Beiträge von Wolfram

    Zur Marschallin:

    Historisch:

    1 - Elisabeth Schwarzkopf (v.a. im Film, aber auch im Mittschnitt on der Met)
    2 - Lotte Lehmann
    3 - Christa Ludwig

    Live habe ich eine ganze Menge erlebt, z.B. Judith Beckmann, allerdings schon weit über den Zenit hinaus, Helga Thiede in Dresden, Anna Tomowa-Sintow in Hamburg (großartig). Aber letztlich läuft es doch auf drei andere hinaus.

    Live:

    1 - Lucia Popp (in Wien, großartig, erschütternd, tief menschlich)
    2 - Kiri Te Kanawa (Hamburg, längst nicht so ausdrucksstark, aber überwältigend schön gesungen)
    3 - Gwyneth Jones (Hamburg, mit den bekannten Makeln in der Stimme und trotzdem unglaublich, wie diszipliniert sie mit diesem Organ auch umgehen konnte, zudem von wirklicher Majestät auf der Bühne)

    :wink:Wolfram

    Ich habe nun nach und nach auch die beiden weiteren Teile bestellt (sie waren zum Glück sehr preiswert) und muss dir größtenteils recht geben. Der dritte Teil ist wirklich überflüssig, ein Beispiel dafür, dass Serien fast immer schlechter werden. Den zweiten fand ich auch schon erheblich schwächer (trotz des Holzbeines), meine Präferenz liegt weiterhin beim ersten. Der hat halt noch die unbekümmerte Frische, alles neu und unerwartet. Später sind es dann halt v.a. Wiederholungen in allen Bereichen.

    :wink:Wolfram



    Harriet Walter / Phyllida Lloyd - Donmar Warehouse, London 2017

    'Julius Caesar' mit einem all-female cast, eine Idee, die ich eigentlich ganz reizvoll und interessant fand. Es gibt schon eine Reihe von männlichen Rollen bei Shakespeare, die, von einer Frau gespielt, dem nochmal eine ganz andere Ebene hinzugewinnen können, z.B. Hamlet, Richard II., Prospero, Orsino. Oder aber bestimmte Paare wechseln ihre Geschlechtsidentität, wie z.B. Katherine und Petrucchio, Macbeth und die Lady. Bekannt sind ja auch, in historischer Tradition, all-male casts, z.B. im Londoner Globe. Von daher war ich auf die sogar vollständige Umkehr der herkömmlichen Besetzung sehr gespannt. Wie würden Caesar, Marc Anton, Brutus etc. als Frau agieren, mindestens wie würden stark hervorgehobene weibliche Anteile diese Personen und ihr Beziehungsgeflecht verändern und funktioniert es überhaupt?

    Kurz gesagt, es funktioniert nicht. Denn für die Regisseurin Phyllida Lloyd ('Mamma Mia!, 'The Iron Lady') und ihr Ensemble standen diese Fragen nicht im Vordergrund, sondern ganz andere und ich befürchte viel banalere. Gut 80% der Rollen im Kanon würden von Männern gespielt und nun wollten sie auch einmal große, wichtige Figuren spielen dürfen. Und außerdem scheint es sie danach verlangt zu haben, endlich auch einmal wie Männer agieren zu dürfen. So jedenfalls die Äußerungen im Bonusteil.

    Wenn dann wenigstens das Ergebnis noch einigermaßen interessant geworden wäre, nur leider ist es von einer lähmenden Langeweile geprägt. Dass der Fluss der Verse, der spezielle Rhythmus, der die Texte eigentlich erst zum Leben erweckt und ihn trotz der alten Sprache, trotz unbekannter Wörter, zum Leben erwecken kann, dass all dies heute auch auf englischen Bühnen nicht mehr selbstverständlich ist, damit muss man wohl leider leben. So schlecht habe ich aber selten Schauspielerinnen sprechen hören, wobei Harriet Walter (Brutus) immerhin noch eine Ausnahme bildet. Dass aber sich auch die Vorstellung dieser Männerwelt in lauter Klischees erschöpft, das ist dann schon nur noch ärgerlich, weil hier schlichtweg eine Chance vertan wurde. Es wird geschrien, geschrien und wenn alles nicht mehr hilft, noch einmal geschrien. Zwischenstufen, Brüche, Unklarheiten, Differenzierungen, leise, vielleicht auch zweifelnde Töne - Fehlanzeige, alles unbekannt. Wobei interessanterweise Portia und Calpurnia ihre jeweiligen Ehegatten auch anschreien. Und wenn das alles noch nicht laut genug ist, gibt es noch ordentlich Musik und Krach aus dem Off dazu. Laut geht es her und überlaut wird einem alles eingehämmert. Alles ist halt klar in dieser Inszenierung, Fragen werden nicht gestellt, wozu auch?

