Musikstück der Woche - ein lockerer Austausch

  • Die bei Bruckner am Ende des Finales so häufige Apotheose des Hauptgedankens aus dem 1.Satz hat schon auch etwas - zyklisches.

    Ich meine, zu verstehen, was Du meinst. Ich halte den Gedanken, dass "irgendetwas Zyklisches" darin sei, wenn das Anfangsthema am Ende wieder erscheint, dennoch nicht für richtig.


    Das Thema ist ja verwandelt, ist in der Apo-theo-se zum Theos geworden, Es kann deswegen nicht einfach wieder von vorne losgehen - das müsste aber möglich sein, wenn es zyklisch wäre.


    Der Zeitpfeil ist mMn bei Bruckner eindeutig linear und nicht zyklisch.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Was das Zielgerichtete betrifft: ich habe vor einiger Zeit gelesen, Bruckner habe immer mi Ideen zum Finale zu komponieren begonnen. (Natürlich weiss ich nicht mehr wo ich das gelesen habe.)

  • Wir meinen glaube ich dasselbe. Ende und Ziel sind beim Musikhören eben nicht gleichzusetzten.

    Und bei Bruckner hat man eben mehr Weg, als bei anderen.

    relativ. Mahler z.B. oder der schon erwähnte Wagner, der im Mäandern sicher am Verwandtesten agiert.

    ja sicher relativ. Allerdings hat man es bei Wagner leichter, weil er ja bei aller Länge Texte und Geschichten zum Entlanghangeln hat. Mahler ja auch mal Text oder auch mal Programme und ausserdem ist er viel abwechslunsgreicher.

    Alle Musik ist im Grunde ziellos, nicht nur Bruckner, denn was soll schon das "Ziel" einer Sinfonie oder einer Oper oder eines Quartetts sein.

    Entschuldigung, doch ich meine, das wäre völlig falsch.


    Selbstverständlich gibt es Musik, die zielgerichtet komponiert ist - und zwar erfolgreich, d. h. die Musik hat ein klar erkennbares Ziel.

    da hast du mich missverstanden, bzw verschiebst den Bezug meines Kommentars. Mein Kommentar war eine Antwort auf etwas. Es ging (mir jedenfalls) um die Rezeption, also was ein Hörer mit Musik macht, während er sie hört. Es war absichtlich von mir so geschrieben, bzw Cherubinos "ziellos" in diese Richtung geschoben, da ich insbesondere bei Bruckner, aber bei aller Musik beim Hören den Weg als das Ziel empfinde. Nur: Bruckner fordert das fast schon ein mit seiner Länge.


    Dass Komponisten ein Ziel im Auge haben oder ein Ziel verfolgen, ist wohl klar. Besonders bei Dur-Moll Tonaliät kommt man wohl kaum darum herum, es kompositorisch oder analytisch so zu betrachten.

  • da hast du mich missverstanden,

    Aha. Ich weiß nun wirklich nicht, was an einem Satz wie

    Alle Musik ist im Grunde ziellos,

    missverständlich sein soll. Das ist mir zu hoch.


    Wenn Du so allgemein und apodiktisch formulierst, meine ich, dass Du mit Widerspruch rechnen könntest.


    Man kann auch nicht ohne Widerspruch "1 + 1 = 3" sagen, und nach derm erwartbaren Widerspurch behaupten, man habe doch nur das Phänomen der zweigeschliechtlichen Vermehrung beschreiben wollen. (Kann man schon, es beschränkt eventuell halt die Zahl der willigen Diskussionsparner.)

    Es ging (mir jedenfalls) um die Rezeption, also was ein Hörer mit Musik macht, während er sie hört. Es war absichtlich von mir so geschrieben, bzw Cherubinos "ziellos" in diese Richtung geschoben, da ich insbesondere bei Bruckner, aber bei aller Musik beim Hören den Weg als das Ziel empfinde.

    Mach das, wie Du willst. Ich finde es sinnvoller, der Absicht des Komponisten nachzuspüren.

    Nur: Bruckner fordert das fast schon ein mit seiner Länge.

    Ich meine, es gäbe auch ein "trainiertes Hören", mit dem man in der Lage sein könnte, eine Bruckner-Sinfonie trotz ihrer Länge als zielgerichtetes Werk wahrzunehmen, ohne den roten Faden zu verlieren.


