Beiträge von Eusebius

    Nicht verzichten mag ich dagegen auf die altmodische Art, Musik so zu hören, wie sie eigentlich gedacht ist, nämlich in Konzertsaal und Opernhaus.

    :top: :top:

    Streamingdienste sind schon sehr praktisch, um sich vorab über eine Aufnahme zu informieren, oder etwas anzuhören was man vielleicht nicht unbedingt kaufen möchte. Ausserdem lassen sich dort prima Vergleiche zwischen mehreren Aufnahmen anstellen.

    Peter

    Hier eine interessante Statistik zum Thema:
    http://www.musikindustrie.de/umsatz/

    Durch einen schnelleren Internetzugang (z.B. LTE) wird es künftig einfacher werden Musik zu streamen, und zwar in einer höheren Auflösung. Ich sehe daher auch diesen Markt dynamisch wachsen. Wie auch in anderen Bereichen (z.B. Mobilität) wird es in Zukunft interessanter werden, Dienste temporär zu nutzen als sie käuflich zu erwerben. Wir als Liebhaber primär klassischer Musik befinden uns aber in einer anderen Situation als die große Masse der Musikkonsumenten, denn Klassik macht nur einen vergleichsweise geringen Anteil aus (etwa 4,5%). Aber die großen Umwälzungen stehen nicht im inhaltlichen Angebot bevor, sondern in den Vertriebswegen. Daher wird in absehbarer Zeit die CD einen ähnlichen Stellenwert haben wie heute die LP. Ich gehe ferner davon aus, das es weiterhin engagierte Musikproduzenten geben wird, die Wert auf ein breites Spektrum legen, und weiterhin hochwertige Aufnahmen auch seltener zu hörender Musik herausbringen.
    Wenn einzelne Künstler zur Selbstvermarktung schreiten ist das eigentlich nur die Folge der verbesserten technischen Möglichkeiten. Im Bereich der klassischen Musik sehe ich das wegen der kleinen Nische eher als Ausnahme. Die Nachfrage begünstigt Vollsortiment-Anbieter wie z.B. Spotify. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es attraktiv wäre, Abos bei diversen Künstlern zu unterhalten. Und ein gewichtiges Argument scheinen mir auch die Kosten einer Produktion zu sein, die im Klassikbereich erheblich höher sind als bei der Popmusik, insbesondere wenn es sich um Opernproduktionen oder Orchesterwerke handelt (bei Opern wird ja kaum noch etwas im Studio produziert). Von daher macht hier die Selbstvermarktung nur dann Sinn, wenn z.B. die Produktionskosten überwiegend durch Eintrittsgelder oder öffentliche Subventionen gedeckt werden. Interessante Frage in diesem Zusammenhang: wie reagiert eigentlich ein öffentlicher Geldgeber auf Einnahmen aus Selbstvermarktung, werden die gegen das Budget gerechnet oder dürfen die als "Drittmittel" behalten werden?
    Den Fall Julia Fischer halte ich zunächst einmal für ein Experiment. Ob sich viele Musiker trauen ähnlich zu verfahren, bleibt abzuwarten. Ich glaube eher nicht, dazu sind der Aufwand und das Risiko zu hoch, und letztlich auch die Ertragschance zu gering.

    Peter

    Mit geradezu irdischem Biss, versteht sich.

    Alter Spötter! :P
    "I" oder "Y" was macht das schon für einen Unterschied. Wird doch hier ständig verwechselt (etwa bei Tschaikowski). :P Und immer noch besser in die Erde zu beissen als ins Gras.

    Ein Aspekt bei der ganzen Sache ist ja noch die Produktion selber. Wollen denn die Selbstvermarkter auf eigene Kosten ein Studio mit allem notwendigen Beiwerk einschl. Toningenieur mieten? Das kann ja ganz schön teuer werden, und erfordert eine risikoreiche Vorfinanzierung. So eine Aufnahme in guter Qualität zu erzeugen ist ja keine Kleinigkeit.


    Aber Fischer setzt auch auf Programm

    Aber nur das was sie selber spielen kann. Daneben gibt es aber noch wahnsinnig viel anderes. Es sei denn sie spielt auch Klavier, dann wäre es etwas mehr. Aber mit Programm meine ich eine repräsentative Auswahl dessen was komponiert wurde. Selbst wenn man sich mehrere Hundert Künstler denken würde, die ähnlich verfahren, so blieben ja immer noch riesige Lücken.