    Ein Ärgernis, verlorene Liebesmüh - und ganz preiswert war die DVD schließlich auch nicht.

    :wink:Wolfram

    Na, wenn es um den 'Wolfram' geht, muss ich ja unbedingt mitmachen. :)

    Historisch:

    1 - Dietrich Fischer - Dieskau (die Gründe dafür hat Stimmenliebhaber alle schon genannt)
    2 - Karl Schmitt - Walter (in der 1942iger Aufnahme mit Lorenz und Reining)
    3 - Herbert Janssen (wie schon dargestellt, ganz anders als FiDi, aber großartig)

    Live:

    Einmal mehr habe ich da ein Problem. Ich habe den 'Tannhäuser' bislang vor allem nur in einer einzigen Produktion gesehen, in der fantastischen Kupfer - Inszenierung in Hamburg und in der habe ich immer nur einen, allerdings großartigen 'Wolfram' erlebt. Eine weitere Produktion gab es dann noch in Savonlinna 1997. Von daher:

    1 - Andreas Schmidt
    2 - Jorma Hynninen

    :wink:Wolfram

    Shakespeare: Julius Caesar

    Was für ein Titel, was für ein Versprechen für ein Stück! Julius Caesar, eine der berühmtesten Personen der Weltgeschichte und nun ein ganzes Drama über ihn. 'Alea jacta est' - 'Veni, vidi, vici' - 'Bellum Gallicum' - 'Iden des März' - legendärer Eroberer - Namensgeber für Monarchentitel - Teil des Bildungskanon - man kennt ihn, man hat ihn zu kennen. Und sei es nur durch 'Asterix' oder natürlich Hollywood. Auf dem Forum Romanum immer noch zu sehen (und Touristenführer weisen die andächtige Menge gerne darauf hin) die Stelle, an der sein Leichnam verbrannt wurde. Ein gutes Stück entfernt davon, im Theater des Pompeius, der Ort seiner Ermordung, heute darüber ein Supermarkt und witziger- , groteskerweise an der Stelle nun die Fleischtheke, an der immer noch selbiges zerstückelt wird. Caesar ein Name, ein Begriff, wie Alexander der Große, wie Napoleon, wie Kleopatra - geradezu zu einem Mythos geworden.

    Also bestens geeignet der Held eines Theaterstücks zu werden. Nur leider scheint Shakespeare da anderer Meinung gewesen zu sein. Ganze fünf Szenen gestand er ihm zu und nach ziemlich genau der Hälfte ist es dann auch schon vorbei mit ihm. Titelheld - ja, aber Hauptperson - noch lange nicht. Die ist eher Marc Anton oder doch Brutus oder vielleicht gar Cassius? Das Stück scheint sich nicht entscheiden zu können, aber vielleicht geht es auch gar nicht darum.

    Vielleicht geht es vielmehr um verschiedene Themen, die hier durchgespielt werden, schließlich sind wir bei Shakespeare und ihm ging es bekanntermaßen selten um reine Historie und Monothematik lag ihm auch eher fern.

    Da wäre dann zunächst einmal der Tyrannenmord, seine Berechtigung und auch die Verwerfungen, die dieser anrichtet, in den ihn verübenden Menschen und in der Gesellschaft. Aber Vorsicht! Schon der Begriff ‚Tyrannenmord‘ ist ein problematischer, denn was erfahren wir über diesen ‚Tyrannen‘ Caesar?

