Beiträge von Eusebius

    Ist das in Bezug auf einen bestimmten Kulturkreis gemeint? Bereits 1917 gab es ja noch eine weitere bedeutende Zäsur, nämlich die russische Revolution. Davon ausgehend hat sich in den davon betroffenen Ländern eine gewaltige Änderung in den Künsten ergeben. Durch den 1. Weltkrieg hat es eigentlich kaum nennenswerte Impulse in der Kunstentwicklung gegeben, die nicht schon vorher angelegt worden waren. Viele Komponisten haben ja, sofern sie nicht direkt Opfer des Krieges waren, während des Krieges weiter komponiert. Von einigen ist bekannt dass sie wegen der traumatischen Erlebnisse Blockaden hatten, aber das der Krieg einen radikalen Wandel hervorgerufen hätte kann ich nicht erkennen. Entwicklungen in der Kunst sind ja immer fliessend.


    Peter

    dass eine dem Publikum vertraute Tonsprache

    Woher wissen wir denn was dem damaligen Publikum vertraut war? Wir beurteilen das doch mit dem Wissen der musikhistorischen Entwicklung bis zum heutigen Tag. Und welcher Laie ist in der Lage aus einer komplexen Partitur wie dem "Till" auf Anhieb die Anspielungen, Themenverarbeitungen oder orchestralen Besonderheiten zu erkennen? Dazu braucht es schon etwas mehr Zeit und Gründlichkeit. Das Problem in der Rezeption besteht ja häufig gerade darin, das wir meinen das Werk sofort einordnen zu können, und dann kommt man eben zu einem stark verkürzten Urteil, anstatt sich die Mühe zu machen etwas tiefer einzusteigen. Und das gelingt auch nur, ich wiederhole mich, wenn man die Partitur zur Hand nimmt. Andernfalls sollte man sich m.E. eher zurückhalten bevor man den Stab über ein Werk bricht, und meint es abqualifizieren zu müssen.


    Peter

    dass die Musik für mich auf eine bloße musikalische Bebilderung von sehr schlichten Handlungsfetzen hinausläuft


    Es gehört so gesehen eben zur Gruppe der Werke wie Peter und der Wolf oder Brittens Guide, ist wunderbar geeignete Musik, um Kinder an die Welt der Klassik heranzuführen. Wenn man nicht mehr erwartet, ist alles bestens.


    Ich meine (mein Geschmack): nicht viel mehr als eine Filmmusik zu einem banalen Zeichentrickfilm, so gekonnt das auch ist.

    kein weiterer Kommentar

    dass Du an das Werk falsche Maßstäbe angelegt hast.
    Hier nachzulesen:

    Und wer bestimmt, was die richtigen Maßstäbe sind? Tatsache ist, das ich das Werk als banal bezeichnet habe (was ich mittlerweile etwas differenzierter sehe), und Du mich darob indirekt der Inkompetenz gescholten hast. Aber wir sollten das an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.


    Man kann den Till natürlich auch als Großtat der Instrumentierung sehen

    Das ist eine objektive Tatsache, unabhängig davon ob man das Stück mag oder nicht.


    Was mich hier ganz allgemein in zunehmendem Maße stört, ist die Art und Weise wie über bestimmte Kompositionen oder Komponisten hergezogen wird. Wenn man mit einem Stück nichts anfangen kann oder keinen Zugang dazu hat, ist dagegen ja nichts einzuwenden. Aber etwas dann verächtlich zu machen halte ich für einen schlechten Stil. Wenn man nicht bereit ist sich auf eine Sache näher einzulassen, sollte man sie auch nicht weiter kommentieren, es sei denn man bleibt auf einer sachlichen Ebene.


    Peter

    Ich finde es nicht zulässig, den Vorwurf der Banalität einfach so abzukanzeln.

    Das gilt offenbar nur dann wenn es um ein Werk geht, mit dem Du nicht viel anfangen kannst. Als ich unlängst zu den Tondichtungen von Camille Saint-Saens etwas schrieb was Dir missfiel, hast Du Dich ziemlich darüber aufgeregt.



    Wenn du schriebest, ich empfinde die Einlassungen von Knulp als ..., käme das netter rüber.

    Akzeptiert. Habe den Text entsprechend ergänzt


    Peter

    aus einem Klassik-Forum eine Art Musik-Volkshochschule zu machen, die du dann auch noch für eine Universität hältst.

