Beiträge von inland_empire

    Gustav Mahler:


    Sinfonie Nr. 6 a-moll


    Israel Philharmonic Orchestra,


    Antal Dorati, Ltg.


    (Helicon/IPO, 27.10.1963, Mann Auditorium, Tel-Aviv)



    Eine Aufnahme, die sicher nicht "perfekt" ist, die aber vermutlich gerade deshalb so interessant und ansprechend geraten ist. Das IPO war in den 60ern noch nicht auf dem Stand der westlichen Spitzenorchester, aber sie hatten immer wieder Spitzendirigenten, wie hier Dorati, die etwas Besonderes erschaffen konnten. Und das hört man hier.

    Robert Schumann:
    Sinfonie Nr. 1 B-Dur op. 38


    Anton von Webern:
    - Fünf Sätze op. 5 (Edition für Streicher)
    - Sinfonie op. 21


    Arnold Schönberg:
    Begleitmusik zu einer Lichtspielszene op. 34


    RSO Frankfurt,
    Eliahu Inbal, Ltg.



    (Denon/HR, 1/1995, FFM)

    Leos Janacek:


    Streichquartette Nr. 1 und 2


    Doric String Quartet


    (Chandos, 9/2014)



    Grandios. So idiomatisch und eindrücklich kenne ich das von tschechischen Quartetten nicht. Erstaunlich, wie dieses junge, britische Streichquartett den Janacek-Ton drauf hat.

    Weitgehend unbeachtet sind leider Eliahu Inbals Stravinsky-Aufnahmen mit dem Philharmonia Orchestra auf Teldec geblieben. Diese Doppel-CD hat eine extrem gutes Preis-Leistungs-Verhältnis:



    - Le Sacre du printemps (revidierte Fassung 1947)
    - Petruschka (Originalfassung 1911)
    - Der Feuervogel (GA)
    - Feuerwerk
    - Scherzo fantastique
    (Teldec/Apex, 2CDs, 1989)

    Immer, wenn ich diesen "Sacre" höre, habe ich das Gefühl: so - und nicht anders. Entstanden ist die Aufnahme in "The Maltings, Snape", Benjamin Brittens ehemaligem Domizil, das über einen ganz exzellenten Konzertsaal verfügt. Diese Aufnahme ist klang- und spieltechnisch ein Hammer. Hier zahlt sich Inbals penible Partiturtreue einhundertprozentig aus, weil er die Drastik und Dramatik des Stücks nicht vernachlässigt. Das Philharmonia Orchestra zieht mit und die Tontechnik sorgt für räumlich und dynamisch perfekte Realisierung. Diese Aufnahme ziehe ich den meisten anderen Sacre-Aufnahmen vor (z.B. Pierre Boulez); dass sie so unbekannt geblieben ist, ist ein absoluter Jammer.

    Zu jener Zeit spielte m. W. noch Reinhold Friedrich die erste Trompete beim damaligen RSO Frankfurt. Später blus er für Abbado in Luzern ...
    Gruß
    MB


    :wink:

    Ja, das waren noch Zeiten, als die Blechbläser beim RSO Frankfurt noch Weltspitze waren.


    Das kann man auch hervorragend in Inbals Aufnahme der Fünften Shostakovich auf Denon nachhören. Das ist die blechbläserisch extremste Aufnahme dieses Stücks:


    Leider sind die meisten seiner Frankfurter Bruckner-Aufnahmen nur noch gebraucht oder aber in dieser durchaus erschwinglichen Gesamtbox zu haben:



    Zu meinen Lieblingsaufnahmen daraus zählt auch die Zweite Sinfonie, die ich hier unerreicht finde. Wie Inbal die herausragende Blechbläsergruppe spielen lässt und das dynamische Auf und Ab dieser eigenwilligen Sinfonie gestaltet, muss man gehört haben!

    Ich finde diese Ur- bzw. Erstfassungen der Dritten, Vierten und Achten auch toll. Besonders die Achte hatte es mir damals angetan, weil sie so absolut feurig, unmittelbar und direkt daherkam und einen angesprungen hat. Da wurde wirklich die Begeisterung einer Entdeckung vermittelt:



    (ausserdem gefällt mir das Cover dieser Ausgabe extrem gut)

    Vor zwei Jahren dirigierte Inbal beim HR in Frankfurt Mahlers Totenfeier (die Urfassung des ersten Satzes der Zweiten Sinfonie) und Bernsteins Dritte Sinfonie "Kaddish". Eigentlich wollte ich da hingehen, habs dann aber doch nicht gemacht, naja.


