Streichquartett der Woche - ein lockerer Austausch

  • Liebe Forianer*innen,


    die Idee zu diesem Thread stammt aus einem anderen Klassikforum: Zum Austausch über Streichquartette versammelt sich eine Gruppe von Forianer*innen, reihum wählt Sonntag für Sonntag eine(r) aus der Gruppe ein Werk der Quartettliteratur, dieses wird dann in der folgenden Woche besprochen – bis zum nächsten Sonntag.


    Da sich ein paar Mitstreiter*innen gefunden haben und ich gebeten wurde, den Thread zu eröffnen, tue ich dies hiermit und freue mich darüber. Wenn die Diskussion ein klein wenig hilft, dazu beizutragen, dass wir uns auf einen der wichtigsten Gegenstände in der Geschichte dieses Forums konzentrieren, nämlich auf den Austausch über klassische Musik und angrenzende Gebiete, dann wäre dies mehr, als ich hoffen dürfte.


    Unhöflicherweise mache ich den Anfang mit dem Aussuchen. Es kommt übrigens m. E. gar nicht darauf an, ob man ein äußerst bekanntes oder kaum bekanntes Werk wählt oder irgendetwas dazwischen, es sollte nur genügend Substanz für den Austausch miteinander bieten. Und das ist unabhängig von der (eventuell ja zeitgebundenen) Popularität des Werks. Es spielt auch keine Rolle, ob das Werk in diesem Forum schon einen eigenen Thread hat oder nicht.


    Die initiale Liste der Teilnehmenden ist – in Reihenfolge der Meldungen:

    • Mauerblümchen
    • Wieland
    • Amethyst
    • Knulp

    Wieland würde also am nächsten Sonntag ein Quartett wählen und seine Wahl in diesem Thread mitteilen. Weitere Teilnehmende sind herzlich willkommen! Ein ausführlicher Eröffnungsbeitrag ist auf keinen Fall Pflicht; der Reiz besteht eher darin, sich nach und nach auszutauschen.


    Die Liste der bereits für eine Woche ausgewählten Quartette ist, in alphabetischer Reihenfolge der Komponistennamen:



    Im Voraus allen Moderierenden vielen Dank, so sie die hier begonnene Liste Kraft ihrer Rechte zum Editieren aktualisieren wollen!

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

    14 Mal editiert, zuletzt von Lionel ()

  • Das für die erste Woche ausgewählte Werk ist also


    Felix Mendelssohn Bartholdy: Streichquartett D-Dur op. 44 Nr. 1


    Mir gefällt daran insbesondere der jugendlich-vibrierende Impetus der Kopfsatzes, der mich an etliche ähnlicher Musiken Mendelssohns erinnert. Ich mochte dieses Werk in Aufnahmen mit den Emersons und mit dem Mandelring Quartett.


    Frohes Diskutieren!

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Mauerblümchen

    Hat den Titel des Themas von „Quartett der Woche - ein lockerer Austausch“ zu „Streichquartett der Woche - ein lockerer Austausch“ geändert.
  • Der erste Satz war offensichtlich die Vorlage zum Kopfsatz des zweiten Streichquintetts op . 87. :)

    zwischen nichtton und weißem rauschen

  • Lieber MB

    vielen Dank für den Aufschlag und die Wahl des ersten Werkes. Mendelssohn Quartette stehen bei mir hoch im Kurs, allerdings bin ich mit den drei 44ern noch nicht so vertraut wie mit 12/13 und 80. Also ein guter Anlass sich mit dem ersten der drei näher zu beschäftigen. Eine Durchsicht meiner Sammlung ergab, dass ich einige Aufnahmen davon besitze, vor allem im Rahmen von GA, aber dazu später, wenn ich die Aufnahmen auch gehört habe. Mit einer Aufnahme pro Tag sollte sich die Woche füllen lassen.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Für diejenigen, die das Werk nicht im Regal oder auf der Festplatte haben, nur noch der kurze Hinweis, dass es im Internet mehrere kostenfreie Aufnahmen des Werkes zum Anhören gibt, u.a. auch die oben erwähnte Aufnahme des Emerson SQ, die sogar mit Noten für diejenigen, die das lesen können (also nicht für mich :| ).


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    Einige Details zu dem Werk findet man hier:


    Konzerte
    www.kammermusik.org

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Das Werk hätte ich schon ein-, zweimal in der Sammlung ;) ...


    Zu op. 44 hatte ich ja vor ein paar Jahren unter meinem ersten Nick hier einen Thread verfasst und zum D-Dur Quartett folgendes geschrieben:


    Op. 44/1, D-Dur: dieses Quartett ist gewissermaßen die kammermusikalische Entsprechung der Italienischen Symphonie. Einem ausgedehnten, überschäumendem Kopfsatz folgen zwei eher kurze, ruhige Innensätze, einer davon ein Menuett. Den Abschluss bildet wie bei der Italienischen ein Saltarello/Tarantella-ähnlicher Kehraus. Dieses Quartett ist mit Sicherheit das geschlossenste der drei, und aufgrund seiner Sonderstellung als heiteres Streichquartett aus der romantischen Periode wird es sicher seinen Platz im Repertoire behaupten können.