    Wenn man etwas mehr Substanz in der inhaltlichen Auseinandersetzung fordert, bedeutet das nicht automatisch dass man einen universitären Anspruch erhebt. Der lockere Plauderton als Maxime für ein Forum ist indes nicht mein Ansatz. Daher kann man entweder für einen anderen Stil werben, oder aber sich zurückziehen. Die Zeit des werbens ist für mich allerdings mittlerweile vorbei.


    an die biblische Geschichte vom Goldenen Kalb zu denken

    Interessanter Hinweis. Die Baalspriester wurden bekanntlich, nachdem ihr Gottesurteil nicht funktioniert hatte, von den Anhängern des Elias geschlachtet.


    Peter

    Nun, im Gegensatz zu Napoleon, der ohne Bedenken ein Heer von 600.000 Mann in einem sinnlosen Feldzug gegen Russland verheizt hat, gibt es von Strauss wundervolle Musik, die zumindest für viele ein beglückendes Erlebnis ist. Insofern ist für mich das Schaffen von Richard Strauss und auch der Mensch wertvoller als Napoleon. Es gibt ja offenbar viele Franzosen die das anders sehen (s. Sarkopharg im Invalidendom).
    Aber ehrlich gesagt habe ich einfach keine Lust die Musik von Strauss gegen deren Verächter zu verteidigen. Das bringt auch nichts, zumal wenn dann die Argumentationen immer spitzfindiger werden. Ich höre lieber Musik als sie anderen zu erklären.


    Peter

    Das zu erläutern würde hier wohl zu weit führen. Daher nur dies: ganz allgemein die Behandlung des Orchesters, und wie einzelne Instrumente zur Charakterisierung eingesetzt werden. Z.B. die Klarinette für das "Till-Thema". Zum Schluß wo er vor seinen Richtern steht, erklingt es zunächst trotzig, dann immer kleinlauter und zuletzt mit einer verzerrten Drehung. Strauss setzt hier das groß besetzte Orchester sehr geschickt ein, indem er fast kammermusikalisch gehaltene Stellen mit dem Tutti abwechselt. Dadurch erhält die Musik eine ganz eigene Dramaturgie. Der Till ist ein Beispiel für geniale Orchestrierung, die Strauss hier virtuos beherrscht. Man könnte auch einiges über die Behandlung der Themen erzählen und wie sie thematisch aufeinander bezogen sind. u.v.a.m.


    Peter

    Eigentlich finde ich ja, dass sich im Lauf des Threads einiges an Diskussionsstoff über Charakteristika, Rezeption, unterschiedliche Bewertung (und natürlich auch Aufnahmen) des Werks angesammelt hat, den man ergänzen oder zu dem man Stellung nehmen könnte.

    Das trifft allerdings fast nur auf Deine Ausführungen zu, die ich vollkommen unterschreibe. Die Einlassungen von Knulp hingegen sind [für mein Empfinden] fast schon peinlich. Wer sich einmal die Mühe macht und die Partitur studiert, wozu viele offenbar keine Lust haben, weil es ja einfacher ist über Dinge die einem nicht gefallen herzuziehen, dann merkt man ziemlich schnell welch großartige Faktur da vor einem liegt. Allein die Charakterisierung der einzelnen Episoden durch die Orchestrierung ist an Genialität kaum zu übertreffen. Und das Stück hat einen gewaltigen Schwung, der von Anfang bis zum Ende in einem Spannungsbogen durchgehalten wird. Ich kenne wenig vergleichbares von Zeitgenossen. Aber an Strauss scheiden sich offenbar die Geister. Wenn man mit seiner Musik nichts anfangen kann, wie Harnoncourt beispielsweise, so wird schnell zur Häme gegriffen. Diese Musik als Filmusik oder als Musik für Kinder, wie Peter und der Wolf, zu bezeichnen ist denunziatorisch und verleumderisch. Allein, Strauss hätte sich darüber allenfalls amüsiert, und um einen Gedanken aus der Eröffnung aufzugreifen, ein wertvollerer Mensch als Napoleon war er allemal, wozu aber auch nicht viel gehört.


    Peter


    PS: den Inhalt in eckigen Klammern habe ich nachträglich ergänzt.

    Übrigens war das Haus nur zu gut zwei Drittel besetzt. Die Staatsoper scheint da, nach Aussagen von Besuchern, ein massives Problem zu haben.

    Unter der aktuellen Intendanz dümpelt das Haus vor sich hin. Mit Herrn Delnon hat man einen eklatanten Fehlgriff getan, und Kent Nagano, der gelegentlich mal dirigiert, neben seinem Amt in Montreal und diversen anderen Verpflichtungen, trägt auch nicht viel zur Belebung bei. Wer ein interessantes Programm erleben möchte sollte sich mal jenes von Frankfurt ansehen.
    Allerdings war ich in der letzten Woche in einer Aufführung der Alcina von Händel, die aussergewöhnlich gut war. Das lag aber vor allem an den Sängern und der Orchesterleitung. Dementsprechend war das Haus fast voll.


