unbedecktem Gesichte erschiene. Der Reichthum ihres Anzugs indeß, so wie der Anstand und die Gestalt ihres Zelters, nicht minder die weidmännische Huldigung des Jägerburschen bezeichneten sie Bucklaw als die Hauptperson der Jagd. Es war nicht ohne eine Gefühl des Mitleids, das an Verachtung gränzte, daß dieser leidenschaftliche Jäger bemerkte, wie sie das ihr von dem Jägerburschen angebotene Weidmesser ausschlug, mit welchem sie den ersten Schnitt in die Brust des Hirsches thun sollte. um die Güte des Wildprets zu prüfen. Er war mehr als halb geneigt, ihr seine Huldigung zu machen; aber es war Bucklaws Unglück, daß ihn seine Lebensweise nicht mit der höheren und besseren Classe der Frauen befreundet hatte, so daß er bei all seiner natürlichen Keckheit scheu und blöde war, wenn es galt, eine vornehme Dame anzureden.


    Als Ravenswood, der ein wenig hinter seinem Freunde zurückgeblieben, sah, daß der Hirsch gefällt war, so wich seine augenblickliche Jagdlust dem Widerwillen, der ihn erfüllte, sich in seinen gesunkenen Glücksumständen dem Blicke von Seinesgleichen oder von Geringeren auszusetzen. Von den Lehenszeiten her war die Jagd mit allen ihren Nebenvergnügungen als das fast ausschließliche Vorrecht des Adels betrachtet worden. Der Gedanke, sich durch seine gegenwärtige Lage von einem Vergnügen ausgeschlossen zu sehen, und das Gefühl, daß nun Emporkömmlinge das Jagdrecht auf den Dünen ausübten, das seine Ahnen eifersüchtig sich selber vorbehalten hätten, erweckten Betrachtungen, die ein von Natur düsteres und hinbrütendes Gemüth, wie das von Ravenwood, sehr niederschlagen mußten.


    Als er im Begriff war, sich der versammelten Jägergruppe zu nähern, wurde er von einem Reiter eingeholt, der sich, wie er, während des Falls des Hirsches entfernt gehalten hatte. Er trug einen Scharlachmantel, der hoch zugeknöpft war, und sein Hut war niedergeschlagen, wahrscheinlich zum Schirm gegen das Wetter. Sein Roß, ein starkes und geduldiges Paradepferd, war eher für einen Reiter, welcher der Jagd zusehen als an derselben theilnehmen wollte. Der ganze Anzug war der eines ältlichen Herrn vom Rang.


    Er wandte sich an Ravenswood mit vieler Höflichkeit, jedoch mit einiger Verlegenheit. ''Ihr scheint ein wackerer junger Herr zu sein,'' sagte er, ''und doch bezeigt Ihr Euch so gleichgültig gegen das edle Jagdvergnügen, als wenn ihr die Last meiner Jahre auf dem Rücken hättet.'' ''Ich habe bei anderen Gelegenheiten der Jagd mit mehr Lust beigewohnt,'' versetzte Ravenswood; ''für jetzt müssen mich kürzlich in meiner Familie stattgehabte Ereignisse entschuldigen--.'' Aber der Fremde wandte sein Roß, und ritt in der nämlichen Richtung so nahe bei Ravenswood, daß derselbe, ohne ihm vorzureiten, was die damalige Höflichkeit verbot, seiner Gesellschaft nicht leicht entschlüpfen konnte.


    ''Das ist also die alte Burg Wolf's Crag, die in der schottischen Geschichte so oft erwähnt wird,'' sagte er, indem er nach dem Thurme blickte, den eine in seinem Hintergrunde schwebende Wetterwolke verdunkelte. Ravenswood beantwortete die Bemerkung mit einer kalten, zurückhaltenden Bejahung. ''Es war, wie ich gehört habe,'' fuhr der Fremde fort, den diese Kälte nicht abschreckte, ''eine der ersten Besitzungen des edeln Geschlechtes von Ravenswood.'' ''Ihre erste,'' antwortete Ravenswood, ''und vermuthlich ihre letzte.'' ''Ich hoffe es nicht, Sir,'' antwortete der Fremde, indem er seine Stimme durch wiederholtes Räuspern klärte, - ''Schottland weiß, was es diesem alten Geschlechte verdankt. Ich hege keinen Zweifel, daß wenn Sr. Majestät in einer geziemenden Vorstellung der Verfall geschildert würde --'' ''Ich will Euch die Mühe ersparen, Sir, diesen Punkt weiter zu besprechen,'' unterbrach ihn Ravenswood stolz. ''Ich bin der Erbe dieses unglücklichen Hauses. Und Ihr, Sir, werdet als ein Mann von Stand und Bildung wissen, daß nächst dem Unglück nichts weher thut, als unerwünschtes Mitleid.'' Und diese Worte sprechend, lenkte er sein Roß nach dem schmalen Dammweg, von dem in Wahrheit gesagt werden mochte Menschen-verödet war, grasbewachsen der Pfad.


    Doch ehe er sich losmachen konnte, kam, von ihrer Dienerschaft begleitet, die junge Lady, die wir bereits erwähnt haben, zu dem Fremden heran. ''Tochter,'' sagte der Fremde zu dem maskirten Fräulein, ''das ist der Herr von Ravenswood.''


    Es wäre natürlich gewesen, daß der junge Mann auf diese Vorführung eine Antwort gegeben hätte, aber es war etwas in der anmuthigen Gestalt und der zurückhaltenden Bescheidenheit der Dame, was ihn nicht allein abhielt, sich zu erkundigen, wem und durch wen er vorgestellt worden sei, sondern was ihn zugleich für den Augenblick gänzlich stumm machte. Die Wolke, die lange Zeit über der Höhe von Wolf's Crag geschwebt hatte, und die sich, je näher sie kamen, dichter und dunkler über Land und See verbreitete, begann in diesem Augenblicke durch ein fernes, wiederholtes Rollen die Donnerschläge anzukündigen, mit denen sie schwanger war.


    Das Pferd der schönen Jägerin wurde scheu, und es war Ravenswood als Mann und Edelmann unmöglich, sie der Sorge ihres alten Vaters oder ihrer Dienerschaft zu überlassen. Während er damit beschäftigt war, ihre Zügel zu fassen und ihr in Lenkung ihres unruhigen Thieres beizustehen, bemerkte der alte Herr, daß der Sturm zu wachsen scheine und daß er dem Herrn von Ravenswood verbunden sein würde, wenn ihm derselbe den Weg zu dem nächsten Zufluchtsort andeuten wolle. Zu gleicher Zeit warf er einen verlegenen Sehnsuchtsblick nach dem Schlosse Wolf's Crag, der es dem Herrn desselben unmöglich machte, einem Greise und einer Dame in solcher Verlegenheit das Obdach seines Hauses nicht anzubieten. // dt. v. Wilh. Sauerwein (1803/1847); die Abschrift folgt der Ausgabe des Verl. Heinrich Hoff (Mannheim 1843).


    zit. v. projekt-gutenberg.org      

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  • 23.08.1945 - Todestag von Leo (eigentl. Lew Lwowitsch) Borchard


    Hier die 'Nacherzählung' eines (am 27.12.2017 in Dlf.Kultur gesendeten) Gesprächs, das Stefan Lang mit dem Borchardt-Biographen Lothar Sträßner geführt hat....


    Für den (1899 in Moskau geborenen) L. B. dürfte Hermann Scherchen die prägendste künstlerische Begegnung gewesen sein, auch wenn er selbst Bruno Walter sein 'großes Vorbild' genannt hat. Walter und B. dürften menschlich einander nahe gewesen sein (einige herzliche Ansichtskartengrüße von W. an B. sind erhalten geblieben), wohl auch deshalb, weil W. in etwa den 'bohemehaften' Lebensstil pflegte, den B. selbst für sich anstrebte.


    Als 1926/27 die Zeit der Rundfunkorchester beginnt, pendelt er zunächst - als so genannter 'Austauschdirigent' - zwischen Berlin, Frankfurt, Stuttgart und München (wo er gar einmal als 'Sensation' gefeiert worden sein soll!). Seine erste Festanstellung in Königsberg endet nach zwei Jahren, weil das Orchester finanziell nicht gehalten werden kann. 1931 beginnt sein engerer Kontakt mit dem 'Berliner Rundfunkorchester', wo er nicht zuletzt mit Strawinsky-Erstaufführungen auffällt. Ohnehin ist seine erklärte Absicht, 'russische Kultur nach Deutschland zu bringen'. Als er 1933 das 'Konzert am Vorabend des Führer-Geburtstages' leitet, kommt es zum Eklat. Zwölf ehemalige Mitglieder des Königsberger Orchesters erklären schriftlich, dass es sie 'gekränkt' habe, unter einem gebürtigen Russen spielen zu müssen - der zudem seinerzeit Juden auffallend bevorzugt habe. (In der Tat sind in Königsberg die vorderen Pulte in aller Regel von jüdischen Musikern besetzt gewesen - die freilich ausnahmslos exzellente Kräfte gewesen seien und später in den USA allererste Posten bekleidet hätten!) Borchard hat zunächst deutschlandweit einige Monate Dirigierverbot - und wird danach bis Kriegsende kein Rundfunkorchester mehr dirigieren.


    Ab Beginn der 30er J. waren die 'Berliner Philharmonischen Konzerte' quasi zwei-, wenn nicht gar dreigeteilt. (Die vermutl. eher 'sporadischen' Konzerte dritter Art seien hier aus Platzgründen vernachlässigt!) 'A - Konzerte' waren - größtenteils zumindest - Furtwängler und prominenten Gastdirigenten wie Beecham und Toscanini vorbehalten. Von den populärer ausgerichteten 'B - Konzerten' hat - so Sträßners Schätzung - Borchard von 1933-35 vermutl. mehr dirigiert als Furtwängler solche in der 'A - Kategorie'! Aus Gründen, die zur Gänze wohl nicht mehr festgestellt werden können, kann er sich später dort nicht halten. Festgestellt sei an dieser Stelle, dass B. wohl durchaus dankbar für seinen (ihm noch von russischen Behörden ausgestellten!) Arier-Nachweis ist, sich freilich notorisch zu weigern scheint, Parteimitglied zu werden. 1936 kann er gerade noch vier - besonders international ausgerichtete - 'Sonderkonzerte' leiten, mit denen die Nazis sich im Vorfeld der olympischen Spiele als weltoffen präsentieren wollen.


    Borchard versucht vergebens, bei der BBC Fuß zu fassen, kann einige Male in Hilversum und Griechenland gastdirigieren (hat lt. Sträßner durchaus seine Verdienste, die griechische Beethoven- und Brahmsrezeption betreffend!), steht bis Kriegsende noch ganze zwei Mal (1940 und 1943) am Pult des BPO. (Eine fürs erste Konzert geplante Fortner-UA kommt nicht zustande, 1943 bringt er dann Gottfried von Einems 'Capriccio' erstmals zu Gehör.) Ansonsten schlägt er sich als Übersetzer aus dem russischen (Tolstoi, Tschechow) resp. als Librettist des Blacher-Oratoriums 'Der Großinquisitor' mehr schlecht als recht durch.


    Am 25.05.1945 wird er von den russ. Behörden (Briten und Amerikaner kommen erst im Juli nach Berlin!) als Leiter des BPO 'eingesetzt', später von diesem auch bestätigt. Sehr praktische Gründe dürften für letzteres nicht unerheblich gewesen sein, hat doch das Orchester in den unmittelbaren Nachkriegswirren Sorge, seine Eigenständigkeit zu verlieren: da fühlt es sich zusammen mit einem fließend russisch sprechenden Chefdirigenten wohl um einiges 'gesicherter'. Dennoch dürfte der Entscheid auch künstlerisch durchaus begründet gewesen sein - 1952 wird Hans Heinz Stuckenschmidt Leo Borchard als den Ersten aus der zweiten Reihe bezeichnen.....