    Im Grunde erwarte ich von jedem Bruckner-Dirigenten. dass er diese Spannung hält und sich nicht andauernd unterwegs in Episoden verliert. Das wäre mMn glatt am Werk vorbei dirigiert.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich meine, es gäbe auch ein "trainiertes Hören", mit dem man in der Lage sein könnte, eine Bruckner-Sinfonie trotz ihrer Länge als zielgerichtetes Werk wahrzunehmen, ohne den roten Faden zu verlieren.

    Ohne eine Analyse zu kennen oder die Noten mitzulesen, nur beim konzentrierten Hören? Ich weiß nicht...

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Bruckner habe immer mi Ideen zum Finale zu komponieren begonnen. (Natürlich weiss ich nicht mehr wo ich das gelesen habe.)

    Nun , auf die Zweite trifft es jedenfalls zu . Da hat er 1871 , während er als Organist große Erfolge in London feierte , mit Finalentwürfen für die Sinfonie begonnen .

    Good taste is timeless / "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?"

  • Ohne eine Analyse zu kennen oder die Noten mitzulesen, nur beim konzentrierten Hören? Ich weiß nicht...

    Da gebe ich Dir recht, ohne jede weitere Information wäre es schwieriger - aber eventuell nicht unmöglich.


    Und wer sagt denn, dass das uninformierte Hören der Musik ein werkadäquater Zugang sei? Das würden wir bei "Animal Farm" doch auch nicht tun.


    Ich verstehe den Anspruch nicht, das Stück "naiv" verstehen zu wollen. Das wäre doch der Versuch einer Selbstüberforderung.

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich glaube eigentlich, dass eine Symphonie zum Hören gedacht ist, nicht zum Lesen.



    Was mich aber viel mehr interessieren würde als dieses Hickhack: Kannst du mal an einem Beispiel zeigen, wie das konkret funktioniert mit der Apotheose des Anfangsthemas bei Bruckner?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde


  • Auch Haitink verwendet hier die Haas-Version. Die Gesamtdauer liegt wiederum knapp unter einer Stunde


    Das Problem der klanglichen und strukturellen Zuordnung von Bläsern und Streichern scheint mir hier etwas besser gelöst als bei Wand - den Eindruck, die Bläser würden zu sehr in den Vordergrund gerückt, habe ich überhaupt nicht gewonnen. Der Kopfsatz wird bemerkenswert zügig und frisch angegangen. Allerdings ist dieser Zugang nicht konsequent weiterhin wahrzunehmen, als hätte sich Haitink nachträglich doch noch auf die nötige Weihe-Haltung bei Bruckner besonnen. So wirkt der Finalsatz zwar zügig, aber vielleicht doch zu schwer im Vergleich zum Beginn - ob es ein wiederholter Eindruck wäre - ich bin mir nicht sicher.


    Schaller steht für sich, aber alles in allem, erzeugt er mir jene Atmosphäre am deutlichsten, die mir dann in den späteren Sinfonien ohnehin zwingender erscheint. Bei den drei anderen Aufnahmen fällt es mir ziemlich schwer, eine davon zu favorisieren - wobei mir wirklich keine im Ganzen missfällt. Das ist nun nicht das Dümmste, was einem widerfahren kann.


    Ich muss nicht noch einmal die Subjektivität von dat Janze betonen.


    :) Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Ich glaube eigentlich, dass eine Symphonie zum Hören gedacht ist, nicht zum Lesen.

    Jaja. Das ist im Grunde das alte Missverständis der Form "Ich habe null Ahnung von Musik, doch ich erwartete, dass ich Mahlers Neunte auf Anhieb verstehe. Und wenn ich Mahler Neunte nicht auf Anhieb verstehe, dann ist es halt schlechte Musik." - Nur etwas netter formuliert.


    Im Barock gehörte eine musikalische Grundausbildung zur Allgemeinbildung. Diejenigen, die den Wettstreit zwischen Weckmann und Froberger live verfolgten, haben verstanden, was da vor sich ging. (Wir würden ja ein Fußballspiel nur mit erheblich weniger Genuss erleben, wenn wir die Regeln nicht kennen würden.)

