Musikstück der Woche - ein lockerer Austausch

  • Die Organisations-Diskussion zu diesem Thread findet sich jetzt hier.


    audi




    Den Rat von Gurnemanz nehme ich gern an. Es geht also direkt los mit:


    Dutilleux: Tout un monde lointain...


    Merkwürdiger Titel für ein Werk, das nicht wirklich der Gattung Cellokonzert zuzuordnen ist, aber auch keine Sinfonie ist. Eine träumerische Orchesterfantasie über Zitate aus dem Werk von Baudelaire mit cello-konzertanten Elementen?


    Das Werk, komponiert zwischen 1967 und 1970 hatte und hat Erfolg, wurde vielfach aufgenommen und wird bis heute aufgeführt (Ende Juni in mit Queyras in Hamburg, ratet, wer dabei sein wird).

    Der Titel entstammt Baudelaires Werk La chevelure: "Tout un monde lointain, absent, presque défunt.


    Jeder der fünf Sätze trägt einen Titel sowie ein Zitat aus Baudelaires Les fleurs du mal. Mir ist dabei nicht klar, ob über die Titel und Zitate hinaus die jeweiligen Gedichte, denen die Zitate entstammen für das musikalische Verständnis weiterführend sind.


    Eine erste Orientierung mag die Wikipedia-Seite bieten: https://en.wikipedia.org/wiki/Tout_un_monde_lointain…


    Das beliebte Mitlese-Video gibt es auch zu diesem Werk:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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    Veranschlagte Zeit: Zweieinhalb Wochen (bis zum Samstag, den 24.06.). Man mag sich ja womöglch nicht nur mit der Musik beschäftigen, sondern auch ggf. erneut ein wenig Baudelaire lesen.



    Übersicht über die in diesem Thread ausgewählten Werke in alphabetischer Reihenfolge der Komponistennamen:


    5 Mal editiert, zuletzt von Lionel ()

  • Jö, ein Stück, das ich kenne und im Regal stehen habe.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Für mich ist es ein Stück, dass ich noch nicht kenne. Es gibt in Frankreich nach dem Krieg ja zwei Strömungen, zwei Arten von "klassischer Musik": Die einen sind ausdrücklich antiromantisch in ihrer Haltung und schreiben manchmal etwas schräge, sehr lebendige Musik, die ganz viele Elemente auch aus der Unterhaltungsmusik aufgreift. Die anderen sind avantgardistischer und machen eine expressive, irgendwie mystische, schwer fassbare Musik. Und während ich die erste Haltung (mit Poulenc, Ibert, Sauguet und wie sie alle heißen) sehe, sehr liebe, kann ich mit der anderen (von Messiaen, Jolivet, Daniel-Lesur) trotz viele Versuche einfach nichts anfangen. Nach meinen Begegnungen im Konzert steckt Dutilleuxs Musik für mich in der zweiten Schublade, bei Messiaen und Jolivet und den Franzosen, bei denen ich keine Ahnung habe, was sie mir mit ihrem ziellosen, sphärischen Herumwabern eigentlich sagen wollen. ;)


    Daher ist Dutilleux auch ein Komponist, den ich zwar kenne (für einen Komponisten, der bis vor wenigen Jahren noch gelebt hat, wird er ja ziemlich viel gespielt), von dem ich auch das eine oder andere Stück schon gehört habe, mit dem ich mich aber nie wirklich beschäftigt habe. Ich nehme mir das nun gerne vor und werde heute Abend anfangen, dieses Cellokonzert, das mir bisher nur dem Titel nach bekannt ist, zu hören.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Die Charakterisierung der "2 Strömungen" war für mich jetzt sehr ungewöhnlich ... neben Messiaen gab's ja noch Boulez, Barraqué und Grisey bzw. Pierre Schaeffer, Pierre Henry und Luc Ferrari, die Dir sicher noch weit ferner liegen, aber weniger vergessen sind als etwa Daniel-Lesur.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Vorwort zum Dutilleux-Buch

    Henri Dutilleux
    www.google.at

    >>Henri Dutilleux (1916-2013) ist zusammen mit Olivier Messiaen und Pierre Boulez einer der drei großen französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts.<<

    Öm, hüstel, nö.

    ;)


    Das Stück wird auf Seiten 99-116 ausführlich besprochen.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Ich muss sagen, dass ich die Musik von Dutilleux eigentlich für ziemlich gemäßigt modern und für sehr fasslich halte. Mag das ziemlich sehr - hab aber lange nichts mehr von ihm gehört. Umso mehr freue ich mich über den Anlass, das heute Abend mal wieder zu tun.