    Von den während der Sendung zur Gänze vorgestellten Aufnahmen schienen mir das kurze 'Concertino' (Jean Francaix) sowie die 'Oberon'-Ouvertüre am interessantesten! Eine kleine Sensation ist es, als noch Mitte der 30er J. Jean Francaix nach Berlin kommt, um mit sich als Solisten unter L. B. sein 'Concertino' einzuspielen! Mit sieben Minuten Spieldauer entsteht eine erheblich 'flinkere' Interpretation als später unter Antal Dorati (Solist: Claude Francaix) resp. Pablo Gonzales (Florian Uhlig; acht resp. achteinhalb Minuten!) Borchards Aufnahme der 'Oberon'-Ouvertüre stammt dann bereits aus seinen letzten Lebenswochen - hier ist es v. a. der sehr langsam genommenen Einleitung geschuldet, dass er mit 09:37 mehr Zeit benötigt als Joseph Keilberth 1937 (09:11) oder Wolfgang Sawallisch 1959 (09:24).


    Komplexer als man es aufgrund der kurzen Darstellung auf Wikipedia vermuten könnte, ist lt. Sträßner das Thema Leo Borchard und der Widerstand. Vorhaltungen wg. seiner Dirigate der oben erwähnten 'Sonderkonzerte' (sowie - bisher nicht erwähnt - einiger Einsätze auf 'Frontkonzerten') begegnet dieser mit dem Einwand, er könne nicht tagtäglich mit den Nazis im Kriegszustand sein. Andererseits scheint inzwischen gesichert, dass B. seinen Teil zur Verbreitung der 'Weiße Rose' - Flugschriften beigetragen hat sowie an zwei, drei ähnlich gearteten, kleineren Aktionen beteiligt gewesen ist.

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  • 26.08.1921 - Todestag von Ludwig Thoma


    Ein Eintrag ersichtlich ohne jeden auch nur indirekten Bezug zur abendländischen Kunstmusik. Aber man ist halt überall in Bayern mit ''seinem Thoma'' aufgewachsen - und nach wie vor einigermaßen 'belegt' darüber, dass er ''da draußen'' wohl in der Hauptsache (wenn nicht gar ausschließlich!) wahrgenommen wird als 'bloß' der Verfasser des 'Münchners im Himmel', der Filser-Briefe und der 'Lausbubengeschichten' (die sich freilich auch bei weitem nicht so hausbacken lesen wie diese bestenfalls drittklassigen Verfilmungen vermuten lassen!) Wer kennt schon etwas von seinen drei Romanen Andreas Vöst (1906; verfilmt 1979 von Eberhard Itzenplitz) Der Wittiber (= Witwer)(1911; 1962/Theodor Grädler und 1975/Franz Peter Wirth) und Der Ruepp (1921; 1979/Kurt Wilhelm), die einen kühl beobachtenden, mitunter beinahe verbitterten L. T. zeigen...


    -aus dem aus fünfzehn Kapiteln bestehenden 'Ruepp' hier einige Sätze aus dem dritten Kapitel.


    In dem kleinen Austraghäusel, das vom Vater des Ruepp an den Hof angebaut und ehedem von ihm bewohnt worden war, hauste jetzt eine alte Magd Apollonia Amesreiter. Sie war vor Jahren aus Orthofen zum Ruepp gekommen, als die erkrankte Bäurin sie um Aushilfe gebeten hatte, wurde in dieser Zeit unentbehrlich, und weil auch der Bauer zugeben mußte, daß die Loni die brauchbarste und billigste Helferin war, überredete man das brave Frauenzimmer zu Bleiben.


    Wenn die Loni über die schwere Bettdecke hinweg nachdenklich zum Fenster hinsah, und wenn sie dabei in Gedanken ihr Erdenleben vorüber wallen ließ, erinnerte sie sich kaum an was anderes, als ans Frühaufstehen und Arbeiten bis in die sinkende Nacht. Den Kindern war sie im Herwachsen eine treue Hüterin gewesen, und sie galt ihnen für eine zweite Mutter. Am stärksten hing der Michel an ihr, denn er war weichmütiger wie der Kaspar und viel zutulicher wie die Leni, die in den häuslichen Kämpfen gallbitter geworden war.


    Kinderwarten. Zwischen aller Arbeit in ein paar gestohlenen Stunden den kleinen Wagen unter den Ahornbaum hinterm Haus schieben, dem Michel den Diezel ins Maul stecken und die Fliegen von ihm abwehren. Über eine Weile kroch er schon auf allen vieren in der Stube herum, wenn sie die Socken stopfte und die Bauernhemden flickte und daneben acht gab, daß der Michel, der alles ins Maul steckte, was ihm unterkam, nichts Unrechtes verschluckte. Etliche Jahren vergingen mit Schneien, Regnen und Sonnenschein und der kleine Kerl saß auf dem Schemel neben ihr und heftete seine erstaunten Augen auf sie, wenn sie ihm Geschichten erzählte. Der Loni gingen die Geschichten, so viele sie auch wußte, immer noch eher aus wie dem Michel die Wißbegierde, und wenn sie meinte, es wär' genug, lehnte der Kleine schmeichelnd seinen Kopf an sie und bat Nonimuatta, no was!


    Bauernmärchen handeln nicht von verwunschenen Prinzen und erlösten Prinzeßlein, sondern von den Wundern, die die Heiligen gewirkt haben und immer noch wirken. Dabei ergeht es ihnen nicht immer gut, wenn sie auf Erden wallen und Umschau nach den Leuten halten. Der heilige Petrus kriegt einmal Prügel bei einem habgierigen Bauern, weil er nicht gleich zum Arbeiten aufsteht, und er kriegt Prügel von Zimmerleuten, die ihn für einen Spielmann halten und erbost sind, weil er ihnen nicht zum Tanz aufspielen will. Aber der Petrus ist kein sanfter Heiliger, der alles demütig hinnimmt. Der Bauer wird für seinen harten Geiz gestraft, indem er aus Dummheit seine eigene Scheune anzündet, und für die Zimmerleute müssen alle Nachfolger büßen, denn zur Strafe für ihre Grobheit wachsen die harten Äste an den Bäumen, die noch heute soviel Arbeit machen.


    Seit etlichen Wochen lag die alte Loni krank, und die müden Augen in ihrem mageren, gelblichen Gesicht verrieten, daß sie wenig Hoffnung auf Gesundwerden haben durfte. Selber hatte sie keine, und sie glaubte nicht wehleidig, daß ihr zulieb ein Wunder geschehen müßte. Sie hatte ihr Bündel geschnürt, und am Ende war es nicht groß ausgefallen, denn was sich in fünfzig Jahren harter und treuer Bauernarbeit an Sünden begehen ließ, war nicht gar soviel.


    Daß der Ruepp schlecht stand, wußte niemand besser wie die Loni, denn etliche Jahre vorher hatte sie ihm auf sein Ersuchen dreitausend Mark geliehen und hätte ihm später noch einmal ein paar Tausend leihen sollen. Da hatte sie es ihm aber abgeleugnet, daß sie noch zweitausendfünfhundert Mark erspartes und ererbtes Geld in ihrem Schranke versteckt hielt, und sie hatte sein Drängen damit beantwortet, daß sie sich um das alte Darlehen besorgter stellte, als sie war.


    Wenn sie nun auf dem Krankenbette über das Fortkommen Michels nachsinnierte, stieg der Wunsch in ihr auf, dem Buben ihr verstecktes Geld und die Forderung an den Ruepp zu vermachen. Der nächste Verwandte, den sie hatte, war ein weitschichtiger Vetter und lebte als Schreiber in der Stadt. Sie wollte von ihm nichts mehr wissen, seit er vor langen Jahren einmal wegen einer Schlechtigkeit ins Gefängnis gesteckt worden war. Der Mensch hatte sie einmal aufgesucht und wäre ihr gar liebreich gekommen, aber sie hatte ihm gleich gesagt, daß sich die neu erwachte Liebe nicht austrage, weil sie einem unehrlichen Menschen nichts geben würde, und wenn sie noch soviel Geld hätte.


    Gleich in den ersten Tagen ihrer Krankheit bat sie die Rueppin, man möchte ihr doch den Notar von Dachau kommen lassen. Aber da gerade die Ernte begann, redete sich der Ruepp, der wegen seiner Schuld die gerichtsmäßige Schreiberei scheute, darauf aus, daß vom Hof niemand wegkönne, und daß man jeden Gaul notwendig brauche. Es habe ja wohl Zeit bis auf etliche Wochen später, denn so schlimm sei die Loni nicht daran. Die Loni verstand, daß man ihretwegen nicht die Arbeit hint lassen wollte, obgleich sie wußte, daß der Bauer schon um Geringeres, etwa um ein Vergnügen oder eine Saufpartie, einen Tag ausgesetzt hatte. Aber ihre Bescheidenheit ließ sie es nicht unbillig finden, daß sie warten mußte. // zit. v. projekt-gutenberg.org


    Erst gegen Ende der 80er hat man den politisch unappetitlichen T. wahrgenommen.()Es gab bei ihm eine radikale politische Wende vom linksliberalen Autor des 'Simplizissimus'()zum reaktionären Juden- und Räterepublikhasser. // Michael Lerchenberg >der 'Michel' in der oben genannten Verfilmung!< am 06.12.2011 auf abendzeitung-muenchen.de

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  • 02.09.1661 - Geburtstag von Georg Böhm


    In Deutschland bildeten sich in der Kunst, einen Choral auf der Orgel zu behandeln, während der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwei Hauptrichtungen aus. Die eine - zuerst von Johann Pachelbel mit Entschiedenheit eingeschlagen - gründete sich auf die poetische Seite der Choralmelodie und ihre Bedeutung für die Kirche; sie fand vorzugsweise Pflege in Mitteldeutschland. Für die andere Richtung - deren Repräsentanten, mit Dietrich Buxtehude an der Spitze, die nordländischen Orgelmeister waren - überwog die rein musikalische Bedeutung.

    G. B. war seit 1698 Organist an der Johanneskirche in Lüneburg und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tode ((1733)). // Philipp Spitta in ''Allg. Dt. Biographie. Bd. 3'' (Verl. Duncker & Humblot: Leipzig 1876); zit. auf wikisource.org


    B. unternahm große Anstrengungen, (die Niehoff-Orgel von St. Johannis in Lüneburg) umzubauen in eine Orgel hamburgischen Stils mit erheblich mehr Raumklang. Das gelang ihm 1722. // N. N. auf lustauflueneburg.de


    Die Richtung des Niederländers Sweelinck hatte auf den Norden mahr als auf andre Theile Deutschlands eingewirkt, und ein Sproß desselben Landes, Johann Adam Reinken - geboren zu Deventer 1623 - hatte durch bedeutendes Talent diese Richtung nachdrücklichst verbreiten helfen. Ihr Kennzeichen ist technische Gewandtheit, geistreiche Anmuth und ein Gefallen an feinen Klangwirkungen. Gegenüber der plastischen Ruhe und sonnigen Heiterkeit des südlichen Orgelstils herrscht hier nicht selten formelles Zerfließen -- kein Componist hat längere Choralbearbeitungen geschaffen, als Reinken, Lübeck und Buxtehude. Auch gegenüber dem mitteldeutschen Stile, als dieser die Erbschaft des Südens angetreten hatte, bleibt dieser Gegensatz zum guten Theil bestehen. Dieser Schule lag die Gefahr nahe, ihre Kraft in geistreichen Aeußerlichkeiten zu verschwenden - aber wenn ein tiefsinniger Künstler sich ihrer bemächtigte, konnten ihre Eigenthümlichkeiten zu einem kostbaren Schmucke werden. Ein solcher war Böhm.


    Es liegt ein Böhmsches Choralstück über 'Christ lag in Todesbanden' vor, welches so vollständig Buxtehudescher Factur ist, daß man behaupten möchte, es sei wirklich letzterem zuzuschreiben, wenn nicht die Versatilität des Böhmschen Geistes dagegen in die Wagschale fiele. Das Wesen dieser Factur beruht auf der motettenartigen Durcharbeitung der einzelnen Choralzeilen, wobei aber Buxtehude Taktwechsel, rhythmische Umbildungen des Themas und selbständige Contrasubjekte besonders liebt.