    Darstellen und erzählen - zwei großen Bestandteile des Theaters. Wissen aus erster und aus zweiter Hand. Was also wird uns gezeigt? Caesar dargestellt, in bestimmten Situationen und in ihnen offenbart er sich als ein arroganter, selbstsicherer, durchaus auch eitler Charakter, was allerdings einen Mord an ihm noch lange nicht rechtfertigen würde. Dazu bedarf es seines Griffes zur unumschränkten Macht, aber genau diese Momente, zum Beispiel seine dreimalige Weigerung ein ihm angetragenes Diadem anzunehmen, genau dieses wird uns nur erzählt und das von einem Beteiligten (Casca), der nicht unbedingt zuverlässig ist. Ist der Tyrannenmord also gerechtfertigt? Shakespeare lässt diese Frage offen. Dazu viele andere Erzählungen. Caesar als Schwächling, Caesar als Epileptiker, Caesar als Machtmensch, Caesar als künftiger Diktator. Alles sehr überzeugend dargebracht, aber deshalb auch Tatsachen entsprechend?

    Selbst Brutus, vielleicht der 'edelste' Charakter im Stück, jedenfalls der idealistischste, entschließt sich zum Töten bevor (!) eine Tat vollbracht wurde, präventiv sozusagen, auf den Verdacht hin. Rechtfertigt das den Tyrannenmord? Wehret den Anfängen - klar, aber woher nimmt er seine Überzeugung? Zweifel über Caesars Absichten scheinen ihn schon länger beschlichen zu haben, die schwelten aber bislang nur. Seine Entscheidung erfolgt letztlich durch Berichte, durch Erzähltes, nämlich von Casca und von einem von Neid zerfressenen Cassius. Scheinbar recht leicht lässt er sich dadurch einspannen, gibt seinen Unsicherheiten zwar noch einmal in einem Monolog Ausdruck, dieser bleibt aber psychologisch oberflächlich, kann jedenfalls mit der Seelenerforschung eines wohl zeitgleich entstandenen 'Hamlets' nicht mithalten.

    ‚It must be by his death…‘

    ...steht für ihn zu Beginn dieses Monologs (II. Akt, 1. Szene) bereits fest, bevor er dann eher Allgemeinplätze über menschliches Verhalten offenbart bzw. wiedergibt. Seine Ehrlichkeit in dieser Situation bleibt unangetastet, aber beruht sein späteres Handeln wirklich auf zuverlässigen Quellen? Das Stichwort 'Verschwörungstheorie' drängt sich hier automatisch auf, womit Shakespeare nicht nur den Tyrannenmord thematisiert, sondern gleichzeitig die Frage nach seiner Berechtigung aufwirft. Und wie immer bei ihm gibt es keine abschließende Antwort.

    Ein weiterer Themenstrang sind dann die Auswirkungen der Tat, einerseits bei den Freunden Caesars und andererseits bei den Verschwörern. Brutus und Cassius auf der einen Seite, Marc Anton und Octavius auf der anderen. Zwar gibt es viel mehr Verschwörer, aber sie verschwinden im Laufe des Stücks mehr oder weniger unauffällig, genauso wie Lepidus, einer der Triumvirn. Also untersucht Shakespeare vor allem diese vier. Koalitionen und ihre Beständigkeit. Theorie und Praxis, denn wehe, wenn sie unter Druck geraten. Brutus und Cassius, erst gemeinsam, dann gegeneinander, sich dabei Verdächtigungen, Eitelkeiten und Verrat an den Kopf werfend, um sich schließlich wieder zusammenzuraufen. Letztlich scheitern sie aber doch, verüben Selbstmord - und edle Absichten hin oder her, in Dantes tiefster Hölle werden sie vereint mit Judas Ischariot. Die Nachwelt war nicht gnädig mit ihnen.

    Dagegen Marc Anton und Octavius: politisches Zweckbündnis, auf eine bestimmte Zeit angelegt (ihnen vielleicht gar nicht einmal bewusst), rücksichtslos, ideologiefrei, amoralisch - und deswegen vielleicht erfolgreich. Auch hier eine Koalition, diesmal nicht geschmiedet aus Idealismus (oder Neid), sondern aus Machtbewusstsein. Wehe wiederum, wenn sie ihr Ziel erreicht. Die Geschichte kennt das Ende, das Stück noch nicht.

