Ist klassische Musik kulturell vielseitig oder kulturell arm und selbstzentriert?

  • Um Qualität zu bewerten, braucht man Maßstäbe, mit denen man das tut. Das ist doch nun wahrlich keine neue Erkenntnis. Diese Maßstäbe muss man offen legen/benennen, wenn man verstanden werden will, und es gibt wenige Maßstäbe, die universelle Gültigkeit beanspruchen können (mit denen man also jede Art von Musik gleichermaßen bewerten könnte).

    Man müsste seine Maßstäbe benennen, wenn sie vom Üblichen abweichen.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Um Qualität zu bewerten, braucht man Maßstäbe, mit denen man das tut. Das ist doch nun wahrlich keine neue Erkenntnis. Diese Maßstäbe muss man offen legen/benennen, wenn man verstanden werden will, und es gibt wenige Maßstäbe, die universelle Gültigkeit beanspruchen können (mit denen man also jede Art von Musik gleichermaßen bewerten könnte).

    Man müsste seine Maßstäbe benennen, wenn sie vom Üblichen abweichen.

    Auch wenn sie dem Üblichen entsprechen, sollte man sie klar benennen, wenn man verstanden werden will.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Eigentlich wird in der Begründung der "Maßstab" ja indirekt mitgeliefert. Wenn man - passend zum Thema - einen Komponisten schätzt, weil er es in seinen Werken schafft, scheinbar inkompatible Kulturen zu verbinden, ohne sie zu verbiegen (insbesondere ohne die nicht-westliche zu sehr zu verbiegen), so ist in der Begründung schon abzulesen, was man sich wünscht und was nicht. Tan Dun wäre so ein Beispiel "äquidistanten" Cross-Overs. Und der wäre eigentlich eine wichtige Figur in diesem Thema hier, als ehemalige Hoffnungsfigur, die selbstzentrierte westliche Kultur von außen zu "befruchten".

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  • Das ist doch kein Konsens, weil es da gar nicht um Qualität sondern um Geschmack geht. Wenn ein Liebhaber sagt: "Mozart ist gut", meint er damit "Ich mag Mozart".

    wie willst du das trennen?

    was ist mit denen, mit den man ernsthaft diskutieren kann, und die dann sagen Wagner ist gut, obwohl sie Wagner nicht hören mögen?

    Mit denen aus deinem Beispiel kannst du dich doch gar nicht austauschen, weil die nur das gut finden, was ihnen gefällt. Nennt man Ignoranz…

    Da man sich aber hauptächlich mit dem Besten beschäftigt, wird dann "schlecht" verwendet, wenn man noch im künstlerischen Bereich bleibt.

    Nennt man das nicht Relativismus?

    Das Abschaffen der Niveaus bringt nichts, weil das suggeriert, dass es eine klare Grenze zwischen Kunst und nicht-Kunst gäbe, aber klare Grenzen gibt es natürlich nicht.

    Du differenzierst doch auch zwischen guter und schlechter Kunst: Und wo genau hört dann bei dir die schlechte Kunst auf und fängt die Nichtkunst an? Du schaffst doch nur eine neue zusätzliche Grenze (oder meinetwegen eine Unterscheidung) zwischen gut und schlecht, die sich genauso wenig fassen lässt. Auch wenn die Grenzen unscharf sind.

    Was unterscheidet jetzt einen Rembrandt von einem Rauschenberg? Einen Händel von einem Cage? Den Messiah von Händels Stücken für Flötenuhr? Ist der Rauschenberg jetzt schlechter, weil nix auf der Leinwand ist? Die Flötenuhrstuecke schlechter, weil kleinste Form und auch noch für was „Kommerzielles“ (pfui!)?

    Kannst Du doch alles gar nicht vergleichen. Damit kannst Du‘s aber auch nicht auf der selben Skala mit besser und schlechter bewerten (sind jetzt Äpfel besser oder Birnen ?) Was unterscheidet Duchamps „Fountain“ von einem normalen pissoir? Das eine ist Kunst, das andere nicht. Lässt sich nicht abgrenzen, außer durch den Kontext. Wenn ihr schon zwischen guter und schlechter Kunst unterscheidet, worin besteht denn dann der Unterschied? Woran macht ihr das Fest? Ihr könnt es doch noch nicht einmal benennen, geschweige denn fassen! Was ist jetzt das „ Unnennbare“? Der Grad der Rezeption? Nein, ich denke, da herrscht Konsens. Vor der Mona Lisa werden die Menschen im Sekundentakt vorbeigeschleust, bei den Niederländern im Louvre bist du völlig einsam. Ecclitos wirkmacht? Das ist auch eine beliebig mit Inhalt zu füllende Hülse und außer ihm will’s wohl keiner verwenden. Dass es uns andere sagen, was gute Kunst ist? woher haben es die? Die können es doch auch nicht benennen. Und die Kunst seit ca. 1900 hat so einige Kunstvorstellungen obsolet gemacht. Und nun ?Ich warte…