    Die merkwürdigste Mischung von eignen und fremden Bestandtheilen findet sich in Böhms Behandlung von 'Nun bitten wir den heilgen Geist', in der sowohl Pachelbels als Buxtehudes als Böhms eigne Manier neben einander auftreten. Diese Manier besteht darin, daß jede einzelne Zeile nicht polyphon durchgeführt, sondern durch Zerlegung in ihre einzelnen melodischen Hauptmomente, und durch Wiederholung, Versetzung, Umspielung, mannigfache Verknüpfung derselben thematisch erschöpft wird. Hier konnte ein feiner Kopf seine ganze Empfindsamkeit zeigen im Verändern und Umbilden eines musikalischen Gedankens, in behender Umspielung und anmuthsvoller Auszierung. Er war auch nicht - wie bei der Variation - an die harmonischen und rhythmischen Verhältnisse des Themas gebunden, sondern schuf ganz neue Maße und Perioden, bildete gradezu ganz eigne Tonstücke und hatte überdies auch Gelegenheit zu contrapunctischen Vertiefungen.


    Es dürfte das erste Mal sein, daß in der Instrumentalmusik die thematisch-motivische Entwicklung des melodischen Stoffs - die in der Beethovenschen Kunstperiode eine so große Rolle spielt - als gestaltendes Princip für größere Tongebilde auftritt. Allerdings waren in der Motette schon ähnliche Umgestaltungen mit dem Choral vorgenommen worden, die aber gemäß der Verschiedenheit des Materials doch ein ganz andres Aussehen gewinnen mußten. Man darf, wie man von Pachelbelschen und Buxtehudeschen Choraltypen reden kann, auch einen Böhmschen Typus aufstellen. Schon der Italiäner Frescobaldi übte die Kunst, aus dem einen musikalischen Gedanken einen zweiten zu erzeugen, doch Böhm muß als derjenige gelten, der es zuerst auf den Choral anwendete. // Philipp Spitta im ersten Teil seiner Bach-Biographie (Verl. Breitkopf & Härtel: Leipzig 1873); zit. auf google.de     


    1775 berichtete CPE Bach dem späteren Bach-Biographen J. N. Forkel, dass sein Vater u. a. die Werke von Buxtehude, 'Reinken', Bruhns und 'dem Lüneburgischen Organisten Böhmen geliebt u. studirt' hatte. // N. N. auf jsbach.de


    ((G. B. und JSB)) blieben auch später()in reger Verbindung. Das belegt die Tatsache, dass G. B.()1727 als Mitvertreiber von Bachs 'Clavier-Übung' genannt wird. // Peter Wollny im Booklet zu cpo 777 143-2 (G. B. ''Mein Freund ist mein'' Cantatas)

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  • 11.09.1825 - Geburtstag von Eduard Hanslick


    Aus der ausführlichen Würdigung, die am Tag nach dessen Tod der Musikwissenschaftler Guido Adler (1855/1941) für die Wiener 'Neue Freie Presse' verfasst hat - und die zwei Tage später dort abgedruckt worden ist - kann hier nur sehr ausschnittsweise zitiert werden... (Kursivdrucke und sonstige Hervorhebungen sind vom Kalendermann zur besseren Übersicht eingefügt)


    Das Feuilleton ist eine literarische Leistung - ein Blatt in künstlerischer Ausführung. Die Wertbemessung solcher richtet sich danach, ob nicht nur Fachleute darin Anregung oder auch Belehrung finden, sondern ob ein weiterer Kreis von solchen, die an ihrer Bildung arbeiten, davon angezogen wird. Bei H. war dies in höchstem Grade der Fall. Nicht selten hörte ich von manchem: 'Ich verstehe zwar nichts von Musik; aber die Feuilletons von H. lese ich gerne'.


    H. war ein Vertreter der 'Gaya scienza', der fröhlich-freudigen Wissensbereicherung. Nicht selten mischte sich ein Witz dazu, der ätzend und scharf war, die Pikanterie würzte und dabei Empfindlichkeiten hervorrief und traf. Seine knappe Ausdrucksweise ist zu vergleichen mit derjenigen der besten juristischen Schriftsteller. Als Jurist hatte er ja auch seine Laufbahn begonnen.


    In der Schrift 'Vom Musikalisch=Schönen' läßt sich sein Wesen so recht erkennen. In ihrer Zurückweisung der Gefühlsschwelgerei hat sie reinigend wie ein Arzneimittel gewirkt. In der Zeit des Hervordrängens der Programmusik bildet sie einen festen Halt für die Musikfreunde, die am Rein=Musikalischen Erhebung und Befriedigung finden. Sie erreicht dies nicht durch systematische Darstellung, sondern, wie es dem Charakter des Feuilletons nahe kommt, durch eine Reihe geistvoller Apercus.


    Bei dieser Negation ist (H.) stehen geblieben. Die Abhandlung ist wirklich ein Beitrag zur Revision der Aesthetik der Tonkunst geblieben - zum Aufbau einer positiven Aesthetik ist er nicht mehr gelangt. Auf dem Boden der Wiener Klassiker stand (er) zeitlebens - (und) mit einer gewissen Abneigung den Werken der dritten Periode Beethovens gegenüber, welche Wagners 'Kunstwerk der Zukunft' zeitigten. In der Jugend hatte er für Berlioz geschwärmt und sich auch für Wagners Werke der mittleren Periode - besonders für 'Tannhäuser' - mit Begeisterung eingesetzt.


    In Wagners letzter Periode führten innere Gründe zu jener melodischen Ausgestaltung, die der Forderung nach formaler Abrundung zu widersprechen schien. Daß dieser behauptete Mangel nur dem Scheine nach vorhanden war, wurde im Kampfe der Parteien übersehen. Wagners 'unendliche Melodie' ist durchaus keine unproportionierte - tiefere Untersuchungen über das Formungsprinzip Wagners waren ((jedoch)) noch nicht angestellt.


    Befremdlich mag es erscheinen, daß er - in (dem) sich das Wort 'Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst' förmlich verkörperte - Johannes Brahms, einen Meister, der seiner nordischen Herkunft nach einen anderen Charakter aufweist, mit solcher Verehrung anhing - ja, für die Propagierung (des)selben unschätzbare Dienste leistete. Zwei Umstände dürften besonders dazu beigetragen haben: Vorerst der, daß H. in (diesem) einen Vertreter der 'tonerfüllten Form' sah. Der zweite Umstand ist jener sinnige Zug des Tonsetzers, der ihn nach Wien führte und hier mit den Weisen Schuberts in Cisleithanien und der Zigeuner in Transleithanien einen Bund schließen ließ.** Die tiefgründigen Stellen in Brahmschen Werken fanden in H. schwächeren Widerhall. Nicht erwärmen konnte (er) sich für jene Werke, in denen Brahms an Händel und Bach sich anschließt oder an die Acapellisten des sechzehnten Jahrhunderts. //**Cis- resp. Transleithanien: inoffizielle Bezeichnungen für den nördlichen und westlichen resp. den südlichen Teil Österreich-Ungarns


    Für das Unterhaltende der Auberschen Oper, für die feine Ausarbeitung und stilvolle Behandlung in den Werken von Boieldieu und anderer französischer Meister hatte er warme Empfängnis. Denjenigen Werken Verdis, welche mit Rücksicht auf die überkommenen Formen ausgestaltet waren, hing er treu an. 'Falstaff' - jenes Wunderwerk des Achtzigjährigen, in welchem sich der Meister mehr als an musikalische Schemen an die dichterische Vorlage hielt - achtete er mehr in Rücksichtnahme des hohen Alters desjenigen, der es geschaffen hat, als in der Erkenntnis, daß Verdi mit diesem Werke die Bahn gewiesen.


    Nach der Veröffentlichung (seiner) an sich verdienstlichen 'Geschichte des Konzertwesens in Wien von 1750-1869' - (musikgeschichtliche) Studien wurden noch nicht in jener strengen Weise betrieben, wie dies jetzt der Fall ist - wurde H. zum ordentlichen Professor der Geschichte und Aesthetik der Tonkunst an der Wiener Universität ernannt. Es war die erste ordentliche Professur für Musik in deutschen Landen. Es sah es als seine Aufgabe an, in einer populärwissenschaftlichen Weise seinem Hörerkreise vorzutragen, fand es nicht unter seiner Würde, dem Auditorium am Klavier vorzuspielen und ein oder das andere Beispiel auch von einem Sänger vortragen zu lassen.


    Sein Irren beruhte auf einer höheren Ueberzeugung, der er sein Leben hindurch zäh anhing, gerade so wie seine Begeisterung eine dauernde und unerschütterliche war. Man kann von ihm das Wort anwenden, welches Goethe über die Kritiker der französischen Zeitschrift 'Le Globe' sagt: 'Die Mitarbeiter sind Leute von Welt, heiter, klar, kühn bis zum äußersten Grade.'


    Man konnte In der zurückhaltenden Weise, wie er sich persönlich zu Gegnern verhielt, die Gesinnung seines Wesens erkennen. Selbst mir gegenüber, als ich ihm als junger Mann begegnete als einer der begeistertsten Wagner=Jünger, hat er keine Bemerkung fallen lassen, die meinen Enthusiasmus verletzt hätte. - - - Aussee, 7. August 1904.


    zit. v. anno.onb.ac.at

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  • 20.09.1957 - Todestag von Jean Sibelius


    Das - vom Philologen Elias Lönnrot 1849 als ''das finn. Nationalepos'' fertiggestellte - 'Kalevala' hat J. S. verschiedentlich angeregt:


    op.7: 'Kullervo' - Symph. f. Mezzo, Bariton, Männerchor u. Orch. / UA 28.04.92 (Dir. Sibelius); revid. Fassung f. Bariton u. Orch. (1917/18) / UA 14.06.57 / / op.22, 1-4: 'Lemminkäinen u. d. Mädchen auf der Insel', 'Der Schwan v. Tuonela', L. in Tuonela', 'L. zieht heimwärts' / UA d. Zweitfassung (Dir. Sibelius) 01.11.97 / / op.41: 'Kyllikki - drei lyr. Stücke f. Klavier' / / op.49: 'Pohjolas Tochter' - Symph. Fantasie f. Orch. / UA 29.06.06 (Dir. Sibelius) / / op.70: 'Luonnotar' - Tondichtung f. Sopran u. Orch. / UA 10.09.13 (Dir. Herbert Brewer) / / op.110: 'Wäinamoinens Gesang' - Kantate f. gemischten Chor u. Orchester / UA 28.06.26 (Dir. Robert Kajanus) / / op.112: 'Tapiola' - Symph. Dichtung f. gr. Orchester / UA 26.12.26 (Dir. Walter Damrosch) >Angaben lt. sibelius.fi<


    'Kalevala' enthält über 22Tsd. Verse, die in fünfzig 'Runen' zusammengefasst sind. Einzelne 'Zyklen' sind z. B. 'Lemminkäinen I. / II.' (Runen 11-15 resp. 25-30) und 'Kullervo' (Runen 31-36). Hier einige Passagen aus der - aus insg. 649 Versen bestehenden - fünfzehnten Rune...


    (3) ''Wohin ist wohl Lemminkäinen, ° Wo mein Kauko hingerathen? ° Höre nicht, daß er gekommen.''

    Ach, nicht wußt's die arme Mutter, ° Ob er nach dem Fichtenberge, ° Nach dem Heideland gegangen,

    Oder auf des Meeres Rücken, ° Auf die schaumbedeckten Fluthen, ° Oder in das Kriegsgetümmel.

    Kylikki, die schöne Hausfrau, ° In dem Hause Lemminkäinen's, ° In dem Hofe Kaukomieli's,

    Schaut am Abend nach der Bürste, ° Blicket Morgens auf dieselbe,


    (25) Da geschah's an einem Tage, ° Um die Zeit der Morgensstunde, ° Daß das Blut aus seiner Bürste,

    Roth es von dem Borsten tropfte.

