Streichquartett der Woche - ein lockerer Austausch

  • @ Klangqualität des Berner Streichquartetts bei Regers Opus 109:

    [...]

    Der Trick ist: Bässe rausdrehen, dann ist der Klang gar nicht mal schlecht.

    Vielleicht probiere ich das mal aus heute oder morgen und lasse mich überraschen. So richtig vorstellen kann ich es mir eigentlich gar nicht.

    Doch, doch, das hat in der Tat eine Wirkung. Schon vorher hatte ich kein Riesenproblem mit den Bernern ... aber jetzt klingt das besser.

    Und nachdem ich jetzt die Tage das Quartett dreimal gehört habe - quasi in zweieindrittel Versionen oder so -, kam es mir heute so vor, als könne man den Presto-Satz ein wenig mit Mendelssohn assoziieren. Schwer zu sagen, wie groß jetzt die moralische Beeinflussung von außen war. Wäre der Urheber des Quartetts jemand aus der zweiten Riege der Spätromantiker, vielleicht wäre dann diese Bezugsetzung interessanter. Hier scheint sie es mir halt nicht zu sein, denn erst mal hört man den Oberpfälzer Meister, und dann kommt länger nichts. ...

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • der dazu verdonnert wurde, demnächst bei einer Gedenkveranstaltung ein Reger-Werk auf der Orgel zu spielen. Hoffentlich wird das kein Kampf um jeden Ton...

    :trost: Schade übrigens, dass Dein Regerbedarf schon gedeckt ist. Mich hätte noch Deine Meinung zu Vogler und Busch interessiert.

    Meine Mendelssohnantennen schlagen überhaupt nicht an (Mendelssohn wurde ja hier einige Male genannt). Selbst das Scherzo empfinde ich Schumann (z.B. dem Scherzo aus op. 41,1) wesentlich näher als Mendelssohn.

    An Mendelssohn hätte ich auch höchstens im Scherzo gedacht, das immerhin etwas leicht Dahinhuschendes hat.

    Was ist bspw. mit der Komplexität des frühen Schönberg

    Das klingt vielversprechend. Die Schönberg-Quartette kenne ich noch weniger als die von Reger. Muss ich mal vertiefen.

    Das Spiel der Mannheimer hat mir sehr gefallen!

    Die liegen bei mir jetzt insgesamt knapp vorn, dicht gefolgt von Philharmonia. Außer Konkurrenz noch Busch.

    Was das Finale betrifft, finde ich das trotz seiner formalen Kunstfertigkeit den am wenigsten attraktiven Satz in diesem Quartett. Kann aber noch werden.

  • Interessanterweise hat mir das Finale bei den Bernern deutlich besser gefallen als bei den Drolc. Dieses Zurückhaltende, fast Anämische(?) macht für mich den Satz nicht besser verdaulich, eher im Gegenteil. Der Kopfsatz hat für mich wirklich Potenzial bei mehrmaligem Hören deutlich zu gewinnen. Ein wirklich kunstvoller Satz!

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Hier scheint sie es mir halt nicht zu sein, denn erst mal hört man den Oberpfälzer Meister, und dann kommt länger nichts

    Ja, das kann man wirklich sagen! Reger ist wirklich absolut originell und leicht erkennbar. Ich muss auch sagen, dass ich es sehr schätze, wenn ein Spätromantiker mal nicht brahmselt.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • >>Reger met Brahms in 1896, and many of his works were influenced by the older man.<<

    Johannes Brahms
    books.google.at

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • >>Reger met Brahms in 1896, and many of his works were influenced by the older man.<<

    https://books.google.at/books?id=evuOA…20reger&f=false

    Danke für das Zitat!

    Ich würde es nicht bestreiten wollen - vor allem, wenn ich an die späten Sachen denke, wie an das Klarinettenquintett. Ob vor allem deshalb, weil Brahms auch eines geschrieben hat, so herbstlich wie das von Reger? - Das könnte schon sein.

    Trotzdem: Siehe oben. Zunächst hört man Reger und dann lange nichts. :)

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Klar hat er einen ausgeprägten Personalstil, aber dass es bei ihm nicht "brahmseln" würde, halte ich für anzweifelbar.