    Kannst du mal an einem Beispiel zeigen, wie das konkret funktioniert mit der Apotheose des Anfangsthemas bei Bruckner?

    Vierte Sinfonie, erster Satz. Beginn.

    Streicherraunen, mehr erahnt als gehört. Klangfläche anstelle eines Themas. Stimmungsmalerei. Weite, Ruhe, Tiefe.

    Dann plötzlich ein einsames Horn - Chiffre für Natur, Einsamkeit, Weite, Ruhe.

    Wenn das Horn mit dem Thema fertig ist, ist etwa eine Minute vorbei.


    Dann kommt etwa eine Stunde guter Musik.


    In der letzten Minute des letzten Satzes erscheint das Thema wieder.

    Jetzt aber nicht mehr einsam über einem raunenden Untergrund, sondern mit vier Hörnern in höchster Lautstärke, begleitet vom vollen Orchester.

    Es hat sich verwandelt von einer einzelnen, einsamen Stimme in ein überwältigendes Ereignis, das uns mit nonverbalen Mitteln spüren lässt, dass es Dinge gibt, die größer sind als wir. Musik kann das.


    Hier eine hörbegleitete Analyse:

    Erster Satz

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

    Einmal editiert, zuletzt von Mauerblümchen ()

  • Höre das Ding jetzt auch mal. Daraus:



    RSO Saarbrücken, Stanislaw Skrowaczewski


    Auf dem Cover steht: rev. 1877. Welche Fassung also ist das, frage ich die Fachleute. Ich habe drei Bruckner-Zyklen (Tintner, Bolton und diesen). Warum hab ich diese Interpretation ausgewählt? Weil sie ca 15 min kürzer ist als die beiden anderen. Der erste Satz läuft jetzt seit ca 10 Minuten und hat nach meinem Empfinden noch gar nicht angefangen ... So ist Bruckner wohl.


    Adieu

    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Bin zwar kein Fachmann. Aber auf ABruckner.com findest du den Fachmann, Algabal.. Und der sagt, dass Scrowaczewski die Nowak Ausgabe der 1877-er Fassung spielt. Das "rev." wird sich wohl dafrauf beziehen, dass Nowak in den 60-er Jahren die alten Haas Ausgaben aus den 30-ern überarbeitet hat.

  •   bzw. hier

    (AD: 05. - 09. August 2021, Westminster Cathedral, London)


    Hansjörg Albrecht, Orgel (Willis-Orgel der Westminster Cathedral, London)


    Anfang der 1870er Jahre war Bruckner als Komponist noch weitgehend unbekannt aber als Organist machte er mit Orgelkonzerten mit seinen Improvisationen auf sich aufmerksam. So trat Bruckner bereits in Frankreich (Nancy und Paris) erfolgreich als Organist auf. Im Sommer 1871 reiste Bruckner dann nach London, um dort als Organist aufzutreten. Er spielte in der Royal Albert Hall und im Kristallpalast (Crystal Palace) vor angeblich 70.000 Personen u. a. Werke von Johann Sebastian Bach sowie Improviastionen über Werke von Georg Friedrich Händel, englische Lieder und über eigene Werke. Als Bruckner wieder zurück in Wien angekommen war begann er im OKtober 1871 mit der Komposition an seiner 2. Sinfonie und möglicherweise dachte er dabei noch an seine erfolgreiche Reise nach London zurück. Vielleicht entstanden einige Skizzen bereits in London.


    Die Orgelbearbeitung von Erwin Horn basiert auf der 1877er-Nowak-Fassung. Grundsätzlich liegt eine Bearbeitung von Bruckners Sinfonien für die Orgel durchaus nahe, weil Bruckner selbst in seinen Orgelimprovisationen Passagen aus seiner 1. Sinfonie verwendete.


    Die Orgelbearbeitung des 150. Psalm stammt ebenfalls von Erwin Horn. Dann befindet sich noch von David Matthews (*1943) die Orgelkomposition "Bruckner-Fenster III - Meditation über den langsamen Satz aus Bruckners 2. Sinfonie" auf dieser CD.