    Mein Lieblingssatz ist sicher das zauberhafte, geheimnisvolle Menuett (v.a. das Trio), gefolgt vom Andante. Die Rahmensätze wirken auf den ersten Hörer sicherlich spektakulärer, aber so richtig gezündet haben sie bei mir nach dutzenden Malen Hören immer noch nicht. Insgaesamt bleibbt op. 44,1 wohl das Mendelssohnquartett, das mir am wenigsten gefällt - was natürlich nicht heißt, dass es mir nicht gefällt!


    Die neueste und mMn sehr, sehr gelungene Einspielung dürfte die vom Van Kuijk Quartett sein:

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ich habe das Werk soeben gehört und mich haben gerade die Ecksätze begeistert, das ist für mich ganz nahe an der Sommernachtstraum-Welt. Die Mittelsätze fielen für mich bei diesem Hördurchgang etwas ab. Aber da werde ich noch einmal "nacharbeiten".



    Gehört habe ich übrigens eine relativ neue Einspielung eines US-amerikanischen Quartetts, das bei uns noch kaum bekannt ist, nämlich das Parker Quartet. Aufmerksam wurde ich auf diese Aufnahme durch einige sehr positive Besprechungen.


    In ihrer Aufnahme der Werke op.44 Nr.1 und 3 vereinen die Streicher (...) Einflüsse von beiden Seiten des großen Teichs zu einer ganz eigenen Interpretationsidee. (...) Doch anders als manche ihrer Kollegen aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten haben die Mitglieder des Parker Quartet nicht den polierten Schönklang als Hauptziel anvisiert, sondern dringen (...) viel weiter in die Tiefenschichten der Musik vor. (Fono Forum, Januar 2017)

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Das ist witzig, denn ich empfinde eben genau die Mittelsätze als sommernachtträumlich, weswegen ich so eine Schwäche für sie habe! Die Rahmensätze dafür eher - wie im alten Post ausgeführt - mehr Richtung Italienische Symphonie. Mein Hauptproblem ist allerdings nicht der Kopfsatz, sondern der Finalsatz. Und dieses Problem habe ich nicht nur mit diesem Finalsatz, sondern mit den meisten Finalsätzen aus Mendelssohns Instrumentalwerken der mittleren Periode (grob: 1830er Jahre), d.h. alle aus op. 44, dem aus dem ersten Klaviertrio op. 49 und der Cellosonate op. 58. Sie sind irgendwie zu lang und zu unfokussiert, und auch zu wenig gewichtig. Sowohl vorher, als auch nachher höre ich dies nicht nicht - im Gegenteil! In den ersten beiden Streichquartetten sind die Finalsätze die absolute Krönung, aber auch im abschließenden f-Moll Quartett erfüllt der Finalsatz seine "dramatische Funktion" hervorragend.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Kenne das Quartett auch nicht so gut und höre mich erst mal ein (aktuell mit der Artemis-Aufnahme aus 2013).


    "Überschäumender Kopfsatz". Ja, gut gesagt. Ich dachte nach einigen Takten: Wie jung muss man sein, um so etwas zu schreiben? Dieses maximal fröhlich Überbordende wurde dann aber bald weniger. Mal abwarten.

  • Eine gute Idee! Darf ich mich der Gruppe anschliessen? Wie Wieland kenne ich die op. 44 Serie kaum und ich habe dieses Quartett wahrscheinlich noch nie - die letzte halbe Stunde ausgenommen - konzentriert gehört. So hatte dies Hörerlebnis den Reiz des Neuen. Im grossen und ganzen war es eine positive Überraschung, - ich muss also irgendwie eine eher negative Erwartungshaltung gehabt haben.

    Um am Ende anzufangen: der Schlusssatz scheint mir deutlich der schlechteste zu sein. Ich habe die ganze Zeit gewartet, ob da irgendwann etwas Überraschendes geschieht, konnte es aber nicht entdecken. Den Kopfsatz empfinde ich als zu sehr zum Orchestralen neigend (also zuwenig kammermusikalisch) und das virtuose, schneidige Thema oder Motiv zu Beginn, das so oft wiederholt wird, dass ich es nur mit Mühe aus meinem Kopf verbannen kann, hat für mich zu wenig Charme. Trotzdem ist der erste Satz reizvoll, weil er handwerklich, scheint mir, durchaus reizvoll durchgearbeitet ist. Etwas kürzer wäre vielleicht besser gewesen. Beim ersten Teil des Menuetts habe ich Langeweile befürchtet, fand dann aber die Klangfarben recht reizvoll (oben schrieb FM "geheimnisvoll").

    Merkwürdigerweise habe ich jetzt, wo ich dies schreibe, überhaupt keinen Eindruck mehr vom dritten Satz, vielleicht weil der eher banale Schlusssatz den Eindruck völlig ausgelöscht hat. Es kann gewiss auch ein gutes Zeichen sein, wenn sich etwas nicht gleich und leicht einprägt.