    Für mich ist jedes Kunstwerk subjektiv und individuell und lässt sich daher nicht mit anderen Kunstwerken vergleichen. ( die technische Ebene ist seit über 100 Jahren kein Kriterium mehr). Damit gibt es aber nur noch die Unterscheidung in Kunst und Nichtkunst, und wird einzig durch den Kontext und durch Konsens festgelegt. Alles andere ist Gefühl und Wellenschlag, auch wenn’s weh tut und gegen alte denkgewohnheiten verstößt.

    viele Grüße


    Bustopher



    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Du differenzierst doch auch zwischen guter und schlechter Kunst: Und wo genau hört dann bei dir die schlechte Kunst auf und fängt die Nichtkunst an?

    Nein, ich gehe von einem Qualitätskontinuum aus und vergleiche "besser"/"schlechter".

    Somit ist die Frage, wo die Kunst ganz aufhört nicht mehr wesentlich, während sie bei Deinem schwarz-weiß-Modell Tod oder Leben bedeutet.

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  • Du differenzierst doch auch zwischen guter und schlechter Kunst: Und wo genau hört dann bei dir die schlechte Kunst auf und fängt die Nichtkunst an?

    Nein, ich gehe von einem Qualitätskontinuum aus und vergleiche "besser"/"schlechter".

    Somit ist die Frage, wo die Kunst ganz aufhört nicht mehr wesentlich, während sie bei Deinem schwarz-weiß-Modell Tod oder Leben bedeutet.

    Nochmal: Wo hört Dein "schlechter" auf? Geht das bis ins unendliche? Und wie wäre dann ein "unendlich schlechtes" Kunstwerk beschaffen? Und was ist der Vergleichsmaßstab, der Dir eine Bewerung in "besser" und "schlechter" ermöglicht (ich weiß: ich wiederhole mich)? Mal ganz konkret (alles andere ist immer wie Seife in der Badewanne): Ist Beethovens 3. jetzt besser oder schlechter als als Haydns 104.? Auch wenn ein Kontinuum existiert, haben beide ja einen Platz darin. Und sag jetzt nicht, das hinge vom jeweils anzuwendenden Bewertungsmaßstab aus der Menge der unendlich vielen Bewertungsmaßstäbe ab, die ihrerseits wieder unendlich viele Kontinuen erzeugen würden... 8)

    viele Grüße


    Bustopher



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    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • und [wo] fängt die Nichtkunst an?

    sobald Kunst totalst ihren Zweck an sich selber verkackt und lediglich externen Zwecken dienstbar sich macht, die also nicht in ihr verortet sind:

    z.B. die bloß für kultische Zwecke funzt, standartisierte Mucke für Werbung, für reine Unterhaltung, für Propaganda; auch was sog. Warenästhetik betrifft oder etwa Hotelbild-Vorstands-Etagen-Pinselquälerei, die beflissen sich einschränkt zwecks Chill-Anspruch von Besuchern, Chefs, Gästen ... und ... und ... und ...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Nochmal: Wo hört Dein "schlechter" auf? Geht das bis ins unendliche? Und wie wäre dann ein "unendlich schlechtes" Kunstwerk beschaffen?

    na irgendwo geht es halt in nicht-kunst über, während bei dir diese grenze scharf sein müsste, weil bei dir alle kunst gleich gut ist und wenn irgendeine auch nicht-kunst sein könnte, wäre somit jede kunst gefährdet, keine zu sein.

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  • und wenn irgendeine auch nicht-kunst sein könnte, wäre somit jede kunst gefährdet, keine zu sein.

    so isses. ... wenn eine Reproduktion von Picassos Guernica wohlfeil irgend so eine Chefetage der Deutschen Bank oder Gazprom schmückt, dann kommt das als ein Schritt von Entkunstung der Kunst rüber ...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • so ist es eben nicht, weil guernica nicht irgendwo im bereich schlechte kunst/keine kunst herumgrundelt.