    Hier kann man sich den Konzertmitschnitt auf youtube ansehen- und hören:


    https://www.youtube.com/watch?v=zTAnmHPTKEk (Bernstein)


    https://www.youtube.com/watch?v=3t3VYxdz6tY (Mahler)

    Eliahu Inbal - Der Altmeister aus Jerusalem

    Jetzt soll er endlich mal seinen eigenen Thread bekommen: Eliahu Inbal, der israelische Dirigentenaltmeister, geboren am 16. Februar 1936 in Jerusalem.


    Achtzig Jahre ist er dieses Jahr nun geworden und noch immer steht Eliahu Inbal regelmäßig am Pult bedeutender Orchester dieser Welt.


    Seine produktive Hochphase hatte er wohl in den 1970er und 80er Jahren, in der auch die meisten seiner Schallplatten- und CD-Aufnahmen für Philips, Denon und Teldec entstanden.


    Hier zunächst die wichtigsten Stationen seines Werdegangs:


    • Beginn seiner Ausbildung an der Musikakademie Jerusalem mit Studien für Violine und Komposition bei Paul Ben-Haim
    • Auf Empfehlung von Leonard Bernstein Stipendium für eine Weiterausbildung am Conservatoire de Paris (unter anderem bei Nadia Boulanger)
    • Kurse bei Sergiu Celibidache und Franco Ferrara
    • 1962 Erster Preisträger beim Internationalen Dirigentenwettbewerb „Guido Cantelli“ in Novara und damit Beginn seiner Dirigentenkarriere bei praktisch allen namhaften Orchestern und Festspielen weltweit
    • 1974-1990: Chefdirigent des Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt (heute „HR-Sinfonieorchester) – 1996 Ernennung zu dessen Ehrendirigenten
    • 1984-1987 und 2007-2011: Chefdirigent des Orchesters des Gran Teatro La Fenice Venedig
    • 1996-2001: Chefdirigent des Orchestra Nazionale della RAI Turin
    • 2001-2006: Chefdirigent des Berliner Sinfonie-Orchesters
    • 2009-2012: Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie Prag
    • seit April 2008: Chefdirigent des Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra

    Auszeichnungen:

    • Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2006)
    • Ordre des Arts et des Lettres, Officier (Frankreich, 1990)
    • Goetheplakette der Stadt Frankfurt/M. (2006)
    • Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien (2002)


    Seine wichtigste und produktivste Lebensphase war wohl das sechzehnjährige Engagement beim RSO Frankfurt, das er mit den Gesamtaufnahmen aller Bruckner- und Mahler-Sinfonien krönte und die Ihm und dem Orchester internationale Anerkennung bescherten.


    Mittlerweile ist Inbal also 80 Jahre alt und Ehrendirigent des RSO Frankfurt, zu dem er letzte Woche zurückkehrte, um Werke von Bloch („Schelomo“) und Bruckner (Sinfonie Nr. 4) zu dirigieren. Es war dies ein wirklich besonderes Konzert mit einer ganz speziellen Aura. Inbal ist im besten Sinne ein Dirigent der alten Schule, der es versteht, Werke zu beleben, organisch fließend und variabel zu halten und eben kein fertiges Produkt abzuliefern, sondern sich einzulassen, sich einzubringen, auch zu improvisieren, anzufeuern, einzugreifen und zu gestalten. Er weiß den Moment, den Augenblick zu nutzen, um Kraft, um Energie zu wecken. Das ist vielleicht nicht immer zu 100% überzeugend, aber immer zu 100% echt und glaubwürdig. Und das macht seine Dirigate so packend und spannend. Man spürte, wie die Musiker bei der Sache sind und nicht einfach nur irgendwas Einstudiertes abliefern. So etwas ist mittlerweile leider zu einer absoluten Ausnahme geworden. Man erlebte denn auch eine Vierte Bruckner von höchster Emotionalität, dem das RSO Frankfurt nichts an Einsatz und Hingabe schuldig blieb. Sicher konnte man sich manche Einsätze und Höhepunkte „perfekter“ vorstellen (wenn ich da an Günter Wand denke), ja, auch die Spannung war nicht immer in höchstem Maße gegeben – dies spielte allerdings alles nur eine untergeordnete Rolle und trübte die Darbietung nicht. Denn hier war Persönlichkeit, Charakter, Atmosphäre und Aura das Entscheidende. Also, kein glatter Jet-Set-Bruckner, sondern der eines achtzigjährigen, erfahrenen Dirigenten, der weiß, was er da dirigiert. Für mich war das ein absoluter Höhepunkt, der sich mir schon jetzt eingebrannt hat und nicht nur ein Konzert von vielen war. Übrigens war bereits das Bloch-Stück „Schelomo“ mit Cellist Jan Vogler ein perfekter Einstieg. Es sollte bekannter sein und öfter gespielt werden.