    Adieu

    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Danke für die Wahl! Steht im Regal, gewiss zwei- oder dreimal gehört, aber ehrlicherweise nie intensiv. Danke für den Impuls! Freue mich aufs Hören.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Erste Begegnung - vielen Dank, Knulp! - mit einer Aufnahme mit Lynn Harrell und dem Orchestre National de France mit Charles Dutoit am Pult. Aufgenommen 1993. Bei discogs steht an einer Stelle dazu (ob es stimmt?) "The concertos were recorded in the presence of the composer, who made a certain additions to the score during the sessions."



    Ein feiner Einstieg.

  • Dutilleux schätze ich sehr. Von den beiden Solokonzerten bevorzuge ich das für Violine, setze mich aber auch gerne mit dem für Violoncello auseinander und kenne zwei Aufnahmen - oder sind es sogar drei? Meines Wissens wird es auch häufiger gespielt und wurde häufiger aufgenommen im Vergleich mit dem Violinkonzert.


    Vielleicht schafft der Thread für mich eine echte Annäherung, was die Präferenz anbelangt - wer weiß?


    Vorfreude und besten Dank an Knulp!


    :) Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich bin hier auch dabei (außer bei Opern, die ertrage ich nicht). :P


    Das Dutilleux-Werk kenne ich nicht, besitze auch keine Aufnahme. Genauer gesagt: Ich kenne gar kein Werk dieses Komponisten. Aber ich höre mir das in den nächsten Tagen mal irgendwo an.


    LG, Cosima

  • Dank auch von mi, lieber Knulp, für die Auswahl. Dutilleux ist mir bislang nur einmal im Konzert untergekommen, gerade das Cello-Konzert, irgendwann in den 90igern mit Metzmacher am Pult (den Cellisten habe ich peinlicherweise vergessen). Damals hat es mich sehr beeindruckt, was aber (leider) nicht dazu geführt hat, dass ich mehr von diesem Komponisten gehört habe.

    Von daher freue ich mich, dass ich das nun endlich korrigieren kann, auch wenn es zunächst einmal eine 'Wiederholung' ist.


    :wink:Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Mal ein paar erste Eindrücke, gewonnen mit Johannes Moser und dem RSO Berlin unter Thomas Søndergård.

    Ich tue mich erstmal etwas schwer, weil ich wenig an Melodie oder für mich erkennbarem formalen Gerüst zum Festhalten finde. Umso beeindruckender dafür der Klang, vor allem die Instrumentation. Äußerst differenziert kommt mir das vor, sehr suggestive Kombinationen zwischen Schlagwerk, Celesta, Harfen. Riesenorchester, aber oft kammermusikalischer Klang.

    Baudelaire kenne ich leider gar nicht :versteck1: , kann daher auch noch keinerlei Bezüge zu den Gedichten herstellen.

    Mal sehen, ob die Sicht die nächsten Tage klarer wird.

  • Eben erstmals in der gezeigten Aufnahme gehört. Bin spontan von der klanglichen Vielfalt beeindruckt, die die auf mich meist ernst, düster, ja bedrohlich wirkenden (Klang)Räume des Stückes nie so ganz bis in den letzten dunklen Winkel beleuchtet, angetan. Das Baudelaires böse Blumen hier irgendwo im Hintergrund blühen sollen, kann ich mir gut vorstellen.



    :wink: Agravain

  • Habe mir jetzt diese CD bestellt und bin gespannt aufs Kennenlernen:



    Vgl. auch diese Kurzrezension:


    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz
    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Hier läuft die angeblich (Wiki) zweite Aufnahme in der Geschichte des Werks:


    Arto Noras, Violoncello

    Finnish Radio Symphony Orchestra

    Jukka-Pekka Saraste

    1992



    Wiki behauptet, dass das Stück mit einem 12notigen Thema im Cello beginnt und beruft sich dabei auf einen kurzen Artikel von Michael Jameson

    Tout un monde lointain. . ., ... | Details | AllMusic


    Die von Scherzo dankenswerterweise eingestellten Noten zeigen jedoch eingangs kein 12 notiges Thema im Cello ... sechs Töne Aufstieg, Wiederholung des sechsten Tons, zehn Töne jäher Absturz. - Der nächste Anlauf des Cellos hat schon elf Töne - immerhin -, ihm folgt abermals ein Absturz. Wenn man die erste Note dieses zweiten Absturz hinzuzählte, käme man auf zwölf. Auch der dritte Anlauf bringt es "nur" auf elf Töne.


    Kann jemand dieses Rätsel läsen?

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • ernst, düster, ja bedrohlich

    und für mich oft rätselhaft, geheimnisvoll, schwer greifbar

    ... und doch über weite Strecke sehr licht im Klang, eher materiearm-gewebeartig, gar nicht schwer oder lastend ...

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

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