    Kylikki, die schöne Hausfrau, ° Redet Worte solcher Weise: ° ''Mir ist nun mein Mann geschwunden,

    Mir mein Kauko nun verloren.'' Lemminkäinen's Mutter selber ° Rafft den Saum mit ihren Händen,

    Eilt und läuft mit allen Kräften, ° Hohe Länder wurden niedrig, ° Tiefen stiegen in die Höhe.


    (57) Kam nun zu des Nordland's Stuben, ° Fragt' und fragte nach dem Sohne.

    Louhi, Nordlands alte Wirthin, ° Gab zur Antwort solche Worte: ° ''Ist ertrunken in der Wuhne,

    In des Meeres Eis erstarret, ° Oder in des Wolfes Rachen, ° In des Bären Schlund gerathen.''

    Sprach die Mutter Lemminkäinen's: ° ''Sprichst gewiß nur lauter Lügen,

    Mein Geschlecht' verzehrt der Wolf nicht, ° Nicht der Bär den Lemminkäinen,

    Mit dem Finger wirft er Wölfe, ° Mit den Händen Bären nieder; ° Wirst du mir nicht wahrhaft sagen,

    Wohin du gesandt denselben?''


    (83) Sprach die Wirtin von Pohjola: ° ''Hab' den Mann gar wohl gespeiset, ° An des Bootes End' gesetzet,

    Um die Strömung zu durchschiffen, ° Schickte ihn die Elennthiere, ° Sie, die stolzen mir zu fangen,

    Große Hengste mir zu zügeln, ° Füllen in's Geschirr zu zwingen, ° Kann es aber nimmer wissen,

    Ob in Unglück er gerathen.'' ° Den Verschwundnen sucht die Mutter, ° Eilt durch Sümpfe gleich dem Wolfe,

    Schwimmt der Otter gleich durch Wasser, ° Eilt durch Felder gleich dem Eber, ° Frägt die Bäume nach dem Sohne.


    (131) Antwort gab gescheut die Eiche: ° ''Sorge trag' ich um mich selber, ° Da ein hartes Loos ich habe,

    Daß in Keile ich zerschnitten, ° Daß als Brennholz ich verzehret.'' ° Sprachen so zu ihr die Wege:

    ''Tragen Sorgen für uns selber, ° Da ein hartes Loos wir haben, ° Daß von Rädern wir befahren,

    Daß von Schuhen wir getreten.'' ° Und der Mond, den Gott geschaffen, ° Gab gar klüglich diese Antwort:

    ''Trage Sorge um mich selber, ° Da ein hartes Loos ich habe, ° Bei dem härtsten Frost zu leuchten,

    In dem Winter streng zu wachen, ° In dem Sommer zu verkommen''.


    (179) Also flehte sie zur Sonne: ° ''Sonne, du von Gott geschaffne, ° Hast Du meinen Sohn gesehen?''

    ''Schon gestorben er, der Ärmste, ° In dem schwarzen Flusse Tuoni's, ° In den Wasserfall gestürzet,

    In den Wirbel hingesunken ° Zu der Gränze von Tuonela, ° Zu den Thälern von Manala.''


    (194) Lemminkäinen's Mutter selber ° Gehet zu des Schmiedes Esse: ° ''Ilmarinen du, der Schmieder,

    Schmiedetst früher, schmiedetst gestern, ° Schmiede auch am heut'gen Tage ° Eine Hark' mit Schaft von Kupfer

    Und mit Zähnen starken Eisens, ° Hundert Klafter lang die Zähne, ° Fünf der Klafter lang am Schafte.''


    (210) Selbst die Mutter Lemminkäinen's ° Nimmt die Harke starken Eisens, ° Fliegt zum Flusse von Tuonela,

    Betet also zu der Sonne: ° ''Sonne, du von Gott geschaffne, ° Die den Schöpfer überstrahlet,

    Leucht' ein Weilchen voller Hitze, ° Schein ein Weilchen, daß man schwitze, ° Scheine drittens voller Schärfe,

    Schläfre ein die bösen Leute, ° Und ermüd' das Reich Tuoni's.''


    (223) Sie, das liebe Kind des Schöpfers, ° Flieget zu der Birke Höhlung, ° Senkt sich auf der Erle Krümmung,

    Scheint ein Weilchen voller Hitze, ° Scheint ein zweites, daß man schwitzet, ° scheinet drittens voller Schärfe,

    Machet matt das Volk Manala's, ° Junge Männer mit den Schwertern, ° Alte Männer an den Stäben,

    Und die mittleren am Speere, ° Schwebend fliegt sie drauf von dannen, ° Fliegt hinauf zum ebnen Himmel,

    An die alte Stätte wieder. // dt. v. Anton Schiefner; 1817/1879


    zit. v. hs-augsburg.de

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  • 24.09.1961 - die 'Dt. Oper Berlin' wird mit einer Aufführung des 'Don Giovanni' (Dir. F. Fricsay) wiedereröffnet


    aus 'Denkwürdigkeiten des Lorenzo da Ponte(). A. d. Italienischen()v. Dr. Eduard Burckhardt. Verl. v. W. Opetz: Gotha 1861'


    Ich hatte das Gerücht vernommen, der Kaiser - von welchem ich alltäglich einen neuen Zug von Humanität und Seelengröße erzählen hörte - sei gesonnen, in seiner Residenzstadt wieder ein italienisches Theater zu eröffnen. Ich hatte den Ehrgeiz, mich zum Hofpoeten ernennen lassen zu wollen. Salieri begnügte sich nicht damit, meiner Hoffnung zu schmeicheln, sondern bot sich sogar an, sich für mich beim General=Intendanten der Schauspiele zu verwenden und, wenn's sein müßte, beim Kaiser selbst. Wirklich manövrirte er so gut, daß das erste Mal, wo ich die Ehre hatte, dem Kaiser vorgestellt zu werden, nicht geschah, um ihm meine Bitte vorzutragen, sondern um ihm meine Danksagungen darzubringen.


    Die gütige Miene, die in seinem Angesicht ausgedrückt war, die Einfachheit seines Benehmens, das wenige Gepränge, das ihn umgab, ließen mich vergessen, daß ich mich einem gekrönten Haupte gegenüber befand. Er geruhte, mich über meine Privatangelegenheiten, mein Vaterland und über die Beweggründe, die mich nach Wien geführt hätten, zu befragen. Meine fast lakonischen Antworten schienen ihm zu genügen. Die letzte Frage war, wie viel Dramen ich schon geschrieben hätte. 'Keins, Sire,'' antwortete ich. ''Gut, gut,'' entgegnete er lächelnd, ''da haben wir also eine jungfräuliche Muße.'' Ohne Widerrede war jener Augenblick einer der süßesten meines Lebens.


    Die ausgezeichnete Gunst, die mir Joseph II. bezeigte, hielt mich während meiner kurzen theatralischen Laufbahn in Wien aufrecht und war mir eine weit größere Stütze als Aristoteles und alle seine Vorschriften, die ich in Wahrheit weniger gelesen und noch weniger studirt hatte; ich fühlte mich nicht nur im Stande, meinen Verlästerern die Stirn zu bieten, sondern auch ihre Anstrengungen zu verachten. Alsbald hatte ich die Genugthuung, die Componisten sich um meine Libretti bewerben zu sehen.


    Um jene Zeit lebten zu Wien nur zwei Maestri, die meiner Ansicht nach dieses Namens würdig waren. Martini - für den Augenblick der Günstling Joseph II.** - und Wolfgang Mozart, den ich damals bei seinem Freunde, den Baron von Wetzlar, kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Mozart lebte hier obscur und verkannt - in Folge der Kabalen seiner Feinde hatte (er) noch keine Gelegenheit gehabt, sein göttliches Genie kund zu geben. Ich fragte ihn, ob es ihm gelegen sei, eine eigens für ihn geschriebene Oper in Musik zu setzen. ''Das würde mit unendlichem Vergnügen geschehen,'' antwortete er mir, ''allein ich zweifle, daß ich die Erlaubnis dazu erhalte.'' // **Martin y Soler wurde 1754 in Valencia geboren. Sehr bald bürgerte sich die Abkürzung 'Martini' ein, was heute zu Verwechslungen mit (Giovanni) Martini >1706/1784< oder Jean (Paul) Martini >1741/1816< führt. 1785 folgte er dem Ruf Joseph II. nach Wien / 'Ulli' am 27.01.2006 auf tamino-klassikforum.at ((operone.de verzeichnet fünf Opern von 'Martini' auf Libretti von da Ponte, uraufgeführt 1786 u. 87 in Wien resp. 1795 in London.))


    Eines Tages fragte er mich, ob ich nicht eine Oper nach Beaumarchais' ''Hochzeit des Figaro'' schreiben könne. Der Vorschlag gefiel mir. Das Stück war kurz vorher, als in einem unmoralischen Styl geschrieben, auf Befehl des Kaisers verboten worden. Wie konnte man es von Neuem in Vorschlag bringen? Der Baron von Wetzlar bot mir in gewohnter Großmuth einen anständigen Preis; er versicherte mir, daß er, falls mein Gedicht in Wien verboten würde, es über sich nehmen wolle, es in Frankreich oder London zur Aufführung zu bringen. Ich machte mich in der Erwartung eines günstigen Augenblick an's Werk, um es dem Intendanten oder - falls ich den Muth dazu haben würde - dem Kaiser selbst vorzulegen. Martini war der Einzige, den ich in mein Vertrauen zog. Er war aus Achtung vor Mozart hochherzig genug, mir Zeit zur Vollendung meines Stückes zu lassen, bevor ich mich mit dem Seinigen beschäftigte.


    Mozart's guter Stern wollte, daß ein günstiger Augenblick sich darbot und mir gestattete, mein Manuscript direct dem Kaiser vorzulegen. ''Sie wissen'', sagte Joseph zu mir, ''daß Mozart noch nichts für den Gesang geschrieben hat, mit Ausnahme eines einzigen Stückes, daß keine große Bedeutung hat.'' ''Ich selbst,'' erwiederte ich schüchtern, ''würde ohne die Gnade des Kaisers auch nur ein Drama in Wien geschrieben haben. ''Wohl wahr, aber ich habe dieses Stück der deutschen Schauspielergesellschaft untersagt.'' ''Ich weiß es, allein bei Umformung der Komödie zu einer Oper habe ich ganze Scenen weggelassen, andere gekürzt und mich beflissen, Alles daraus verschwinden zu lassen, was den Anstand und den guten Geschmack verletzen könnte. Was die Musik anlangt, so gleicht sie - so weit ich sie beurtheilen kann - einem Meisterwerke.'' ''Gut denn, ich verlassen mich auf ihren Geschmack und ihre Umsicht.''


    Diese freudige Nachricht theilte ich (Mozart) nicht eher mit, als bis eine Depesche ihm den Befehl überbrachte, sich in den kaiserlichen Palast zu begeben. Er trug dem Kaiser - (er) hatte in Sachen der Musik, wie überhaupt für Alles, was zu den schönen Wissenschaften gehörte, einen untrüglichen Geschmack - einige Bruchstücke vor, die ihn entzückten. Trotzdem erhielt diese Musik nicht einstimmigen Beifall. Die Wiener Componisten, die es vernichtete, ermangelten nicht, es zu verkleinern und herabzusetzen.


    zit. v. digitale-sammlungen.de

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  • 28.09.1681 - Geburtstag von Johann Mattheson


    Dass der Name eines der vielseitigsten()barocken Persönlichkeiten des Musiklebens()so selten fällt, steht im krassen Gegensatz zu (seiner) unbestrittenen Bedeutung.()()Am bedeutendsten sind (seine) musikwissenschaftliche(n) Leistungen. Er war der Begründer der() Musikpublizistik schlechthin. // Dr. Andreas Ströbl auf klassik-begeistert.de


    Brieff An Herrn Mattheson. (Franckfurth / d. 14. Sept. 1718.)