    Insgesamt stellt diese Aufnahme eine mMn interessante Alternative in der Bruckner-Diskographie dar. Das gilt für alle Orgelbearbeitungen von Bruckners Sinfonien mit Hansjörg Albrecht - soweit ich diese bis jetzt bereits anhören konnte. Inzwischen ist er bei der Sinfonie Nr. 7 angekommen.

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Danke schön, Lionel! Das kann man mal mitnehmen - es müssen ja nicht alle Sinfonien sein.

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Vielleicht entstanden einige Skizzen bereits in London.

    " Schon aus der Zeit seiner Orgeltriumphe in London stammen Entwürfe zum Finale des Werkes , die mit dem 10.August 1871 datiert sind ."

    Göllerich / Auer : Anton Bruckner - Ein Lebens - und Schaffensbild , Bd. 4/I , S. 206 , Bosse , Regensburg 1936

    (Im Weiteren wird noch darauf hingewiesen , daß sich Andeutungen dieses Satzes schon im Entwurf einer unausgeführten Skizze einer B - Dur Siymphonie vom 29. Oktober 1869 und 1.Februar 1870 finden ) ..

    Good taste is timeless / "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?"

  • Ein verspätetes Dankeschön jetzt auch mal von mir an Cherubino und die bisherigen Kommentatoren! Die Schwierigkeiten, die manche hier beschreiben, habe ich grundsätzlich mit Bruckner nicht. Wenn ich mich zeitlich auf eine seiner Symphonien einlassen kann, reicht der Sog in den allermeisten Fällen, um mich bei der Sache zu halten. Ausnahmen bilden die Nr. 8, die ich bisher vielleicht einmal am Stück durchgehört habe, und die Nr. 9, wenn ich sie mit einer Finalrekonstruktion höre.

    Die Nr. 2 ist da noch vergleichsweise überschaubar dimensioniert, zumal in der (den?) Version(en) mit kurzem Scherzo an dritter Stelle. Trotzdem habe ich es diese Woche noch nicht auf einen kompletten Hördurchgang gebracht. In zwei Anläufen habe ich Blomstedt/Gewandhaus (mit dem für meinen Geschmack in der längeren Ursprungsfassung attraktiveren Scherzo) und gestern die Sätze eins und zwei mit den Berlinern unter Paavo Järvi gehört.

    Der Kopfsatz macht mir vom groben Aufbau gar keine Probleme. Ich bin immer froh, wenn ich schon einmal klare Abschnitte erkennen kann, und das ist hier der Fall. Ich habe auch nicht den Eindruck, das Stück begönne erst nach einigen Minuten. Das schöne, sehnsüchtige Hauptthema ist für mich markant genug. Den langsamen Satz finde ich da erheblich schwieriger, auch wenn ich ihn melodisch für wunderbar halte. Am wenigsten konnte ich beim neuerlichen Hördurchgang mit dem Finale in diesem Fall der 72er Version anfangen. Vielleicht muss ich nächstens mit diesem Satz beginnen.

  • Zitat von Braccio

    Ausnahmen bilden die Nr. 8, die ich bisher vielleicht einmal am Stück durchgehört habe, und die Nr. 9, wenn ich sie mit einer Finalrekonstruktion höre.

    Mit der Achten empfinde ich das ähnlich - obwohl ich die auf jeden Fall mindestens sechsmal auf Tonträger besitze - auch auf LP. Ich habe die Einspielungen noch nicht einmal alle jeweils ein einziges Mal gehört. Sonderbar - ich schiebe das dann vor mir her, obwohl ich mich zugleich darauf freue. Ob solches hier sonst noch jemand kennt? Denn es ist nun nicht die einzige größere Komposition in der Musikgeschichte, wo es mir so ähnlich geht.


    Die Neunte indes habe ich schon x Male gehört, da fasziniert mich jenes Steigerungspathos ganz besonders, für das mir die Zweite kaum geeignet scheint. Aber wir kämen zusammen, wenn Du die Finalkonstruktion mit hinzunimmst. Die kenne ich vermutlich aber überhaupt erst seit Schaller.

    Zitat von Braccio

    Ich habe auch nicht den Eindruck, das Stück begönne erst nach einigen Minuten. Das schöne, sehnsüchtige Hauptthema ist für mich markant genug.

    Zustimmung!