    ;)

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • :) Ich habe Felix Meritis so verstanden, dass Reger sich nicht auf einer Wellenlänge wie Herzogenberg oder 120 andere Kandidaten bewegt - was übrigens keine Abwertung Herzogenbergs bedeuten soll, der schlicht ein überzeugender, runder, geistreicher Handwerker ist. Aber es ist halt der berühmte Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Liga. Reger gehört zur ersten, Herzogenberg zur zweiten, die (putto, Felix Meritis und) ich bisweilen sehr gerne höre(n), getreu der Devise: Es muss nicht immer Brahms sein, sonst wird es langweilig. Herzogenberg kann man von Brahms herleiten, Reger von Brahms herzuleiten, erschiene mir wenig sinnvoll. Das ändert nichts an der Richtigkeit des Zitats, das putto angeführt hat. Denn natürlich gibt es Elemente vor allem im Spätwerk, die Regers Berührung mit, Berührtsein durch Brahms zeigen.

    Vermutlich sind wir uns alle drei einig. Mein Verdacht. ;)

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Dein Verdacht ist berechtigt! ;)

    Mit "brahmseln" meine ich diese nach Brahms klingende Tonsprache, derer sich viele von Brahms Bewunderern bedienten. Vollgriffige, basslastige Grimmigkeit ^^

    Ganz klar Herzogenberg, aber auch zahlreiche andere: Gernsheim, Reinecke, von Dohnányi, früher Bartók, Elgar, etcc...

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Heute das Berner Streichquartett.

    Ich kann nicht sagen. dass das Hören mir das Nachvollziehen der Struktur des Kopfsatzes leichter gemacht hätte ... das klang für mich ziemlich verworren, so wie man sich Reger fälschlicherweise vorstellen könnte. Das klang mit den Mannheimern doch wesentlich klarer. Auch Drolc habe ich nicht so verschwurbelt in Erinnerung.

    Aber dafür herrscht in der Fuge dank des gemessenen Tempos viel Klarheit. Auch das ist etwas.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich kann nicht sagen. dass das Hören [gemeint: Berner SQ] mir das Nachvollziehen der Struktur des Kopfsatzes leichter gemacht hätte ... das klang für mich ziemlich verworren, so wie man sich Reger fälschlicherweise vorstellen könnte. Das klang mit den Mannheimern doch wesentlich klarer. Auch Drolc habe ich nicht so verschwurbelt in Erinnerung.

    Komme grad nicht so zum Reger-Hören, wie ich es mir wünschen würde. Dabei habe ich drei Aufnahmen: Berner, Drolc und Mannheimer. Ein Hörvergleich vor einiger Zeit ergab: Letztere würde ich eindeutig favorisieren, auch bei den anderen Reger-Quartetten. Was MB hier schreibt, entspricht auch meinen Eindrücken, das unterschreibe ich gern.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Komme nicht rein in das Quartett. Habe verschiedene Aufnahmen gehört, manche mehrfach. Über einzelne Stellen, die mir gefallen, komme ich nicht hinaus. Reger liegt mir nicht, stelle ich wieder einmal fest. Freue mich auf das nächste Quartett.

  • Nun ging ich der Empfehlung des b-major nach, der qua Dominantverhältnis ja von Hause aus für Regers Streichquartett Es-Dur op. 109 zuständig ist. Volltreffer!

    Das klang vom ersten Takt an in meinen Ohren sehr idiomatisch, als ob die Musik in die Interpretation einrastet. (Oder umgekehrt. :) ) Toll! Vielen Dank an b-major für diese Empfehlung!

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Woanders hast Du vom Stallgeruch gesprochen. Dann wäre es nicht nur sinnvoll, sondern sogar erforderlich, sie gebraucht zu erwerben ...

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Woanders hast Du vom Stallgeruch gesprochen.

    Jaja. Das ist dasselbe wie idiomatisch, nur weniger hochgestochen formuliert. :)

    Dann wäre es nicht nur sinnvoll, sondern sogar erforderlich, sie gebraucht zu erwerben ...