    Und dann ist da ja auch noch das Volk, um das es in der Politik ja ausschließlich geht. :pfeif: Ein schwankend Rohr im Wind - diese Beschreibung wäre noch untertrieben bei Shakespeare. Im Zentrum dieses Stücks steht, nach der Ermordung Caesars, die große, wirklich geniale Rede Marc Antons:

    'Friends, Romans, Countrymen
    Lend me your ear.
    I come to bury Caesar, not to praise him….'

    Das ist Rhetorik vom Feinsten und in dieser Hinsicht der 'Gettysburgh Adress' vergleichbar oder der 'Sportpalast - Rede'. Wie bekomme ich eine feindselige, mindestens meiner Intention abgeneigte Zuhörerschaft auf meine Seite? Wie muss ich reden, um sie zu überzeugen, sie anzustacheln, sie aufzuwiegeln? Hier könnten sie es studieren, all die gut- und schlechtmeinenden Politiker jeglicher Couleur. Denn hier funktioniert es, bei diesem Musterfall einer Rede. Egal ob vorher Brutus das Volk auf seine Seite gebracht hat, Marc Anton dreht sie wieder um. Nein, Shakespeare geht nicht gnädig mit den Massen um. Hin und her in seiner Meinung dreht es sich. Erst alle für Brutus und gegen Caesar und kurz danach alles für Marc Anton und für Caesar. Funktionierende Propaganda und Verführbarkeit von Massen. Hitler und Stalin und all die anderen lassen grüßen.

    Aber Vorsicht! Keine schnelle Bewertungen und ein weiteres Thema vielleicht. Denn alles beruht ja schließlich auf Angenommenem. Brutus wird durch Hörensagen überzeugt und Marc Anton verteidigt möglicherweise einen künftigen Diktator. Nichts ist klar und eindeutig. Nichts für uns als Zuschauer, noch für die Menschenmassen, die eben auch alles nur aus zweiter Hand erfahren. Jeder hat seine Sicht auf die Dinge bzw. auf Caesar, wird in seinem Urteil beeinflusst durch Propaganda, Eitelkeiten, Idealismus, durch den eigenen Charakter. Manipuliert werden sie aber alle - 'die Welt will belogen werden' - und wir natürlich gleich mit.

    Warum scheitern die Attentäter eigentlich? Natürlich: die Übermacht ist zu groß, falsche strategische Entscheidungen werden getroffen, Zwist und Uneinigkeit herrschen. Shakespeare gibt verschiedene Antworten, aber einmal fährt er auch schweres Geschütz auf. In der Nacht vor dem Mord, vor der möglicherweise entscheidenden Senatssitzung für Caesar, in der Nacht in der sich die Verschwörer noch einmal zur letzten Absprachen treffen, tobt die Natur, bricht ein Unwetter herein, treten nicht rational erklärbare Phänomene auf, wird Calpurnia von prophetischen Albträumen geplagt. Einmal mehr ist die Welt aus den Fugen, wie so oft bei Shakespeare in diesen Situationen. Aber ist es, weil die Verschwörer sich gegen die angestammte Ordnung vergehen wollen oder weil Caesar nun den entscheidenden Schritt zur endgültigen Macht antreten und damit die jahrhundertealte republikanische Ordnung zerstören wird? Oder geschieht das alles einfach nur, um uns noch einmal durchzurütteln, um uns klarzumachen: Fallt nicht drauf herein! Glaubt nicht einfach dem Gezeigten und schon gar nicht dem Erzählten!

    Aber einmal mehr lässt der Barde uns hier allein. Billig entlässt er uns aus der Verpflichtung zum eigenen Urteil, zur eigenen Position nicht. Vorschnelle Urteile aber könnten gefährlich sein, denn die Indizien sind zweifelhaft und auf welcher Seite wir stehen, wem wir das Recht seiner Handlung zuerkennen, liegt eher in uns begründet, denn in den Fakten, die Shakespeare vor uns ausbreitet.

    Darstellung und Erzählung eben. So viel Geschildertes und so wenig Gezeigtes. Und selbst das, was uns direkt vorgeführt wird, zum Beispiel die beiden Reden von Brutus und Marc Anton, wie sind sie fragwürdig, beruhen sie doch vor allem auf dem Wort, dem zweifelhaften, vielgeplagten, manipulierten. Politikerwort eben und da ist es egal, ob es von Caesar, Brutus, Cassius, Marc Anton oder Octavius kommt.