    Peter

    Wohltuend anders ist es in der Elbphilharmonie, in der sich sowohl im Großen als auch im Kleinen Saal jedenfalls für die Herren ein Toilettengang und ein Erfrischungsgetränk nicht von vornherein ausschließen.

    Das habe ich anders erfahren. Vor der Theke im kleinen Saal stehe ich (wenn ich denn mal etwas trinken möchte) regelmäßig für längere Zeit an (Wir haben das auch schon gemeinsam so erlebt), obwohl da mehr Kellner stehen als im kleinen Saal der Musikhalle. Das hängt auch wesentlich mit den handelnden Personen zusammen, die in der Elbphilharmonie etwas "lahmarschig" sind. Das klappt woanders irgendwie besser. Im großen Saal kann ich es nicht beurteilen, weil ich dort eher selten anzutreffen bin. Und vor der Herrentoilette im kleinen Saal der Musikhalle habe ich in den letzten 40 Jahren noch nie Schlange stehen müssen, meine Frau aber regelmäßig. Da hilft dann nur aktives Blasentraining, oder nichts trinken, denn dann hat man 2 Probleme auf ein Mal gelöst.


    Peter

    Schlangen vor den Herrentoiletten habe ich in der Elbphilharmonie in beiden Sälen noch nie gesehen

    Das war ja auch nicht das Thema

    im Kleinen Saal, wo sich in der Konzertpause regelmäßig eine lange Schlange bildet.

    und zwar ausschliesslich vor der Damentoilette


    Manche Leute müssen eben immer was zu meckern haben.

    Kein Grund zur Beunruhigung, handelt es sich bei diesen Personen doch um diejenigen mit einem niedrigen IQ, die man bekanntermaßen vorzugsweise in den Musicaltheatern antrifft, weil sie zur Aufnahme von Hochkultur nicht in der Lage sind. Die Meckerer sind eben nur neidisch weil sie nicht dazugehören, und versuchen so ihrem Frust Luft zu machen.


    Aber wenn die Bekannte von boccanegra beim Schlangestehen in der Laeiszhalle glücklicher ist als beim Schlangestehen in der Elphi...

    Es geht hierbei um einen allgemeinen Mangel, der zugegebenermaßen nicht spezifisch für die Elbphilharmonie ist. Aber hier hätte man es gegenüber der schon vor langer Zeit erbauten Musikhalle anders machen können.
    Aber lassen wir das, es passiert je ohnehin nichts .. Sonst werde ich hier noch als Urinal-Freak verspottet, und das möchte ich natürlich gerne vermeiden.


    Peter

    Na gut dann ist es eben kein Planungsfehler. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Anzahl der Damentoiletten zu gering ist. Bei einem Gebäude wo ansonsten mehr geklotzt als gekleckert wurde ist es erbärmlich wenn man sich ausgerechnet bei der Dimensionierung der Toiletten an der vorgeschriebenen Mindestgrenze orientiert. Aber das Ziel war ja auch Eindruck zu schinden, und da haben solche lächrlichen Details natürlich eine niedere Priorität. Und das Durchschnittsalter von Konzertgängern ist auch hinreichend bekannt, und daran hat sich in den letzten 50 Jahren in denen ich regelmäßig Konzerte besuche auch nichts geändert.


    Noch eine Bemerkung zu den Abos: Dadurch das sowohl das NDR Orchester als auch das Staatsopernorchester ausschliesslich in der Elbphilharmonie auftreten, sind die Chancen für uns Hamburger deren Konzerte zu besuchen deutlich schlechter geworden. Früher war es immer mal möglich zwischendurch Karten für eines der Konzerte zu bekommen. Heute muß man sich entweder in eine lange Schlange vor den Vorverkaufsstellen wie auch im Internet (bei ca. 1 h Stunde in der es überhaupt möglich ist Karten zu bekommen) anstellen, und für die ganze Saison im Voraus disponieren. Im Falle des NDR Orchesters weiche ich daher nach Lübeck aus, wo es einen exellenten Konzertsaal gibt. Aber ärgerlich ist es schon.


    Peter

    nicht nur das Anstehen vor dem Damenklo (so man es findet) hat sie wohl erheblich genervt......

    Es ist allgemein bekannt und auch schon oft genug beklagt worden, dass es viel zu wenig Toiletten für Damen in der Elbphilharmonie gibt. Das ist einer der Planungsfehler neben u.a. der Markierung auf den Stufen (was aber mittlerweile korrigiert worden ist). Für Frauen ist es absolut entwürdigend, in der Pause Schlange stehen zu müssen, anstatt einen Smaltalk zu halten. Übrigens gibt es auch in der Musikhalle zu wenig Damentoiletten. Das kommt dabei heraus wenn die massgeblichen Planer und Architekten Männer sind. Ich habe z.B. noch nie Schlange stehen müssen, vielleicht weil Urinierbecken weniger Platz benötigen als Toilettenkabinen?


