Ein Probespiel ist so gut wie immer ein Gang zum Schafott.Die Umstände sind grausam und man steht unter einem Druck,den man in einem Konzert so nicht hat.
Ich kann mir den Vergleich erlauben,denn ich habe z.B.in der Philharmonie St.Petersburg, am ungarischen Rundfunk und in einigen der großen Säle
Japans solistisch gespielt.
Klar,DAS war auch Stress,aber ein anderer,möglicherweise positiverer.
In St.Petersburg begann ich schwach,war nervös und habe mich dann in den knapp zwei Stunden gesteigert.
Und war dann am Schluß dermaßen selbstsicher, daß ich-was mir heute völlig abwegig erscheint- ein Werk als zweite Zugabe spielte,
welches ich 4 Jahre nicht mehr gespielt hatte und auch die Noten nicht dabei hatte.
Ich war so voller Adrenalin und aufgeputscht, dass ich den 3.Satz der Schostakowitsch-Sonate dann auswendig und ungeübt spielte,und dies soll der beste Teil des Konzertes gewesen sein....Ich habe die Aufnahme,und es stimmt kurioserweise.
Allerdings hatte ich die Sonate schon vorher sehr oft aufgeführt und konnte daher noch ziemlich viel abrufen.
Das russische Publikum ist sehr,sehr fair!
Man darf patzen,und ich habe am Anfang massiv gepatzt!
Aber falls man sich dann steigert,dann geht dieses Publikum mit und die Patzer am Anfang sind vergessen.
So war das.
Bei einem Probespiel aber entscheidet sich alles in Sekunden,und jeder Aspirant weiß,auf welche Fehler geachtet wird.
Welche dann auch meist prompt passieren.
Und ich muß darüber hinaus hinzufügen,dass es sich bei meinem letzten Probespiel um ein Probespiel vor dem eigenen Laden handelte,um eine
Stelle offiziell zu bekommen,welche ich 17 Jahre kommissarisch erfolgreich innehatte.Denn so ist das Prozedere in deutschen Orchestern.
Anderswo undenkbar.
Entwürdigend!
Es ist eine schreckliche Situation.
Bei einem Konzert habe ich IMMER im Hinterkopf, dass es NUR um die Musik geht und nicht um mich,denn ich bin nur der Interpret!
Das sollte sich jeder klarmachen,das ist mit das wichtigste überhaupt,um die Nerven zu bewahren.
In einem Probespiel geht es aber NUR um MICH.
Klar wird gesagt, man solle einfach Musik machen und an den Rest nicht denken.
Da haben wir aber alle mal gelacht, denn dies ist nur Wunschdenken.
Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Das einzige, was man dagegen machen kann, ist, so viele Probespiele wie möglich hintereinander zu haben,so dass es einem irgendwann egal wird.
Klar gibt es auch immer wieder Leute,die gleich beim ersten Probespiel den Jackpot knacken oder Leute,die Nerven wie Stahl haben.
Diese Leute sind aber die Ausnahme.
Es gibt da ein Video vom Tschaikowsky Wettbewerb,wo ein Pianist in der Vorrunde den Saal betritt, sich an's Klavier setzt,aufsteht und wieder rausgeht.
So in etwa fühlt man sich auch beim Probespiel, und das ist etwas völlig anderes als ein Konzert.
Wettbewerbe übrigens auch, ich hasse diesen Zirkus und habe Ihn selber erlebt.
Vier mal ein vierter Platz.
Damit kann ich mir den Popo abwischen,es ist zum Glück alles vorbei.........