Höre das Stück gerade in dieser Lesart:
Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Leitung; Christopher Ward
Das ist eine sehr schön ausgehörte, differenzierte Wiedergabe. Finde ich. Nicht so kühl wie Neuhold, nicht so schwelgerisch wie Renes.
Was höre ich, welche anderen Komponisten assoziieren ich? Korngold und Strauss? Nein. In manchen Passagen in der Mitte des Werks (habe die Partitur nicht mitgelesen) am ehesten den Sibelius der Kullervo-Symphonie (Kullervos Jugend). Ansonsten? Eigentlich nur Schreker, der da irgendwie sehr einsam im Feld der Musik seiner Zeit dasteht.
Und in Schrekers 'Gesamtwerk' wirkt das Vorspiel auch seltsam monolithisch auf mich. Nach 1925 war Schreker eigentlich auf einem ganz anderen Weg. Weg von den flirrenden Psychostudien, der "Singende Teufel" eigentlich ein politomusikalisches Manifest, "Der Schmied" eine Volksoper (Schrekers Antwort auf "Die Meistersinger"?) und "Christophorus" eine (auch musikalische) Dekonstruktion der Praxis des Komponierens - und dann dieses scheinbar süffige Memnon-Vorspiel... Hm. Rückfall in den Vor-Irrelohe-Stil? Höre ich erstmal so. Aber dann?
Aber dann: Ich empfinde die Musik des Vorspiel soviel unsicherer und auch verunsicherter als alles andere von Schreker. Irgendwie scheint die Musik sich stets selbst im Blick zu haben, zu prüfen. Etwa dieses langsame Atemgeräusch in den ersten ca. 5 Minuten, das irgendwie jenseits des musikalischen Geschehens zu stehen scheint, aber zugleich den Puls der Musik vorgibt (in der Ward-Interpretation ist das fantastisch herausgearbeitet). Für mich klingt das Ganze, als würde da jemand einen reflexiven Kommentar zu seinem Lebenswerk komponiert haben. Oder so ähnlich.
Adieu
Algabal