Streichquartett der Woche - ein lockerer Austausch

  • Tatsächlich wird auf Rumänisch "cea" wie "tscha" ausgesprochen.

    Besten Dank! Und so vermarktet sich das Belcea-Q. auch international? Ich meine, ein Markenname kann ja nochmal was anderes als ein Familienname sein.


    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga
    Und wer Herr Reichelt ist, weiß ich auch erst seit Montag. --- Prof. Dr. Christian Drosten

  • Null Ahnung!

    Aber da wir bei Trivia sind, kann ich sagen, dass die stabilen Elemente des Pavel Haas Quartetts Peter Jarůšek und Veronika Jarůšková trotz der tschechischen Schreibweise Slowaken sind.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Meine Wahl für das Quartett dieser Woche stammt wieder von einem Jubilar. György Ligeti wäre 2023 100 Jahre alt geworden. Derzeit kommt er hier im Forum tatsächlich auch gar nicht so selten vor. Zu seinen Quartetten gibt es bereits einen Thread mit einer sehr schönen Einführung zu Quartett Nr. 1. In der kommenden Woche soll es aber um sein zweites Streichquartett gehen.


    Ligeti komponierte es 1968, 1969 wurde es vom LaSalle Quartet in Baden Baden uraufgeführt. Die Widmung lautet “For the LaSalle Quartet in Memory of Alfred Friedlander”, Auftraggeber waren J. K. S. und der Südwestfunk Baden Baden. Weder zu Friedlander noch zu J. K. S. habe ich auf die Schnelle nähere Informationen gefunden.


    Schon ein Blick auf die Angabe zur Aufführungsdauer - “ca. 21 ½ Minuten” - zeigt, dass es sich um ein sehr durchgeplantes Werk handelt. Ergänzt werden Spielanweisungen für Mikrointervalle - Ligeti drittelt Halbtonintervalle z. B. in drei Abschnitte -, für die Ausführung von Flautandi. Tremoli etc. Die Vorstellungen des Komponisten zu all diesen Details sind sehr klar und werden sehr konkret vorgegeben.


    Das Streichquartett hat fünf Sätze:

    Allegro nervoso - Sostenuto, molto calmo - Come un meccanismo di precisione - Presto furioso, brutale, tumultoso - Allegro con delicatezza, stets sehr mild.


    Neben der Mikrotonalität kommt auch Polyrhythmik als häufiges Gestaltungsmittel zum Einsatz. Bspw. setzt der dritte Satz (zunächst pizzicato und con sordino) mit parallelen Achteln ein, ab dem zweiten Takt beginnt die erste Violine mit einer halbtaktigen metrischen Steigerung (Quintuolen, Sextuolen etc. bis auf 12 Schläge je Takthälfte), die mit einem Takt Verzögerung versetzt von den anderen Stimmen nachvollzogen wird, so dass z. B. in Takt 9 vier unterschiedliche Metren parallel zu spielen sind. Derlei Verschiebungen kommen häufig vor.


    Überhaupt strotzt das gesamte Werk vor technischen Höchstanforderungen. Freie Einzeltöne im Diskant, wilde Sprünge, chromatische Skalen in irrwitziger Geschwindigkeit, mehrstimmiges Spiel in den Einzelstimmen, minutiöse Vorgaben zur Artikulation mit Wechsel in rascher Abfolge, und das alles noch vertikal zu integrieren.


    Im Netz wird erwähnt, Ligeti habe auf Vorbilder Bezug genommen, konkret Beethoven (op. 130/132), Mozart (KV 465), Bartók (Nr. 4 und 5) und Bergs Lyrische Suite. Zumal Bartók kann ich gut nachvollziehen, insbesondere wegen der Sätze drei und vier. Die übrigen Verbindungen konnte ich bei den bisherigen Hördurchgängen noch nicht erkennen.