    ...äußerst weitschweifig geraten - J. M. mag sich bedankt haben! - und hier zu hö. 10% wiedergegeben......


    Mein Herr,

    nachdem meinen Lebens-Lauff überschicket, soll ich noch einige Anmerckungen hierzufügen.


    Im 9. oder 10ten Jahre erlernete in recht weniger Zeit bey Herrn Benedicto Christiani - Cantore in der alten Stadt, an den ich noch jetzo danckbarlich gedencke - die Grundsätze im Singen. Hierauf nahm Lection auf dem Claviere. Dieses beydes ist alles, was in der Musik durch Anweisung begriffen. Das Uebrige that nachgehends die Natur, welche mir noch eher, als ich im Singen unterrichtet wurde, schon die Flöte und Violine und fast zugleich die Feder in die Hand gegeben hatte. So setzte ich erstlich Arietten, hernach Motetten, Instrumental-Sachen und endlich gar eine Oper zusammen, die auch vorgestellet wurde. Mitten bey diesem hitzigen Fortgange fanden sich Leute, welche meiner seel. Mutter einredeten, es wäre heut zu Tage ein gefährliches Werck um die Music - man könnte sein Brodt darbey nicht erwerben, sie wäre in aller Welt verachtet etc.


    Ich fand eine grössere Lust zur Kirchen-Arbeit, ließ die Stücke der neuern Teutschen und Italiänischen Meister mir zur Vorschrifft dienen - fand an ihrer erfindungs-vollen, singenden und zugleich arbeitsamen Arth den angenehmsten Geschmack; bin auch jetzt noch der Meynung, daß ein junger Mensch besser verfahre, wann er sich mehr in Sätzen von gedachter Sorte umsiehet als denjenigen nachzuahmen, die zwar krauß genung contra-punctiren, darbey aber nackend an Erfindung sind (oder 15 biß 20 obligate Stimmen machen, aber selbst Diogenes mit seiner Laterne kein Tröpfgen Melodie finden würde.)


    Ich hatte damahls das Glück, zum öfftern die Hannöverische und Wolffenbüttelische Capellen zu hören. Bey jener bekam ich Licht im Frantzösischen, bey dieser im Italiänischen und Theatralischen Gout - bey beyden aber lernete die diversen Naturen verschiedener Instrumenten kennen, welche selbst zu excoliren nicht unterließ. Erfahre noch biß auf den heutigen Tag, wie nöthig und nützlich es sey, diese Arten in ihren wesentlichen Stücken unterscheiden zu können - und sage, es könne, ohne solches zu wissen, niemand hurtig und glücklich im Erfinden seyn.


    Von neuem wurde mir in Magdeburg angemuthet, die Music zu verlassen und hingegen zum Studio Juridico alle meine Kräffte anzuwenden. So fand mich hierzu so geneigt, daß ich alle bißher componirte Sachen nebst denen Instrumenten zurück ließ und sie einer ewigen Vergessenheit aufopfern wolte. Am ersten Tage meiner Ankunfft in Leipzig muste sichs fügen, daß mit einem Studioso accord wurde, dessen Stuben Geselle zu werden. Ich zog ein, fand aber das gantze Zimmer wieder alles Vermuthen voll von Instrumenten. Ich hörete täglich Music darinnen, verbarg aber meine Erfahrung in dieser Wissenschafft. Solche wurde entdecket, als mein Stuben-Pursch den ehe dessen von mir gesetzten 6ten Psalm erblickte. Er nahm (diesen) zu sich, welcher den Sonntag darauf in St. Thomas-Kirche musiciret wurde. Der damahlige Bürgermeister Herr D. Romanus merckte in dieser Arbeit etwas an ((und)) fand für gut, mir zu rathen, ich möchte die Music mir anbefohlen seyn lassen. ((Er)) machte mir zu gleich Hoffnung zu einigen daraus entspringenden guten Vortheilen, trug auch zu meiner Beförderung bey der neuen Kirche ein grosses bey.


    Also trat ich wieder in mein erstes Element, welche in weniger Zeit mein gantzes Feuer wieder anbließ. Ich richtete das noch jetzo florirende** Collegium Musicum auff. Dieses ist, ob es zwar aus lauter Studiosis bestehet - deren öffters biß 40 beysammen sind -, nichts desto minder mit vielem Vergnügen anzuhören. Ein Instrument, welches man nicht darbey antrifft, wird nicht leicht zu finden seyn - zu geschweigen deren mehrentheils darinnen befindlichen guten Sänger. (Das Collegium) hat etliche mahl die Gnade gehabt, Se. Königliche Pohlnische Majestät - und andere grosse Fürsten - zu divertiren. Sonst versiehet es die Music in der neuen Kirche. Endlich gereichet es auch zu dessen Ruhme, daß es vielen Oertern solche Musicos mirgetheilet, die man jetzo unter die berühmtesten zehlet. Nicht zu vergessen ist, daß ich mit der Person und Arbeit Herrn Kuhnaus bekandt wurde. Die Gelehrsamkeit, welche dieser sonderbare Mann nebst der Music in der Jurisprudentz und ((in)) vielen Sprachen - so gar auch in der Hebräischen - besaß, weckte die Begierde in mir auf, daß ich einen Theil von dessen Qualitäten mit der Zeit erlangen möchte.


    Wie ich nun in der besten Blüthe meiner Jahre an ((den)) Hoff ((in Sorau))*** gerieth, so ist leicht zu erachten, daß ich die Hände nicht werde in den Schooß geleget haben. Erst recht fieng ich an, fleißig zu seyn und das, was zu Leipzig in Singe-Sachen gethan, allhier auch in der Instrumental-Music zu versuchen - besonders in Ouverturen, weil Se. Excellence der Herr Graf ((Erdmann II. von Promnitz)) kurtz zuvor aus Franckreich kommen waren und also dieselben liebeten. Ich wurde des Lulli und anderer guten Autoren Arbeit habhafft - und ob gleich ich in Hannover einen ziemlichen Vorschmack von dieser Art bekommen, so sahe ihr doch jetzo noch tieffer ein. Ferner wurde hier wegen der Nachbarschafft mit der Polnischen Music bekannt, wovon ich viel Gutes und veränderliches gefunden, welches mir nachgehends auch in manchen ernsthafften Sachen Dienste gethan.


    Anjetzo befinde mich in Eisenach, welches ich wohl die hohe Schule nennen kann, worinnen ich nicht allein in verschiedenen Music-Sachen zu einer wahren Soliditaet kommen, sondern bey der ungeheuchelten Gottesfurcht derer Durchl. Herrschafften einen seeligen Wunsch fand, auch hierinne stärcker zu werden.()()Endlich dancke der göttlichen Allmacht, daß sie mein Hertz zu der alleredelsten Music gelencket, die ihren Anhängern die Arbeit zur Wollust machet, die Wiederwärtigkeiten des Lebens verzuckert und von denen Hohen der Welt - wie nicht weniger von vielen vernünfftigen Leuten - getrieben und in Ehren gehalten wird.


    Und verharre / Mein Herr / Dessen ergebener und gehorsamer Diener.

    Georg Philipp Telemann.


    zit. v. wikisource.org (Fett- und Sperrdrucke vom Kalendermann!)

    **Im Gegensatz zu ähnlichen studentischen Einrichtungen blieb das C. M. auch nach T's Weggang bestehen; von 1729 bis 39 trat das 'Telemannische C. M.' unter Leitung von JSB auf. // zit. v. wikipedia.org

    ***T. war dort von 1705 - 08 Hofkapellmeister.

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  • 05.10.1762 - Uraufführung von Christoph Willibald Glucks Oper Orfeo ed Euridice** in Wien


    Aus E. T. A. Hoffmanns Erzählung Ritter Gluck. Eine Erinnerung aus dem Jahre 1809 hier eine 'capriccio-exklusive' Kurzversion. (die Sperrdrucke sind vom Kalendermann eingefügt!)


    Die Uraufführungsdaten der unten erwähnten Opern:

    Iphigenie en Aulide (nach Jean Racine) 19.04.1774, Paris

    ((Orphee et Euridice >frz. Version von**< 02.08.1774, Paris

    Armide (nach Torquato Tasso): 23.09.1777; Paris

    Iphigenie en Tauride 18.05.1779, Paris

    < - dt. Iphigenia in Tauris 23.11.1781, Wien

    Fanchon, das Leiermädchen (Komp. F. H. Himmel, Text Aug. v. Kotzebue)16.05.1804, Berlin

    >>C. W. Gluck verstirbt am 15.11.1787 in Wien.<<


    Bald sind alle Plätze besetzt; der Mohrrübenkaffee dampft, die Elegants zünden ihre Zigarros an, man spricht, man streitet über Krieg und Frieden, über die Schuhe der Mad. Bethmann, ob sie neulich grau oder grün waren, über den geschlossenen Handelsstaat usw., bis alles in eine Arie aus Fanchon zerfließt, womit eine verstimmte Harfe, ein paar nicht gestimmte Violinen, eine lungensüchtige Flöte und ein spasmatischer Fagott sich und die Zuhörer quälen.


    Dicht an dem Geländer, welches den Weberschen Bezirk von der Heerstraße trennt, atmet man freie Luft, beobachtet die Kommenden und Gehenden, ist entfernt von dem kakophonischen Getöse jenes vermaledeiten Orchesters. Nur das verwünschte Trio eines höchst niederträchtigen Walzers reißt mich aus der Traumwelt. Die kreischende Oberstimme der Violine und Flöte und des Fagotts schnarrenden Grundbaß allein höre ich; sie gehen auf und ab, fest aneinanderhaltend in Oktaven, die das Ohr zerschneiden.


    Neben mir murmelt es: ''Verwünschtes Schicksal! schon wieder ein Oktavenjäger!''


    Nie sah ich eine Gestalt, die so schnell einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht hätte(). Eine sanft gebogene Nase schloß sich an eine breite Stirn, mit merklichen Erhöhungen über den buschigen, hellgrauen Augenbrauen, unter denen die Augen mit beinahe jugendlichem Feuer - der Mann mochte über fünfzig sein - hervorblitzten. Ein skurriles Lächeln, hervorgebracht durch das sonderbare Muskelspiel in den eingefallenen Wangen, schien sich aufzulehnen gegen tiefen, melancholischen Ernst. Sowie mein Blick auf den Mann traf, schlug er die Augen nieder und schüttete mit sichtbarem Wohlgefallen Tabak in eine vor ihm stehende große Dose und feuchtete ihn mit rotem Wein aus einer Viertelsflasche an.


    Bedächtig schritt er nach den Musikanten hin, indem er öfters mit flacher Hand an die Stirn klopfte, wie jemand, der irgendeine Erinnerung wecken will. Ich sah ihn mit den Musikanten sprechen, die er mit gebietender Würde behandelte. Er kehrte zurück, und kaum hatte er sich gesetzt, als man die Ouvertüre der Iphigenia in Aulis zu spielen begann.


    Er lehnt sich zurück, hinauf ziehen sich die Augenbraunen, die Augen erglänzen, ein tiefer, innerer Schmerz löst sich auf in Wollust, die alle Fibern ergreift und krampfhaft erschüttert - tief aus der Brust zieht er den Atem, Tropfen stehen auf der Stirn; er deutet das Eintreten des Tutti und andere Hauptstellen an; seine rechte Hand verläßt den Takt nicht, mit der linken holt er sein Tuch hervor und fährt damit über das Gesicht. - So belebte er das Skelett, welches jene paar Violinen von der Ouvertüre gaben, mit Fleisch und Farben.


    Indem er das Glas Burgunder mit einem Zug hinunterstürzte, rief er aus: ''Ich bin zufrieden; das Orchester hielt sich brav!'' ''Und doch'', nahm ich das Wort - ''doch wurde nur schwache Umrisse eines Meisterwerks gegeben.'' ''Urteile ich richtig? - Sie sind kein Berliner!'' ''Ganz richtig.''