    Nun hat mich dieses Konzert animiert, mich wieder vermehrt mit Eliahu Inbal und seinen Einspielungen zu beschäftigen. Die werde ich dann später auch noch posten.


    Aber auch anderen Mitforianern dürfte Eliahu Inbal ja ein Begriff sein, oder?

    Béla Bartók:


    Divertimento für Streichorchester Sz 113


    Norwegisches Kammerorchester,


    Iona Brown, Ltg.


    (Chandos, 11/1998)



    Eine markante und engagierte Spitzeneinspielung durch die leider bereits verstorbene Iona Brown, die hörbar an der Phrasierung des NKO gearbeitet hat. Überaus interessant und ansprechend.

    Am 30. 12. 2016 kommt:



    Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 3
    Gerhild Romberger (MS), BRSO & Chor, Bernard Haitink, Ltg.
    -2CDs-


    Ich habe die Aufführung im Frühjahr diesen Jahres beim Gastspiel in der Kölner Philharmonie erlebt, und es war eine Sternstunde. Es ist ein Glück, daß Bernard Haitink immer noch in so guter Verfassung ist mit seinen nunmehr 87 Jahren. Seine absolute Präzision in der Zeichengebung, seine Unbestechlichkeit, unbedingte Seriosität und Sachlichkeit und natürlich seine große Erfahrung gerade mit Mahler machen Ihn zu einer absoluten Ausnahmeerscheinung im heutigen Musikbetrieb. Seine enge Verbindung zum BRSO spürt man in dieser Aufführung in jedem Takt. Sehr schön, daß der Mitschnitt (vermutlich aus München) nun erscheint.

    Ja, das VKII mit Menuhin gefällt mir auch nicht so. Da ist auch das Minneapolis SO nicht in gutem Zustand.
    Sehr gut sind ausserdem noch "Der holzgeschnitzte Prinz" und "Herzog Blaubarts Burg" (beide mit dem LSO).
    Dass die MLP-Aufnahmen so schlecht erhältlich sind, ist leider ein altes Problem. Die drei Boxen, die in den letzten Jahren erschienen sind, gibt es auch schon fast nicht mehr. In der zweiten Box findet man jedenfalls auch einige von Doratis Bartok-Aufnahmen:


    Doratis Spätaufnahmen in den 1980ern sind wirklich sehr unterschiedlich ausgefallen. Temperament hatte er natürlich immer noch, wie besonders seine Aufnahme der Slawischen Tänze von 1983 zeigt.
    Aber die "MSSC" aus Detroit ist ziemlich "breit" geraten, mächtig dahinfliessend und auch eine Spitzenaufnahme in ihrer Art.
    Der Mandarin, da gebe ich Dir Recht, Felix, ist superscharf. Er gefällt mir sogar besser als seine MLP-Aufnahme mit dem BBC Symphony Orchestra (hätte er doch lieber mal das London Symphony Orchestra genommen).
    Aber zum Glück hat Dorati das "Konzert für Orchester" auch mit dem LSO aufgenommen, und es ist genauso gut wie die "MSSC". Diese Aufnahmen sind Glücksfälle der Schallplattengeschichte.

    Meine favorisierte Aufnahme, die ich auch momentan oft höre, ist


    ANTAL DORATI, LONDON SYMPHONY ORCHESTRA


    MERCURY LIVING PRESENCE (MLP)


    Leider ist sie mal wieder offiziell nicht erhältlich, aber es gibt sie in zwei Ausgaben:


    1.)


    2.)


    Aufgenommen wurde am 05. und 06. Juni 1960 in der Wembley Town Hall vom bewährten Team Wilma Cozart / C. Robert Fine.


    Ich besitze zum Glück beide o. g. Ausgaben, denn ich habe das Gefühl bzw. den starken Eindruck, dass sie klanglich unterschiedlich abgemischt wurden oder es wurden unterschiedliche Masterbänder verwendet. Beide Ausgaben sind sehr gut und werden Werk wie Interpretation gerecht.


    Die ungeheuere Intensität, Feurigkeit und Rasanz, die das Orchester unter Dorati entfacht, habe ich so nie wieder gehört. Die fast durchdrehenden Streicherläufe besonders im Finalsatz sind wahrhaft atemberaubend und am Ende habe ich immer das Gefühl eines Zusammenbrechens nach einer wilden Jagd. Das hat Dorati so auch nicht mehr in seiner dreiundzwanzig Jahre später entstandenen Einspielung in Detroit hinbekommen bzw. verfolgt er da m. E. einen ganz anderen Ansatz. Ich hätte nie vermutet, dass hier derselbe Dirigent tätig ist.