    Peter

    Man stelle sich einmal vor das Beispiel von Frau Fischer würde Schule machen, und eine Vielzahl von Künstlern würde konservierte Aufnahmen nur noch über persönliche Bezahldienste anbieten. Dann müsste man große Summen aufbringen um daran teilhaben zu können, wäre aber auf das angewiesen was dort angeboten wird. Wer macht denn so etwas? Glaubt Frau Fischer, dass sie so viele Fans hat, die bedenkenlos alle ihre Aufnahmen hören möchten? Das funktioniert vielleicht im Pop Bereich, wo ja der Künstler im Vordergrund steht, und das Produkt austauschbar ist. Für Leute die an einem breiten Repertoire interessiert sind ist das doch keine Alternative. Das was Frau Fischer dort anbieten wird gibt es doch in aller Regel bereits als Tonträger (z.B. die genannnten Violinsonaten von Szymanowski mit Alina Ibragimowa und Cédric Tiberghien). Und ob die Plattenfirmen sich so schnell geschlagen geben halte ich auch für fraglich. Schliesslich gibt es genügend Nachwuchs, und die wirklich interessanten Label setzen nicht auf Starkult sondern auf Programm. Ich schätze Frau Fischer sehr, aber ich kenne reichlich Violinist(inn)en die ihr mindestens ebenbürtig sind.
    Und denkt Frau Fischer dass ihre Partner bei Aufnahmen (und die wird sie ja fast immer benötigen) ihr Konzept mittragen? Z.B. Sinfonieorchester oder Pianisten, die vielleicht ihrerseits ein ähnliches Vermarktungskonzept anstreben? Mir scheint das alles wenig ausgegoren zu sein. Im schlimmsten Fall ist sie dann weg vom Markt. Aber sie kann ja immer noch Konzerte geben, wo sie viel mehr Geld verdienen kann. Das scheint ja wohl auch einer der Hauptgründe für diese Aktion zu sein.


    Ich hänge nicht unbedingt an der CD, eher noch an der LP. Aber solange für mich interessantes Repertoire verfügbar bleibt ist mir das Medium egal. Mein Auto hat zwar noch einen CD Player, aber nicht mehr als Wechsler. Also muß ich regelmäßig CDs auf mein Smartphone übertragen um dann über die Bluetooth-Schnittstelle im Auto Musik hören zu können. Wenn ich die Musik im Download erworben hätte, könnte ich mir eine Stufe ersparen. Um aber meine Sammlung komplett zu rippen, wie es hier manche schon gemacht oder erwogen haben, bräuchte ich den Rest meines Lebens (mittlere Lebensdauer vorausgesetzt). Da höre in der Zeit lieber Musik, anstatt meinen Erben eine x Terrabite Festplatte zu hinterlassen.

    Peter

    Letztlich ist auch Atheismus ein Glaubenssystem, da er auf der nicht beweisbaren Annahme beruht, dass es keinen Gott gibt.

    Das nennt man Umkehrung der Beweislast. Ein Angeklagter muß auch nicht seine Unschuld beweisen, sondern ihm muß seine Schuld bewiesen werden, und so muß ein Atheist nicht beweisen das es keinen Gott gibt. Ich bleibe indes bei meinen Ansichten, möchte aber hier keine Diskussion über Glaubensfragen lostreten, es geht ja um eine Sinfonie von Tschaikowsky, und der war meines Wissens nicht besonders gläubig, und hat auch nur Widmungen an reale Personen gerichtet.

    Peter

    Es ist doch nicht wirklich sinnvoll anzunehmen, daß gläubige Menschen etwas machen, was nicht funktionabel ist,

    Doch genau so ist es. Die Gottgläubigkeit eines Christen wird von einem Atheisten als irrational empfunden. Und ein Christ stützt sich ja ausdrücklich auf seinen Glauben, denn beweisen dass es einen Gott gibt kann er nicht. Also ist auch die Widmung an einen Gott irrational, und daher befremdlich. Das man es auch als Atheist anders empfinden kann ist eine andere Sache, aber dann gehört man wohl eher zu den Agnostikern, die ja Gott nicht grundsätzlich als inexistent betrachten.

    Peter

    Ich vermute, dass ein Atheist grundsätzlich auch bei Bruckner die Ahnung von etwas Großem haben kann. - Bist Du Dir sicher mit "Atheist" oder meinst Du "Agnostiker"?