    Es entstand eine Stille, die ich nicht unterbrechen mochte, um den außerordentlichen Mann nicht aus dem Geleise zu bringen. Endlich fuhr er fort:


    ''Als ich im Raum der Träume war, schreckten mich grinsende Ungeheuer, welche mich bald in den Abgrund versenkten, bald hoch in die Lüfte emporhoben. Da fuhren Lichtstrahlen durch die Nacht, und die Lichtstrahlen waren Töne, welche mich umfingen mit lieblicher Klarheit. - Ich sah ein großes, helles Auge, das blickte in eine Orgel, und wie es blickte, schimmerten Töne in herrlichen Akkorden, wie ich sie nie gedacht hatte. Melodien strömten auf und nieder, und ich wollte untergehen; da blickte das Auge mich an und hielt mich empor über den brausenden Wellen. - Zwei Kolosse traten in glänzenden Harnischen auf mich zu: Grundton und Quinte! sie rissen mich empor, aber das Auge lächelte: ''Ich weiß, was deine Brust mit Sehnsucht erfüllt; der sanfte, weiche Jüngling Terz wird unter die Kolosse treten; du wirst seine süße Stimme hören, und meine Melodien werden dein sein.''


    - Lassen Sie uns gehen. Ich liebe sonst nicht eben die Gesellschaft; aber Sie sind kein Berliner.'' ''Ich kann nicht ergründen, was sie so gegen die Berliner einnimmt. Hier, wo die Kunst geachtet und in hohem Maße ausgeübt wird, müßte einem Manne von ihrem künstlerischen Geiste wohl sein!'' ''Sie irren, öde ist's um mich her, denn kein verwandter Geist tritt auf mich zu. Ich stehe allein.'' ''Aber die Künstler! die Komponisten!'' ''Sie kritteln und kritteln - verfeinern alles bis zur feinsten Meßlichkeit, wühlen alles durch, um nur einen armseligen Gedanken zu finden; über dem Schwatzen von Kunst, von Kunstsinn und was weiß ich - können sie nicht zum Schaffen kommen.''


    ''Wenigstens müssen Sie die herrlichen Aufführungen im Theater befriedigen.'' ''Meines junges Freundes Oper - wie heißt sie gleich? Durch das bunte Gefühl geputzter Menschen ziehen die Geister des Orkus - alles hat hier allmächtigen Klang - Teufel ich meine ja Don Juan! Aber nicht die Ouvertüre, welche Prestissimo, ohne Sinn und Verstand abgesprudelt wurde, konnt ich überstehen!''


    ''Wenn ich auch eingestehen muß, daß Mozarts Meisterwerke größtenteils hier vernachlässigt werden, so erfreuen sich doch Glucks Werke gewiß einer würdigen Darstellung.'' ''Meinen Sie? - Ich wollte einmal Iphigenia in Tauris hören. Als ich ins Theater trete, höre ich, daß man die Ouvertüre der Iphigenia in Aulis spielt. Hm - denke ich, ein Irrtum; man gibt d i e s e Iphigenia! Ich erstaune, als nun das Andante eintritt, womit die Iphigenia in Tauris anfängt. Zwanzig Jahre liegen dazwischen! Die ganze Wirkung, die ganze wohlberechnete Exposition des Trauerspiels geht verloren.'' ''Ich gestehe den Mißgriff ein. Indessen, man tut doch alles, um Glucks Werk zu heben.'' ''Ei ja!'' sagte er kurz und lächelte dann bitter und immer bittrer.


    Kaum vermochte ich ihm zu folgen, so schnell lief er die Straße hinab, bis er endlich vor einem unansehnlichen Haus stillstand. Ziemlich lange hatte er gepocht, als man endlich öffnete. Im Finstern tappend, erreichten wir ein Zimmer im obern Stock. Der Anblick überraschte mich nicht wenig. Altmodisch reich verzierte Stühle, eine Wanduhr mit vergoldetem Gehäuse und ein breiter, schwerfälliger Spiegel gaben dem Ganzen das düstere Ansehn verjährter Pracht. Ein scharfer Blick auf die Vorrichtung zum Komponieren überzeugte mich, daß seit langer Zeit nichts geschrieben sein mußte, denn ganz vergilbt war das Papier, und dickes Spinnengewebe überzog das Tintenfaß.


    Er ergriff eins der Bücher - es war Armida - und schritt feierlich zum Klavier hin. Er spielte die Ouvertüre mit vollgriffigen Akkorden, brachte so viele neue geniale Wendungen hinein, daß mein Erstaunen immer wuchs. Vorzüglich waren seine Modulationen, ohne grell zu werden, und er wußte den einfachen Hauptgedanken so viele melodiöse Melismen anzureihen, daß jene immer in verjüngter Gestalt wiederzukehren schienen. Zuweilen sang er, wenn beide Hände in künstlichen Melismen arbeiteten, das Thema mit einer angenehmen Tenorstimme; dann wußte er auf ganz besondere Weise mit der Stimme den dumpfen Ton der anschlagenden Pauke nachzuahmen.


    Die Ouvertüre war geendet, und indem er mehrere Blätter des Buchs umschlug, sagte er mit dumpfer Stimme: ''Alles dies habe ich geschrieben, als ich aus dem Reich der Träume kam. Aber ich verriet Unheiligen das Heilige, und eine eiskalte Hand faßte in dies glühende Herz! Es brach nicht; da wurde ich verdammt, zu wandeln unter den Unheiligen wie ein abgeschiedener Geist - gestaltlos, damit mich niemand kenne, bis mich die Sonnenblume wieder emporhebt zu dem Ewigen!''


    Nun sang er die Schlußszene der Armida mit einem Ausdruck, der mein Innerstes durchdrang. Auch hier wich er merklich von dem eigentlichen Originale ab; aber seine veränderte Musik war die Glucksche Szene gleichsam in höherer Potenz.


    zit. v. projekt-gutenberg.org

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  • 10.10.1813 - Geburtstag von Giuseppe Verdi


    1926 ist (im Verl. Paul Zsolnay: Berlin - Wien - Leipzig) eine erste Auswahl von dt. übersetzten (Paul Stefan >1879/1943<) Verdi-Briefen erschienen, die von Franz Werfel >1890/1945< herausgegeben und mit einer ausführlichen (''Das Bildnis Giuseppe Verdis'' übertitelten) Einleitung versehen worden ist, aus dem i. F. einige Sätze wiedergegeben sind - sicher ein interessantes Dokument einer frühen Verdi-Verehrung außerhalb Italiens....


    G. V. ist - ein ganz seltener Fall bei einem Künstler - ein Dissimulant, ein Mensch, der von seinem Leiden nicht viel Aufhebens macht. Nichts ist deutlich, was (Verdis) Menschlichkeit verraten könnte - die doch in so vielen Melodien offen sich ausgeweint hat. Wir blicken in dieses Leben, wie an in eine wohlgeordnete Stube blickt. Doch der Zauber des nicht im Finstern und Geheimnisvollen, sondern im nüchternen Licht Verborgenen lockt (den vorübergehenden Passanten) wieder zurück. Diesen Zauber haben die Briefe, die hier vorliegen.


    Aus allen Briefen des Meisters, die seinen Werken gelten, lesen wir eine merkwürdige Depression heraus - er leidet unter ihnen, ist sofort bereit, sie immer wieder umzuarbeiten. Die Biographie dieses Charakters - und dieser Opern - ist, so einfach sie erscheint, eine sehr verwickelte Aufgabe. Bedenken wir: in der Zeit, da Wagner seine Kraft auf vier Werke konzentrieren konnte, von ''Rienzi'' bis ''Lohengrin'', war Verdi gezwungen, siebzehn Opern zu schreiben. Es war das aktuelle und mächtige Bedürfnis nach seiner Musik allenthalben im Lande - der Impresario und Verleger, an dem wenige so sehr gelitten haben wie Verdi, ist nur der kaltsinnige Ausbeuter dieses nationalen Bedürfnisses.


    Das Vorherrschen des Gesanges, die Arie - zu der, nach dem tiefen Gesetz der Beschleunigung, die Cabaletta gehört wie das Allegro zum Andante -, das breitaufgebaute Finale, in das alle Stimmen münden müssen: dies war, in Italien wenigstens, in tausend Feuern geschmiedete Form, gegen die der Neuerungstrotz eines Einzelnen nichts vermocht hätte. Allerdings war diese Form ihrem Wesen nach achtzehntes Jahrhundert - die Oper stand wie ein verfallener Palast mitten im Hochwasser, ein verhaßtes Wahrzeichen des ancien regime, das die große Revolution übrig gelassen hatte. Auch Verdi war Revolutionär und Nationalist, aber auch, trotz seiner romantischen Texte, der schärfste Gegensatz eines Romantikers, denn (gerade dessen) Haupteigenschaften - Nervosität, übersinnliche Ekstase, hemmungsloses Unterliegen vor ästhetischen Reizen - fehlten ihm völlig.


    Mit ''Nabucco'' hat der Achtundzwanzigjährige das entscheidende Wort gesprochen. Ganz jenseits rein musikalischer Werte ist etwas Neues Klang geworden: Energie!! Die Scala hat einige Partituren des jungen Komponisten erworben, aber schon kommen Neapel, Venedig, Triest, Florenz. In diesem Rausche schließt (Verdi) Verträge. Aber sehr bitter drücken diese Verträge, sobald der Rausch verflogen ist! Es heißt zum Beispiel in einem solchen Kontrakt: ''Vier Monate vor der Premiere erhält der Komponist das Textbuch''. So wird der ''Rigoletto'' - da Verdi niemals Einfälle vorher notierte, sondern alle Musik ihm aus dem Wort hervorsprang - binnen vierzig Tagen vertont und instrumentiert, was rein mechanisch schon eine unfaßliche Leistung ist und künstlerisch noch weit weniger zu begreifen.


    Es hat in der ganzen Geschichte keinen Künstler gegeben, der von der ''großen Kritik'' ähnlich behandelt worden wäre. Die Rezensionen Hanslicks sind ein Beispiel dafür. Wenn dieser Stilist Wagner abschlachtet, so geschieht das mit Vorbehalten, in einer schlecht unterdrückten Ehrfurcht, gleichsam in Selbstverteidigung. Anders bei Verdi! Da streift Hanslick gemütlich seine Hemdsärmeln auf (und) zeigt mit langsamen Genuß die Komik, Gemeinheit und Erbärmlichkeit seines Opfers auf - und mit ihm die gesamte Kritik des Jahrhunderts. Keineswegs geraten die Herren in eine Verlegenheit, als dann ''Aida'', ''Othello'' und ''Fallstaff'' kommen - sie konstatieren, daß der schlechte Schüler sich gebessert habe, wagen sogar die melancholische Bemerkung, in den schlimmen Streichen der Jugend sei doch hundertmal mehr Blut gewesen als in den ''Meisterwerken'' der Reife. Wie Verdi mit den kritischen Mißhandlungen durch die intellektuellen Musikzirkel fertig wird, ist ein wunderbarer Beweis von Seelenkraft. Er verfällt in keine Überreiztheit, beruhigt sich aber ebensowenig durch seine Publikumserfolge - er versucht, aus Hohn und Tadel die Wahrheit herauszulesen, aufmerksam-unbeteiligt sich selber zu sehn.