    Aber nicht nur Politiker reden hier. Auch ein Poet tritt auf. Ziemlich unpolitisch wohl, aber jemand, der ein Mann des Wortes ist, dem es - so können wir annehmen - mehr bedeutet als all den Manipulatoren, der es zu seinem Beruf gemacht und eben nicht einer politischen Idee untergeordnet hat. Cinna heißt er, der zweite seines Namens in diesem Stück und auf tritt er nun in einer ganz kurzen Szene nach den entscheidenden Reden auf dem Forum.

    'I have no will to wander forth of doors,
    Yet something leads me forth.'

    Ein wenig Weltabgewandheit spricht daraus, aber letztlich ist es wohl so, dass er zu Caesars Begräbnis will. Nun allerdings wird er in den Straßen von einer Gruppe Plebejer aufgehalten. Wer er wäre, wohin er wolle, ob er verheiratet sei, wird er gefragt. Dass er Junggeselle ist, missfällt zunächst, seine Absicht wird noch anerkannt, sein Name ist es aber schließlich, der ihm zum Verhängnis wird. Cinna der Poet wird verwechselt mit Cinna dem Verschwörer. Und das Volk spielt wieder einmal keine sehr smpathische Rolle dabei.

    'Tear him to pieces! He’s a conspirator.'

    Das kann der Poet noch aufklären:

    'I am Cinna the poet, I am Cinna the poet.'

    Woraufhin die Menge sofort einen weiteren Grund findet, sich an ihm auszutoben.

    'Tear him for his bad verses, tear him for his bad verses.'

    Was genau mit Cinna, dem Poeten, geschieht, lässt Shakespeare im Unklaren. Laut einer, nicht in allen Quellen, vorhandenen Anweisung ziehen sie ihn von der Bühne, was auch immer sie dann mit ihm machen. So absurd - grauenhaft die Szene ist, entbehrt sie aber auch nicht einer gewissen Komik. Die 'bad verses' sind es, die dem Poeten (wohl) das Leben kosten. Das Wort, das in Ernsthaftigkeit benutzt wird, bringt den Tod, die politische Rede voller Verdrehungen, Beschönigungen und Lügen hingegen verfängt und kann Menschen zur Raserei aufstacheln. An dieser Stelle im Stück eine bittere Erkenntnis und möglicherweise eine der wenigen 'Offenbarungen' des Autors. Aber vielleicht ist es auch nur ein deprimierter Kommentar Shakespeares über seine eigene Profession oder eine zynische Antwort auf gerade neu erlassene Zensurbestimmungen.

    Noch einmal: darstellen und erzählen. Nicht nur wichtige Bestandteile des Theaters, sondern auch überhaupt des Lebens. Aber was ist daran wahr, wem oder was kann man vertrauen? Damals wie heute. Fake News kommen einem in den Sinn, KI, Propanda, politische Strategien oder auch halt nur die Unklarheiten im menschlichen Verhalten und unsere Unfähigkeit, diese wirklich eindeutig lesen zu können. Und vielleicht sind das Volk, die Masse einfach nur wir, die Zuschauer. Stellvertretung: hin- und hergerissen, verführbar, der Erzählung verfallend und dem Geschauten. Aber auch Mahnung, es dem ja nicht gleichzutun.

    'This was the noblest Romans of them all.'

    Das Urteil Marc Antons über Brutus, nach dessen Tod. Und mit allen Ehren soll er begraben werden. Ehre für den politischen Gegner! Ein Zeichen, um die gespaltene Gesellschaft zu versöhnen! Also anständig, geradezu ehrenhaft. Doch eine Art Happy End. Oder vielleicht auch nicht? Vielleicht doch eher die Instrumentalisierung des politischen Feindes für eigene Absichten? Auch in der allerletzten Minute des Stücks gibt uns Shakespeare keinen Hinweis. Immer und immer wieder sind wir gefragt, hilflos alleingelassen zwar, aber aufgerufen zu einer eigenen Position, zur eigenen Meinung. Dass die von Wahrheit weit entfernt sein kann, sein wird, das ist die bittere Botschaft Shakespeares. Aber vielleicht auch die augenzwinkernde. Wer weiß das schon!