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  • guernica nicht irgendwo im bereich schlechte kunst/keine kunst herumgrundelt.

    so isses. ...

    ... jedoch in diesem Fall wird Guernica totalst (!) dem Zweck von Chill-, Prestige- bzw. Geltungskonsum eingeknechtet, verkackt dabei eben die eigne Autonomie. Somit wird Guernica in diesem Zusammenhang entkunstet...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Die Debatte erinnert mich gerade an einen Konkret-Artikel vor etlichen Jahren, der die Frage aufwarf, was eigentlich falsch an gefälschter Kunst sei. Ein von allen Kunstexperten für echt gehaltenes Gemälde hängt im Museum, die Leute stehen ergriffen davor. Dann kommt heraus, dass es eine Fälschung ist. Ist die künstlerische Wirkung damit auch nichtig?

  • Die Debatte erinnert mich gerade an einen Konkret-Artikel vor etlichen Jahren, der die Frage aufwarf, was eigentlich falsch an gefälschter Kunst sei. Ein von allen Kunstexperten für echt gehaltenes Gemälde hängt im Museum, die Leute stehen ergriffen davor.

    Na ja. Es geht in diesem Fall ja nicht um Guernica-Original oder -Reproduktion, sondern dass diese Piccaso-Chose zu einen Zweck runtergebrochen wird, der lediglich miesen Realitätsprinzip dienstbar ist.

    Prestige-bzw. Chill-Konsum von Guernica-Reproduktion in Chefetagen käme weit entfernt von Ergriffensein und/oder Erschütterung durch irgend ein Kunstwerk rüber ...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

    Einmal editiert, zuletzt von Amfortas09 ()

  • Die Debatte erinnert mich gerade an einen Konkret-Artikel vor etlichen Jahren, der die Frage aufwarf, was eigentlich falsch an gefälschter Kunst sei. Ein von allen Kunstexperten für echt gehaltenes Gemälde hängt im Museum, die Leute stehen ergriffen davor. Dann kommt heraus, dass es eine Fälschung ist. Ist die künstlerische Wirkung damit auch nichtig?

    Natürlich nicht. Die Leute bewundern ja nicht die Realisierung des "Werkes" (hier: die Reproduktion), sondern das "Werk an sich", also die Idee.


    Oder meinst du eine Fälschung, zu der es gar kein Original gibt? Dann gilt die Bewunderung dem (vermeintlichen) Autor, also seinen sonstigen, bekannten Werken.


    Streng genommen darf man eine solche Fälschung nicht bewundern, jedenfalls nicht aufgrund ihres künstlerischen Gehaltes. Der Fälscher könnte eine sogenannte "künstliche Intelligenz" sein (sogenannt, weil es künstliche Intelligenz nicht gibt, das sind nur Algorithmen), dann wäre das Werk per definitionem keine Kunst, weil die Kreativität fehlt. Die KI kann das "Werk" ja nur aus bekannten Werken des "echten" Künstlers und seiner damaligen Kollegen zusammensetzen. Das würde der echte Künstler aber niemals tun (außer es ist ein Scharlatan), da er einen kreativen Anspruch hat (sonst wäre er kein Künstler).


    Allerdings kann auch der Fälscher ein Künstler sein, also eigene Kreativität einbringen, aber so ein Werk kann nicht so gut sein wie das des "echten" Künstlers. Ansonsten wäre der Fälscher nämlich so gut wie der echte Künstler und bräuchte gar nicht zu fälschen.


    Natürlich ist es in der Praxis oft schwierig, die Unterschiede zu erkennen, daher weise ich immer wieder darauf hin, dass es zwar nach wie vor auf die "Wirkmächtigkeit" ankommt, dass es aber sehr wichtig ist, diese auf geeignete Art zu definieren.

    Also: Wer bewundert das Werk, und wie entwickelt sich die Bewunderung über die Zeit.


    Daher fliegen Fälschungen meistens irgendwann auf und verlieren so ihren Wert, d.h. ihre Wirkmächtigkeit. Solange aber eine Fälschung nicht auffliegt, ist es de facto keine Fälschung.


    Einfacher ausgedrückt: Kunst ist das, was wir dafür halten.