    Ich habe das Werk mit den Noten auf youtube gehört (also Emerson Qu.), aber habe in meinen Beständen Aufnahmen des Artis Quartetts und des Artemis Quartetts. Mit diesen Aufnahmen werde ich die nächsten Tage meine "Hausaufgaben" machen. Dann werde ich auch wissen, wie schnell sich das Werk - wenn überhaupt - "abnutzt". Zu meinen Favoriten wird es nie gehören, dafür fehlen ihm für meinen Geschmack die 'Schatten'. Ist mir halt zu viel italienische Sonne.

  • Darf ich mich der Gruppe anschliessen?

    Hiermit geschehen! Aktualisierte Liste:


    • Mauerblümchen
    • Wieland
    • Amethyst
    • Knulp
    • Abendroth

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Der Gruppe würde ich mich auch gerne anschließen. Ob ich bereits zu op. 44/1, das ich ein paar Male gehört habe, auch wenn ich mich akut nicht an Themen erinnere - wiedererkennen würde ich sie dann wohl schon -, mich äußern will, weiß ich noch nicht. Ich nehme es mir mal vor! :)


    Streichquartette stehen seit wenigen Jahren in meiner Gunst weit oben. Das ist gewiss auch ein Verdienst dieses Forums und seiner Repräsentanten ... ;)


    Übrigens freue ich mich, dass Felix Meritis wieder vor Ort ist. Man muss nicht vor allem, was in diesem Forum läuft oder gelaufen ist, eine tiefe Verbeugung machen. Doch wer von Euch ohne Fehl und Tadel, der werfe die erste Beethoven-Büste vom Keyboard!


    Es besser wissen, das tun die anderen immer.


    :wink:

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Den Kopfsatz empfinde ich als zu sehr zum Orchestralen neigend (also zuwenig kammermusikalisch)

    Damit habe ich kein Problem, das ist typisch mendelssohnsch. Die Kammermusik ist oft relativ orchestral, und die Orchestermusik oft etwas kammermusikalisch. Das Problem bei op. 44,1 für mich ist, dass ich den Schwung nicht so richtig fühle wie etwa beim Kopfsatz des Oktetts oder des 2. Streichquintetts.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Danke für den Thread. Ich wäre auch gern dabei. Heute ist es für op. 44/1 (oder andere Musik) zu spät, aber die nächsten Tage werde ich es sicher anhören.

  • Der Gruppe würde ich mich auch gerne anschließen.

    Bitte mich auch hinzuzurechnen!

    Ich wäre auch gern dabei.

    Herzlich willkommen! Schön, dass Ihr dabei seid! Die aktualisierte Liste:


    • Mauerblümchen
    • Wieland
    • Amethyst
    • Knulp
    • Abendroth
    • andréjo
    • Felix Meritis
    • Braccio

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Heute die erste Version gehört. Melos Quartett, meine erste Aufnahme dieser Werke und lange Zeit meine einzige. Heute nach längerer Pause eine Wiederbegegnung, und ich kann nun doch wieder gut verstehen, dass ich lange gar keinen Bedarf nach anderen Aufnahmen hatte. Tempi, Balance, Gesanglichkeit, Attacke, alles ganz hervorragend, finde ich. Leider ließen sie die Expo-Wiederholung im Kopfsatz weg.


    Das Stück betreffend hätte ich wie manch anderer hier auch gesagt, dass op. 44/1 zu meinen am wenigsten favorisierten Mendelssohn-Quartetten gehört. Das wiederum kann ich nun nach dem neuerlichen Hören nicht mehr nachvollziehen. Ist doch eigentlich eine wirklich runde Sache mit allen Zutaten, die Mendelssohn-Werke so wunderbar machen. Die starken Kontraste zwischen den Themen bspw. schon im Kopfsatz, die Fortspinnung der motivischen Gedanken bereits in der Exposition, die herrlich kantablen Seitenthemen in den Ecksätzen, die spezielle Atmosphäre der Binnensätze. Ja, ich finde letztendlich wahrscheinlich die emotional aufgeladenen op. 13 und v. a. op. 80 noch beeindruckender, aber dieses positivistische op. 44/1 hat doch auch viel zu bieten. Gelangweilt habe ich mich übrigens weder durch das Hauptthema des Kopfsatzes noch durch das Finale gefühlt.

  • Die Melos habe ich auch noch im Schrank, genauso wie die des Bartholdy Quartetts, welche meines Wissens die älteste (Fast-)Gesamteinspielung ist - beide mitreißend musiziert. Wenn ich dazu komme, werde ich mir aber den "Gegenpol" anhören: das Cherubini Quartett. Ich finde nämlich, op. 44,1 wird von fast allen sehr ähnlich interpretiert, die Cherubinis gehen aber sehr klassisch an die Sache heran, was beim explizit klassizistischen op. 44 ja durchaus passt. Ich freue mich jetzt schon auch die Wiederbegegnung.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

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