    :cincinbier: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • ich schiebe das dann vor mir her, obwohl ich mich zugleich darauf freue. Ob solches hier sonst noch jemand kennt?

    Oh ja, ich kenne das.

    Im Allgemeinen habe ich die von mehreren oben geschilderten Probleme mit Bruckner nicht, im Gegenteil, ich würde ihn als meinen Lieblingssymphoniker bezeichnen. Was nicht heißt, daß ich eine eventuelle Ablehnung nicht nachvollziehen kann; irgendwann hat mal irgendjemand vor Jahren in diesem Forum geschrieben, Bruckner erinnere ihn an eine "Ägyptische Totengottheit", er habe so etwas beunruhigend Überindividuelles, Starres, was dem Schreiber irgendwie unangenehm war. Ich fand das toll formuliert, obwohl es eben zum Teil das ist, was ich selbst an Bruckner faszinierend finde.


    Die 8. ist für mich ein Stück, das meine Konzentrationsspanne überfordert. Am besten fahre ich mit zwei Tricks: a) sehe ich sie lieber auf DVD statt sie nur zu hören (und ich besitze eine großartige Aufnahme von Celibidache und den Münchnern, was das angeht), und b) scheue ich mich nicht, sie satzweise zu hören (mag Banausentum sein, aber ich gönne mir eben gern mal nur dass Finale oder nur das Adagio oder so). Mache ich übrigens auch öfters bei Mahler wenn es nicht seine Erste ist.


    Die 2., um die es hier gehen sollte, habe ich nur in einer Version, und zwar unter Karajan mit den Berliner Philharmonikern, und das ist - ohne vergleichen zu können - eine runde, klangschöne und mitreißende Angelegenheit, die zum ersten Kennenlernen jedenfalls nicht enttäuschen sollte.

    Es wird die 1877er Nowak-Version gegeben.


    Überhaupt mag ich Karajan als Brucknerdirigent ausgesprochen gern, und je älter er war, desto lieber. Über Celibidache geht mir nichts, aber er ist, klar, sehr speziell und eben nur für gewisse Stimmungen geeignet. Dann aber! <3

    Wand finde ich oft etwas trocken. Seine schönsten Brucknereinspielungen für meinen Geschmack hat er mit dem NDR-Sinfonieorchester gemacht, also nach Köln. Solti und sein Chicago-Blech ist mir manchmal zu rabiat. Inbal ist mir zu dünn, irgendwie, ich mag meinen Bruckner nicht so abgespeckt. Giulini (7., 9.) kommt meinem Ideal sehr nahe. Alles hoch subjektiv, selbstverständlich!

    Aber insgesamt verträgt Bruckners Musik mMn sehr unterschiedliche Herangehensweisen, es kommen immer neue Facetten zum Vorschein...


    Danke für die Wahl und die spannenden Austauschbeiträge hier! Hat mir viel Freude gemacht, auch wenn ich kaum Musik hören mag zur Zeit.



    :)

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

  • Bruckner erinnere ihn an eine "Ägyptische Totengottheit", er habe so etwas beunruhigend Überindividuelles, Starres, was dem Schreiber irgendwie unangenehm war. Ich fand das toll formuliert, obwohl es eben zum Teil das ist, was ich selbst an Bruckner faszinierend finde.

    Tja. Mysterium tremendum et fascinosum.

    Wand finde ich oft etwas trocken.

    Danke! Man darf das ja kaum laut sagen. Ja, sachlich-korrekt. Saubere Buchhaltung. Alle Noten werden gespielt, wehe, es fehlt eine ...

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Man darf das ja kaum laut sagen.

    Oh doch, muß man sogar!



    Aber es gibt auch sehr schönen Bruckner von Wand, das möchte ich nicht unterschlagen, aus seinen letzten Lebensjahren! Aber das, was ich von Wand wirklich überirdisch finde, das ist nicht Bruckner, das ist seine Unvollendete von Schubert mit dem NDR-Orchester...


    Ich empfinde Bruckners Musik als tief katholisch. Sie benötigt (jedenfalls: auch) Blattgold, roten Samt und Weihrauch, um komplett zu sein. Jedenfalls für mich. Wand sah das vermutlich anders, was sein gutes Recht ist...



    :)

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

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