    Shakespeare orientierte sich größtenteils an der literarischen Vorlage Plutarch, wich aber immer wieder an entscheidenden Stellen von ihm ab. Durch einen Zeitzeugen ist eine Aufführung von 1599 belegt, überliefert wurde das Stück aber nur durch die 'First Folio' von 1623.

    :wink:Wolfram

    Da ich zur 'Cleopatra' nichts beitragen kann (nie live gesehen und als Aufnahme habe ich nur Popp/Wunderlich, allerdings Jahre nicht gehört) nun gleich zur 'Turandot'.

    1 - Eva Turner
    2 - Maria Callas (auch wenn die GA viel zu spät gekommen ist)
    3 - Birgit Nilsson

    Live:
    (Da scheine ich ähnliche Erlebnisse wie FafnerHH gehabt zu haben. ;))

    1 - Eva Marton (Hamburger del-Monaco-Inszenierung 1983)
    2 - Gwyneth Jones (auch in HH gehört, allerdings wesentlich besser noch in einem Mitschnitt aus London wohl 1986)
    3 - Ghena Dimitrova (Ende der 80iger in Mailand, eine Woche später dann in der Arena, wobei dort manche Probleme vom Winde verweht wurden. Grins1 Trotzdem beides beeindruckende Auftritte.)

    :wink:Wolfram

    Heute wieder einmal auf den Spuren meiner jugendlichen Filmeerlebnisse.

    Der Flug des Phoenix - Robert Aldrich, USA 1965

    Vor über 50 Jahren habe ich ihn im TV gesehen und war, als Jungspund schwerst begeistert. Das hat sich jetzt nicht mehr ganz so eingestellt.

    Ein typischer Katastrophenfilm, die 'Star - Dichte' der 70iger Jahre schon vorausnehmend. Und sie machen ihre Sache auch alle sehr gut, auch wenn George Kennedy mit seinem Part schon überbesetzt ist. Aber das ist alles hervorragend gecastet, es ist wirklich gut inszeniert, Kamera und auch auch Musik sind sehr gut, aber die Begeisterung hat sich doch nicht mehr eingestellt. Gut gemachter Film, den ich alle paar Jahrzehnte mal wieder sehen kann, aber dann reicht es auch. Ob er gealtert ist - ich weiß es nicht. Ich mit Sicherheit. Grins1 Und von daher ist es nicht mehr mein Ding.

    Mit dem 'Clou' erging es mir ja ähnlich, auch mit 'Bonnie und Clyde' oder einigen anderen. Damals begeistert, aber beim Wiedersehen stellte sich das nicht mehr ein. Ich versuche es jetzt nochmal mit 'Die Höllenfahrt der Poseidon', auch so ein Schinken, der mich in Jugendtagen gefesselt hat. Mal sehen...

    :wink:Wolfram

    'Meistersinger' ist dagegen eine meiner allerliebsten Opern, so dass ich historisch eine ganze Reihe nennen könnte, live aber allerdings auch nur zwei Sänger, weil ich einen von ihnen gleich mehrfach in Hamburg und Berlin erlebte.

    Historisch:

    1 - Friedrich Schorr
    2 - Ferdinand Frantz
    3 - Paul Schöffler

    Live:

    1 - Bernd Weikl
    2 - Michael Volle

    Daneben gab es dann nur noch Wolfgang Schöne in Hamburg, der mich aber nicht überzeugt hat.

    :wink:Wolfram

    Erst einmal ein Nachtrag zum Wozzeck, eine Oper, die ich selten gesehen oder gehört habe, weil ich so einen richtigen Bezug bis dato dazu noch nicht gefunden habe. Von daher eine recht reduzierte Nominierung.

    Historisch:

    1 - Dietrich Fischer-Dieskau
    2 - Walter Berry

    Live:

    Leider keine Nominierung. In den 80igern habe ich die Oper einmal in der Inszenierung von Luc Bondy in Hamburg gesehen, noch mit Silja als Marie, aber an den Wozzeck selber kann ich mich nicht mehr erinnern. Grundheber kann es gewesen sein, aber auch manch anderer. Dann kam Jahrzehnte später Bo Skovhus hinzu (in der Konwitschny - Inszenierung in Hamburg), der mich aber nicht überzeugt hat. Und das war es dann auch schon.