    Peter

    Psyche (hir in der üblichen Kurzfassung von ~ knapp 23 Minuten):

    Diese Kurzfassung vermittelt leider nur ein recht unvollständiges Bild dieses großartigen Werkes, denn das komplette Werk dauert gut doppelt so lang. Ich hatte bereits Anfang der 70er Jahre eine LP mit der kompletten Musik erstanden:



    https://www.amazon.de/Franck-P…16&keywords=franck+psyche
    >> Das Bild funktioniert leider nicht >>


    Die LP gibt es offenbar noch gebraucht zu kaufen. Die Musik wurde 1967 aufgenommen. Ich halte die Aufnahme nach wie vor für mustergültig. Leider gibt es keine Partitur aller Teile sondern nur der 4, welche für die üblicherweise gespielte Suite verwendet werden. Man muß sich daher mit einem Klavierauszug begnügen. Aber man kann natürlich diese wunderbare Musik auch nur hören. Wer den Stil von Franck mag wird diese Musik sofort lieben, denn sie entwickelt einen gewaltigen Sog mit den leidenschftlichen Aufschwüngen und den verträumt lyrischen Episoden. Es gibt noch 2 weitere Gesamteinspielungen:



    https://www.amazon.de/Psyche-S…-4&keywords=franck+psyche
    >> Das Bild funktioniert leider nicht >>


    Die Aufnahme mit Tadaaki Otaka und dem BC National Orchestra of Wales sowie Chor finde ich ebenfalls sehr gelungen, und sie ist aufnahmetechnisch besser (Feb 1994). Otaka dirigiert insgesamt etwas gemächlicher als Fournet, aber lässt die leidenschaftlichen Stellen schön aufblühen. Die EMI Aufnahme (aus der Serie L'Esprit français) kenne ich noch nicht, aber wie ich gerade sehe gibt es sie noch gebraucht zu kaufen.
    Psyché gehört gewiss zu den stark vernachlässigten Werken der Chorliteratur. Es wäre zu wünschen, dass sich mal ein Dirigent dieser Aufgabe stellen möchte.


    Peter

    Auch von mir herzlichen Dank!


    Mann waren das Zeiten. Ich hab mir mal die Besetzungen der ersten 150 Workshops angesehen, da war wirklich alles dabei was damals Rang und Namen hatte. Besonders viele Künstler die für ECM aufgenommen hatten. Und zu der Zeit habe ich unbesehen (unbehört) alles gekauft was rauskam, bis in die späten 80er. Keith Jarrett und Jan Garbarek natürlich auch später.


    Peter

    Es scheint fast so als wenn man die zwei Jahrhunderte davor ohne wesentliche Beiträge überkompensieren wollte

    Der entscheidende Schub kam durch die Gründung des Royal College of Music im Jahre 1882 (1872 war bereits das Royal Trinity College of Music geründet worden). Wie wenn man Wasser in eine Wüstenlandschaft bringt, so sprossen ab da eine große Zahl begabter britischer Komponisten hervor. Ein bedeutender Teil davon wurde durch Hubert Parry und Charles Villiers Stanford unterrichtet, und die hatten eher eine konservative Musikauffassung, welche sie sicher ihren Schülern vermittelt haben. Und dazu zählte wohl auch das schreiben von Sinfonien.


    Was die mangelhafte Programmierung von Sinfonik ausserhalb des etablierten Kanons anbelangt, so gibt es hier eine Fülle von Ursachen, die man in einem gesonderten Faden behandeln müsste. Was britische Sinfonik im Speziellen anbelangt, so dürfte es sehr häufig auch einfach die mangelnde Kenntnis der vorhandenen Kompositionen sein. Da man sich auf den britischen Inseln immer schon in einer Sonderrolle sah, so dürfte diese Haltung auch dazu beigetragen haben, das man dort Musik einheimischer Komponisten häufiger aufführt als auf dem Kontinent. Aber ich vermute, dass die üblichen Verdächtigen (Elgar, Vaughan-Williams oder Walton) deutlich häufiger aufgeführt werden, so dass es hinsichtlich einer Konzentration von Repertoirestücken überall auf der Welt gleich sein wird.
    Diejenigen unter uns, welche neugierig auf Werke sind die nicht oder selten gespielt werden, müssen sich eben mit Tonaufzeichnungen zufrieden geben. Davon gibt es immerhin zahlreiche.


    Peter