    Der Autor von dreißig Opernpartituren, der Meister des ''Requiems'' und der ((''Quattro pezzi sacri'')) war alles eher als der Besitzer einer Herrschaft, eines schönen Ruhesitzes. Er war wirklicher Landwirt, und das in einem schöpferischen Sinne! Immer neue Einführungen und Korrekturen - Kanäle, Landpflug, Dreschmaschinen, Meiereien, ein Pferdegestüt - überraschten die skeptischen Bauern der Provinz. (Verdi) war das Gegenteil von geldsüchtig, er war wirtschaftlich. In einer Zeit des Niederganges - die Auswanderung in Italien hat erschreckenden Umfang angenommen - errichtet (er) auf seinem Grund und Boden Faktoreien >die ihm nichts als Ärger und Schaden bringen<, nur um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Bald kann er seinem Freunde, dem Grafen Arrivabene, berichten: ''Aus meinem Dorf wandert niemand mehr aus.'' Und sein prophetisches Gemüt, das während des Feldzugs von 1870 schon den Weltkrieg voraussieht, verkündet zugleich den sozialen Zusammenbruch.


    zit. v. archive.org

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  • 12.10.1951 - Uraufführung der Zweitfassung von Paul Dessaus Oper 'Die Verurteilung des Lukullus'


    Plutarch ((gest. um 125 n. Chr.)) schildert in acht Bänden bekannte historische Persönlichkeiten, in denen er charakterliche Vorbilder sah - teils auch abschreckender Art.; zit. v. wikipedia.org ((Hier ledigliche einige Zeilen vom Schluss des aus etwa einhundert DIN-A-5 Seiten bestehenden Lucullus-Kapitels...))


    Eine stille Muße und Beschäftigung mit den Wissenschaften, die Stof zu den angenehmsten Betrachtungen geben, ist für einen alten Mann, der sich den Kriegsdiensten und Staatsgeschäften entzogen, die anständigste Ergötzung. Aber die Wollust zum höchsten Endzwecke rühmlichter Thaten machen, und nach siegreichen Feldzügen die übrige Zeit des Lebens der Venus und der Schwelgerey widmen, ist keine würdige Lebensart. Man muß sich darüber um so mehr wundern, da Lucullus in seiner Jugend wohlgesittet und mäßig lebte.


    (Seine Leben) ist einer alten Comödie ziemlich ähnlich. Man liest darinnen anfänglich Haupt= und Staatsactionen und Feldzuege, darauf endlich Trinkgelage, Schmausereyen, Fackektänze und allerhand Possenspiele und Festivitäten. Zu den letztern rechne ich herrliche Gemählde und Statuen, und andere prächtige Werke der Kunst, auf die L. grosse Kosten verwendete, mit Verschwendung seines in den Feldzügen erworbenen unermeßlichen Reichthums. Noch jetzt werden die lucullischen Gärten fuer die prächtigsten unter allen kaiserlichen Gärten gehalten.


    Eben so kostbar waren die Werke, die er am Ufer des Meers und bey Neapel anlegen ließ. Er ließ Berge durchhauen und Kanäle aus dem Meere um seine Häuser herumführen. Um Tusculum** herum hatte (er) vortreffliche Sommerhäuser, mit den schönsten Aussichten. Als Pompejus ihn einmal besuchte, tadelte er daran, daß sie im Winter nicht bewohnt werden könnten. L. gab ihm mit Lachen zur Antwort: Hälst du mich denn für unverständiger als die Kraniche und Störche, daß ich nicht nach den Jahreszeiten meine Wohnung verändern könnte. Ein Praetor, der ein Schauspiel wollte auffuehren lassen, bat ihn einstmals, daß er ihm dazu Purpurröcke leihen möchte. Es würden hundert hinreichend seyn, darauf ließ ihm L darauf zweymal so viel zusenden. (Der Dichter Horaz, der dieses anführt, setzt hinzu, daß derjenige nicht reich sey, der nicht mehr habe als er wisse.) // **Stadt in den Albaner Bergen, südöstlich von Rom


    Auch durch seine mit Edelsteinen besetzten goldenen Becher und die vielen und kostbar zugerichteten Speisen zeigte L. eine Eitelkeit, die denenjenigen oft eigen ist, welche auf einmal reich werden. Er erwarb sich dadurch nur die Bewunderung des gemeinen Volks. Man rühmte den Pompejus, dem der Arzt in einer Krankheit eine Drossel zu essen verordnete, und der auf die Nachricht, daß man jetzo im Sommer nirgendswo eine Drossel kriegen könnte, als beym L. (der sie mästen liesse), sie nicht wollte vom L. holen lassen.


    Mehr Lob und Erwähnung verdienen die Kosten, welche er auf die Anschaffung vieler Bücher verwandte. Seine Bibliotheken standen jedermann offen, und in den dabey befindlichen Sälen und Gängen fanden sich beständig viele Griechen ein, die dort ganze Tage zubrachten. Oefters unterhielt sich auch L. selbst mit den gelehrten Männern, und stand ihnen auch, wenn sie es nöthig hatten, in ihren politischen Angelegenheiten bey. Ueberhaupt war sein Haus gleichsam ein griechisches **Prytaneum. Er war keiner philosophischen Secte abgeneigt, aber der (alten) akademischen Secte, die damals einen sehr geschickten Redner - ***Antiochus von Askalon, zu ihrem Lehrmeister hatte, war er vom Anfange an beonders ergeben. // **heute gelegentl. mit 'Rathaus' übersetzt / ***propagierte den urspr. 'Platonismus', in Abkehr vom 'Skeptizismus'


    L. entzog sich nicht gänzlich aller Theilnehmung an den Staatsgeschäften. Er erschien noch vor den ordentlichen Gerichten, wenn er seinen Freunden Beystand leisten konnte, und im Senate, wenn eine ehrgeizige Absicht des Pompejus hintertrieben werden sollte. Er war mit Ursache davon, daß die Verordnungen, welche Pompejus gegeben hatte, wieder aufgehoben wurden. (Dieser) nahm seine Zuflucht zum Cäsar und Crassus, mit welchen er eine Verschwörung errichtete. Er verschafte sich mit Gewalt die Bestätigung seiner Verordnungen, bey welcher Gelegenheit Cato und L. vom Markte weggejagt wurden.


    Dieser Vorfall bewog L., sich von den Staatsangelegenheiten noch mehr zu entfernen, und als nachher Cicero aus der Stadt getrieben, und Cato nach Cypern geschickt wurde, so entzog er sich ihnen gänzlich. Er soll noch vor seinem Tode ((i. J. 56 v. Chr.)) nach und nach Mangel an seinem Verstande erlitten haben. Das römische Volk nahm an dem Tode des L. eben so grossen Antheil, als wenn er im höchsten Glanze seiner Feldzüge und Staatsgeschäfte gestorben wäre. // dt. v. Gottlob Benedict von Schirach >1743/1804<


    zit. v. archive.org

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  • 18.10.1851 - in London erscheint der Roman Moby Dick; or, The Whale von Herman Melville


    1 8 4 1 (i) James F. Cooper vollendet seine 'Lederstrumpf - Erzählungen' (ii) 11.03. - Der Raddampfer 'President' verschwindet mit

    109 Menschen an Bord spurlos im Nordatlantik (iii) 11.07. - Das Satiremagazin 'Punch' erscheint erstmals / / / 1 8 4 3 (i) 02.01. -

    UA von R. Wagners 'Romantischer Oper' 'Der fliegende Holländer' (ii) 11.11. - Hans C. Andersen veröffentlicht sein Märchen

    'Das hässliche Entlein' (iii) 19.12. - Charles Dickens veröffentl. seinen Roman 'A Christmas Carol'


    1 8 4 5 (i) In Irland beginnt 'Die große Hungersnot'; bis 1849 stirbt c. 12% der irischen Bevölkerung (ii) 29.01. - Edgar A. Poe veröffentlicht sein 'Erzählgedicht' 'The Raven' (iii) 04.08. - Das brit. Auswandererschiff 'Cataraqui' strandet vor Australien; das Unglück fordert 329 Todesopfer / / / 1 8 4 6 (i) Die letzten Teile der (seit 1844 laufenden) 'Fortsetzungsgeschichte' 'Le Comte de Monte Christo' erscheinen (ii) Mit der Veröffentlichung des Romans 'Arme Leute' sowie der Novelle 'Der Doppelgänger' begründet Fjodor

    M. Dostojewski seinen Ruhm (iii) 06.12. - Konzertante UA von Hector Berlioz' 'Dramatischer Legende' 'La damnation de Faust'


    1 8 4 7 (i) Frederic Chopin veröffentlicht sein letztes Werk mit Opuszahl, die Cellosonate op.65 (ii) 14.04. - Uraufführung von Giuseppe Verdis Oper 'Macbeth' (iii) 11.09. - Stephen C. Fosters Song 'Oh! Susannah' wird erstmals öffentlich aufgeführt / / / 1 8 4 8 (i) 27.04. -

    In Frankreich und den franz. Kolonien wird die Sklaverei offiziell abgeschafft (ii) 07.05. - Das Satiremagazin 'Kladderadatsch' erscheint erstmals (iii) 31.08. - Johann Strauss' (Vater) 'Radetzky Marsch' wird erstmals öffentlich aufgeführt


    ''Shipmates, this book, containing only four chapters -- four yarns -- is one of the smallest strands in the mighty cable of the Scriptures. Yet what depths of the soul Jonah's deep sealine sound! what a pregnant lesson to us is this prophet! What a noble thing is that canticle in the fish's belly! Hoe billow-like and boisterously grand! We feel the floods surging over us; we sound with him to the kelpy bottom of the waters; sea-weed and all the slime of the sea is about us! But WHAT ist this lesson that the book of Jonah teaches?


    As we have seen, God came upon him in the whale and swallowed him down to living gulfs of doom, and with swift slantings tore him along INTO THE MIDST OF THE SEAS, where the eddying dephts sucked him ten thousand fathoms down, and THE WEEDS WERE WRAPPED ABOUT HIS HEAD, and all the watery world of woe bowled over him. Yet even then beyond the reach of any plummet -- OUT OF THE BELLY OF HELL -- when the whale grounded upon the ocean's utmost bones, even then, God heard the engulphed, repenting prophet when he cried.


    Then God spake unto the fish; and from the shuddering cold and blackness of the sea, the whale came breeching up towards the warm and pleasant sun, and all the delights of air and earth; and VOMITED OUT JONAH UPON THE DRY LAND; when the word of the Lord came a second time; and Jonah, bruised and beaten - his ears, like two sae-shells, still multitudinously murmuring of the ocean - Jonah did the Almighty's bidding. And what was that, shipmates? To preach the Truth to the face of Falsehood! That was it!


    Woe to him whom this world charms from Gospel duty! Woe to him who seeks to pour oil upon the waters when God has brewed them into a gale! Woe to him who seeks to please rather than to appal! Woe to him whose good name is more to him than goodness! Woe to him who, in this worls, courts no dishonor!''


    He dropped and fell away from himself for a moment; then lifting his face to them again, showed a deep joy in his eyes, as he cried out with a heavenly enthusiasm, -- ''But oh! shipmates! on the starboard hand of every woe, there is a sure delight; and higher the top of that delight, than than the bottom of the woe is deep. Is not the main-truck higher than the kelson is low? Delight is to him -- a far, far upward, and inward delight -- who against the proud gods and commodores of this earth, ever stands forth his own inexorable self.


    Delight is to him, who gives no quarter in the truth, and kills, burns and destroys all sin though he pluck it out from under the robes of Senatores and Judges. Delight is to him, whom all the waves of the billows of the seas of the boisterous mob can never shake from this sure Keel of the Ages. And eternal delight and deliciousness will be his, who coming to lay him down, can say with his final breath - O Father! - chiefly known to me by Thy rod - mortal or immortal, here I die. For what is man that he should live out the lifetime of his God?''


    He said no more, but slowly waving a benediction, covered his face with his hands, and so remained kneeling, till all the people had departed, and he was left alone in the place. // zit. v. gasl.org


    < - < - VOILA einige Sätze aus dem neunten (v. insg. 135!) Kapitel(n) 'The Sermon'! Der obige Absatz folgt der so genannten 'Harper Ausgabe', die von der 'Arno Schmidt Referenzbibliothek' freundlicherweise bereitgestellt worden ist. (Die hier zur besseren Übersicht in Sperrdruck gesetzten Ausdrücke stehen bei Harper lediglich in 'gesonderten Anführungszeichen'!)

    Alexa, was ist ein gerechter Lohn? 'Das weiß ich leider nicht!' Peter Kessen 'Disruptor Amazon'

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  • 25.10.1885 - Johannes Brahms' Vierte Sinfonie (e-Moll op.98) wird in Meiningen uraufgeführt


    ....was ich vor einigen J. mal zum Anlass genommen hatte, Brahms und Meiningen in die Suchmaschine einzugeben.