    :wink:Wolfram

    Aus traurigem aktuellen Anlass.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.
    .

    :wink:Wolfram

    Eine wirklich traurige Nachricht. Für mich einer der ganz großen Komponisten der Gegenwart. Seinen 'Lear' habe ich in Hamburg leider verpasst, dafür dort aber die 'Gespenstersonate' und in Hannover 'Das Schloss' gesehen, was mich beides ungemein beeindruckt hat. Aber auch 'Troades', sein 'Requiem', seine Liedbegleitungen wie auch seine Liedkompositionen - Reimann war von der ersten Begegnung mit ihm einer, der mich mit seiner Musiksprache immer direkt getroffen hat.

    R.I.P.

    Aktuell steht die Partie Gobbi gegen Warren 4:4! :D

    Dann werde ich das jetzt mal ändern. Grins1

    Ich muss mich Bertarido in zwei Punkten anschließen. Ich liebe zwar Verdi, aber der Rigoletto gehört nicht zu meinen liebsten Opern und Grundheber war wirklich klasse. 'Rigoletto' ist eine der Opern, die ich bislang nur in Hamburg gesehen habe und auch nur ab und an einmal. Von daher sind meine Live - Nominierungen wieder einmal nicht vollständig.

    Historisch:

    1 - Tito Gobbi (und damit 5:4 ;))
    2 - Giuseppe de Luca
    3 - Riccardo Stracciari

    Live:

    1 - Leo Nucci
    2 - Franz Grundheber

    :wink:Wolfram

    Zur Salome:

    1 - Ljuba Welitsch (wenig überraschend Grins1)
    2 - Inge Borkh (die Begründung hat eigentlich schon Hans Pork geliefert)
    3 - Hildegard Behrens (mit ihr habe ich die Partie kennengelernt und ich schätze ihre Interpretation immer noch sehr)

    Live erlebt sieht es da schon ein wenig schlechter aus. Asmik Grigorian habe ich ja nun gerade in Hamburg gesehen, aber wie ich berichtet habe, wenig von ihr gehört, weshalb sie in meinen Nominierungen nicht auftaucht. Die Salzburger Salome fand ich überwältigend, aber letztlich habe ich sicherlich auch eher aus sentimentalen Gründen der Behrens den Vorzug gegeben. Karen Huffstodt und auch Inga Nielsen habe ich in Hamburg gehört, aber beide haben mich nicht richtig angesprochen. So gibt es dann bei mir nur eine Nennung.

    1 - Kristine Ciesinski (live in Bremen erlebt irgendwann in den 80iger Jahren)

    :wink:Wolfram

    Da der Sonntag nun schon eingeläutet ist, mache ich gleich mal weiter.

    Mir geht es heute um Sänger für den 'Don Giovanni', eine Partie, die ja nicht nur Ausdruck, Erotik, Charme, Rücksichtslosigkeit, etwas Böses und vieles mehr in der Stimme verlangt, sondern auch Koloraturfähigkeit, etwas um das sich manche Sänger gerne herumdrücken.

    Historisch:

    1 - Cesare Siepi

    Obwohl es bei ihm durchaus mit der Koloraturfähigkeit haperte, komme ich an ihm als Nummer 1 nicht vorbei. Diese ölige Eleganz, die er hatte, dieses wunderschöne verführerische Timbre, diese Selbstverständlichkeit, mit der er durch alle Situationen hindurch ging. Siepi beherrschte immer jederzeit die Szene.
    Nun gibt es ja haufenweise Aufnahmen mit ihm, trotzdem würde ich mich für Salzburg 1953 unter Furtwängler entscheiden, dazu dann auch das filmische Dokument. Alternativ die 1956iger Salzburger Aufnahme unter Mitropoulos.

