Ja, das kann man so verstehen. Aber "würde ... gerne" deutet vielleicht auch schon eine Tendenz an, die nicht vollständig realisierbar ist. Jeder bringt immer schon gewisse Vorstellungen vom Komponisten & den Umständen, unter denen ein Stück entstanden ist, mit. Wenn man ein Stück das erste Mal hört, handelt es sich immer um die Lesart eines Interpreten. Die ist oft prägend.
Aber man kann sich ja auf andere Aspekte konzentrieren. Und so Sachen wie Gattungsgeschichte oder Kompositionsmittel hat B. Thoven ja nicht explizit ausgeschlossen.
Das stimmt. Die vollkomene Emanziapation von Musik ist ein sehr theoretisches Phänomen. Ich interessiere mich auch für Biographien und Entstehungsgeschichten. Aber die Musik würde nie an Wert verlieren (oder gewinnen), wenn ich all diese Dinge nicht wüsste. Auch wenn mir für diese Behauptung wahrscheinlich rhetorisch der Kopf abgerissen wird, schließe ich ich im Sinne der Emanzipation den historischen Kontext eines jeden Musikstückes sowie ausdrücklich auch Gattungsgeschichte aus. Kompositionsmittel hingegen nicht, denn diese stecken ja in der Musik drinne bzw. machen sie aus.
Viele Komponisten werden für ihre Fortschrittlichkeit gelobt. Auf der einen Ebene kann ich das verstehen, nämlich bezogen auf den Komponisten als Person, als künstlerische Persönlichkeit. Dieser hat jedoch nichts mit der Musik zu tun, die er komponiert hat. Es ist ebenso egal, wann er sie geschrieben. Auf der rein musikalischen Ebene sind alle diese Umstände irrelevant. (Unter "Umstände" fasse ich in diesem Fall auch den historischen Kontext, sowie den Komponisten selbst, in dem Sinne, als dass er als "Umstand" dazu beitgetragen hat, dass die Musik entstanden ist.)