    Ich erlebe das Werk bislang als beeindruckend, aber auch schwer zugänglich, da es anders organisiert ist als ich es von den mir vertrauten Quartettkompositionen gewohnt bin. Ich bin aber zuversichtlich, dass der Zugang im Lauf der Woche mit Eurer Unterstützung leichter wird.


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  • Sehr schöne Wahl, vielen Dank! Vor längerer Zeit hatte ich mich in der Tat mit dem Vorgängerwerk beschäftigt und wollte dann gleich auch eine Annäherung an Nr. 2 versuchen, dazu ist es bisher nicht gekommen ... aber jetzt.


    Bin sehr gespannt! Irgendwo steht hier noch die Partitur herum. Mittlerweile gibt es ja auch einige Aufnahmen, angefangen mit den uraufführenden LaSalles. (Nachtrag: UA 14. Dezember 1969, Aufnahme ebenfalls Dezember 1969. Sozusagen ganz frisch.)

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Übrigens auch nicht uninteressant, aber purer Zufall und ohne Einfluss auf meine Auswahl: Das Dutilleux-Konzert aus dem Parallelthread und das aktuelle SQdW wurden fast zur gleichen Zeit komponiert.

  • Vielen Dank, Braccio - ebenso für die Noten. Gehört habe ich das Quartett, oft gewiss nicht. Ligeti hatte ja seine stilistischen Phasen - hier eine der frühen oder die frühe, das habe ich jetzt nicht so im Hörblickfeld. Was die Mikrotonalität anbelangt, ist die letzte Phase (Violinkonzert, Horntrio) weniger auf die Klangfläche bezogen, sondern eher auf Einzelphänomene (Hornstimmung, Okarinas). Falls man das so formulieren kann. Ansonsten - wie gesagt - fehlen mir das Hörbewusstsein und das Hintergrundswissen bei den Streichquartetten.


    [Übrigens hatte ich wegen der Zehennägel eine Idee, die ich für mich behalten habe - und das war auch sinnvoll. Ich dachte an Ben Johnston ...]


    Auch MBs Thread ist mit Sicherheit wertvoll!


    :) Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Vielen Dank auch von mir lieber Braccio für die Auswahl! Das (um)entscheidet wie schon letztes Mal (im Sinne einer wöchentlichen Abwechslung) massiv meine Auswahl für die nächste Woche, ist insofern eine "Steilvorlage"... ;)

    Also kommt bei mir die nächsten Tage wieder diese CD in den Player, bin schon gespannt...


    .

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Ligeti 2 ist ein Hörabenteuer, dem ich mich immer wieder gerne unterziehe.


    Heute mit dem Parker Quartet, deren Aufnahme 2011 den Grammy für die beste Kammermusikeinspielung einheimste.


    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • hier eine der frühen oder die frühe

    Die frühe ist es denke ich nicht, lieber Wolfgang, da hätte ich die Sachen vor Köln, also vor 1960 oder so eingeordnet, aber so sattelfest bin ich bei Ligeti leider nicht.

    Das (um)entscheidet wie schon letztes Mal (im Sinne einer wöchentlichen Abwechslung) massiv meine Auswahl für die nächste Woche

    Oh, ich hoffe, dass ich keine Unannehmlichkeiten verursacht habe, lieber Alexander ;) Artemis habe ich heute auch schon gehört. Starke Aufnahme, finde ich.

    Parker Quartet

    Stimmt, lieber Wieland, die setze ich mir auch noch aufs Programm. Sehr gutes Quartett.

  • Die "Schlusschoräle" von erstem und zweitem Satz sind einander recht ähnlich.

    Und der dritte Satz erinnert mich ein wenig an "Continuum" und "Coulée", und auch das "Poème symphonique" lässt grüßen.

    Das Finale hat tatsächlich mit seiner Motorik, sein extrem raschen Bewegungen, so etwas wie Finalcharakter ... also, so ungefähr zwischen der vierten und fünften Metaebene ...

    Diesen Hin- und Querverweisen werde ich die Woche auch mal nachgehen.