  • Propaganda

    Vorsicht: Ganz gefährliches Terrain. Da würde vieles, was heute eindeutig Kunststatus besitzt, aus dem Raster fallen, weil: Bis zur französischen Revolution wurde (ganz, ganz) viel auch (ganz, ganz) grosse Kunst produziert, um irgendwelche Herrscher zu verherrlichen (auch von Mozart - Ascanio in Alba) oder zumindest auswärtige Gäste am Hof zu beeindrucken, und wenn's auch nur die Geldverschwendung einer aufwendigen Operninszenierung ist und man z.B. zum Finale Troja in Flammen aufgehen ließ und die Kulissen verbrannte (dochdoch: hat man in München mal gemacht. Damit aber nicht gleich München mitverbrennt, hat man's open air vor der Stadt veranstaltet....)

    während bei dir diese grenze scharf sein müsste, weil bei dir alle kunst gleich gut ist

    Hab ich das wo geschrieben? Nö. Ich habe geschrieben, daß es keine schlechte Kunst gibt, weil Kunst (schon allein per definitionem und dem allgemeinen Wortgebrauch) was qualitativ Hochwertiges ist, und es damit keine schlechte Kunst gibt. Wenn's schlecht ist, ist es keine Kunst - schrob ich. Ich habe bisher übrigens immer noch kein Beispiel für schlechte Kunst bekommen... (jaja, ich weiss: nur Kontinuum von "besser" und "schlechter". Wenn man das Kontinuum in Richtung "schlechter" verfolgt, müsste dann doch aber irgendwann etwas kommen, bei dem man guten Gewissens sagen kann, dass es eindeutig schlecht ist? Oder hört das Kontinuum irgendwo auf? (Hab ich bislang auch keine Antwort darauf) Wenn man solche Begriffe in die Runde wirft, muss man auch damit rechnen, daß man sie evtl. konkretisieren muss...

    Die Debatte erinnert mich gerade an einen Konkret-Artikel vor etlichen Jahren, der die Frage aufwarf, was eigentlich falsch an gefälschter Kunst sei. Ein von allen Kunstexperten für echt gehaltenes Gemälde hängt im Museum, die Leute stehen ergriffen davor. Dann kommt heraus, dass es eine Fälschung ist. Ist die künstlerische Wirkung damit auch nichtig?

    Die Wirkung vielleicht nicht, aber der Kunststatus - zumindest wenn man Teilen der bisherigen Argumente folgt und Objekte, die lediglich wegen des schnöden Mammons halber entstanden sind, unabhängig ihrer Wirkung als nicht-Kunst betrachtet: Der Fälscher (und wenn er noch so gut einen neuen Wenauchimmer gemalt hat) hat das ja schließlich nicht "aus innerer Notwendigkeit" heraus gemacht (oder welche Worthülse der Kunstapologeten der letzten zwei Jahrhunderte man auch sonst noch verwenden möchte), sondern aus blankem, hier sogar auch noch betrügerischem Gewinnstreben... Und er hats nicht selber erfunden, sondern bereits existierende Elemente übernommen. (Diese Argument verkennt allerdings, daß kein Künstler sein Metier an sich jeweils neu erfindet, sondern auch immer nur bereits existierende Elemente einsetzt. Hier kommt dann regelmäßig der Einwurf, daß der wahre Künstler diese Elemente auch weiterentwickelt. Ja, tut er. Aber beileibe nicht alle, die er verwendet. Und an einem konkreten Kunstwerk kann's passieren, daß die Suche nach Neuentwicklungen durchaus auch mal scheitern kann.)

    Die Museen schämen sich dann jedenfalls und hängen's ab.

    viele Grüße


    Bustopher



    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • lediglich externen Zwecken dienstbar sich macht

    für Propaganda

    hier scheint mir das wesentliche in dem "lediglich" zu stecken, sonst müsste man ja auch der gesamten Kirchenmusik (und wohl auch ner Menge Bilder) den Kunststatus absprechen. das Gleiche gilt für Propaganda-Kunst: entscheidend für den Kunststatus scheint, das es eben über den Zweck hinaus Qualitäten gibt, die sich mit genuin ästhetischen Begriffen fassen lassen. Meinetwegen auch eine "Wirkung", die über die propagandistische oder zweckdienliche hinausgeht.

