Der Große Albrecht hat rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft seine Biografie herausgegeben, "Klangwunder" heißt das Büchlein und ich habe es elektronisch gelesen.
Oh Gott, wie schrecklich ... ich habe zum Glück bisher nicht mitbekommen, wie er 'zur Oboe gekommen' ist, das interessiert mich auch nicht. Habe übrigens als Kind auch gestottert. Kann ich mich jetzt bei den Philharmonikern einklagen? Hm, wäre vielleicht etwas zu forsch. Ich könnte eine Marketingstrategie vorlegen, wie man all die Schicksalsschläge meines Lebens ausschlachtet.
Als "Autobiographie" kann man so etwas doch nicht ernst nehmen, es ist natürlich von anderer Feder geschrieben (steht ja sogar auf dem Cover), der gute Mann hat einfach ein paar Interviews gegeben und vielleicht auch ein paar Fragmente vorgelegt, die von der eigentlichen Autorin dann in eine lesbare Form gebracht wurden. Natürlich nur Hauptsätze, suggestive Ein-Wort-Sätze, so dass es ein möglichst breites Publikum aller Bildungsschichten anspricht. Das ist nicht mal literarischer Stil, es ist reines Marketing, purer Kitsch.
Erinnert mich ein bisschen an Stories wie James Rhodes, der für einen kleinen Hype gesorgt hat nicht, weil er so brillant auf dem Piano wäre (ist er nicht), sondern weil er eine so tragische Biographie zu erzählen hat. Finde es äußerst schwach, wenn Typen wie Mayer, der es eben NICHT nötig hat, mangelndes Können durch tragische Geschichten zu vertuschen, solche Bücher vorlegen.
Aber es ist vermutlich auch dem Zeitgeist geschuldet; (Selbst-)Vermarktung auf Social Media etc. pp gehört eben dazu, wenn man von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen werden will. Vielleicht bringt es der Musik mehr Aufmerksamkeit? Ich würde es gerne glauben, muss aber gestehen, dass ich eher vermute, dass diese Biographisierung einer Kunst jenseits einer temporären Aufmerksamkeit rein gar nichts zur Popularisierung klassischer Musik beiträgt. Die Leute heulen ein paar Stunden lang über James Rhodes ach so gequälten Interpretationen oder gehen jetzt einmal in ein Mayer-Konzert, um danach unter einem Youtube-Video zu posten, dass man den härtesten Schicksalsschlägen durch den Glauben an die göttliche Musik widerstehen könne etc. - und das war's ... back to Helene Fischer.