  • [Übrigens hatte ich wegen der Zehennägel eine Idee, die ich für mich behalten habe - und das war auch sinnvoll. Ich dachte an Ben Johnston ...]

    Johnston überlasse ich Dir Grins1 . Aber ein bisschen Mikrotonalität gibt's ja bei Ligeti auch.

  • Die frühe ist es denke ich nicht, lieber Wolfgang, da hätte ich die Sachen vor Köln, also vor 1960 oder so eingeordnet, aber so sattelfest bin ich bei Ligeti leider nicht.

    Das ist völlig richtig, werter Braccio, und daran habe ich nicht gedacht. Es sind die noch recht konventionellen, aber sicher gut zu hörenden Nummern wie das Concert Romanesc.

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • [Übrigens hatte ich wegen der Zehennägel eine Idee, die ich für mich behalten habe - und das war auch sinnvoll. Ich dachte an Ben Johnston ...]

    Johnston überlasse ich Dir Grins1 . Aber ein bisschen Mikrotonalität gibt's ja bei Ligeti auch.

    Das hat ja noch Zeit - und dann mache ich wahrscheinlich trotzdem was anderes. ;) :)

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Auch MBs Thread ist mit Sicherheit wertvoll!

    In diesem Zusammenhang bestimmt nicht - zu Ligeti SQ 2 ist mir seinerzeit nix Belastbares eingefallen ... :schaem1:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Auch MBs Thread ist mit Sicherheit wertvoll!

    In diesem Zusammenhang bestimmt nicht - zu Ligeti SQ 2 ist mir seinerzeit nix Belastbares eingefallen ... :schaem1:

    ;) Dann ergänze ich meine Lieblingsabkürzung, die jede Diskussion voranbringt: iwS ...

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Auf der Website von Kammermusik Basel findet sich folgendes Ligetizitat:

    Zitat

    Gemäss Ligetis Aussage, sind die Sätze «unterirdisch miteinander verbunden, es gibt geheime Korrespondenzen, fast Reime, ... alle fünf Sätze sind sozusagen gleichzeitig anwesend»

    Ich muss zugeben, dass ich die geheimen Korrespondenzen noch nicht erfasst habe. Ich tue mich auch mit den Verweisen auf die "großen Vorbilder" schwer, die Ligeti ja selbst genannt hat. Ja, meinetwegen die Fünfsätzigkeit und Bartók, wobei das Ligetistück aber keine Bogenform hat. Die Satztitel und die Lyrische Suite von Berg. Ja, mag sein. Wo hört Ihr Anspielungen auf Mozart oder Beethoven? Und die unterirdische Verbindung?

  • Misha Amory, der Bratschist des Brentano Quartetts hat über das Ligeti Quartett etwas ausführlicher geschrieben:


    Ligeti Quartet #2
    György Ligeti wrote the second of his two String Quartets in 1968, when he was in his mid-forties and already a noted composer at the forefront of the European…
    www.brentanoquartet.com

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Danke für den Link!

    Amory schreibt u. a. zur unterirdischen Verbindung:

    Zitat

    However, this theme is not a melody or a leitmotif as an earlier composer might have used to bind a work together. Rather, it is a commitment to an idea of texture: several instruments are engaged in a single texture, wherein they sometimes meld together almost into unanimity, and at other times drift apart and become more distinct from one another, but never lose their textural similarity. Sometimes only two or three voices are involved, but more often it is all four instruments. This “micropolyphonic” technique is the abiding idea of the piece, applied repeatedly across its many changeable atmospheres.

    Wenn ich es also richtig verstehe, wird jeder Satz durch eine "Textur" bestimmt, innerhalb derer sich die Instrumente bewegen. Und der übergreifende strukturelle Zusammenhalt ergibt sich dadurch, dass dieses Prinzip für jeden Satz gilt. Ist das gemeint? Was wäre aber daran wieder mikropholyphon? :/

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