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Vorsicht: Ganz gefährliches Terrain. Da würde vieles, was heute eindeutig Kunststatus besitzt, aus dem Raster fallen, weil: Bis zur französischen Revolution wurde (ganz, ganz) viel auch (ganz, ganz) grosse Kunst produziert, um irgendwelche Herrscher zu verherrlichen (auch von Mozart - Ascanio in Alba) oder zumindest auswärtige Gäste am Hof zu beeindrucken, und wenn's auch nur die Geldverschwendung einer aufwendigen Operninszenierung ist und man z.B. zum Finale Troja in Flammen aufgehen ließ und die Kulissen verbrannte (dochdoch: hat man in München mal gemacht. Damit aber nicht gleich München mitverbrennt, hat man's open air vor der Stadt veranstaltet....)

    Fiel aus dem Raster und käme heute deshalb mit Kunststatus rüber, weil Doppelschlächtigkeit bzw. Doppelcharakter derartiger Chosen:
    Also einerseits kunstexternen Real-Zwecken hörig, wie z.B. Herrscherverherrlichung. :(
    Und doch andererseits scheint es darin nicht sich zu erschöpfen. :)
    Möglicherweise lässt die Art der Formgestaltung solcher Artefakte noch sowas wie Reste an Autonomie zu/übrig, weil diese dann letztlich doch noch irgendwie zweckmäßig ohne Zweck funzt. Ja, ja, okay, okay, okay, wäre im Einzelfall zu checken.
    M.E. könnten die griechische Tragödie oder bedeutende Kirchenmalerei (siehe auch Philmus-Posting) dafür auch als Top-Modells gelten: Im Kult verankert und dennoch gehen sie nicht darin auf …

    hier scheint mir das wesentliche in dem "lediglich" zu stecken, sonst müsste man ja auch der gesamten Kirchenmusik (und wohl auch ner Menge Bilder) den Kunststatus absprechen. das Gleiche gilt für Propaganda-Kunst: entscheidend für den Kunststatus scheint, das es eben über den Zweck hinaus Qualitäten gibt, die sich mit genuin ästhetischen Begriffen fassen lassen. Meinetwegen auch eine "Wirkung", die über die propagandistische oder zweckdienliche hinausgeht.

    :jaja1: :jaja1: :jaja1: :jaja1: :jaja1:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

    Einmal editiert, zuletzt von Amfortas09 ()

  • Natürlich ist es in der Praxis oft schwierig, die Unterschiede zu erkennen, daher weise ich immer wieder darauf hin, dass es zwar nach wie vor auf die "Wirkmächtigkeit" ankommt, dass es aber sehr wichtig ist, diese auf geeignete Art zu definieren.

    Also: Wer bewundert das Werk, und wie entwickelt sich die Bewunderung über die Zeit.

    :thumbup:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
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  • Hab ich das wo geschrieben? Nö. Ich habe geschrieben, daß es keine schlechte Kunst gibt, weil Kunst (schon allein per definitionem und dem allgemeinen Wortgebrauch) was qualitativ Hochwertiges ist, und es damit keine schlechte Kunst gibt. Wenn's schlecht ist, ist es keine Kunst - schrob ich. Ich habe bisher übrigens immer noch kein Beispiel für schlechte Kunst bekommen... (jaja, ich weiss: nur Kontinuum von "besser" und "schlechter". Wenn man das Kontinuum in Richtung "schlechter" verfolgt, müsste dann doch aber irgendwann etwas kommen, bei dem man guten Gewissens sagen kann, dass es eindeutig schlecht ist? Oder hört das Kontinuum irgendwo auf? (Hab ich bislang auch keine Antwort darauf) Wenn man solche Begriffe in die Runde wirft, muss man auch damit rechnen, daß man sie evtl. konkretisieren muss...

    Also was vertrittst Du jetzt eigentlich? Es ist nicht alles gleich gut, aber es gibt auch kein besser und schlechter? Was gibt's denn da für eine 3. Variante?

    :/

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  • Natürlich ist es in der Praxis oft schwierig, die Unterschiede zu erkennen, daher weise ich immer wieder darauf hin, dass es zwar nach wie vor auf die "Wirkmächtigkeit" ankommt, dass es aber sehr wichtig ist, diese auf geeignete Art zu definieren.

    Also: Wer bewundert das Werk, und wie entwickelt sich die Bewunderung über die Zeit.

    :thumbup:

    Jetzt bin ich erstaunt! Als ich anmerkte, dass die Tatsache, dass sich jemand wie Mahler sehr anerkennend über die Musik Ives äußerte, für die hohe "Wirkmächtigkeit" dessen Musik spricht, warst Du voll des Hohns. Jetzt gibt es "thumbs up"...

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

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