Ich habe den Text, wie vorgeschlagen, kopiert und hier eingefügt. Allerdings ohne Bilder und ohne Literaturverzeichnis. Ich hoffe, dass man ihn auch so verstehen kann.
Warum klingen parallele Sexten kitschig?
Erscheinen parallele Sexten mehrmals hintereinander, so werden die Klänge schnell als „kitschig“ oder „süßlich“ empfunden (vgl. Willimek & Willimek, 2019, 105f). Morris Wilson (1955, S. 114) beschreibt die Wirkung paralleler Sexten folgendermaßen: „Parallel sixths are sweet and tend to be sickish.” Auch Bellman (1995, S. 125), Whiteman (2010, S. 59), McKinney (2012), Cazden (1945) und Wagenheim (2008 , S. 45) bezeichnen parallele Sexten als „sweet“. Nach Golomb (n.d., S. 4) klingen parallele Sexten „blissful“.
Ein Klavierstück, das trotz Welterfolg zuweilen als „kitschig“ bezeichnet wird (vgl. Obermayer, 2012, 24-29), ist die Ballade pour Adeline (Abbildung 1) von Paul Senneville (2011, S. 14) . Sie wurde durch den Pianisten Richard Clayderman bekannt. Das Hauptthema besteht aus einer langen Kette paralleler Sexten in der rechten Hand.
Hier fehlt Abbildung 1
Abbildung 1: Das Klavierstück 'Ballade pour Adeline‘ besteht aus einer langen Kette von parallelen Sexten und wurde schon mehrfach als „kitschig“ bezeichnet (vgl. Senneville 2011, 14).
Wie lässt sich die kitschige Wirkung paralleler Sexten erklären? Betrachten wir dazu das folgende Musikbeispiel in Abbildung 2. Es besteht zunächst aus einem viertaktigen Motiv (c,d,e,f,e,d,c) das im Folgenden, um eine Terz nach oben angehoben, wiederholt wird (e,f,g,a,g,f,e). Gehen wir nun davon aus, dass eine Anhebung der Tonhöhe, wie vielfach beschrieben, als Intensivierung des emotionalen Ausdrucks empfunden wird: „It is clear that rising and falling pitch can express a rising and falling vitality in a given emotional context“ (Cooke, 1959, S. 104). Demnach könnten die zweiten vier Takte des Musikbeispiels (e,f,g,a,g,f,e) die emotionale Steigerung der ersten vier Takte (c,d,e,f,e,d,c)darstellen.
Hier fehlt Abbildung 2
Abbildung 2: Bei diesem Musikbeispiel stellen die zweiten vier Takte eine emotionale Steigerung der ersten vier Takte dar (BW).
Ordnen wir jetzt die Töne der zweiten vier Takte (e,f,g,a,g,f,e) über die Töne der ersten vier Takte (c,d,e,f,e,d,c) an, so erhalten wir eine Folge von parallelen Terzen, wie im Musikbeispiel in Abbildung 3 notiert. Nach dem oben Gesagten ist jetzt die Führungsstimme im Sopran (e,f,g,a,g,f,e) eine emotionale Steigerung der um eine Terz tieferen Begleitstimme (c,d,e,f,e,d,c).
Hier fehlt Abbildung 3
Abbildung 3: In diesem Musikbeispiel stellt die obere Stimme die emotionale Steigerung der unteren dar (BW).
Transponieren wir nun die oberen Töne dieser Terzbewegung (e,f,g,a,g,f,e) um eine Oktave nach unten, so ergeben sich parallele Sexten (Abbildung 4). Dies erweckt nun den Eindruck, dass eine Melodie (c,d,e,f,e,d,c) von ihrer eigenen, nach unten transponierten Steigerung (E,F,G,A,G,F,E) begleitet wird. Dieses Missverhältnis von Hauptstimme und Begleitung kann nun den Eindruck von „kitschiger“ Musik erzeugen.
Hier fehlt Abbildung 4
Abbildung 4: Diese Takte können den Eindruck erwecken, eine Melodie würde von ihrer eigenen, um eine Oktave nach unten transponierten Steigerung begleitet, weswegen sie kitschig wirken können. (BW).