VOILA - überarbeitete Version der Kalenderblatt-Drittfassung...verkürzt, vereinfacht, verdichtet, w h a t e v e r
< < - - aha so so - also quasi eine Viert-Version jetzt UND?? wie viele Versionen gibt es von Verdis 'Don Carlos' ?? Eben
Let's start mit dem Stichtag erster Juli . . . mal seh'n ab wann ich heutig bin - - -
ein paar Ergänzungen u. Erläuterungen folgen noch in den nä. Tagen
05.07.1940 - Todestag von Carl Einstein
Vom Impressionismus aus beginnt der fröhliche Aufruhr gegen das Klassizistische. Natur war als Parole ausgegeben. Üblicher Bilderfabrikation werden Wirklichkeit und atmosphärische Lockerung entgegengehalten. Das Heroentum aus moralischer Pappe und die staatlich geschützten Zeichenformeln wurden auf den Theaterspeicher verstaut. Man gab dem Objekt nach durch Anwendung biegsamer, schmiegsamer Mittel. und begann, was man als gegenwärtige ('untheoretische') Natur erspürte, in die Fläche zu fangen. In der Literatur löst man die Pose des Helden in Bewegtheit und innere Entwicklung, statt gefrorener Synthese der Charakterzeichnung - ausgedrückt in diktiertem Pathos - gibt man begründete Analyse, eine Aufreihung gleichsam seelischer Farbflecke. Die Dichter schmiegten das Versmaß dem inneren und äußeren Vorgang an
Auch die Physik suchte (statt die festen Körper selbst zu definieren) beziehungsreiche Vorgänge - so wie der Impressionist die Arbeit des Lichts, nicht die Lichtform Rembrandts, die in Hell und Dunkel ausgewogen war. Man wollte das Sehen selbst greifen - und fand Beweglichkeiten, Zwischenstufen statt unableitbarer Form. Sehen ist nicht fertig Gegebenes - ein Umriß, ein Körper, eine Tönung -, Sehen entsteht im Licht. Der platonisierenden Ästhetik von ewiger, unabhängiger Form werden Eindrucksmoment und Erregung entgegengestellt.
In der Behandlung des Gegenständlichen waren die Impressionisten Artisten wie der Dichter Mallarme. Für diesen ist bezeichnend, daß er das gegenständlich Komplexe ausschaltet zugunsten des artistischen Zusammenklangs der Bilder. Flaubert nahm seinen Menschen den pathetischen Akzent und benutzte sie lediglich als kompositorische Mittel - um einen fast deklamierten Sprachverlauf zu bauen, der seinen Menschen (gleichsam indifferent, nihilistisch fast) gruppierte. Die Impressionisten behandeln Menschen wie Stilleben auf das Dekorative hin. Der lichthaltige Farbenprozess ist der einzig Bewegte.
Corot und Courbet hatten die Farbe ungeheuer elastisch gemacht, sie gelockert. Durch diese Leistung wurde die subjektive Malerei ermöglicht - neues Empfinden war aussprechbar, jegliche Formfrage farbig zu erfüllen. Festere Gestalt gewann der Impressionismus durch Renoir und Cezanne.
Cezanne geht von Farbteilen aus und deren Modulation. Er beginnt mit Farbatomen. Farbkörperchen werden um Zentralpunkte gelagert. Cezanne steht diametral zu den alten Meistern - er hat kein Gesamtschauen zur Verfügung, das zu individualisieren, zu bekörpern wäre. Cezanne geht vom Farbteil zur Gesamtheit, von der Sensation zur Struktur - während ehedem die farbige Empfindung als letztes dem Aufbau eingefügt wurde. Er ist groß im Notieren der Sensation - die Komposition der Figurenbilder erscheint selten hinreichend verdichtet.
Ich betone, in der Sensationsspur und deren Aufbau liegt das Abstrakte Cezannes, nicht im äußeren Kompositionsschema, das leichter faßbar ist. Ziel ist äußerste Fülle - Cezanne nannte das Verfahren realiser. Farbe war zur Voraussetzung erhoben - eine Eroberung, wie sie ähnlich sich in der Philosophie bildete, da man (an Stelle bestimmter, transzendent fester Vernunft) zuerst den Willen, dann die Empfindung zu entscheidenden Element auszeichnete.
Van Gogh will mehr aussagen als die Epidermis des Motivs - geistige Auflösung, Verwandlung. Die Impressionisten hatten begonnen, das Drama in artistische Dynamik umzubilden: nur die farbige Beziehung hatte man vom Dramatischen erübrigt. Van Gogh versuchte, die artistische Gelassenheit durch Darstellung, durch das Drama, zu durchbrechen. Die Impressionisten hatten das Literarische aus dem Bild entfernt, van Gogh aber empfand diese Literatur als Menschliches, gleichzeitig als Mittel zum großen Bild. Er blieb ein Einzelfall mit solchem Versuch. Seine Technik jedoch finden wir als jugendlichen Beginn bei den Späteren, die sich dann schnell dem komplexeren Cezanne zuwandten.
In den Briefen van Goghs findet man die Theoreme der Fauves und die Haltung der deutschen Expressionisten nahezu vorbestimmt.
- Die genaue Farbe ist nicht das Wesentliche, das man suchen muß -
- Man muß das Gesamte einer Landschaft fühlen, dies unterscheidet Cezanne von allen andern -
- Bilder aus dem Kopf haben ein künstlerischeres Aussehen als die Stücke, die nach der Natur gearbeitet sind -
- Die Malerei verspricht subtiler zu werden: mehr Musik und weniger Skulptur -
- Man muß die Ehe zweier Liebender durch die Ehe zweier Komplementärfarben ausdrücken -
- Ich versuche auszudrücken, daß das Kaffeehaus ein Ort ist, wo man verrückt ist und Verbrechen begehen kann -
Mit diesen Sätzen ist die Kunst des Matisse fast festgelegt - der sich rasch die Technik der Neoimpressionisten aneignete. Ungemein wirkte die Ausstellung des Lebenswerks des Georges Seurat (verst. 1891), die 1905 neben einer umfassenden Schau der Arbeiten van Goghs (verst. 1890) gezeigt wurde. Seurats große Kompositionen mußten beeinflußen. Man stand vor bis ins kleinste beherrschte Arbeiten - unerschütterliche Heiterkeit, bezaubernd reine Ornamentik, so geschmeidig, daß man weiterdringende Gestaltung vergaß. Hier war Fläche subtil aufgeteilt, ohne daß sie von räumlich kontrastierenden Planen durchbrochen war. Einheit und Harmonie überredeten. ''Die Lebensfreude'' entstand 1905 - klug geregelte große Farbflächen, schwingendes Zusammenwirken sollte die große Gestalt gewahren. Nicht vom Licht komme das Heil, sondern aus der Farbe, die in sich Gesetz und Form trage.
Es bleibt Ornamentik. Das Auge gleitet allzu spielend, ohne zu dichterer Raumempfindung angeregt zu sein. Die Körper binden sich nicht mir den Flächen. Man hat weggelassen, doch nicht erfunden. Matisse schrieb einmal ''Mein Traum ist eine Kunst voll Gleichgewicht, Ordnung und Ruhe'', und er vergleicht sie mit ''einem guten Lehnstuhl''. Seine Ordnung und Synthese sind allzu rasch fertig, da die entscheidenden Seherlebnisse einer bescheidenen Konzeption geopfert werden. // zit. v. archive.org