    Ich habe bewusst Atheist geschrieben. Als Agnostiker kann man sich ja ein höheres Wesen durchaus vorstellen, man glaubt nur nicht daran. Für einen Atheisten gibt es keinen Gott, und insofern begreift er Bruckners Religiosität als eine Art Suggestion, und dessen Widmung "an den lieben Gott" als befremdlich.

    Peter

    dass Mahler existenzielle Dinge verhandelt

    O.k. also existenziell aus Sicht des Künstlers. Dann rührt eine Musik aber nicht mich existenziell an, sondern ich nehme wahr, dass es dem Komponisten um für ihn existenzielle Dinge geht. Die sind natürlich für mich persönlich in aller Regel irrelevant, wie z.B. Bruckners Religiosität für einen Atheisten keine Bedeutung hat. Man kann verstehen was da in ihm vorgegangen sein könnte, aber man hat keinen direkten Bezug dazu.
    Allerdings kann man sich auch emotional in das hineinversetzen (respektive hineinziehen lassen) was der Künstler zum Ausdruck bringen wollte. Aber eigentlich steht man immer als Betrachter von aussen davor ohne betroffen zu sein. Und die Wahrnehmung ist offenbar auch bei jedem unterschiedlich, wie die vorausgegangene Diskussion zeigt.

    Peter

    Bei Wagner wird die Melodie im Walkürenritt ja auch nicht von den Flöten gespielt, da sich das mit der Semantik der Stelle beißen würde. Die duftige Erotik in Mahlers Adagietto wird selbstverständlich von Streichern plus Harfe und nicht von Blechbläsern dargestellt. Und wenn bei Strauss' "Im Abendrot" die Lerchen in Eichendorffs Text auftauchen, dann werden sie von Strauss auch direkt mit Flöten in der Musik platziert - eine Baßtuba kann halt nicht wirklich glaubwürdig einen Vogel imitieren und auch nicht unbedingt "nachträumend in den Duft" steigen.

    Gerade die Fähigkeit mit musikalischen Mitteln derartige Dinge auszudrücken macht doch den Reiz aus. Wenn das negativ wäre, dann gälte das ja für einen beträchtlichen Teil der musikalischen Produktion. Es gibt eben absolute Musik, die solche Elemente nicht enthält (wobei es auch da Mischformen gibt, denn Beethoven hat z.B. im 3. Satz seines Violinkonzertes auch Vogelstimmen imitiert), und Musik mit einem programmatischen Anspruch. Zu letzterer muß man indes auch eine angemessene Kompositionsweise finden.

    Peter

    nicht existenziell angerührt

    rührt aber eventuell nicht an existenzielle Fragen.

    Was sind denn für Dich existenzielle Fragen, und insbesondere in der Musik?
    Für mich wäre Musik an sich schon existenziell, da ich ohne nicht leben möchte. Aber allgemein gesehen kann man natürlich auch ohne auskommen. Und wirklich existenziell wäre z.B. eine tödliche Krankheit. Aber Musik?

    Peter

    Alles kommt so leicht verständlich daher, dass es manchem eben verdächtig vorkommt. Daraus zu schließen, dass "nichts dahinter" ist, ist falsch.

    Das ist übrigens auch Richard Strauss nachgesagt worden, insbesondere von Nikolaus Harnoncourt, dessen Urteil ich in diesem Punkt geradezu lächerlich und durch nichts gerechtfertigt finde. Das ist eben das was ich weiter oben angemerkt habe. Es wird immer diese imaginäre "Tiefe" gesucht. Die Orchestermusik Tschaikowskys besticht durch ihre direkte Art, und weniger durch kunstvolle Verarbeitung. Wobei er durchaus in der Lage ist kontrapunktisch zu schreiben, wie man es in der Durchführung des Kopfsatzes seiner 6. erleben kann. Aber auch dort gibt es dann den "Knalleffekt" des Scherzos, das dermaßen umwerfend ist, dass in Konzerten schon da Applaus aufbrandet (das kann man sogar physisch erleben, wenn die Gran Cassa zum Einsatz kommt). In seiner 4. hat er sich das für den 4. Satz aufgespart, und stattdessen ein höchst filigranes Scherzo komponiert, welches einmal mehr seine Meisterschaft des transparenten Klanges demonstriert. Man muß es allerdings auch so musizieren.