    Wieso? Gibt's bei Qobuz ... :jaja1:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Wer braucht schon die Bundesliga, wenn es so tolle Streichquartette gibt, wie sie bisher ausgesucht wurden! So bin ich mir sicher, dass ich mit meiner Freude auf das nächste Werk nicht alleine bin, auch, wenn heute noch der spannende Reger dran ist ... morgen wird dann AlexanderK uns seine Wahl des Werks für die nächste Woche mitteilen ...

    ... dann geht es so weiter:

    • Gurnemanz
    • Scherzo
    • Quasimodo

    , so ich denn nichts und niemanden übersehen habe.

    Vielleicht tritt noch jemand dieser Runde bei? Die nächste würde ansonsten wie folgt beginnen:

    • MB
    • Wieland
    • Rosamunde
    • Knulp
    • Abendroth
    • andréjo
    • Felix Meritis
    • Braccio
    • AlexanderK

    Viele Grüße

    MB

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Die Aufnahme des Münchner Keller Quartetts (mit Mitgliedern des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks) wurde laut Discogs und wikipedia 1967 erstveröffentlicht. Heute spielen Streichquartette sicher anders, aber mich hat diese Aufnahme nun (nach Bern und Drolc) noch mehr angesprochen. Meinem Höreindruck nach identifiziert sich diese Quartettformation mit der Musik total. Mir imponiert die Hingabe und Leidenschaft dieser Interpretation. Die kämpfen (für mich) wirklich um jeden Ton. Ich konstatiere (für mich) frech: Bern will es, Drolc kann es und Keller lebt es.

    Keller Quartett

    Die LP lief bei der Digitalisierung ca 2% zu schnell, was das Hören für mich sehr anstrengend macht. Hinzu kommt eine dominante 1. Violine und eine zwar für damalige Verhältnisse akzeptable Intonation, die aber heutigen Standards nicht genügen würde. Übrigens höre ich keinen einzigen Ton, der zu tief ist; wenn daneben, dann zu hoch (streichertypisch die manische Angst, zu tief zu spielen).

    Besagte Aufnahme des Keller-Quartetts (Erich Keller, Heinrich Ziehe, Franz Schessl, Max Braun) ist auch in der Gesamtaufnahme der Regerschen Kammermusik bei "Da Camera Magna" enthalten. Daraus habe ich sie gerade gehört ...

    ... also, wer Reger verschwurbelt-komplex findet, hat hier eine Chance, meine ich. Die Bayern geben sich alle Mühe, die Strukturen aufzudröseln. Und wie AlexanderK schrieb: Ja, das ist intensiv, das ist engagiert, die Herren geben alles, auch wenn, und da stimme ich Khampan zu, der technische Stand heute nicht mehr ganz konkurrenzfähig ist.

    Eher ist es noch so, dass der Dauerhochdruck irgendwann ermüden könnte.

    Aber den Kampf für die gute Sache verbunden mit dem Auflichten der Vorgänge finde ich bewundernswert, auch, wenn bei den Mannheimern alles viel souveräner klingen mag.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

    2 Mal editiert, zuletzt von Mauerblümchen (25. März 2023 um 20:52)

  • Ich habe diese Woche auch meine "Hausaufgaben" gemacht, weniger sorgfältig als geplant. Zwei Bemerkungen, die nicht direkt mit Reger zu tun haben. Früher habe ich oft mit Partituren gehört, heute finde ich das Mitlesen der Partitur eher störend. Reger gefällt mir ohne Partitur besser, als mit. Ganz spät in der Nacht, oder ganz früh morgens, was ja dasselbe ist, wirkt Musik auf mich anders als tagsüber oder am frühen abend. Um 4.30 morgens, hat mir Reger besser gefallen, als am frühen Nachmittag. An der Berner Aufnahme fand ich nichts auffällig störend, aber das mag an meinem technischen und biologischen equipment liegen. Mendelssohn oder Brahms höre ich auch nicht. Das mit Dvoraks op. 106 müsste ich überprüfen. Dieses Dvorakquartett berührt mich sehr, Regers op 109 nur stellenweise. Und wie bei allen Quartetten in diesem schönen Faden: je mehr man sie hört, desto mehr finden sie Gefallen (aber das ist wohl eine Erfahrung, die fast jeder hier macht). Und jetzt freue ich mich schon auf das nächste Quartett. Aber das Busch Quartett will ich sicher noch mit Reger hören.

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