Musikalische Vagabunden wie Martha Argerich fühlen sich überall und nirgends zu Hause. Einmal hier, einmal dort. Heute Mozart, morgen Franck. Oder genauer: Bach, Brahms und Franck an einem Abend. Im Vordergrund steht aber immer der Klimperstar, die roboterhafte Klavierspielerin, deren größte Kunst es ist, Noten abzulesen und sie schnell und präzise in die Tasten zu hauen. Niemand würde je bestreiten, dass die Argerich über eine Weltmeister-Technik verfügt. Aber die nützt einem nicht, um die Musik eines Komponisten zu entschlüsseln. Um sich Zugang zu dem Werk Francks zu verschaffen, reicht es nicht, sich an die gängigen Muster zu halten. Bestes Beispiel Francks Pianosonate in A-Dur, der zweite Satz: Allegro! Ja, Allegro, aber wieso sollte das eine Aufforderung sein, die Nummer in einem rasenden Tempo zu spielen, bei dem wesentliche und tragende Kontrapunkt-Elemente überspielt werden?
"D'Indys Gleichsetzung der zyklischen Form mit der auf intervallischen Reihen aufgebauten Konzeption César Francks wirkt nachteilig bis heute. Interpreten spielen Themen heraus, statt die Bandbreite aller Stimmen auszuleuchten, betonen die Einzelheiten, degradieren den entscheidenden Rest zum Beiwerk." (Klp Bungert in seinem Buch "César Franck [...]", S. 13/14)
Bei der Argerich fällt mir die Schule D'Indys besonders negativ auf. Irgendwie, irgendwo, irgendwann trat sie kürzlich mit Anne-Sophie Mutter auf, um sich auf Kosten Francks zu profilieren - während der Pandemie!