    Peter

    Sicher hat Tschaikowsky eine gewisse Neigung zu effektvoller Instrumentierung, was auch für seine 4. gilt. Nur im Vergleich zu etlichen seiner Zeitgenossen entfaltet er mitunter ein höchst raffiniertes Klangfarbenspektrum, wie etwa in seinem Nussknacker oder dem 1. Klavierkonzert zu erleben ist. Allerdings wäre es müßig die Instrumentierungsgewohnheiten einzelner Komponisten gegeneinander aufrechnen zu wollen. Bekanntermaßen haben Tschaikowsky und Brahms sich nicht eben geschätzt, und auch recht gegensätzliche Kompositionsweisen gepflegt, denen auch eine jeweils adäquate Instrumentation folgte. Daraus ein Qualitätsurteil ableiten zu wollen scheint mir nicht angebracht. Wir sollten die Musik eines jeweiligen Komponisten so nehmen wie sie ist, und nicht immer Rankings oder Vergleiche anstellen. Und wem der Individualstil eines Komponisten nicht gefällt, muss dessen Musik ja nicht anhören, es gibt ja genug Alternativen. Das ist so, wie ich es gelegentlich in Restaurants erlebe, dass die Leute ein Gericht komplett aufessen und sich hinterher beim Kellner beschweren dass es nicht geschmeckt hat, anstatt das Gericht nach dem ersten Bissen stehenzulassen.

    Peter

    Warum eigentlich muß ein Werk immer einem intellektuellen Anspruch genügen, und kann nicht einfach als schöne und originelle Musik empfunden werden? Mir erscheint das in der Tat eine sehr deutsche Eigenschaft zu sein so etwas zu fordern. Das Stichwort "Tiefe" ist ja schon gefallen, wobei mir bisher noch niemand überzeugend erklärt hat was das bedeutet. Die reine Sinnenfreude scheint für manche offenbar verwerflich oder nicht Meisterwerks-würdig zu sein. Die 4. von Tchaikowsky enthält doch vieles das man einfach genüsslich anhören kann, und entfaltet im Konzertsaal eine ausgesprochen suggestive Wirkung. Da kann man sich doch mal einfach über die geballte Kraftentfaltung eines Orchesters freuen, oder dem ausgesprochen raffinierten Scherzo gespannt zuhören (das bekommt man eigentlich nur im Konzertsaal richtig gut zu hören). Und mangelnde Originalität kann man sicher in einigen Werken dieses Komponisten ausmachen, bestimmt aber nicht in seinen 3 letzten Sinfonien (wobei die 3 ersten auch nicht zu verachten sind, sie stehen nur nicht so im Fokus). Überdies hat er einen ausgeprägten Individualstil, dem zwar seine Vorbilder (u.a. Schumann oder Anton Rubinstein) anzumerken sind, der aber vieles enthält was sofort als Musik von Tchaikowsky erkannt werden kann.

    Peter

    Mit Noten ginge es vermutlich,

    Alles im Netz vorhanden. Und die Kammermusik von Brahms ist keineswegs übermäßig vergrübelt, sondern saft- und kraftvoll. Sie gehört sogar zu seinen stärksten Leistungen (für mich persönlich noch vor den 4 Sinfonien, oder zumindest gleichwertig).

    Peter

    So wie die Klavierquartette ein wirklich schönes Werk, das mehr Bekanntheit verdiente!

    .. und die wir Oliver Triendl sei Dank auf dieser schönen Aufnahme hören können. Man kann es gar nicht hoch genug einschätzen, was dieser Mann für die Verbreitung selten gespielter Kammermusik getan hat.
    Die Viola-Sonate werde ich mir demnächst mal anhören. Danke für den Hinweis.

    Peter

    Ohne Brahms (und zwar komplett) geht es gar nicht! Das gehört einfach zum eisernen Grundstock einer jeden Sammlung. Und bis auf ein paar Ausnahmen sind es auch alles Spitzenwerke die er geschrieben hat.

    Peter

    Da du keine einzige Verdi-Oper hast

    Das stimmt nicht mehr. Ich habe jetzt 2 Mal Falstaff (Humburg & Giulini) und weitere werden folgen. Es braucht halt etwas Zeit. Und manche Entdeckungen kommen mitunter erst spät. :P


    hatte ich Dich nicht als lexikalischen Spinner eingestuft.

    Ich bestehe aber darauf!

    Peter