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne deine Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklärst du dich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    2 - Ezio Pinza

    Härter, auch erbarmungsloser als Siepi, auch nicht in diesem Maße mit diesem verführerischen Timbre gesegnet, ist er trotzdem ein überwältigender Giovanni gewesen. Aber auch er 'schludert' sich ein wenig durch die Champagnerarie, was aber wohl auch zeitbedingt war. So sang man eben in der Zeit diese Rolle. Ihn natürlich in der wunderbaren Aufnahme aus New York unter Bruno Walter von 1942.

    3 - Johannes Weisser

    Klanglich jünger als die beiden anderen Giovannis, wobei Jugend kein ausschlaggebendes Kriterium in dieser Rolle für mich ist. Was mich aber durchaus begeistert, ist die schlanke Führung seiner Stimme, die für mich endlich einmal die virtuosere Seite dieser Partie zeigt. Das wird man sicherlich in anderen Aufnahmen auch hören können, die kenne ich nur halt nicht. Eingespielt hat er den Giovanni unter René Jacobs 2006.

    Live erlebt:

    1 - Bryn Terfel

    1996 sang Terfel den Giovanni in einer konzertanten Aufführung unter Georg Solti in Hannover. Kurz zuvor hatte ich Bo Skovhus in der Partie erlebt, der sicherlich rein äußerlich wesentlich eher dem Bild des Frauenverführers entspricht als Terfel. Nur leider kam bei diesem nichts rüber, während Terfel mit seiner Stimme in unglaubliche erotische Aura um sich verbreiten konnte, so dass man Flemings, Murrays und Groops Gefährdung gut nachvollziehen konnte, von den 1003 und den anderen Massen ganz zu schweigen. Grins1

    2 - Samuel Ramey

    Heller Bariton, reiner Bariton, Bassbariton, Bass - möglicherweise eine Art Gewissensentscheidung, was man lieber mit dieser Partie hört. Ich bin da eigentlich ziemlich offen, solange die 'Verführungsqualitäten' vorhanden sind. Ramey hatte sie, auch wenn er vom 'Öligen' eines Siepi weit entfernt war. Und dazu hatte er auch noch diese erstaunliche stimmliche Beweglichkeit seines eigentlich schweren Organs. Gesehen habe ich ihn in einer Marelli - Inszenierung in Hamburg unter Schreier irgendwann in den späten 90iger Jahren.

    3 - Bernd Weikl

    Weikl war nicht nur hervorragend im italienischen Fach, er konnte auch großartig Mozart singen. Bestechend bei ihm war neben der Bühnenpräsenz (ihm nahm man den Giovanni immer ab), sein berückendes Timbre sowie seine Ausdrucksfähigkeit. Erlebt habe ich ihn in einer Götz-Friedrich-Inszenierung in Hamburg in den 80iger Jahren. An den Dirigenten kann ich mich nicht mehr erinnern, es könnte Fricke gewesen sein, aber da bin ich mir absolut nicht sicher.

    :wink:Wolfram

    Tolle Partie, weil so unglaublich viele Interpretationsmöglichkeiten in ihr stecken. Meine historische Präferenz führt natürlich die Callas an, obwohl ich den Klang ihrer Stimme schon als problematisch empfinde. Als würde man in eine Flasche singen. Aber was sie ausdrucksmäßig aus dieser Partie macht ist unglaublich und zudem singt sie wirklich im französischen Stil, wenn auch trotzdem noch weit entfernt von meiner zweiten Wahl.

    1 - Maria Callas
    2 - Solange Michel (Cluytens 1950)
    3 - Giuletta Simionato (nur um auch die eher italienisch geprägte Herangehensweise hier zu präsentieren. Victoria de los Angeles wäre es sonst geworden.

    Live erlebt:

    1 - Agnes Baltsa (in Hamburg wie auch in Berlin)

    Eigentlich bleibt es dabei, denn alle anderen verblassten ihr gegenüber. Leider habe ich eine wirklich den französischen Stil singende 'Carmen' nie erlebt.

    :wink:Wolfram

    Ich habe nie zuvor eine Tschaikowsky-Oper gehört, weder life noch Konserve, aber nach über 40 Jahren meiner Dauerpräsenz in Opernhäusern meinte meine Frau, jetzt ist es soweit.

    Schöne Grüße an deine Frau. Da hat sie so etwas von recht, gerade beim Onegin!!! :)

    Viel Vergnügen!

    :wink:Wolfram