    (*)Die D-moll-Sonate für Violine ((op.108 / 1889)) steht ihrem innersten Wesen nach etwas abseits von ihren Vorgängerinnen, den Sonaten op.79 und 100. Sie hat vier Sätze und ist weiter und ausführlicher angelegt, ohne den intimen Reiz der andern. Nur der dritte Satz hat etwas von dem sanften lieblichen Wesen jenerm, während durch das 'Adagio' (D-dur) ein grosser, stiller und doch leidenschaftlicher Zug geht.


    ((Diese)) dritte Sonate ist 'seinem Freunde Hans v. Bülow' gewidmet. B. war dem genialen Manne durch eine Einladung nach M. näher getreten, die ihm 1881 zugegangen war. Seit jenem Jahr kam B. fast alljährlich nach M., ein stets willkommener Gast eines der kunstverständigsten deutschen Fürsten. Der 'Gesang der Parzen' ((op.89 // 1883)) aus Goethes Iphigenien (ist diesem) gewidmet. Wie wohl B. sich in M. fühlte, hat in geradezu bezaubernder Weise Widmann°° geschildert: ''Seine Aufgeräumtheit kannte keine Grenzen, und, da die hohen Herrschaften daselbst wohl bemerkten und ihrerseits glücklich waren, einem solchen Meister frohe Stunden zu bereiten, war über diese Tage ein Sonnenschein ausgegossen.'' // °°Joseph Viktor W. >1842/1911< lt. Onkel Wiki 'zu Lebzeiten einer der einflussreichsten Literaturförderer der Schweiz'


    Wie hoch Bülow B. verehrte, lehrt eine Stelle in seinen Skandinavischen Concertreiseskizzen: ''Nach zwölfjährigem, eifrigen Studium des grossen Meisters geht es mir wie dem Maler Cornelius°° bezüglich der Stadt Rom. Von einem Gaste aus der Heimat interpellirt, wie viel Zeit von nöthen sei, um die ewige Stadt gründlich kennen zu lernen, erwiderte er ärgerlich Da müssen sie einen Anderen fragen, denn ich lebe erst seit 25 Jahren hier''. Die grosse B.-Propaganda ging dann auch von M. aus. (Dessen) Klavierkonzerte, Symphonien (und) Ouvertüren bildeten nebst den Haydn-Variationen den eisernen Bestand des Concertrepertoires Bülows und seiner 'Meininger'°°. // °°Peter von Cornelius >1783/1867< Absolvent der Düsseldorfer Akademie, lt. Wiki 'einer der Hauptvertreter des Nazarener-Stils'. // °°MeiningerHofkapelle1882 - Meininger Hofkapelle – Wikipedia (v. Bülow ist 1880-85 - als Nachfolger von Adolf E. Büchner - Meininger Hofkapellmeister gewesen; es folgten Richard Strauss, Fritz Steinbach, Wilhelm Berger und Max Reger.)


    (**)1887 sprach Bülow davon, daß er gern wieder als Pianist auftreten würde, wenn er sich eine neue Aufgabe stellen könnte, die vor ihm noch keiner gelöst habe. Ich sagte: 'Es wird Ihnen nichts übrig bleiben, als das ganze Wohltemperierte Klavier an einem Abend zu absolvieren'. Bülow nahm die scherzhaft gemeinte Äußerung ernst. ''(Es) so in Kopf und Finger zu bekommen, daß man sich getrauen darf, (es) fehlerlos zu absolvieren, ist beinahe unmöglich. Aber es muß gehen - ich selbst habe schon daran gedacht. Was meinst Du dazu?'', wandte er sich an B. ''Mir imponiert das ganz und gar nicht'', entgegnete dieser, ''wenn Ihr versprecht, weiter zu plaudern, spiele ich alle vierundzwanzig sofort. Ihr könnt mich auf die Probe stellen mit einem beliebigen Viertel oder Sechstel''.


    Jeder nannte zwei Tonarten, und B. spielte die dazugehörigen Präludien und Fugen in so vollendeter Klarheit und mit so tiefer Empfindung, daß wir hingerissen zuhörten. ''Vor einer solchen Konkurrenz streiche ich die Segel'', sagte Bülow, als B. mit der es-moll-Fuge geendet hatte. Wie mit dem Klavierspielen verhielt es sich mit dem Dirigieren. Davon weiß Grosser((?)) zu erzählen, der mit °°Simrock zu ersten Aufführung der e-moll-Symphonie nach M. gekommen war. In seinem Zeitungsberichte erwähnt er nicht nur, daß B. - der auf Wunsch des Herzogs zwei Sätze im geräumten Saal wiederholte - das Orchester mit seinem Feuer elektrisierte, sondern auch, daß Bülow gestanden habe, er kenne neben Wagner keinen Dirigenten, der, wenn er sich für ein Werk interessiere, es so wie B. zu dirigieren verstehe. // °°Fritz August S. >1837/1901< war auch Verleger von Bruch, Dvorak und Johann Strauß


    (*)In M. hatte B. die Kunst des Clarinettisten der Hofcapelle Mühlfeld°° bewundern gelernt. Wiederholt hatte er sich von ihm auf seinem Instrumente vorspielen lassen - vor allem Etüden und Stücke, aus denen er so recht die Eigenart diese Instrumentes kennen lernen konnte. Die Frucht dieser Studien war zunächst das Trio in A-moll ((op.114 / 1892)) für Clavier, Clarinette - oder Bratsche - und Violoncello, ein Werk von ungemeiner Durchsichtigkeit des Baues und Schlichtheit der Empfindung. Freilich wird (es), ganz ebenso wie die beiden Sonaten ((F-Moll u. C-Dur op.120)) für Clavier und Clarinette, durch das Clarinetten-Quintett op.115 in Schatten gestellt. // °°Richard Mühlfeld verblieb bis zu seinem Tode i. J. 1907 in Meiningen, war ab 1884 auch für zwölf Jahre Soloklarinettist des Festspielorchesters in Bayreuth!


    Am 24.November 1891 wurden (die Opera) 114 und 115 zum ersten Male von dem Componisten unter Mitwirkung von Joachim°° und Mühlfeld am Meininger Hofe zu Gehör gebracht. So viel Werke B. für Kammermusik auch geschaffen hat, keines ist so durchtränkt von Wohlklang wie (op.115). ((Jede Nuance)) beweist, wie eingehend der Meister dieses Instrument auf seine künstlerische Verwendbarkeit geprüft hat. // °°mit Joseph Joachim >1831/1907< wird sich der Kalendermann zu gegebener Zeit näher beschäftigen....


    (*)aus Heinrich Riemann: Johannes B. ('Harmonie'-Verl.-Gesellschaft: Berlin 1900, Zweite Auflage); zit. v. archive.org

    (**)aus Max Kalbeck: Johannes B. (Dt. B.-Gesellschaft: Berlin 1921, Vierte Auflage); zit. v. zeno.org

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  • 26.10.1929 - Todestag von Arno Holz


    Für N. N. auf grin.com zeigen seine (1886 in Zürich erstmals erschienenen) Lieder eines Modernen ''zum ersten Mal in der dt. Literatur eine realistische Gestaltung von Großstadtproblemen''. Dort enthalten sind z. B. 'In der Sonnengasse von St. Goar' (Alexander Zemlinsky vertonte es 1901 als erstes seiner 'Zwei Brettl -Lieder') und 'Phantasus', dessen Thematik A. H. nach und nach zu einem ganzen Werk-Kosmos ausgestaltet hat... (lt. N. N. auf germanistik.uni-mainz.de führt letzterer ''direkt (zur) expressionistischen Wortkunst''). Aus den zwei 'Phantasus-Heften' v. 1898/99 nachfolgend einige Beispiele . . .


    Horche nicht hinter die Dinge. Zergrüble dich nicht. Suche nicht nach dir selbst.

    Du bist nicht!

    Du bist der blaue, verschwebende Rauch, der sich aus deiner Cigarre ringelt,

    der Tropfen, der eben aufs Fensterblech fiel,

    das leise, knisternde Lied, das durch die Stille deiner Lampe singt.


    Du liest, dass der Herzog von Devonshire jährlich 100,000 Pfund verbraucht,

    und beneidest ihn um seine Jaspispaläste. * Narr!

    Bekuck dir den braunen, grüngesprenkelten Kattunpuckel deiner alten * Zeitungsfrau.

    horch, was über deinem Fenster die Schwalbe mit ihren Jungen zwitschert,

    freue dich, wie die wilde Distel, die du nach Hause trugst, nach Honig duftet * sauge in dich die Sonne!

    Jede Sekunde, die du lebst, vergeudet über dich Schätze.


    Er kann kein Vogelgezwitscher vertragen.

    Die sogenannten Naturlaute der Nachtigallen und Lerchen * sind ihm zuwider.

    Sein Hirn * ist vollständig mit Watte tapeziert.

    In der Mitte * kauert eine kleine Rokokovenus * und piet aus Silber * in einen goldenen Nachttopf.


    Vor meinem Fenster * singt ein Vogel.

    Still hör ich zu; mein Herz vergeht.

    Er singt, * was ich als Kind besass * und dann --- vergessen.


    In graues Grün * verdämmern Riesenstämme.

    Von greisen Aesten * hängt * in langen Bärten Moos.

    Irgendwo . . hämmernd . . ein Specht.

    Kommt der Wolf? Wächst das Wunschkraut hier?

    Wird auf ihrem weissen Zelter, * lächelnd, * auf mein klopfendes Herz zu, * die Prinzessin reiten?

    Nichts.

    Wie schwarze Urweltkröten, * regungslos, * hockt am Weg der Wachholder.

    Zwischendurch * giftrot * leuchten Fliegenpilze.


    Die Lampe brennt.

    Von allen Wänden * schweigen um mich die dunklen Bücher.

    Eine kleine Fliege, die noch munter ist, * verirrt sich in den gelben Lichtkreis.

    Sie stutzt, duckt sich und tupft mit dem Rüssel das Wort

    Inferno.


    Vergeben? Ich? Dir? * Längst. * Ich thats, noch eh ichs wußte.

    Aber vergessen? Vergessen? . . . Ach, wenn ichs könnte!

    Oft, * mitten im hellsten Sonnenschein, * wenn ich fröhlich bin und ''an nichts denke'',

    plötzlich, * da, * grau hockt es vor mir, * . . . wie eine Kröte!

    Und Alles, Alles scheint mir wieder schaal. Schaal und trostlos. * Das ganze Leben.

    Und ich bin traurig. Traurig über dich . . . und mich.


    Kleine, sonnenüberströmte Gärten * mit bunten Lauben, Kürbissen und Schnittlauch.

    Noch blitzt der Thau.

    Ueber den nahen Häuserhorizont ragen Thürme.

    Durch das monotone Geräusch der Neubauten, * ab und zu, * pfeifen Fabriken, * schlagen Glocken an.

    Auf einer Hopfenstange sitzt ein Spatz.

    Ich stehe gegen einen alten Drahtzaun gelehnt * und sehe zu, wie über einem Asternbeet

    zwei Kohlweisslinge taumeln.


    Ueber den Gipfeln des Fuyi-no-yama, * auf Feuerflügeln, * hebt sich Kijo Matija, der graue Drache.

    Der Mond verblasst, * alle Sterne erblinden.

    Ich packe meinen Bogen aus Ebenholz, * spanne den federnden Bambusbügel

    und lege den silbernen Pfeil auf.

    Ich ziele.

    Mit der Nase

    stürzt er in den Baikalsee, * sein linker Hinterzeh zerquetscht den Dhawalagiri.

    Die Erde grünt, ihre Saaten schiessen, * alle Weiber gebären wieder! // zit. v. deutschestextarchiv.de


    Als sein op.93 veröffentlichte Berthold Hummel 1990 seinen 25min. 'Phantasus - Zyklus'

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